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    Rolf Blaga

    Doktorfische rehabilitiert?

    In Österreich wurde die Psoriasis von 67 Patienten im Rahmen einer dreijährigen Pilotstudie mit Garra rufa ("Doktorfische") behandelt und hinterher mit UVA-Licht bestrahlt. Bei 43,7 Prozent der Patienten gingen die Hauterscheinungen um mindestens 75 Prozent zurück, bei weiteren 44,8 Prozent um mindestens 50 Prozent. Es gab keine ernsthaften Nebenwirkungen. Die Patienten waren ausdrücklich sehr zufrieden mit dieser Behandlung.

    Bei einer Anschlussbefragung antworteten 60 Prozent der Teilnehmer. Sie waren durchschnittlich 8 ½ Monate erscheinungsfrei. 87,5 Prozent hatten den Eindruck, dass diese Therapie bei ihnen besser gewirkt habe, als andere, die sie vorher ausprobiert hatten. 65 Prozent meinten, die Psoriasis sei danach weniger stark wieder ausgebrochen. Von knapp 40 Prozent der Teilnehmer weiß man nicht, wie die Therapie bei ihnen langfristig gewirkt hat. Die Verfasser schließen nicht aus, dass gerade diejenigen Patienten nicht geantwortet hätten, die von der Therapie enttäuscht waren, weil es z.B. wieder einen schnellen Rückfall gegeben hat.

    Die Autoren der Pilotstudie halten die Therapie mit Knabberfischen für eine "brauchbare Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit Psoriasis". Sie betonen, dass diese Therapie außerdem sehr sicher ist. Von den Fischen selbst sind keine nennenswerten Nebenwirkungen zu erwarten. Bei der zusätzlichen UV-Bestrahlung muss man die bekannten Risiken berücksichtigen.

    Die Studie wurde Ende Juni 2006 in einem Fach-Journal veröffentlicht, das sich mit "ergänzender und alternativer Medizin" beschäftigt. Eine "Pilotstudie" wird durchgeführt um herauszufinden, ob sich eine größere Studie mit Vergleichsgruppen ("doppelblind") lohnt. Die Studie war "retrospektiv", d.h. die Ergebnisse des Behandlungszentrums wurden im Nachhinein wissenschaftlich ausgewertet.

    Dr. Martin Grassberger hat sich schon früher mit der "Bio-Therapie" beschäftigt, bei der "tierische Doktoren" eingesetzt werden. Vor vielen Jahren hatte er versucht, die "Maden-Therapie" für die Wundheilung zu etablieren. Obgleich seine schulmedizinischen Kollegen daran nicht interessiert waren, ist diese Therapieform inzwischen von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) und dem britischen Krankenversicherungsträger (NHS) als "wirksame und kostengünstige Alternative" (Grassberger) anerkannt. Das erklärt, weshalb er zusammen mit W. Hoch untersucht hat, ob und wie die Garra rufa außerhalb von Kangal helfen. In der Studie wird die Therapie konsequent als "Ichthyo-Therapie" (abgeleitet von Fisch) bezeichnet.

    Die Patienten litten unter einer gemäßigten bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis und kamen ambulant in das Therapiezentrum. Sie waren drei Wochen täglich zwei Stunden bei einer Temperatur von 36-37°C im "Fischbad". Danach wurden sie mit einem handelsüblichen Schnellbräuner drei bis fünf Minuten mit UVA bestrahlt. Am Ende wurde die Haut mit einer Lotion aus Glycerin, Shea-Butter und Aloe Vera Extrakt eingecremt. War auch der Kopf befallen, wurde er vor der Behandlung kahl rasiert.

    Jeder Patient hatte während der Behandlungszeit seine eigene Wanne und seine eigenen 250 bis 400 Fische, abhängig davon, wie hartnäckig und verbreitet die Psoriasis war. Die Fische wurden in einer Zuchtanlage professionell gehalten und kontrolliert, um jedes Risiko einer möglichen Infektion auszuschließen.

    Wie bei jeder Psoriasis-Behandlung sprachen auch in diesem Fall die Patienten unterschiedlich auf die Ichthyo-Therapie an: vollständig wirkte sie nur bei 4,5 % der Patienten. Gute und deutliche Resultate gab es bei 43,3 %. Etwas weniger gut, aber immer noch moderat sichtbar waren die Hautverbesserungen bei ebenfalls 43,3 % Patienten. Nur bei 8,9 % waren die Wirkungen geringfügig. Es gab keinen Patienten, der überhaupt nicht auf die Therapie reagiert hat. In einem Fall kam es zu Blutungen aus einem Ekzem aufgrund der Fischaktivitäten.

    Die Behandlung wurde mit UVA-Bestrahlung kombiniert. In zwei Fällen vertrugen die Patienten die Bestrahlung nicht und bekamen entzündliche Hautrötungen.

    Unsere Meinung

    In den vergangenen Jahren haben uns Anbieter von "Kangal-Fischen" im Psoriasis-Netz massiv genervt. Auf kritische Berichte haben einige aggressiv reagiert, uns beschimpft, beleidigt und ein einem Fall sogar körperlich bedroht. Es ging schließlich um viel Geld, das mit diesen Fischen verdient werden konnte.

    Die Schulmedizin nimmt die Ichthyo-Therapie nicht ernst. Es wird lediglich akzeptiert, dass die Fische Schuppen abknabbern und die Haut glatt machen können. Andererseits ist es erwiesen, dass Psoriatiker sich in den warmen Quellen von Kangal erfolgreich behandelt haben. "Erfolgreich" heißt, dass es Patienten gibt, denen es hilft und die für längere Zeit erscheinungsfrei bleiben.

    Es gibt keinen Nachweis, sondern nur Vermutungen darüber, w a r u m die Therapie in Kangal wirkt: Die zusätzliche Sonneneinstrahlung dort, das Selen im Wasser und das völlige Fehlen von Stress. Für die Therapie außerhalb der Türkei wurde dann behauptet, die Fische würden ein entzündungshemmendes Enzym oder sogar Dithranol in die Haut einspritzen. Eine Hamburger Apotheke bot Gara rufa als homöopathische Pille an und behauptete, die Fischsubstanz selbst würde die Psoriasis heilen.

    Die Studie sollte erstmals nachweisen, dass die Ichthyo-Therapie auch außerhalb von Kangal erfolgreich sein kann. Die Verfasser hüten sich aber davor, eine medizinische Erklärung dafür abzugeben, was im Endeffekt wirkt. Als einziges betonen sie die psychologische Wirkung eines entspannenden Wannenbades mit angenehmer Fisch-Massage. Das schließt einen Placebo-Effekt mit ein!

    Inzwischen ist es ruhiger geworden um die Ichthyo-Therapie in der heimischen Badewanne oder Regentonne. Sie ist zu teuer, unhygienisch und nicht artgerecht. Am Pool in der Türkei teilt man sich die Fische und das Wasser mit den anderen Patienten. Dort schwimmen die Fische sogar von einer offenen Wunde zur anderen.

    Wer eine Ichthyo-Therapie bei einem Heilpraktiker oder einer Wellness-Klinik macht, sollte sich vorher sehr genau über die Details der Behandlung informieren: Welche Befähigung hat der Fischzüchter? Wie werden die Fische gehalten und kontrolliert? Wie sind die hygienischen Bedingungen, d.h. hat man seine eigene Wanne und seine eigenen Fische? Wie viel Fische werden pro Patient eingesetzt? Das absolute Minimum sind 150. Bei welcher Wassertemperatur findet die Behandlung statt? In der Studie wurde bei 36 bis 37° C behandelt. Das lehnt Dr. Karl Süßmuth, Leiter der Ichthyo-Klinik "Das Erlenbach" in Bad Mergentheim, ab. Er meint, ab 34° C würden die Keime geradezu "explodieren" und behandelt deshalb bei 32 bis 34° C. Dagegen wendet Grassberger ein, dass es sich im Therapiezentrum um ein "offenes Frischwassersystem" handeln würde. Mit teuerer Technik sei das Wasser so bearbeitet, dass "jede nennenswerte Keimvermehrung verhindert" werde. Wie lange soll therapiert werden? In der Studie waren es drei Wochen; Dr. Süßmuth behauptet, dass vier Wochen das absolute "Minimum" seien, weil erst ab dann die Haut beginne, sich zu stabilisieren.

    Was zu Hause nur schwer geht, wird von den Profis selbstverständlich mit einbezogen: Nach den Fischen kommt die Bestrahlung. Grassberger und Hoch verweisen einerseits darauf, dass die "British Photodermatology Group" abrät, sich längere Zeit mit UVA zu bestrahlen. Andererseits verweisen sie auf eine Studie aus 2004, nach der schwarzer Hautkrebs wahrscheinlich durch UVB und nicht von UVA Strahlung ausgelöst wird. Sie empfehlen, die Ichthyo-Therapie auch mit UVB 311 nm bzw. SUP zu testen.

    Die Autoren der Studie nennen keine Risikogruppe. Dagegen verweist Dr. Süßmuth darauf, dass Menschen mit Herz-, Lungen- oder Leberproblemen sich nicht den Knabberfischen aussetzen sollten. Kreislaufstörungen dagegen seien kein Ausschlussgrund. Grassberger bezweifelt diese Risikobeschreibung. Patienten mit Herz- und Lungenproblemen würden meist auch an Kreislaufstörungen leiden. Er kenne keinen Grund, weshalb Patienten mit Leberproblemen von dieser Therapie ausgenommen werden sollten. Kinder würde Dr. Süßmuth frühestens ab einem Alter von 10 bis 12 Jahren behandeln. Die Heilpraktikerin Tanja Handler aus Pirmasens, die in fast allen Medien zu diesem Thema aufgetreten ist, behandelt auch Kinder. Sie setzt die Fische auch bei Neurodermitis und Ekzemen ein. Dr. Süßmuth dagegen schließt Neurodermitis kategorisch für diese Therapie aus. In der Studie hat es bei einem Ekzem Probleme gegeben.

    Eine Ichthyo-Therapie, ob in Kangal oder anderswo, muss privat bezahlt werden. Ein dreiwöchiger Aufenthalt in Kangal kostet bei einem deutschen Reiseveranstalter mit Flug im Einzelzimmer in 2006 rund 2.190 Euro. Ein vierwöchiger Aufenthalt in Bad Mergentheim kostet im Einzelzimmer und alles inklusive rund 2.400 Euro.

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    Informationen über die Therapie in Kangal (Türkei)


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