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Seit Mitte 2016 platziert der niederländische Anbieter eines Präparats auffällig viel Werbung im Internet. Auch im Psoriasis-Netz wird nach diesem Produkt vermehrt gesucht: Soritan D3-Creme, angeboten zur „äußerlichen Behandlung von Psoriasis und Neurodermitis“. Bewirken soll das Choleacalciferol (=Vitamin D3).
Werbe-Aussagen zu Soritan D3-Creme
Der Anbieter Vitabay behauptet in seiner Werbung für die Soritan D3 Creme, dass Schuppenflechte und Neurodermitis typische „Vitamin D3-Mangel-Erkrankungen“ seien. Das wäre ein „essentielles Vitamin zur Unterstützung der […] Immunabwehr“.
Weiterhin hieß es lange auf seiner Internetseite:
Dann heißt es, man hätte das Produkt aufgrund „firmeninterner Forschungsarbeiten“ entwickelt. Grundlage seien „aktuelle dermatologische Forschungserkenntnisse“. Die Creme hätte „zahlreiche Entwicklungsstufen und Bewertungsphasen durchlaufen […], die sowohl Wirksamkeit als auch eine unbedenkliche Anwendung sicherstellen“.
Immer wieder wird betont, das Produkt sei nach „höchsten Medizinprodukte-Standards“, „wissenschaftlich geprüfter Formel“ und „dermatologisch getesteter“ Qualität entwickelt worden. Die Entwickler der Creme (die auch mal als „Salbe“ bezeichnet wird) berufen sich auf die Erfahrungen eines Kieler Dermatologen:
Ein Testsiegel von dermatest® gibt dem Präparat das Werturteil „sehr gut“.
Kommentar
Der Anbieter dieser D3-Creme wirbt mit Halb- und Unwahrheiten, einem irreführenden Siegel, gefälschten Zitaten und nicht nachprüfbaren Behauptungen. Damit werden chronisch erkrankte Menschen getäuscht, die in ihrer Verzweiflung gutgläubig nach jedem Strohhalm greifen. Die Werbeaussagen können sachlich widerlegt werden. Wer so mit Wissenschaft umgeht, kann nicht erwarten, dass man ihm glaubt. Zum Beispiel, dass bei der Entwicklung der Creme „aktuelle dermatologische Forschungserkenntnisse“ eine Rolle gespielt haben sollen.
Psoriasis ist kein Vitamin D-Mangel
So vermischt der Anbieter in seiner Werbung Aussagen, die pharmakologisch nicht zusammen gehören: Da ist zum einen die breite Diskussion in der Öffentlichkeit, welche Erkrankungen mit einem Vitamin-D-Mangel zusammenhängen könnten. Zum anderen das Wissen über die Erfolge von Wirkstoffen in der Dermatologie, die synthetisch aus Vitamin D3 abgeleitet sind. Beides hat miteinander nichts zu tun!
"Die Diskussion um krankmachenden Vitamin D-Mangel ist ideologisch überfrachtet" (Priv.-Doz. Dr. Helger Stege). "Keiner weiß wirklich, ob die Krankheit einen Vitamin-D-Mangel hervorruft oder umgekehrt der Vitamin-Mangel die Krankheit" (Prof. Dr. T. Herzinger). Es gibt Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und Psoriasis wie Neurodermitis für möglich halten – bei einem Teil der Betroffenen. Bei der Schuppenflechte kennt man inzwischen Ursache und Auslöser. Weder sie, noch Neurodermitis sind „Vitamin D3-Mangel-Erkrankungen“, wie der Anbieter behauptet. Zwar kann Vitamin D3 durchaus positiv auf die Psoriasis wirken, muss aber nicht. Vor allem aber ist die Krankheit eindeutig eine Auto-Immunkrankheit, ausgelöst durch unterschiedliche Auslöser.
Eine derart komplexe Erkrankung wie die Psoriasis ist nicht durch eine Vitamin D3-Creme „langfristig behandelbar“, wie versprochen wird. Ganz im Gegenteil ist es kaum vorstellbar, dass ein echter Vitamin D -Mangel mittels Wirkstoffe über die Haut behoben werden kann. Wer es wirklich braucht, nimmt entsprechend hohe Dosierungen über Kapseln oder Tabletten ein. Aber: Es sollte nur derjenige zusätzlich Vitamin D-Präparate innerlich einnehmen, bei dem der Mangel vom Arzt festgestellt wurde.
Wenn Vitamin D3, wie in der Werbung behauptet wird, die Immunabwehr "unterstützt", dürfte es bei Psoriasis nicht eingesetzt werden. Im Gegenteil muss das Immunsystem geschwächt werden, um die Signale für weitere Entzündungsprozesse und ständige Hauterneuerung zu stoppen.
Vitamin D3 wirkt anders als synthetisches Vitamin D3-Analogon
Der Anbieter behauptet, Vitamin D3 würde „seit einigen Jahren […] in der Dermatologie mit auffälligem Erfolg zum Einsatz“ kommen. Das ist pharmakologisch falsch! Es ist nicht das Vitamin D3 (= Cholecalciferol), das bei Schuppenflechte eingesetzt wird. Das würde, äußerlich aufgetragen, nicht oder kaum wirken, weil es erst in Leber und Niere "aktiviert" werden muss. Deshalb behandelt man die Psoriasis mit einem künstlich hergestellten Stoff, der dem Vitamin-D3 ähnlich ist, einem „Analogon“. Dazu gehören Calcipotriol (Daivonex), Calcitriol (früher Silkis) und Tacalcitol (Curatoderm). Ein Vitamin-D3-Analogon dockt direkt an die einschlägigen Rezeptoren an. In der Creme ist aber Cholecalciferol, das erst im Körper umgewandelt werden muss.
Vitamin-D3-Analoga sind nicht für die äußerliche Behandlung der Neurodermitis zugelassen und werden auch nicht in den Leitlinien empfohlen.
Falsche und nicht nachprüfbare Beweise
Als Kronzeuge für die Wirkung seiner Vitamin D3-Creme weist der Anbieter darauf hin, dass der Deutsche Psoriasis Bund (DPB) diesen Wirkstoff empfehlen würde – sogar für Neurodermitis (Screenshot 1). Wenn überhaupt, hat sich der DPB nur zu den Vitamin D3-Analoga geäußert und vermutlich nie zur Neurodermitis. Als wir die Hamburger Organisation darauf aufmerksam gemacht hatten, musste der Anbieter seine Behauptung von der Seite nehmen.
Der Anbieter spricht von „Forschungsarbeiten“ und „wissenschaftlich geprüften“ „Entwicklungsstufen und Bewertungsphasen“ zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Diese Aussagen belegt er aber nicht. Wer danach in der Datenbank von PubMed sucht, kann keine einzige Veröffentlichung dazu in anerkannten Fachzeitschriften finden.
Stattdessen wird ein weiterer Kronzeuge zitiert. Dr. Sascha Gerdes habe herausgefunden, dass über 25 Prozent befragter Psoriasis-Patienten mit ihren äußerlichen Präparaten unzufrieden seien (Screenshot 2). Den Beitrag kann man aber weder in der als Quelle genannten Ärztezeitung vom 29.10.2015, noch in anderen Ausgaben finden. Auf Anfrage teilte uns Dr. Gerdes mit, dass sich das vermutlich auf eine Studie aus 2005 bezieht, die er lediglich in einem Vortrag zitiert habe. Die stehe aber „in keinem Zusammenhang mit der beworbenen Creme“. Deutlich schrieb uns Dr. Gerdes: Ich „halte die topische Anwendung von Vitamin D3 für medizinisch nicht gerechtfertigt. Positive Erfahrung gibt es nur mit zum Beispiel Calcipotriol und Tacalcitol, was besagte Vitamin D3-Analoga sind und eben kein Cholecalciferol wie in der Creme enthalten“.
Etwas später hat auch die Pharmafirma Leo erwirkt, dass alle Aussagen über eine erfolgreiche Wirkung der Creme und deren wissenschaftlich erarbeiteter Grundlage nicht mehr behauptet werden dürfen.
Irreführendes Testsiegel
Schließlich wirbt der Anbieter mit einem Test-Siegel, bei dem seine D3-Creme von einem kommerziellen Testinstitut die Note „Sehr gut“ bekommen hat. Wer sich bei dem Testinstitut informiert, erfährt, dass lediglich getestet wurde ob die Creme Allergien auslöst bzw. giftige Stoffe enthält. Die Note „sehr gut“ drückt eine Selbstverständlichkeit aus: Das Präparat ist nicht gesundheitsschädlich. Bei dem Testinstitut ist es sogar das schwächste Siegel, bei dem nur wenige Hautreaktionen getestet werden. Der Verbraucher dagegen denkt, „sehr gut“ wäre eine Aussage über die Qualität des Produktes gegenüber anderen – ist es aber nicht.
Wer aufgrund der Werbung zur D3-Creme greift, anstatt sich sachgerecht behandeln zu lassen, riskiert, dass die Entzündungen weiterhin im Körper aktiv bleiben. Je nach Schweregrad und Dauer können damit typische Begleiterkrankungen gefördert werden.
Fazit: Wir haben's an der Haut und nicht am Kopf.
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