Verstärkt werben Kurorte in Tschechien, Ungarn und derSlowakei um Patienten mit Psoriasis. Darunter befinden sich viele, die auch inDeutschland bis in die 1930er Jahre mehr oder weniger bekannt und vor allemanerkannt waren. PSO aktuell war im Oktober 2008 im ungarischen Harkány, umsich darüber zu informieren, wie und vor allem wie erfolgreich dort mitSchwefel behandelt wird.
In Ungarn befindet sich unter fast 80 Prozent der OberflächeThermalwasser. In 13 staatlich anerkannten Kurorten können Menschen Krankheitenbehandeln lassen. Weit im Süden liegt Harkány. Dort wird das schwefelhaltigeThermalwasser seit 1823 genutzt - vor allem zur Behandlung dermatologischer,rheumatischer und gynäkologischer Erkrankungen.
Seit Jahrhunderten ist bekannt, dass Schwefel beiSchuppenflechte oder Psoriasis arthritis positiv wirken kann. Rund um dieThermalquellen sind seit Mitte des 19. Jahrhundert prunkvolle und oft legendäreKurorte entstanden. Sie zogen vor allem die wohlhabenden Patienten aus allerWelt an. Das änderte sich einerseits durch die politische Spaltung Europas undandererseits durch die Weiterentwicklung der Schulmedizin. Schwefel geriet alsmedizinischer Wirkstoff ins Abseits. Allgemein herrscht in Deutshland dieMeinung vor, seine Wirkung sei zu gering.
Ungarische Ärzte haben in einer Studie das Gegenteilbewiesen: Sie ließen 60 Patienten mit chronischer Plaque-Psoriasis inschwefelhaltigem Thermalwasser oder in normalem Wasser baden. DieStudienteilnehmer mussten zweimal am Tag für je 25 Minuten ins Bad. Einmaltäglich wurden sie mit 0,1prozentiger Dithranol-Salbe behandelt. Die wurde nach15 Minuten wieder abgewaschen. Am ersten und am letzten Tag untersuchte einunabhängiger Arzt den Zustand der Haut. Dabei wusste er nicht, in welchemWasser der jeweilige Patient gebadet hatte.
Bei denjenigen, die mit Thermalwasser behandelt wurden,besserte sich der PASI-Wert um 66 Prozent, bei der Placebogruppe um 40 Prozent."Schwefel beeinflusst die Bildung von Interleukin (IL) im Körper“, so Dr.Bela Sebök vom Zsigmondy Vilmos Kur- und Reha-Zentrum. „Psoriatiker haben zuwenig IL-10 und zu viel IL-8. Bei denjenigen, die in schwefelhaltigem Wassergebadet hatten, stieg der IL-10-Wert um 56 Prozent, sank der IL-8-Werte um 55Prozent." Selbst bei Mäusen, die im Schwefel-Wasser gebadet hatten,verringerten sich dadurch Entzündungen.
"Die Behandlung mit Schwefelbädern hat keineNebenwirkungen", erklärte Dr. Sebök. „Durch die Studie haben wir zwarbewiesen, dass schon allein schwefelhaltiges Wasser bei Psoriasis wirkt. Aberin der Praxis wird hier jeder Patient außerdem mit UV-Licht bestrahlt, um denEffekt zu beschleunigen."
Was die Krankenkasse zahlt
Für ambulante Vorsorgeleistungen in Kurorten (früher"Offene Badekur") gilt § 23 des Sozialgesetzbuchs V.
Der Patient füllt mit seinem Haus- oder Facharzt einenAntrag aus und gibt als Wunschort „Harkány“ an. Neben der reinen Diagnosesollten unbedingt weitere Beschwerden (Juckreiz, Schlaflosigkeit, Schmerzen)und die damit verbundenen Folgen im Alltag (berufliche Einschränkungen,begrenzte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben) aufgeführt werden.
Von der Krankenkasse werden die Kurarzt-Kosten übernommen,d. h. medizinische Leistungen und etwa 90 Prozent der Kurmittel. Der Patientzahlt für die Behandlung je nach Krankenkasse 20 Euro Eigenanteil an denTherapiekosten, 10 Euro Verordnungsgebühr und 10 Prozent der Kurarzt-Kosten.
Die Krankenkasse kann einen Zuschuss für Unterkunft undVerpflegung, Kurtaxe und Fahrgeld bis zu 13 Euro pro Behandlungstag gewähren,für chronisch kranke Kleinkinder bis zu 21 Euro pro Tag. Den Rest trägt derKurpatient.
Die Behandlung in Harkány
Ein typisches „Kurpaket“ für Menschen mit Schuppenflechtesieht vor, dass man täglich zwei Wannenbäder im frischen Heilwasser nimmt, mitUVB oder PUVA bestrahlt und mit Dithranol behandelt wird.Krankenschwestern helfen beim Einschmieren, was vor allem auf dem Kopfhilfreich ist. Ein Rheumatologe wird gegebenenfalls bei einer Psoriasisarthritis oder anderen Gelenkerkrankungen physiotherapeutische Behandlungenverordnen. Zur Pflege der Haut gibt es beispielsweise eine Lotion, die fünf biszehn Prozent Urea (Harnstoff) und schwefelhaltiges Thermalwasser enthält.
Das Zsigmondy Vilmos Kur- und Reha-Zentrum entspricht eher einem Krankenhaus als einer Kurklinik. Für alle, die sich dort nur behandeln lassen wollen, gibt es Hotels aller Kategorien, einen Campingplatz und Privatunterkünfte. Einige der neu gebauten Hotels wie das „Thermal Hotel Harkány bieten die Behandlung im eigenen Haus mit Thermalwasser-Becken und Bestrahlung an. „Das ist für diejenigen, die nicht als ‚Kranke’ untergebracht werden wollen, sondern den gehobenen Standard eines Hotels bevorzugen.“ so Dr. Bela Sebök. Aber auch diesen Patienten empfiehlt er, sich in der ersten Woche intensiv in der Klinik und erst danach im Hotel behandeln zu lassen. Wer ohne ärztliche Betreuung auskommt, kann in Harkány das öffentliche Heil- und Strandbad nutzen. Es enthält ebenfalls schwefelhaltiges Thermalwasser, wenn auch weniger stark konzentriert. Außerdem gibt es dort physiotherapeutische Angebote, ein Erlebnis- und diverse Wellness-Bäder.
Harkány hat 1.300 Einwohner und ist als Ort nicht besonders reizvoll. Aber es liegt in einem weltberühmten Weinbaugebiet mit vielen netten Städtchen und in der Nähe der geschichtsträchtigen Stadt Pècs. Örtliche Anbieter organisieren vielfältigste Touren.
Die Anreise erfolgt per Flug bis Budapest oder Wien und dann per Taxi. Vor allem Gesundheitsreisebüros bieten auch Komplettpakete oder Busreisen an.
Fotos aus Harkány
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift "PSOaktuell".
Tipp zum Weiterlesen: In unseren Blogs berichteten drei Nutzerinnen über ihre Erfahrungen mit einer Kur in Harkany.
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