=== nachfolgender Artikel beruht auf einem alten Sachstand. Inzwischen haben wir jegliche Werbung, die den Nutzer trackt, von unseren Seiten entfernt. Um die Diskussion abzubilden, lassen wir den Artikel vorerst stehen. ===
Halten Sie das Psoriasis-Netz für vertrauenswürdig? Die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) tut das nicht mehr. Die Institution teilte dem Psoriasis-Netz mit, dass es aus der Datenbank „vertrauenswürdiger Internetforen“ gestrichen wurde. Uns wird vorgeworfen, wir würden den "Schutz der Privatsphäre" nicht gewährleisten.
Konkret wird uns vorgeworfen, dass wir "unbemerkten Aufbau von Verbindungen zu Dritten" (Tracking) zulassen würden. „Tracking“ bedeutet, Google setzt mit seiner Werbung (auf der rechten Seite zu sehen) Cookies und passt damit die Werbung für Nutzer an deren individuelles Surfverhalten an. NAKOS behauptet, damit würden "vertrauliche und sensible Inhalte und besonders schützenswerte Informationen" ausgespäht. Außerdem sei die Werbung im Psoriasis-Netz zu „dominant“.
Wir Macher des Psoriasis-Netzes haben dagegen protestiert. Wir werfen der Institution vor, damit gegen ihren gesetzlichen Auftrag zu verstoßen. Der sieht nämlich vor, Selbsthilfe-Initiativen zu unterstützen und nicht, sie auszugrenzen.
Wir brauchen Ihre Rückendeckung, aber auch Ihre kritischen Anmerkungen. Bitte teilen Sie uns Ihre Gedanken in einem Kommentar unter diesem Artikel mit. Vor allem Krankenkassen, die die Internet-Selbsthilfe fördern sollen, beobachten sehr genau, wie diese Diskussion verläuft.
Kommentar
Völliger Datenschutz im Internet ist ein Problem, das nur wenige beherrschen. Das wissen alle, die das Netz nutzen. Aber nicht alle wissen im Einzelnen, wie ihr Surfverhalten dokumentiert wird. Der Internet-Nutzer muss sich ärgerlicherweise regelmäßig darüber sachkundig machen, was mit seinen Daten geschehen könnte – nicht nur beim Online-Banking. Seriöse Internetanbieter müssen darüber informieren, was mit den Daten passiert. Das machen wir natürlich auch im Psoriasis-Netz. Zudem kann der Leser erfahren, wie er sich vor "Trackern" schützen kann.
Experten mahnen immer wieder, dass sich der „mündige Internet-Nutzer“ vorrangig selbst um Sicherheits-Standards und Schutzmaßnahmen kümmern muss. NAKOS jedoch gibt den Patienten dafür keine konkreten Tipps. Stattdessen werden Online-Selbsthilfeportale mit Google-Werbung pauschal ausgeschlossen. Nicht der Patient entscheidet, ob er etwas dagegen unternehmen will, gezielt Werbung zu erhalten, sondern NAKOS. Nicht jeder Patient bewertet Tracking als Weitergabe "vertraulicher und sensibler Inhalte und besonders schützenswerter Informationen".
Fair und angemessen wäre es von NAKOS gewesen, die Selbsthilfe-Internetforen in der Datenbank zu belassen, ihnen aber unterschiedliche Sicherheitsstandards zuzuordnen. Dann hätte jeder Patienten selbst entscheiden können.
Im Psoriasis-Netz gibt es Werbung. Diese Werbung brauchen wir, weil uns das Internetportal jährlich um die 7.300 Euro kostet – nachzulesen in unserer Finanzübersicht 2014. Während "reale" Selbsthilfegruppen ihre Basis-Ausgaben von den Krankenkassen finanziert bekommen, gibt es das für Online-Selbsthilfegruppen nicht. Am liebsten wäre uns ein Psoriasis-Netz ohne Werbung. Unserem Spendaufruf sind nur wenige gefolgt (wobei jedem Einzelnen Dank gebührt!). Google-Werbung macht uns unabhängig, weil wir darauf keinen Einfluss haben. So können uns weder Werbekunden noch Pharma-Sponsoren unter Druck setzen, inhaltliche Kompromisse zu schließen. Unliebsame Werbung können wir dabei immer noch ausschließen. Sollten irgendwann in ferner Zukunft die Krankenkassen Online-Selbsthilfe pauschal fördern, verzichten wir gerne auf diese Werbe-Einnahmen.
NAKOS weiß das alles und ist auch sehr gut darüber informiert, wie viel Freizeit die Forenbetreiber investieren müssen. Trotzdem hilft sie den Online-Selbsthilfegruppen nicht mit ihren professionellen Mitteln. Gerade die kleinen Internetforen mit wenigen Ehrenamtlichen sind überfordert, sich um trackingfreie Werbung oder alternative Geldbeschaffung zu kümmern. Selbst technische Hinweise, wie mit Cookies für Werbezwecke transparent umgegangen werden könnte, fehlen. Der Job von NAKOS ist es, Online-Selbsthilfegruppen zu unterstützen, anstatt sie auszugrenzen. Dafür wird die Einrichtung aus Krankenkassenbeiträgen und Steuermitteln finanziert – allein 2013 mit über 600.000 Euro. Eine entsprechende Übersicht, aus der die Summe hervorgeht, wurde mittlerweile von der Internetseite von Nakos entfernt.
NAKOS behauptet, im Psoriasis-Netz sei die Werbung „dominierend“. Das ist für ein Online-Selbsthilfeportal eigentlich ein vernichtendes Urteil. Ja, es gibt Werbung im Psoriasis-Netz; die ist aber überhaupt nicht „vorherrschend“ gegenüber redaktionellen Texten und Forenbeiträgen. NAKOS lässt unberücksichtigt, dass für registrierte Nutzer die Werbung völlig abgeschaltet ist.
Zur Online-Selbsthilfe hatte NAKOS schon früher ein gestörtes Verhältnis: Während wir auf Selbsthilfekongressen und in Veröffentlichungen mit Vorträgen wie „Die Zukunft der Selbsthilfe liegt im Internet“ auftraten, behauptete NAKOS noch jahrelang, „richtige“ Selbsthilfe sei nur die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht („face-to-face“ im Soziologen-Deutsch). Wie „vertrauenswürdig“ die sind, wurde für die NAKOS-Datenbank der traditionellen Selbsthilfegruppen nie abgefragt.
Unter „vertrauenswürdig“ versteht man im Allgemeinen mehr, als dass der Datenschutz eingehalten wird. Eine Datenbank mit dem Siegel „vertrauenswürdig“ suggeriert, dass dort Selbsthilfe-Foren aufgeführt werden, die insgesamt vertrauenswürdig sind. In Wirklichkeit findet man dort aber auch Forenbetreiber, die ohne Werbung auskommen, weil sie sich z.B. aus Pharma-Geldern finanzieren. Das Psoriasis-Netz weist seine Vertrauenswürdigkeit jedes Jahr neu durch das afgis-Qualitätslogo nach. Im Endeffekt sind es aber mündige Patienten und aufgeklärte Internet-Nutzer, die mit ihren Registrierungen und Klickzahlen darüber abstimmen. In der Community des Psoriasis-Netzes sind zur Zeit fast 21.000 Nutzer registriert.
Wir empfinden es als Vertrauensverlust, dass NAKOS engagierte und alteingesessene Selbsthilfe-Initiativen vor die Alternative stellt, entweder auf notwendige Einnahmen zu verzichten und damit die Internet-Präsenz drastisch herunterzufahren oder als „nicht vertrauenswürdig“ zu gelten. Für uns kommt es nicht in Frage, die Existenz unseres seit 1997 bestehenden Online-Selbsthilfeportals von Sponsoren aus der Pharmaindustrie abhängig zu machen.
Eine ausführliche Stellungnahme an NAKOS finden sie auf der Internetseite der PSOAG.
Wir brauchen Ihre Rückendeckung, aber auch Ihre kritischen Anmerkungen. Bitte teilen Sie uns Ihre Gedanken in einem Kommentar unter diesem Artikel mit.
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