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    Heilerde bei Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis

    "Heilerde ist das kostbarste natürliche Allheilmittel, das wir haben“, behauptet Professor Klaus Louis Schmidt, ehemaliger Klinikdirektor in Bad Nauheim. Ist das bewiesen und hilft sie auch bei Psoriasis und Psoriasis arthritis?

    Wer nach naturheilkundlichen Behandlungsmöglichkeiten sucht, stößt bei vielen Krankheiten auf Heilerde, Lehm, Löss (süddeutsch Löß), Ton, Torf, Moor, Schlick, Kreide oder ähnliches. Diese Naturstoffe werden äußerlich als Schlamm, als mit Wasser angerührter Brei aufgetragen oder innerlich in Pulverform eingenommen.

    Solche in der Natur entstandenen Gemische werden als Peloide bezeichnet. Das kommt aus dem Griechischen: "pelos" bedeutet Schlamm, "eídos" bezeichnet die Gestalt.

    Bei Haut- und Gelenkkrankheiten werden Peloide äußerlich als Packung (Wickel), feuchte Auflage (Maske) oder Bäder eingesetzt. Einige Mediziner halten es sogar für möglich, dass es auch bei diesen Krankheiten hilft, Heilerde innerlich einzunehmen.

    Heilerde äußerlich bei Psoriasis

    Zur Behandlung von Hautkrankheiten ist das bekannteste Beispiel der Schlick vom Toten Meer (Black mud). Er enthält sehr viele Mineralstoffe. Vor allem das enthaltene Magnesium gilt als entzündungshemmend.

    Ursprünglich aus dem Harz kommt die Luvos Heilerde, ein eiszeitlicher Löss mit Silikat, Kalkspat, Ton-Minerale, Feldspat und Dolomit.

    Von der Ostsee-Küste stammt die Rügener Heilkreide, die vorwiegend aus Calcium-Carbonat besteht.

    Erhältlich ist weiterhin ein Schlick, der zwischen der Krim und dem ukrainischem Festland gewonnen wird. Bei dieser Sivash Heilerde® sollen vor allem Schwefel und Magnesium anti-entzündlich wirken.

    Schließlich werden in dem Psoriasis-Behandlungskonzept Dr. Christ DermaChic Extrakte aus Meeresschlick und Algen eingesetzt.

    Geduld beim Trocknen nötig

    Es braucht viel Geduld, den Brei richtig anzuwenden. Die feuchte Masse darf nicht zu dünn auf die Plaques aufgetragen werden. Je nach Außentemperatur dauert es zwischen 30 und 45 Minuten, bis sie angetrocknet ist. Dann darf sie nicht abgewaschen, sondern muss mechanisch abgeklopft werden. Der zurückbleibende feine Staub sollte möglichst noch länger auf der Haut bleiben, bis er schließlich mit einem Tuch abgerieben wird.

    Bei großen Plaques sollte die Prozedur täglich wiederholt werden. Hinterher muss die Haut auf jeden Fall wieder mit Fett und Feuchtigkeit gepflegt werden. Manche Heilerden werden gleich mit Ölen angeboten.

    Heilerde zieht Stoffe aus der Haut

    Besonders wirksam, so Dr. Bernhard Uehleke von der Charité, sei die Behandlung mit Heilerde-Brei am Beginn es neuen Psoriasis-Schubes.

    Peloide trocknen die Haut aus und spannen sie. Dr. Ina Schicker beschreibt in der Zeitschrift "PSO aktuell", dass der Brei „beim Trocknen sehr feine, enge Kanälchen (Kapillare)“ bildet, die wie ein Schwamm Stoffe aus der Haut ziehen können, „auch aus tieferen Schichten“. Zusätzlich enthielten die Mineralien „elektromagnetisch geladen Ione“, die „Teilchen mit entgegengesetzter Ladung anziehen“ würden.

    So ist es zu erklären, dass diese „heilsame Erde“ (MDR) Schmutz-, Talg- und Fettpartikel „absaugt". Umgekehrt kann sie zum Beispiel entzündungshemmende und juckreizstillende Stoffe in die Haut einbringen.

    Heilerde äußerlich bei Psoriasis Arthritis

    Bei Gelenkproblemen wirken Moorbäder oder Schlammpackungen schmerzstillend, muskelentspannend und durchblutungsfördernd und sollen Entzündungen verringern.

    Professor Klaus Louis Schmidt erklärt, die gleichmäßige, lang anhaltende Überwärmung (Hyperthermie) würde tief in den Körper eindringen und warmes Blut an die Gelenke bringen. Die Gefäße werden weiter und der Stoffwechsel und die Durchblutung verstärken sich. Rückstände und Ablagerungen sollen, so die Theorie, „weggespült“ werden.

    Wickel für einzelne Gelenke

    Einzelne Gelenke kann man mit Wickeln behandeln: Der Brei wird auf ein poröses Tuch oder eine Windel aufgetragen und ein Handtuch darum gewickelt. Damit könne man, so Dr. Uehleke, den Schmerz „heraussaugen“. Auf jeden Fall solle der Brei dick genug sein, „damit ein vernünftiger Temperatureffekt zu erzielen ist“.

    Schwierig wird es, wenn Haut oder Gelenke akut entzündet sind, also "blühen". Dann sind nur kühle Packungen anzuwenden und dürfen nur solange benutzt werden, wie sich Verdunstungskälte entwickelt.

    Innerliche Anwendung von Heilerde

    Es gibt Argumente, die dafür sprechen, Heilerde bei Psoriasis und Psoriasis Arthritis innerlich anzuwenden: So geht Professor André Beer (Naturheilklinik Blankenstein) davon aus, dass „viele entzündliche Krankheiten zu einer starken Übersäuerung des gesamten Körpers“ führen. Die würde das Krankheitsbild verschlechtern. Die sehr gute innerliche Wirkung von Heilerde auf Magenprobleme – zum Beispiel auch auf zu viel Magensäure – sei nachgewiesen.

    Dr. Uehleke wies darauf hin, dass Histamin extrem gut an Heilerde anbindet. Histamin ist der wichtigste Botenstoff, der Juckreiz auslöst. Das würde ebenfalls für eine innerliche Anwendung von Heilerde sprechen.

    Wichtig: Abstand halten

    Bei der innerlichen Einnahme ist einiges zu beachten: Heilerde kann Arzneimittel binden, so dass sie an Wirkung verlieren. Es sollten immer ein bis zwei Stunden Abstand zwischen der Einnahme liegen.

    Bei Wikipedia wird darauf hingewiesen, dass "die erhöhte Silizium-Zufuhr durch die enthaltenen Silikate" zu Harnsteinbildung oder chronischer Nierenentzündung führen könne. Das wird aktuell (2016) von Schulmediziner bestätigt. Dr. Uehleke meint dazu, dass Kieselmineralien nadelförmige Kristalle enthalten. Es könnte sein, dass die sich im Körper ähnlich wie Asbestfasern verteilen und Reizungen auslösen. Aber das sei zum Teil spekulativ und würde eher von Konkurrenten gegen Kieselerden und andere benutzt. Unter Luvos Heilerde, so Uehleke, seien Harnsteine oder Nierenentzündung niemals ein Thema gewesen.

    Patienten mit Nieren-Insuffienz sollten Heilerde nicht dauerhaft zu sich nehmen. Sie enthalte Aluminium, das die Nieren nicht ausscheiden können.

    Wie gut wirken Peloide?

    Erden und Schlämme gelten als uraltes Heilmittel. In unserem Kulturkreis ist die Behandlung mit Peloiden seit der Klostermedizin des Mittelalters bekannt. Etabliert haben sie sich mit der Naturheilkunde-Bewegung des 19. Jahrhunderts (Kneipp). Adolph Just gilt als Namensgeber und Vater der Heilerde. Er gründete das Familienunternehmen, das heute noch die Luvos-Heilerde produziert.

    Aber es gibt keine umfassenden Untersuchungen, wie sie genau bei Psoriasis und Psoriasis Arthritis wirken. Bekannt ist lediglich eine kleine Vergleichsstudie über 12 Tage mit schwefelhaltigem Schlamm, der am Golf von Neapel gewonnen wird. Angekündigt ist für 2016 eine Beobachtungsstudie mit Totes-Meer-Schlamm der Abteilung Naturheilkunde an der Charité Berlin.

    Trotz bisher fehlender systematischer Beweise wird Psoriatikern von Naturheilkundlern, Heilpraktikern und Kurärzten (Balneologen) geraten, es mit Peloiden zu versuchen. Sie berufen sich auf traditionelle und eigene Erfahrungen.

    Peloide werden bei sehr vielen Krankheiten eingesetzt. Nachgewiesen ist, dass Heilerde bei fast allen Krankheiten des Magen-/Darmtrakts besonders gut wirkt – außer bei Verstopfungen. „Moorkinder“ kommen angeblich deshalb zur Welt, weil Frauen, die bisher nicht schwanger werden konnten, Moorbäder mit natürlichem Östrogen genommen haben.

    Außerdem soll Heilerde wirken bei

    • Hautkrankheiten
    • Gelenkverschleiß (Arthrose)
    • Entzündungen (Arthritis wie Rheuma, Weichteil-Rheuma)
    • gynäkologische Krankheiten
    • Muskelschmerz und
    • Morbus Crohn

    Kritiker: Heilerde ist schlecht geprüft

    Ganz anders die Mediziner des unabhängigen Magazins "Gute Pillen - Schlechte Pillen" (GPSP). Sie kritisieren, dass es für die äußere wie für die innere Wirkung von Heilerde keine seriösen wissenschaftlichen  Studienergebnisse gibt. Stattdessen werden Wirkungen behauptet, die aus reinen Laborergebnissen (in vitro) stammen, also nicht bei Menschen untersucht wurden. Es gäbe lediglich vom Hersteller finanzierte Anwendungsbeobachtungen (AWB) oder werbende Befragungen, Ärzte hätten die Probanden nie gesehen, mit Placebos sei nicht verglichen worden. Alle Ergebnisse beruhten auf Selbsteinschätzungen, die von den positiven Erwartungen der Patienten beeinflusst sein können.

    Die Kritiker weisen darauf hin, dass eine Entgiftung nicht nötig sei: „In einem gesunden menschlichen Körper gibt es keine Ansammlung von Schlacken und Ablagerung von Stoffwechselprodukten. Nicht verwertbare Stoffe werden über den Darm und die Nieren ausgeschieden.“ (Deutsche Gesellschaft für Ernährung). Es gäbe keine Stoffe, die die Heilerde binden könnten. Ebenfalls gäbe es keine Übersäuerung, die durch Heilerde neutralisiert werden müsse, wie Prof. Beer behauptet. Ganz im Gegenteil würde der "Körper den Säure-Basen-Haushalt in der Regel selbst in der richtigen Balance" halten, danke eines "Puffers". Für GPSP ist die Zulassung der Luvs® Heilerde als innerliches Arzneimittel bei Magen-Darm-Beschwerden deshalb "eher dubios".

    Die Nebenwirkungen bei innerer Einnahme dagegen seien sehr wohl nachgewiesen: Wechselwirkungen bzw. Neutralisierung von Medikamenten, Darmverschluss bei Einnahme mit zu wenig Flüssigkeit, keine Anwendung in der Schwangerschaft wegen des hohen Aluminium-Gehalts bis hin zu seltenen Nieren-Entzündungen wegen der enthaltenen Silikate.

    Wer innerlich Heilerde einnehmen will, sollte das auf jeden Fall vorher mit dem Arzt abklären, um zu verhindern, dass ein Leiden verschleppt wird.

    Kommentar

    Wie gut Peloide bei Psoriasis oder Psoriasis Arthritis helfen, ist nicht geklärt. Professor Jost Langhorst (Klinikum für Naturheilkunde Essen) spricht davon, dass „die Heilerde dazu beiträgt, dass die Hautveränderungen zurückgehen“. Prof. Jürgen Kleinschmidt (Institut für medizinische Balneologie) dagegen meint, dass damit lediglich die Schuppen aufgeweicht und abgelöst werden würden. „Ohne anschließende Bestrahlung [...] würde ich da keine besonderen Effekte erwarten."  – bzw. ohne eine Behandlung mit wirkstoffhaltigen Cremes, Salben oder Lotionen. Dr. Uehleke verweist darauf, dass im Schwefel entzündungshemmende Stoffe aktiv sind. Wie stark und anhaltend Entzündungen sich durch Peloide zurückbilden, ist noch nicht erforscht worden.

    Dr. Uehleke bevorzugt bei Psoriasis inzwischen den Tote-Meer-Schlamm. In 2016 wird er dazu eine Befragung durchführen. Obgleich man seit langem davon ausgeht, dass dieser Schlamm positiv auf Haut und Gelenke wirkt, werden Patienten am Toten Meer damit nicht systematisch behandelt. Entweder ist die Wirkung tatsächlich schwächer, als die zahlreichen Anbieter aus der Kosmetikbranche behaupten. Oder ein Erfolg ist erst nach sehr langem Gebrauch sichtbar – länger als die Patienten am Toten Meer verweilen.

    Grundsätzlich kann man in Fällen leichter Schuppenflechte raten, Heilerde & Co. – äußerlich angewendet – auch als alleinige Behandlung auszuprobieren. Bei innerlicher Einnahme müssen die beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen und möglichen Nebenwirkungen beachtet werden. Wissenschaftlich sind weder die Wirkungen der Heilerde beim Menschen noch behauptete Mechanismen (Entsäuerung, Entgiftung) seriös nachgewiesen. Naturheilkundler berufen sich auf ihre Erfahrungen, denen man glauben muss. Bei mittelschwerer Psoriasis sollte man Heilerde nur in Absprache mit dem Arzt einnehmen. Wer eine schwere Verlaufsform hat, sollte nicht riskieren, dass sich die Krankheit verschlimmert, weil Peloide in diesem Fall nicht wirksam genug sind.

    Bei Psoriasis Arthrtis sind Moorbäder oder –packungen eine gute Möglichkeit, für eine gewisse Zeit seine Schmerzen zu senken und die Beweglichkeit zu erhöhen. Aber es gibt keine seriösen Berichte darüber, ob damit auch die langfristige Zerstörung der Gelenke gehemmt werden kann – zum Beispiel im Anfangsstadium einer Psoriasis Arthritis. Sie sind sicherlich gut, um begleitend eine Therapie mit Medikamenten zu unterstützen und es den Gelenken für einige Zeit wohlergehen zu lassen. Wer aber allein auf Peloide setzt, sollte das sehr genau mit einem erfahrenen Arzt (Rheumatologen) besprechen. Zu groß ist das Risiko, dass die Gelenk-Psoriasis zu spät behandelt wird, d.h. eigentlich vermeidbare Schäden nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

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    Quellen

    1. „Heilsame Erde“, MDR TV-Gesundheitsmagazin hauptsache gesund, August 2009
    2. „Prospektive Fernstudie über die kurmässige Anwendung einer Heilerde-Gesichtsmaske bei unreiner Haut“,Uehleke, Bernhard, u.a., Kompendium Dermatologie, 2008/01
    3. „Was kann Heilerde?“, Vortrag beim Psoriasis Forum Berlin, 3.11.2015
    4. „Peloidtherapie – Gesunder Matsch?“, Dr. Ina Schicker, PSO aktuell 3/ September 2011 (nicht mehr aufrufbar)
    5. Natürlich gesund – Heilerde“, NDR TV-Gesundheitsmagazin Visite, 22.07.2014
    6. Heilerde - Schlecht geprüft, GPSP Nr. 1/2016, S. 8 und "Nur nicht sauer werden - Belege für die basische Medizin fehlen", S. 12ff.

    Über den Autoren

    Rolf Blaga hat sich mehr als 28 Jahre lang in der Patienten-Selbsthilfe für Menschen mit Schuppenflechte engagiert. Als Autor fürs Psoriasis-Netz besucht er regelmäßig medizinische Veranstaltungen. Er ist Vorsitzender der AG Medizin und Gesundheit bei Transparency Deutschland.

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