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    Rolf Blaga

    Wie die Klinik Blankenstein die Haut naturheilkundlich behandelt

    Wer seine Psoriasis mit den Methoden der Naturheilkunde behandeln will, muss sich auf mehr einlassen, als lediglich auf natürliche Wirkstoffe umzustellen. Es gibt keine eindeutigen Therapie-Empfehlungen, wie bei den Dermatologen. Eine der Kliniken mit naturheilkundlichen Angeboten hat ihr Konzept vorgestellt.

    Ordnungstherapie

    Die Klinik Blankenstein hatte am 5. April 2017, gemeinsam mit der Selbsthilfegemeinschaft Haut zu einem „Tag der Haut“ eingeladen. Vorgestellt wurden die Behandlungsmöglichkeiten während eines 11- bis 18- tägigen stationären Aufenthalts. In dieser Zeit werden die Patienten nicht nur mit unterschiedlichen naturheilkundlichen Methoden behandelt. Sondern vorrangig sollen sie zu einem „angemessenen, gesundheitsfördernden und nachhaltigen Lebensstil“ hingeführt werden, so Prof. André-Michael Beer. Mit jedem Patienten wird abgesprochen, wie die praktizierten Ansätze zukünftig in den Alltag eingebaut werden könnten. Denn nur alle diese verschiedenen Maßnahmen zusammen würden die Selbstregulation und damit langfristig das Krankheitsbild verbessern. Weil es darum geht, das Leben neu zu ordnen, heißt dieser Ansatz "Ordnungstherapie".

    Klinikkonzept

    Oberarzt Dr. Stefan Fey berichtete, dass Hautpatienten vor allem dann in die Klinik kämen, wenn „konventionelle Maßnahmen“ nicht mehr geholfen hätten; sie also im Sinne der Schulmedizin „austherapiert“ sind. Und es kämen Patienten, die wegen befürchteter Nebenwirkungen nur noch mit natürlichen Mitteln behandelt werden wollen. Ziel sei es, das Hautbild zu verbessern, den Juckreiz zu lindern, Medikamenten-Dosierungen zu verringern und die Eigenverantwortung zu stärken. Nach dem Klinikaufenthalt sollen sich die Patienten zu Hause weiter um Ernährung, Stress, Salben, Tees und Wickel kümmern. Dazu gehören ebenfalls Methoden, mit denen „Körper, Seele und Geist“ gestärkt und die Lebensqualität verbessert werden können. Alle Maßnahmen haben das langfristige Ziel, den Körper widerstandsfähiger zu machen. Deshalb würde mit Reizen gearbeitet, die die Selbst-Regulation fördern sollen.

    Bei stark entzündeten Schüben stoße die Naturheilkunde aber an ihre Grenze. In diesem Fall müsste akut schulmedizinisch behandelt werden.

    Am Anfang der Behandlung würden „Störfelder“ ermittelt, wie zum Beispiel der Zahnstatus, das Darm-Mikrobiom, Narben, Nasennebenhöhlen-Entzündung oder psychische Belastungen.

    Konzept-Blankenstein.jpg

    Phytotherapie

    Bei Hautkrankheiten gibt es, so Professor Beer, eine breite Palette an pflanzlichen Stoffen, bei denen es nachgewiesen ist, dass sie wirken. Pflanzliche Arzneimittel (Phytopharmaka) haben in Studien gezeigt, dass sie helfen. Wie alles, was wirkt, könnten auch Pflanzenstoffe unerwünschte Arzneimittel-Wirkungen haben. Wenn aber der Arzt sehr erfahren ist, so Beer, würden Nebenwirkungen sich in Grenzen halten. Echte Allergien auf pflanzliche Stoffe gäbe es selten; unerwünschte Reaktionen dagegen schon.

    Pflanzenstoffe können entweder innerlich als Tees oder äußerlich als Bäderzusatz oder Wickel angewendet werden. Bei 70 Prozent der Hautfälle, so Beer, komme man damit in Kombination mit dem Fasten gut voran.

    Prof. Beer betonte, er habe gute therapeutische Erfahrungen mit ätherischen Ölen gemacht. Die würden über die Haut aufgenommen werden, ebenso als Duft über die Luft und als Inhaltsstoff über die Nahrung. Er wies auf die unterschiedliche Bedeutung von Sandelholz-Duft für Hautkranke hin. Die Klinik habe aus Duftölen spezielle Präparate für Psoriatiker und Neurodermitiker [1]  entwickelt.

    Wickel und Auflagen

    Eine Krankenschwester berichtete, dass Hautpatienten 3x täglich sieben Tage in der Woche Wickel erhalten würden, z.B. mit Weißkohlblättern. Bei Psoriatikern würden ätherische Ölmischungen eingesetzt. Packungen, Auflagen oder Wickel enthielten nur Pflanzen, die erwiesenermaßen auf Hautkrankheiten wirken. Der Patient solle erleben, dass sie wirken und die Maßnahmen dann zu Hause selbst weiterführen.

    Physikalische Therapien

    Die Physiotherapeutin erklärte, welche Bäder mit welchen Wirkstoffen bei Hauterkrankungen eingesetzt werden:

    • Moor oder Nachtkerzenöl, um die Entzündung zu hemmen
    • Molke, um die Haut zu beruhigen und den Juckreiz zu lindern
    • Sole, um die Abschuppung zu fördern.

    Ein Ärzte-Team entscheide, welches Bad jeweils eingesetzt wird.

    Wenn es nötig sei, wird zusätzlich mit UVB-Breitband bestrahlt.

    Auch Hautpatienten würden physiotherapeutisch behandelt werden, z.B. um Stress zu verringern und den gesamten Organismus zu aktivieren. Dazu zählen moderate Bewegungen wie 45 Minuten normales Gehen an der frischen Luft und Atemtherapie. Das seien einfache Übungen, die man ohne Geräte in seinen Alltag einbauen könne.

    Patienten mit Psoriasis Arthritis erhielten muskelstärkende Übungen.

    Ernährung

    Vom Heilfasten über eine spezielle Entlastungskost bis hin zur vollwertigen, ausgewogenen Mediterran-Ernährung werde alles angeboten. Grundsätzlich, so Dr. Fey, orientiere man sich an der Pyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

    Die Ökotrophologin der Klinik stellte einige Grundsätze vor, die bei Hautpatienten zu beachten seien: Es solle einer Übersäuerung des Körpers durch eiweißreiche Lebensmittel entgegengewirkt werden (Säure-Basen-Regulation). Denn wenn im Körper zu wenig basische Stoffe seien, produziere das oxidativen Stress. Der wiederum befördert Erkrankungen des Immunsystems und Rheumatische Erkrankungen, wie z.B. Psoriasis Arthritis.

    Eiweiß und Zucker kombiniert produzieren schwer abbaubare Abfallprodukte, die Advancaced Glycation Endproducts (AGE). Die können Entzündungen hervorrufen. Arachidonsäure sei z.B. in der Psoriasis-Haut um das 20-Fache erhöht. Die ist im Fleisch enthalten und wirkt ebenfalls entzündungsfördernd.

    Generell empfiehlt sie bei entzündlichen Hautkrankheiten weniger tierische Produkte (2x pro Woche), mehr Fisch (2x pro Woche), mehr Obst und Gemüse, täglich Vollkornprodukte, Kartoffeln, Nüsse, Kerne, Samen, Öle, fetter Fisch.

    Im aktuellen Schub sollten Hautpatienten nicht fasten, sondern würden eine „Entlasungskost“. erhalten: spartanisches, rein pflanzliches und eiweißarmes Essen. Die wird 1 x wöchentlich auch für zu Hause empfohlen.

    Kommentar

    Das Behandlungsteam der Klinik Blankenstein macht einen engagierten Eindruck. Es wird genau darauf geachtet, bei welchen natürlichen Stoffen die Wirkung nachgewiesen ist und welche Effekte lediglich in der überlieferten Volksheilkunde genannt werden.

    Das Konzept der Klinik Blankenstein basiert auf dem, was Sebastian Kneipp (1821-1897) entwickelt hat: Gesund werden durch Wasser, Heilpflanzen, Bewegung, Ernährung und Lebensordnung. „Erst als ich daran ging, Ordnung in die Seelen meiner Patienten zu bringen, hatte ich vollen Erfolg“. Aus heutiger Sicht eine moderne ganzheitliche Behandlung. Eine Weiterentwicklung dieser Ordnungstherapie ist die Body-Mind-Medizin. Aber es wirkt anspruchsvoll, Patienten innerhalb von 11 bis 18 Tagen darin umstimmen zu wollen, ihren Lebensstil zu ändern. Es sei denn, sie haben sich genau das von vornherein vorgenommen.

    Die meisten Patienten, die sich in einer Naturheilklinik behandeln lassen, machen das wohl, weil sie geringere Nebenwirkungen vermuten. Das hängt aber nach Aussage von Prof. Beer in erster Linie von der Erfahrung des Arztes ab. Dr. Fey gab an, es würden sich (viele?) „austherapierte“ Hautpatienten dort behandeln lassen. Es wäre interessant zu erfahren, wie stark Psoriasis-Therapieversager (Non-Responder) bei Behandlungsbeginn betroffen waren. Dann würde man gerne wissen, wie erfolgreich die Behandlung gerade dieser Patienten war, an denen die Schulmedizin gescheitert ist (PASI-Verbesserung?). Psoriasis ist heutzutage so effektiv zu behandeln, dass es vermutlich nur noch wenige gibt, die nicht auf Medikamente ansprechen – im Gegensatz zur Neurodermitis.

    Angenehm unideologisch wirkt es, dass die „Schulmedizin“ nicht als Konkurrenz angesehen wird. Naturheilkunde wird hier ergänzend verstanden; als „Komplementärmedizin“.

    Bei der Phytotherapie werden in der Klinik Blankenstein nur einheimische Heilpflanzen eingesetzt. Das passt zum Kneipp’schen Ansatz, verzichtet aber auf die positive Erfahrungen, die mit indischen Kräutern (Ayurveda), Aloe Vera, Weihrauch, Ingwer, Curcumin u.m. gemacht wurden.

    Bewegungs- und Atemtherapie wird hauptsächlich zum Stress-Abbau eingesetzt. Es ist aber längst erwiesen, dass regelmäßiger Sport die Psoriasis positiv beeinflusst und entzündungshemmend wirkt [2]. Eine Beratung für weiterführende sportliche Aktivitäten wäre deshalb sinnvoll.

    Die Frage, ob und welchen Einfluss die Ernährung auf den Verlauf von entzündlichen Krankheiten hat, bleibt weiterhin umstritten. Eine Langzeitstudie aus Boston an 174.638 Frauen zeigte, dass ein Zusammenhang zwischen einer mediterranen Diät und dem Rheuma-Risko nicht nachgewiesen werden konnte. Umstritten ist die basische Medizin, die davon ausgeht, dass Krankheiten durch Übersäuerung entstehen. [3] Eine eiweiß-arme Ernährung dagegen ist zwar gesund, weil wir sowieso schon zu viel Proteine aufnehmen. Ob ein Protein-Überschuss aber  z.B. Auto-Immunkrankheiten fördert, ist bisher nur ein Verdacht.  Leider werden auch die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung immer wieder grundlegend kritisiert. Trotzdem empfehlen alle Experten, sich vorsorglich gesund zu ernähren; das heißt für Psoriatiker, vor allem entzündungsfördernde Lebensmittel zu meiden. Nach wie vor gilt die mediterrane Kost (alternativ: Nordic Diet) als "Goldstandard" bei den Ernährungstipps. Auch fetter Fisch wie Thunfisch, Lachs oder Sardinen können entzündungshemmend wirken.

    Gesichert ist dagegen, dass Übergewicht eine Psoriasis-Therapie negativ beeinflusst und die Gelenke unnötig belastet. Das Bewusstsein, abnehmen zu müssen, sollte den Patienten ebenfalls innerhalb einer naturheilkundlichen Beratung vermittelt werden.

    Fußnoten

    [1] Neurodermitis-Creme Blankenstein: Menthol 2,0 g, Ichthyoli 2,0 g, Pasta zinci molle 48,0 g, Dreh-Dosier-Kruke 100

    [2] Studien, die den positiven Einfluss von Sport auf die Psoriasis belegen:

    Physical exercise modulates the homeostasis of human regulatory T cells.

    - The association between physical activity and the risk of incident psoriasis.

    Psoriasis and sport: a new ally?

    Diet and physical exercise in psoriasis: a randomized controlled trial.

    [3] "Nur nicht sauer werden – Belege für die basische Medizin fehlen", Gute Pillen Schlechte Pillen, 1/2016, S. 12 ff.

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