Marianne Sebök schildert ihren ganz persönlichen „Weg zur Heilung einer unheilbaren Krankheit“. In dem 2011 erschienen Buch beschreibt sie, mit welchen Methoden sie „seit sechs Jahren symptom- und beschwerdefrei“ geworden ist. Sie beruft sich dabei auf Ansätze, die vor allem in den 80-er Jahren die Alternativ-Medizin prägten: „Krankheit als Chance“, „Selbstheilungskräfte mobilisieren“, „Gesund durch positives Denken“, „Heilung durch Visualisierung“, „Haut als Spiegel der Seele“, „Man ist, was man isst“.
Sie beschreibt, sie sei „ein Jahr [...] erfolglos mit Kortison gegen Hautpilz behandelt worden“. Der Arzt habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass man den Wirkstoff nur kurzfristig anwenden dürfe. Ihre Haut fühlte sich an „wie dünnes Pergamentpapier“. Erst als 75 Prozent ihrer Hautfläche mit „roten Flecken“ bedeckt waren und unerträglich juckte, ging sie zu einem anderen Hautarzt. Der diagnostizierte „Schuppenflechte“ und bot ihr Kortisonsalbe an oder Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Das lehnte sie ab, denn sobald die „abgesetzt werden, entfaltet der nächste Schub mit doppelter Kraft seine Wirkung“. Sie akzeptierte eine Balneo-Fototherapie, brach die aber nach 12 Behandlungen ab, weil sie „keine Linderung“ erkennen konnte. Der nächste Hautarzt bot ihr ein „Biologikum“ an. Das wollte sie nicht, wegen der möglichen Nebenwirkungen“.
Die Autorin vermutet, dass die Schuppenflechte ein Warnsignal ihres Körpers sei, ihre bisherige Lebenssituation zu verändern: „mit weniger Druck und Stress, Zeit für mich selbst, für meinen Körper und mein Wohlbefinden, um wieder neue Energie zu tanken und den Alltag vergessen zu können“. Deshalb kündigte sie ihren Job und konzentrierte sich darauf, die Selbstheilungskräfte ihres Körpers zu mobilisieren.
Bei der Psoriasis, so Marianne Sebök, „greift [das Immunsystem] die Zellen der Oberhaut [...] an. [...] Es verkennt einfach die normale Richtung und müsste sich nur wenden, um wieder funktionsfähig zu sein“. Daraus leitet sie ab, dass das Immunsystem in seiner Aktivität gestärkt werden müsse. Sie hat daraufhin ihre Ernährung völlig umgestellt, bewegt sich ausgedehnt an der frischen Luft, nimmt sich für alles viel Zeit und erlaubte sich, auch mal nichts zu tun. Weil Rauchen das Immunsystem schwäche, verzichtet sie letztendlich völlig auf die geliebten Zigaretten.
Marianne Sebök meint, dass „Schuppenflechte [...] das sichtbare Symptom einer sehr umfangreichen Übersäuerung des Körpers“ sei. Die Haut übernehme „teilweise die Arbeit der Nieren und des Darms, um sich von den angehäuften Giftstoffen zu befreien“. Diese „angestauten Giftstoffe“ müssten ausgeschleust, der Körper entsäuert und Mineralstoffe hinzugefügt werden: zum Beispiel durch frisch gepresste Säfte aus ungespritztem Obst- oder Gemüse, junge Brennnessel- oder Löwenzahnblätter, Samen, Sprossen, Naturkörnern, Nüsse, enzymreiche Frucht- und Gemüsekonzentrate, Aloe-Vera-Gel-Getränke und Trinken von viel Wasser. Ihr „Herd blieb kalt“, d.h. es gibt nur noch Rohkost. Sei verzichtet auf säurebildende Lebensmittel wie Alkohol, Süßigkeiten, Backwaren, Fleisch, Wurst und Fertiggerichte und statt Kaffee trinkt sie Brennnessel-, Zinkraut- oder Schachtelhalm-Tees. Selbst bewusstes Ausatmen, so Sebök, könne den Körper entgiften.
Immer wieder weist sie darauf hin, wie langsam und mühselig es für sie war, ihre Lebensgewohnheiten so extrem umzustellen. Im Sinne des „positiven Denkens“ lautet ihre Botschaft: „Sie allein besitzen die Macht, Ihre Wünsche und Träume zu realisieren. [...] Erlauben sie keine Zweifel und lehnen Sie alle Einwände, warum gesund werden nicht funktionieren sollte, entschieden ab. [...] Eine wesentliche Voraussetzung, um gesund zu werden, ist der starke Wille“. Sie hatte für sich entschieden, Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen, d.h. den Heilungsvorgang nicht aus der Hand zu geben, sondern als persönliche Herausforderung anzunehmen. „Lassen Sie sich nicht mehr auf dieses gefährliche Spiel mit einem unsichtbaren Gegner ein.“
Am Schluss weist sie darauf hin, dass sie nicht behauptet, „die Schuppenflechte für immer besiegt“ zu haben. Aber sie „lebe in einem beschwerdefreien Zustand“.
Kommentar
Man kann sich mit der Autorin freuen, dass sie nicht mehr unter ihrer Psoriasis zu leiden hat. Sie ist zu beglückwünschen, weil ihr mühsamer Weg zu einer gesunden Lebensweise bei ihr dazu geführt hat, erscheinungsfrei zu werden - und es nach Jahren immer noch zu sein. Das Ziel ihres Buches ist es, andere zu ermutigen, ebenso zu handeln, wie sie es getan hat. Das Buch wendet sich an Patienten, die der wissenschaftlich fundierten Medizin („Schulmedizin“) nicht (mehr) trauen. Es ist vor allem das Gefühl, nicht wirklich „geheilt“ zu werden und man starke Nebenwirkungen befürchtet.
Während Sebök für ihre Methode eine „Erstverschlimmerung“ hinnimmt, bricht sie eine schulmedizinische Balneo-Fototherapie schon nach 12 Bestrahlungen ab. Sie bedient das längst widerlegte Klischee vom „bösen Kortison“, ohne zu sagen, dass man sich langsam ausschleichen muss und sich eine Pergamenthaut wieder zurück entwickelt. Andere äußerliche Wirkstoffe (Dithranol, Calcipotriol, Weihrauch, Mahonia Aquifolium etc.) hat sie erst gar nicht ausprobiert – bis auf Aloe Vera.
Innerliche Wirkstoffe werden alle über ein Kamm geschoren: Wer sie absetzt, riskiere einen starken Schub. Das kann, muss aber nicht bei jedem sein, wenn richtig dosiert wurde. Biologika können tatsächlich schwere Nebenwirkungen haben. Davor fürchten sich verständlicherweise viele Patienten. Wer aber sehr schwer an Psoriasis erkrankt ist, wird heilfroh sein, wenn ihm geholfen wird.
Natürlich müssen die Patienten vom Arzt genau beobachtet werden, ob sich bei ihnen die mehr oder weniger seltenen Nebenwirkungen zeigen. Aber jeder wird akzeptieren, dass Patienten diese Risiken ablehnen.
Kann denen das vorliegende Buch wirklich helfen? Bekanntlich ist die Autorin nicht die erste, die verspricht, dass Psoriasis ohne Medikamente heilbar sei. Das gleiche behauptet zum Beispiel Dr. John O. A. Pagano in „Healing Psoriasis“. Er verfolgt seit vielen Jahren ein sehr ähnliches Konzept wie Marianne Sebök. Sein Buch wird gut verkauft; die Methode selbst aber konnte sich (außerhalb seiner Anhängerschaft) nie als anerkanntes Therapiekonzept für Psoriasis etablieren. Erfolge bleiben Einzelfälle.
Auch andere propagierte Ernährungsvorschläge waren bei manchen erfolgreich, bei anderen wiederum nicht. Es gibt nicht „die einzig richtige Psoriasis-Diät“. Speziell auf die Psoriasis bezogen sollte man solche Lebensmittel meiden, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen innere Entzündungsprozesse oder Juckreiz fördern können. Die Autorin dagegen plädiert für säurefreie Kost, weil für sie Psoriasis ein Zeichen von „Übersäuerung des Körpers“ ist. (Sind Obst und Obstsäfte säurefrei?) Auch Dr. Klaus Hoffmann geht zum Beispiel seit vielen Jahren davon aus, dass Krankheiten wie Rheuma sich deshalb entwickeln, weil wir uns falsch ernähren und unser Säure-Basen-Haushalt gestört ist. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich nicht bewiesen, auch wenn eine säurefreie Diät Einzelnen geholfen hat. Es ist fraglich, ob die Erklärung auch für Kleinkinder gilt und für Kulturen mit völlig anderen Ernährungsgewohnheiten.
Wer sich gesund ernährt und seine Psoriasis nicht unnötig durch provozierende Nahrungsmittel anfeuert, kann eine medizinische Therapie damit auf jeden Fall positiv unterstützen. Allein durch eine Diät erscheinungsfrei zu werden, ist wohl eher selten. Wenn jemand parallel zur Diät noch weitere „Heilungsversuche“ unternimmt, ist es kaum nachzuweisen, was letztendlich gewirkt hat. Bei jeder einseitigen Diät muss genau darauf beachtet werden, dass es nicht zu Mangelerscheinungen kommt. Dieses Problem wird von der Autorin nicht klar angesprochen.
Marianne Sebök behauptet, sie müsse ihren Körper „entgiften“, um die Haut von dieser Funktion zu entlasten. Es ist völlig unbewiesen, dass die Psoriasis dadurch entsteht, dass andere Organe des Körpers nicht mehr richtig funktionieren. Kräutertees sowie Obst und Gemüse können vermutlich nur in kleinen Mengen und langsam wirken. Gesichert ist dagegen, dass man durch Fastenkuren oder Darmsanierungen das Immunsystem und die Entzündungsprozesse im Körper und damit eine Psoriasis positiv beeinflussen kann.
Es fällt auf, dass die Autorin im gesamten Buch nur die Haut als betroffenes Organ erwähnt und deshalb vereinfachend nur von „Schuppenflechte“ spricht. Schon seit Jahren weiß man, dass Psoriasis auch an Gelenken und Weichteilen (Psoriasis arthritis), an Finger- und Fußnägeln oder auf Fuß- und Handflächen auftreten kann. Außerdem kann Psoriasis zu weiteren, teilweisen schweren Krankheiten führen („Komorbiditäten“). Diese Krankheit ist in Wirklichkeit nicht mit einfachen Erklärungen abzutun. Die Seele spiegelt sich nicht nur in der Haut ab, sondern im ganzen Körper.
Problematisch ist die Aussage von Marianne Sebök, eine Psoriasis könne dadurch zurückgedrängt werden, indem das Immunsystem gestärkt wird. Immer wieder werden uns Mittel angeboten, mit denen das Immunsystem gekräftigt werden soll (z.B. Colostrum). Wissenschaftlich erwiesen ist, dass das Immunsystem bei Psoriatikern zu aktiv ist und deshalb gebremst werden muss. Die Autorin dagegen geht davon aus, dass lediglich die „Richtung“, in der das Immunsystem aktiv ist, geändert werden müsse. Das ist wissenschaftlich zwar unlogisch, hat aber offensichtlich nicht dazu geführt, die Psoriasis bei ihr aufblühen zu lassen. Wir raten generell von allen Präparaten ab, die das Immunsystem stärken sollen. Unsere Bedenken haben wir uns von naturkundlich orientierten Ärzten bestätigen lassen.
Natürlich ist es richtig, auf die Warnsignale des Körpers zu achten, wenn man ihn überfordert. Es ist bekannt, dass (negativer) Stress eine Psoriasis auslösen kann. Aber Marianne Sebök suggeriert, sie hätte ihre Psoriasis verhindern oder abmildern können, wenn sie nur früh genug auf die ersten „roten Flecken“ reagiert hätte. Die Behauptung, dass jede Krankheit ihre sozial-psychologischen Ursachen hat (Detlefsen/Dahlke) ist zu einseitig und inzwischen widerlegt. Damit kann z.B. nicht erklärt werden, weshalb Kleinkinder erkranken.
Eigentlich weiß man nicht wirklich, was genau bei der Autorin dazu geführt hat, dass die Psoriasis zurückgegangen ist. Sie wird es auf die totale Änderung ihres Lebensstils zurückführen. Aber auch auf ihren Willen, gesund zu werden. Seit einigen Jahren weiß man, welche Macht das Gehirn über den Körper hat. Menschen können mit einfachen Mitteln so beeinflusst werden, dass sie ohne Wirkstoff oder sogar mit kontra-produktiven Wirkstoffen gesund wurden. Der Placebo-Effekt beträgt zwischen 30 und 50 Prozent. Es ist nicht auszuschließen, dass die „Selbstheilungskräfte“ der Autorin vor allem „Auto-Suggestionskräfte“ waren.
Es wäre schön, ist aber unwahrscheinlich, dass viele Psoriatiker es ihr nachmachen und damit ihre Krankheit loswerden können. Nicht jeder kann seinen Job kündigen, um die beschriebene Zeit für die eigene Gesundwerdung zu haben. Wer Zeit hat, besitzt meist nicht so viel Geld, um alle die gesunden Dinge zu kaufen, die im Buch beschrieben werden. Schließlich erscheint es schwer, vor allem im von ihr propagierten Alleingang, die nötige Willenskraft und den überzeugenden Glauben an sich selbst zu entwickeln. Wer das nicht durchhält, ist verdächtig, selbst Schuld daran zu sein, dass die Psoriasis nicht weggeht.
Man sollte die Analysen der Autorin nicht wortwörtlich nehmen. Ihr Heilsversprechen im Titel des Buches nimmt sie am Ende sowieso wieder zurück. Das Buch ist nicht das „Neue Testament“ für Psoriatiker. Aber es kann denjenigen nutzen, die Ratschläge für eine gesunde Lebensweise suchen.
"Schuppenflechte - Selbstheilung ohne Medikamente" von Marianne Sebök, ISBN 978-3-941706-82-8, 18 Euro
- Der Verlag stellt eine Leseprobe bereit.
- Im Bayerischen Rundfunk wurde Marianne Sebök in einer Radiosendung vorgestellt.
- In unserer Community wurde über das Buch diskutiert. Wir freuen uns über jede Meinung!
Bei YouTube bietet der Verlag ein Video an:
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