Was leistet die Autohomologe Immuntherapie (AHIT)?
In Fachkliniken wie Neukirchen oder Leutenberg wird bei den Patienten überprüft, ob die Schuppenflechte sich verbessern könnte, wenn man den Darm saniert. Dr. John G. Ionescu und Dr. Silke Herold weisen immer wieder darauf hin, dass das Immunsystem und die Darmflora zusammenhängen und chronische Hautkrankheiten beeinflussen können. Radikaler ist die Aussage der FBM-PHARMA Pharma Gesellschaft für biologische Medizin mbH" (FBM-PHARMA) aus Ludwigshafen: Die "Ursache für die Psoriasis liegt im Darm". Die Firma beruft sich auf die Erkenntnisse von Dr. Horst Kief. Wer sich mit der von ihm entwickelten Autohomologen Immuntherapie (AHIT) behandeln lassen würde, könne bei der Psoriasis mit "außergewöhnlichen Erfolgen" rechnen. Wir haben das recherchiert.
AHIT und Psoriasis
Der Hersteller FBM-PHARMA schreibt in einer Presseerklärung vom April 2008 (inzwischen nicht mehr online verfügbar), dass "bisher unbekannte, überraschende Gemeinsamkeiten der immunologischen Fehlsteuerung bei Psoriasis-Patienten" entdeckt worden seien. Mediziner des Ärztehauses Pfingstweide hätten "Hunderte von Testergebnissen verglichen". Es hätte sich herausgestellt, "dass Patienten mit Psoriasis [...] häufig an einer chronischen Unverträglichkeit einer Gruppe eigener Darmbakterien leiden". Diese Unverträglichkeit könne "durch ein für jeden Patienten individuell herzustellendes Medikament nach dem [...] 'AHIT-Prinzip' aufgehoben werden".
Versprochen wird, dass sich die Symptome nach sechs Wochen bessern würden und nach wenigen Monaten viele der Betroffenen bereits völlig beschwerdefrei seien. Dr. Horst Kief spricht sogar von "Rückfallfreiheit der Patienten". Insgesamt, so eine Patienteninformation der Firma, seien "18.000 Patienten in Deutschland erfolgreich mit der AHIT-Therapie behandelt" worden.
Der Bundesverband Neurodermitiskranker in Deutschland e.V. fordert vehement, dass AHIT eine anerkannte, von den Krankenkassen zu erstattende Therapie wird. Der Verein bezeichnete AHIT auf seiner Internetseite lange als "nach wie vor die erfolgreichste ambulante Behandlungsmethode bei Neurodermitis, aber auch bei allen Formen der Allergien, Asthma und auch der Schuppenflechte (Psoriasis)". Der Verein führe mit allen Therapien, die er empfiehlt, eine "Qualitätssicherung" durch. Mehr als 3000 Patienten hätten sich dem schon unterzogen. Mit Dr. Kief würde man seit mehr als 22 Jahren zusammen arbeiten. Dadurch sei man von der Wirksamkeit der Behandlung mit der AHIT völlig überzeugt.
Im Januar 2018 sandte die Firma FBM Pharma erneut eine Pressemitteilung aus, in der die AHIT-Therapie beworben wurde. Dort war die Rede davon, dass in Ludwigshafen bislang mehrere hundert Patienten auf diese Weise therapiert worden seien.
Was ist Autohomologe Immuntherapie (AHIT)?
Für den Laien ist es nicht leicht zu durchschauen, was AHIT eigentlich ist. Der Hersteller FBM-PHARMA erklärt, dass "bestimmte Bestandteile, wie weiße Blutkörperchen oder Antikörper [...| aus dem Blut bzw. dem Urin" des Patienten gewonnen werden. Dieser "Steuersubstanzen des Immunsystems [werden] konzentriert, aktiviert und zu pharmazeutischen Präparaten aufbereitet". Jeder Patient bekommt ein "Rezepturarzneimittel", das individuell auf seine Diagnose und sein Alter abgestimmt sind.
Wikipedia bezeichnet AHIT als "Sonderform der Eigenbluttherapie zur Behandlung von Krankheiten, die u. a. auf eine Fehlfunktion des Immunsystems zurückzuführen sind". (Der Eintrag ist inzwischen nicht mehr erreichbar.) In einer nur für Ärzte zugänglichen Erklärung von Dr. Kief beschreibt er, dass "zelluläre und Plasmaphasen aus ozonisiertem Blut" separiert oder "abgetrennte Phasen mit Ozon" bearbeitet werden. Die modernste Form sei, "zelluläre Blutphasen gezielt zu kultivieren", um sie krankheitsbezogen zu stimulieren und zu einem Medikament aufzuarbeiten (1). Um diese "autologe Blutkulturen" entwickeln zu können, so Dr. Kief in einer weiteren Veröffentlichung wird ein "Kulturtransformationsstest (KTT)" durchgeführt. Die Blutzellen werden danach untersucht, mit welchen "verschiedenen Antigenen bakterieller, viraler oder allergener Natur sie kontaminiert wurden" (2).
Medikamente nach dem AHIT-Prinzip sollen bei Krankheiten helfen, deren Ursache ein Immundefekt ist, wie z.B. Neurodermitis, Asthma, Bronchitis, Allergien, Psoriasis und Rheuma. Dr. Kief behauptet darüber hinaus, dass AHIT eingesetzt wird, "um einen nachhaltigeren Effekt bei malignen Erkrankungen zu erzielen" - also bei Krebs (3). Die "Lösung des Krebsproblems" ist der Untertitel eines Buches von Erika Herbst. Sie ist Leiterin einer "Selbsthilfegruppe Mündige Bürger", die sich gegen die Schulmedizin organisiert hat. In ihrem Buch "Die Heilkunst von Morgen" behauptet sie: "Mit der Autohomologen Immuntherapie können alle Erkrankungen des Immunsystems, aber auch Zivilisationskrankheiten mit Aussicht auf Erfolg behandelt werden". Darunter zählt sie laut www.nlnv.de auf: "obstruktive Lungenerkrankung wie Asthma bronchiale, spastische Bronchitis, chronisches Emphysem Neurodermitis, Aids, Krebs usw."
Was kostet AHIT?
Jeder Patient muss zuerst seine "persönlichen Erreger und Auslöser" feststellen lassen. Dieser "Kulturtransformations-Test" koste etwa 500 Euro. Für die dann folgende Behandlung, die "große AHIT", muss man ca. 2.500 Euro bezahlen. Der inzwischen ehemalige Vorsitzende des Bundesverbandes Neurodermitis e.V. e.V., Jürgen Pfeifer, geht in einem Schreiben an uns von "einmalige Kosten in Höhe von ca. 4.000 Euro" aus. Es bleibt offen, für welchen Fall diese Zahlen gelten: Die "übliche Behandlungsdauer" beträgt nach Herstellerangaben sechs bis zwölf Monate. In "schweren Fällen bei sehr lange bestehenden Erkrankungen" könne es bis zu zwei Jahre dauern.
Kritik zu AHIT
1993 haben Dr. Horst Kief und Dr. Helmut Christ Psoriasis-Patienten vergleichsweise mit Fumarsäure und AHIT behandelt. Dabei zeigte sich die Fumarsäure-Therapie der AHIT deutlich überlegen (4). Dr. Christ hat inzwischen eine eigene Methode zur Psoriasis-Therapie auf den Markt gebracht.
Das Tumorzentrum München hat AHIT laut dem inzwischen entfernten Wikipedia-Eintrag als "unwirksame Krebstherapie" eingeordnet.
Zu beiden Aussagen ließ uns die FBM-PHARMA wissen, dass "die AHIT der heutigen Generation mit Eigenbluttherapie keine Gemeinsamkeit" habe "und der Vergleich mit der Fumarsäure [...] von daher völlig wertlos" sei. Im Übrigen würde Dr. Christ heute ebenfalls mit AHIT arbeiten. Es sei zwar wahr, dass AHIT vor 16 Jahren bei der Krebstherapie unwirksam gewesen sei. Es sei aber "falsch, irreführend und sogar schädigend", wenn man von der Wirkungslosigkeit der Methode bei Krebs damals auf eine Wirkungslosigkeit bei Hautkrankheiten heute schließen würde. Schließlich sei das Verfahren seit 1993 weiterentwickelt worden. Leider ist weder den aktuellen Patienten- noch den Ärzteinformationen auf der Hersteller-Seite eindeutig zu entnehmen, dass es eine grundsätzliche Weiterentwicklung gab und worin sie besteht.
Das Landessozialgericht Hessen kam in einem Urteil aus dem Jahr 1994 zu dem Schluss, dass ein "Wirkungsnachweis für die AHIT nach Dr. Kief (bisher) nicht erbracht" sei. Selbst, wenn sie in Einzelfällen erfolgreich sei, handele es sich dabei um eine "Außenseitermethode", für die die gesetzliche Krankenkasse nicht zahlen müsse.
Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen (GB-A) lehnte es laut Wikipedia-Eintrag ab, AHIT als Kassenleistung anzuerkennen und habe die Methode "förmlich in der Luft zerrissen". Die im Juni 2007 vorgelegte Studie bezeichnete der GB-A als "unseriös".
Unsere Meinung
Wir freuen uns für jeden Patienten, der für seinen Fall eine Therapie gefunden hat, die keine oder wenig Nebenwirkungen hat und ihn von der Last seiner Krankheit befreit. Aber es muss "hieb- und stichfest" nachgewiesen sein, dass es diese Methode war, die das bewirkt hat und nicht nur der Zufall oder ein Placebo-Effekt. Einzelne Erfahrungsberichte reichen uns nicht aus. Nicht nachgewiesene Erfolgszahlen machen uns misstrauisch. Nicht, wer heilt hat Recht, sondern wer die Wirkung seiner Methode oder seines Präparat wissenschaftlich untermauern kann.
Die Presseerklärung, die uns als Psoriatiker auf AHIT aufmerksam gemacht hat, ist marktschreierisch, sensationsheischend und bleibt stets unkonkret: Es sei "die" Ursache für Psoriasis gefunden, als ob es nicht längst auch andere plausible Erklärungen gäbe. "Bisher unbekannte Gemeinsamkeiten" seien entdeckt worden, als ob die Psoriasis-Forschung bisher noch nichts geleistet hätte. "Hunderte Testergebnisse" seien verglichen worden und "außergewöhnliche Erfolge" seien zu verzeichnen. Genauer wird Pressetext nicht. Auch an anderen Stellen gibt es keine gesicherten Zahlen: Es ist nicht veröffentlicht, wie gut AHIT bei wie vielen Menschen mit Psoriasis geholfen hat, d.h. wie sich die PASI-Werte verändert haben. Es bleibt offen, wie vielen Patienten AHIT kaum oder gar nicht geholfen hat. Es ist zahlenmäßig nicht belegt, was "Rückfallfreiheit" im Falle der Psoriasis-Patienten bedeutet. Wer nur ein wenig im Internet recherchiert, wird auf enttäuschte AHIT-Patienten und kritische Ärzte stoßen.
Skeptisch sind wir immer dann, wenn eine Therapie als "allmächtig" dargestellt wird, als ein Mittel z.B. gegen "alle" Krankheiten des Immunsystems - selbst schwere, tödlich verlaufende wie Krebs oder Aids!
AHIT ist eine teure Therapie, weil sie privat bezahlt werden muss. Der Hersteller verweist zwar darauf, dass eine schulmedizinische Behandlung von Psoriatikern deutlich mehr Geld kosten kann. Das aber zahlt die Krankenkasse. Vor allem aber kann sich der Patient relativ sicher sein, welche Wirkungen und Nebenwirkungen die Therapien haben. Er riskiert nicht, in eine eventuell wirkungslose Therapie aus eigener Tasche fehlinvestiert zu haben.
AHIT gibt es seit 1986. Seitdem ist es nicht gelungen, auch nur eine renommierte Fachgesellschaft oder eine medizinische Koryphäe davon zu überzeugen, dass AHIT wirkt.
Die einseitige Parteinahme des Bundesverbandes Neurodermitis e.V. e.V. für AHIT widerspricht jedem Ehrenkodex von Patienten-Selbsthilfe und rückt ihn in die Nähe von Sektierern. Der Verein diffamiert Kritiker an AHIT als Handlanger "der etablierten Schulmedizin und der Pharmazie" (5). Obgleich es sich nicht um eine medizinische Vereinigung handelt, wurde eine "Qualitätssicherung" entwickelt, um Therapie-Empfehlungen auszusprechen. Auf der Internetseite werden aber hauptsächlich Methoden empfohlen, die außerhalb der Schulmedizin angesiedelt und wissenschaftlich nicht nachgewiesen sind. Völlig unglaubwürdig wurde der Verein durch seine Behauptung, dass es sich bei AHIT um "nach wie vor die erfolgreichste ambulante Behandlungsmethode" bei Neurodermitis und Psoriasis handelt.
Dr. Kief sitzt im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbandes Neurodermitis e.V.
Wir misstrauen der Autohomologen Immuntherapie und ihren Befürwortern, lassen uns aber gerne eines Besseren belehren.
Quellen:
(1) AHIT® - Autologe Immuntherapie, Dr. med. Horst Kief, August 2006, S.4
(2) Der Kulturtransformationstest (KTT), Dr. med. Horst Kief, ohne Datum, S.1
(3) Der Kulturtransformationstest (KTT), Dr. med. Horst Kief, ohne Datum, S.1
(4) Erfahrungsheilkunde - Zeitschrift für die ärztliche Praxis, Band 42, Heft 9/1993
(5) Jürgen Pfeifer in einer E-Mail ans Psoriasis-Netz vom 13. März 2009 und im Internetangebot des Bundesverbandes Neurodermitis e.V. (inzwischen entfernt)
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