Die dritte Impfung gegen die Corona-Infektion ist die wichtigste. Menschen mit Psoriasis haben gegenüber denen mit anderen Autoimmun-Erkrankungen einen kleinen Vorteil. Das haben Erlanger Forscher in einer neuen Studie gezeigt.
Zusammenfassung
Menschen mit einer Erkrankung des Immunsystems erreichen oft nicht den gleich guten Schutz nach einer Impfung wie Gesunde. Das gilt auch für die Corona-Impfung. Sie bilden weniger Antikörper gegen das SARS-CoV-2 Virus und bauen diese dann schneller wieder ab. Dieser Effekt ist bei jeder Autoimmun-Erkrankung etwas anders: bei der Rheumatoiden Arthritis sehr stark, bei der Psoriasis nur leicht. Die „Impf-Antwort“ ist vor allem auch bei älteren Menschen schwächer und wenn jemand „Vorerkrankungen“ hat. Kommt alles zusammen, muss man besonders vorsichtig sein.
Unabhängig davon gilt für alle: Die dritte Impfung ist die wichtigste. Mit ihr erhält das Immunsystem den entscheidenden Schub. Trotzdem hält der Impfschutz nur eine begrenzte Zeit – wie man es von anderen Impfungen her kennt. Danach muss die Impfung „aufgefrischt“ werden. Hinzu kommt, dass es immer wieder neue Corona-Varianten gibt. Um vor dem schützen zu können, muss ein Impfstoff angepasst werden. Das kennt man von der Grippe-Schutzimpfung: Da wird der Impfstoff jedes Jahr den aktuell dominierenden Grippeviren angepasst.
Nur Impfen kann bei Corona vor schweren Krankheitsverläufen, virusbedingtem Tod und langfristigen Folge-Erkrankungen („Long Covid“) schützen. Wer sich nicht impfen lässt, riskiert sehr häufig schwere und lebensgefährdende Gesundheitsschäden. Riskante Impffolgen sind dagegen eher selten.
Im Einzelnen
Autoimmunerkrankte bilden weniger Antikörper
Im August 2022 wurde eine Studie von Erlanger Wissenschaftlern veröffentlicht. Sie haben untersucht, wie die Impfungen gegen das Corona-Virus bei Menschen mit einer Autoimmun-Erkrankung wirkt. Das haben sie dann mit Gesunden verglichen.
Von den 2535 Patientinnen und Patienten hatten 119 Schuppenflechte. Impfkomplikationen waren bei Patienten mit Autoimmun-Erkrankungen und Gesunden gleich selten. Deutliche Unterschiede gab es dagegen bei der Anzahl der Antikörper, die gegen das Virus gebildet werden. Gesunde hatten direkt nach der Impfung und nach mehreren Monaten deutlich mehr Antikörper im Blut.
Besonders wenige Antikörper bildeten Patienten mit Rheumatoider Arthritis und Vaskulitis (Gefäßentzündungen). Bei Betroffenen mit Psoriasis dagegen wurden annähernd so viele Antikörper gemessen wie bei Gesunden. Alle waren zweimal geimpft. Erst die Drittimpfung („Booster“) nach drei bis vier Monaten führte dazu, dass auch bei den Patienten mit Autoimmun-Erkrankungen ausreichend genug Antikörper gebildet wurden.
Einer der Autoren der Erlanger Studie, Professor Georg Schett, zieht für das Psoriasis-Netz folgendes Fazit: „Bei Psoriasis-Patienten gibt es eine leicht eingeschränkte Immunantwort auf die Impfung. Daher ist die Drittimpfung gerade bei diesen Patienten sehr wichtig. Biologika stellen kein Problem für die Impfung bei Psoriasis-Patienten dar – unabhängig davon, ob sie die Entzündungs-Botenstoffe TNF-alpha, Interleukin-17 oder Interleukin-23 hemmen. Anders sieht es bei Ciclosporin aus. Das kann die Immunantwort nach einer Impfung abschwächen. Aber Ciclosporin wird heutzutage wohl nur noch selten bei Psoriasis eingesetzt."
Geringerer Impfschutz durch TNF-Alpha-Hemmer?
Anders wird das in einer aktuelle Studie aus Kiel gesehen. Danach ist die Langzeitwirkung von Corona-Impfstoffen bei Menschen, die mit TNF-alpha-Blockern behandelt werden, deutlich vermindert. Müssen Patienten tatsächlich um ihren Impfschutz bangen, wenn sie mit Adalimumab, Eternecept, Certolizumab oder Infliximab behandelt werden? "Nein" meint Dr. David Simon, Mitautor der Erlanger Studie. Er sprach mit dem Psoriasis-Netz auf dem Rheumatologie-Kongress 2022 in Berlin. "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass mit einer Drittimpfung ein sehr gutes Ansprechen und damit ein guter Schutz erreicht werden kann. Darüber hinaus haben viele Studien untersucht, wie Covid-19 verläuft, wenn man Patienten und Patientinnen mit und ohne TNF-Hemmer-Behandlung vergleicht. Alle kommen zu dem Ergebnis, dass es kaum Unterschiede gibt."
Geimpfte können sich anstecken
Auch bei Gesunden lässt der Impf-Schutz im Laufe der Zeit nach: „Die Menge der Antikörper halbiert sich alle zwei Monate“, so Prof. Dr. Reinhold Förster. Schon einige Monate nach der Impfung sind auch Geimpfte weniger vor einer schweren Corona-Infektion geschützt. Das erklärt, weshalb man sich mit dem Corona-Virus anstecken kann, obwohl man mehrmals geimpft ist („Durchbruch-Infektion“). Die Erlanger-Studie zeigt nun, dass dieser Prozess bei Patienten mit Autoimmun-Erkrankungen rascher verläuft. Sie entwickeln nicht die gleich hohe Impfantwort wie Gesunde und verlieren den Immunschutz auch wieder rascher. Boostern ist daher wichtig, besonders bei Autoimmun-Erkrankten.
Milderer Krankheitsverlauf bei Geimpften
Im Immunsystem sind es nicht die Antikörper, die verhindern, dass eine Covid-19-Erkrankung schwer verläuft. Ihre Aufgabe ist es, die Viren daran zu hindern, sich in menschlichen Zellen einzunisten. Sie sorgen dafür, dass man sich nicht infiziert. Wenn man sich aber trotzdem angesteckt hat, sind es die T-Zellen, die schon infizierte Zellen abtöten. Damit verhindern sie, dass sich das Virus ausbreitet und den Körper schwächt. T-Zellen werden ebenfalls durch eine Impfung aktiviert. Sie bauen sich aber deutlich langsamer ab.
Hat man zu wenig Antikörper, kann man sich anstecken, obwohl man dreimal geimpft worden ist. Man kann aber immer noch genug T-Zellen haben, die für einen milden Verlauf der Infektion sorgen. Deshalb landen „Durchbruch-Infizierte“ sehr selten auf der Intensivstation und sterben fast nie an der Infektion.
Neue Antikörper durch Auffrischungs-Impfung
Wie lange der Impfschutz von Corona-Impfstoffen anhält, wisse man momentan nicht, so Professor Dr. Reinhold Förster. Deshalb sind Auffrischungs-Impfungen für alle sinnvoll. Dadurch werden neue und besser angepasste Antikörper gebildet. Gefährdete Personengruppen sollten sich frühestens nach drei Monaten ein viertes Mal impfen lassen – vor allem in Zeiten hoher Corona-Fallzahlen und damit erhöhter Ansteckungsgefahr. Es muss nicht zwingend ein Impfstoff sein, der an die aktuelle Virusvariante (z.B. BA.5) angepasst ist, denn T-Zellen werden mit allen Corona-Impfstoffen aktiviert.
"Eine Durchbruchinfektion wirkt ähnlich wie ein Booster", meint Professor Leif Erik Sander von der Berliner Charité. "Wer als junger und gesunder Mensch dreimal geimpft ist und sich infiziert hat, braucht jetzt nicht unbedingt eine vierte Impfung“. Für alle gilt: Wer sich mit einer Omikron-Variante angesteckt hat, ist nicht nur gegen diese eine „geboostert“, sondern ebenfalls gegen andere SARS-CoV-2-Varianten und sogar gegen SARS-CoV-1.
Generell empfiehlt die Ständige Impfkommission zurzeit (August 2022) eine vierte Coronaimpfung für Personen über 60 Jahre. Diese Empfehlung ist nicht bindend. Wer sich erneut impfen lassen will, kann das mit der impfenden Ärztin oder Apothekerin absprechen.
Long Covid vermeiden durch angepasste vierte Impfung?
Wer sich mit irgendeiner der Coronavirus-Varianten ansteckt, riskiert langfristige Beschwerden an Herz, Gehirn, Lunge und starke, anhaltende Schwäche sowie schnelle Erschöpfung (Fatigue). Diese Symptome können dauerhaft das Leben einschränken. Riskiert man also mit jeder Ansteckung eine Long-Covid-Folgeerkrankung? Dann wäre es sinnvoll, sich möglichst nur mit einem angepassten Impfstoff zu schützen. Denn der zielt genau auf die aktuelle Variante.
Das Psoriasis-Netz fragte beim Rheumakongress 2022 Prof. Leif Erik Sander (Charité Berlin) danach. Er warnte vor allzu großer Hoffnung. Zum einen hinke die Impfstoffentwicklung immer den Virus-Mutationen hinterher – das kenne man aus der Grippeimpfung. Zum anderen weiß man heute noch nicht, wer tatsächlich Long-Covid-gefährdet sei.
Ausmaß von Impfschäden falsch dargestellt
Das Ausmaß von tatsächlichen Impfschäden wird von Impfgegnern meist falsch dargestellt, wie der aktuelle Fall einer AfD-Anfrage zeigt. Für den Laien ist es kompliziert, das tatsächliche Ausmaß zu erfassen. Es gibt Impfreaktionen, die nur vorübergehend sind und nicht gemeldet werden müssen. Man kennt das von anderen Impfungen, dass der Arm schwer ist oder die Einstich-Stelle brennt. Es gibt Nebenwirkungen, die nicht bleibend sind. Sie dauern mehr oder weniger lange an und sind mehr oder weniger gut zu behandeln. Es gibt Erkrankungen, bei denen jedes Jahr neue Fälle gemeldet werden. Die können bei denjenigen, die dazu veranlagt sind, durch einen Auslöser (Trigger) ausbrechen. Impfen (egal wogegen!) kann z.B. eine Psoriasis oder eine Rheumatische Arthritis erstmals zum Ausbruch bringen.
Schwerwiegende, dauerhafte Erkrankungen durch eine Impfung sind möglich. Aber im Vergleich zu der Krankheit, vor der geschützt werden soll, extrem selten. Das Paul-Ehrlich-Institut geht davon aus, dass bei 10.000 gegen Covid-19 Geimpften (je nach Impfstoff) 1 bis 2 Personen schwerwiegende Impfwirkungen erleiden. Bei höhere Zahlen einer Betriebskrankenkasse hat sich herausgestellt, dass überhaupt nicht unterschieden wurde zwischen harmlosen oder geringfügigen Nebenwirkungen und ernsthaften Folgen.
Wer sich impfen lassen will, sollte mögliche persönliche Risiken mit dem Arzt oder dem Apotheker besprochen werden. Mit zunehmendem Alter und ernsthaften Vorerkrankungen wird eine Impfung immer mehr nutzen als schaden. Bekannt sind seltene Fälle einer Herzmuskel-Entzündung, vor allem bei jüngeren Menschen nach der zweiten Impfung.
Weitere Informationen finden sich auf der Seite des Robert-Koch-Instituts.
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