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  • Rolf Blaga
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    Rolf Blaga

    Für Krankenversicherte gibt es ab sofort einen Sondervertrag

    Hautärzte könnten ab sofort eher bereit sein, ein teures innerliches Medikament zu verschreiben und Psoriatiker besser zu betreuen. Das macht ein „Versorgungsvertrag“ möglich, den es erstmals für mittelschwere und schwere Schuppenflechte gibt. Die Regelungen gelten aber nicht für alle Patienten und nicht bei allen Dermatologen.

    Der „Psoriasis-Vertrag“ galt zuerst nur für Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK). Mit Stand 2022 haben sich dem Vertrag die meisten gesetzlichen Krankenkassen angeschlossen, außer der AOK und der Siemens BKK. Der Vertrag trägt jetzt den Namen "DermaOne" und schließt die Behandlung von Neurodermitikern mit ein.

    Hautärzte können dem Versorgungsvertrag nur beitreten, wenn sie 

    • Mitglied im Berufsverband (BVDD) sind (nach dessen Angaben 96 Prozent der verschreibenden Hautärzte),
    • und ein Psoriasis-Zertifikat der DDA erworben haben (das haben knapp 5 Prozent aller deutschen Hautärzte) oder eine gleichwertige Fortbildung nachweisen,
    • und Erfahrungen mit der Verschreibung innerlicher Medikamente belegen können.

    Grundlage ist eine „Ampel-Liste“, auf der alle Biologika und Apremilast (Otezla) aufgeführt sind. Für jedes Präparat wurde ein Grün, Gelb oder Rot vergeben. Die Bewertung ergibt sich daraus, welcher Nutzen nachgewiesen ist, was die Fachgesellschaft empfiehlt (Leitlinien) und ob die Krankenkasse mit dem Hersteller einen Rabatt vereinbart hat. Grundsätzlich sind die Ärzte weiterhin völlig frei darin, welches Präparat sie verschreiben ("Therapiefreiheit"). Doch im Vertrag gibt es eine „Ampelqote“: Von den mit "Gelb" bewerteten Präparaten dürfen maximal 15 Prozent, von den mit mit "Rot" bewerteten maximal 5 Prozent verschreiben werden. Nur wenn das insgesamt eingehalten wird, erhalten die Ärzte eine Prämie von 15 Euro pro Patient im Quartal. Wer dagegen ein Biosimilar verschreibt, erhält für jeden Fall weitere 15 Euro. Biosimilars sind preisgünstiger, trotzdem gleich wirksam.

    Mehr bezahlt wird außerdem, wenn

    • der Bedarf des Patienten ("Patient Need") erhoben und behandelt wird,
    • Patienten zwischen 35 und 55 Jahren auf Psoriasis arthritis untersucht und behandelt werden,
    • eine nicht-ärztliche "Fachassistenz Psoriasis" beschäftigt wird.

    Insgesamt können die Ärzte bis zu 80 Euro pro Psoriasis-Patient und pro Quartal zusätzlich erhalten. Für die Krankenkasse rechnet sich das, weil die Ärzte dadurch vor allem Präparate verschreiben, für die die Kasse Rabatte ausgehandelt hat.

    Der Patient muss sich schriftlich bereit erklären, an diesem Versorgungkonzept teilzunehmen. Er verpflichtet sich, „bis zum Behandlungsende“ die Arztpraxis nicht zu wechseln. Nur aus „wichtigem Grund“ kann man aussteigen: Zum Beispiel, wenn man der Behandlungsmethode oder dem behandelnden Arzt nicht mehr vertraut oder weit von der Hautarztpraxis wegzieht.

    Kommentar

    Den beteiligten Ärzten wird es jetzt leichter fallen, erstmals ein teures Medikament zu verschreiben oder auf ein neues umzustellen bzw. die Dosierung zu verändern. Denn sie werden weniger Ärger mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) bekommen. Die Krankenkasse meldet der KV nur 70 Prozent ihres Rabatt-Preises. Dadurch wird das Budget nicht so schnell überzogen und die Ärzte müssen nicht befürchten, Geld zurückzahlen zu müssen („Regress“). Aber: Es besteht die Gefahr, dass die Hautärzte diejenigen Präparate vorziehen, für die die jeweilige Krankenkasse Rabatte ausgehandelt haben. Als Patient sollte man genau nachfragen, weshalb dieses und kein anderes Psoriasis-Medikament verschrieben wird!

    Schon lange haben Hautärzte für den zusätzlichen Arbeitsaufwand bei der Behandlung von Psoriatikern mehr Geld gefordert: PASI-Erhebung, Fragebogen zu Lebensqualität, Begleiterkrankungen und Juckreiz, Laboruntersuchungen und Achten auf außergewöhnliche Nebenwirkungen. Für TK-Patienten wird dieser Mehraufwand nun bezahlt. 

    Aber: Dieser Versorgungsvertrag gilt nicht für alle gesetzlich Versicherten. Die Hautärzte geraten dadurch aber in einen Interessenkonflikt: Behandeln sie weiterhin alle Psoriasis-Patienten ausnahmslos gleich oder bevorzugen sie die Versicherte der beteiligten Krankenkassen, weil die mehr Geld einbringen?

    In der vereinbarten „Ampel-Liste“ stehen 11 Wirkstoffe. Davon haben sechs einen grünen Punkt, d.h. die Ärzte halten die "Ampel-Quote" ein, wenn sie die verschreiben. Fünf Wirkstoffe werden mit gelb bewertet, d.h. sie dürfen nur bei maximal 15 Prozent der teilnehmenden Patienten verschrieben werden. Das sind Etanercept (z.B. Enbrel), Infliximab (z.B. Remicade), Tildrakizumab (Ilumetri), Ixekizumab (Taltz) und Apremilast. Entweder sind diese Wirkstoffe in den Leitlinien schlechter bewertet worden oder die TK hat für sie keinen Rabattvertrag. Trotzdem ist das nach unserer Einschätzung kein wirklicher Nachteil: Bis auf Apremilast gibt es für alle gelb bewerteten Präparate grüne Alternativen. D.h. die gehören zur gleichen Wirkstoffklasse und hemmen ebenfalls TNF-Alpha, IL 23 oder IL 17.

    Die Praxis wird zeigen, ob tatsächlich mehr als 15 Prozent der Patienten mit den gelb bewerteten Präparaten behandelt werden müssen. Die zwei rot bewerteten Präparate (Remsima, Zessly) dagegen werden vermutlich nie bei mehr als 5 Prozent der beteiligten Patienten zwingend verschrieben werden müssen.

    Wenn die „Ampel-Quote“ überschritten werden sollte, verlieren die Hautärzte für jeden beteiligten Patienten die Prämie. Das wären zum Beispiel bei 50 Patienten insgesamt 750 Euro. Diese eher seltene Situation würde die Hautärzte in einen Interessenkonflikt bringen.

    Patienten, die an dem Versorgungskonzept teilnehmen, dürfen während dieser Zeit ihre Schuppenflechte nicht gleichzeitig von anderen Ärzten behandeln lassen. Dann würden sie aus dem Versorgungsmodell herausfallen. Sie werden natürlich zu den Bedingungen weiterbehandelt, die für alle Kassenpatienten gelten. Das könnte (sollte aber eigentlich nicht!) bei manchen Hautärzten bedeuten, dass die sich weniger Zeit nehmen. Im schlimmsten Fall werden teure innerliche Medikamente zurückhaltender verordnet.

    Quellen


    Themen: Biologics Krankenkasse

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