Da sind zum einen die Patienten, deren Immunsystem durch Medikamente herunter geregelt wird. Zum anderen gibt es Psoriatiker mit typischen Begleiterkrankungen, die mehrere Medikamente nehmen müssen. Auch das kann die Immunabwehr zusätzlich schwächen. Sollten diese beiden Gruppen sich auf jeden Fall gegen die Schweinegrippe impfen lassen? Müssen immunsuppressive Therapien abgesetzt werden, wenn eine Infektion vorliegt?
Zahlen zur Schweinegrippe
Die Zahl derjenigen, die mit dem H1N1-Virus („Schweinegrippe“) infiziert sind, steigt auch in Deutschland stetig an. Doch dieser Virus ist lange nicht so gefährlich wie die typischen „saisonalen“ Grippeviren. An H1N1 sind zwar bis Mitte Juli 2009 weltweit 700 Menschen gestorben. Doch allein in Deutschland sterben jeden Winter zwischen 5.000 und 11.000 Menschen an einer gewöhnlichen Influenza. „Am Anfang muss man grundsätzlich vorsichtig sein, aber man sollte nicht zu sehr auf Panik machen“, so Dr. Wolfgang Becker-Brüser von der pharma-kritischen Zeitschrift arznei-telegramm (1). Es handelt sich nicht um eine „tödliche Menschheitsbedrohung“, sondern um ein verhältnismäßig „mildes“ Virus. (2) Trotzdem werden „auch in Deutschland Menschen an der Schweinegrippe sterben“, so Thomas Löscher (Münchner Tropeninstitut). (3) Denn für das Immunsystem ist H1N1 ein bisher unbekanntes Virus, für den es noch kein Abwehr entwickeln konnte.
Die Bundesregierung hat Impfstoff bestellt, mit dem zunächst ein Drittel der Bevölkerung geimpft werden könnte: „Schwangere, chronisch Kranke sowie Mitarbeiter des Gesundheitswesens, der Polizei und Feuerwehr zuerst. Danach kann sich der Rest der Bevölkerung behandeln lassen“ (4). Es wird keine Impfpflicht geben. Die geplante Massenimpfung ist lediglich „ein Angebot und damit freiwillig“, so Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (5). In der Vergangenheit haben sich die Deutschen allerdings als „Impfmuffel“ gezeigt. Gegen die „saisonalen Grippeviren“ lassen sich nur 20 Prozent impfen, so Alexander von Kekulé (Institut für Immunologie, Halle). (6)
Dr. Kaweh Shakery (Dermatologikum Hamburg) schätzt gegenüber dem Psoriasis-Netz ein, dass Patienten, die mit Methotrexat, Ciclosporin oder einem Biologic behandelt werden, "potenziell anfälliger gegenüber bakteriellen oder auch viralen Infektionen“ sind. Sie sollten noch mehr als andere Menschen darauf achten, sich möglichst erst gar nicht anzustecken. Dazu zählt er
- angemessenes Schlafverhalten
- körperliche Aktivitäten
- gesunde Ernährung
- kein Kontakt zu Menschen, die Grippe-(ähnliche) Anzeichen zeigen und
- mehrfaches und gründliches Händewaschen
„Um eine Kontamination zu verhindern,“, so der Berliner Allgemeinmediziner Thomas Georgi, „ist es notwendig, sich 30 Sekunden lang die Hände gründlich mit Seife zu waschen“ und nicht nur, wie üblich, zehn Sekunden. Eigentlich sollte jeder immer in ein Einmal-Taschentuch (oder zur Not in den Ärmel) niesen oder husten. (7)
Grundsätzlich steigt ein Infektionsrisiko auch bei denjenigen, die zusätzlich zur Psoriasis eine der bekannten Begleiterkrankungen haben. Jede zusätzliche Krankheit und jedes weitere Medikament können das Immunsystem schwächen.
„Wer mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt wird, darf sich während der Therapie gegen Grippe impfen lassen“, so Dr. Shakery. Erlaubt seien aber nur „Totimpfstoffe“, zu denen die bisherigen Grippe-Impfstoffe zählen. Noch ist offen, ob der Impfstoff gegen H1N1 ebenfalls ein Totimpfstoff sein wird. Deshalb rät Shakery, vor einer Impfung mit dem Arzt abzuklären, dass es sich nicht um einen „Lebendimpfstoff“ handelt. Shakery hält es aber für denkbar, dass der Schutz (die sogenannte Impfantwort) bei solchen Patienten „schwächer ausfällt oder sogar ausbleibt“. Ob die Impfung erfolgreich war, könne man feststellen, indem man einige Wochen später die Anti-Körper im Blut misst.
„Wenn man sicher sein will, dass eine solche Impfung wirkt“, so Dr. Shakery, „kann man die immunsuppresive Therapie auch unterbrechen“. Das sollte in jedem Einzelfall der Arzt mit dem Patienten zusammen entscheiden. Für MTX und Ciclosporin schlägt er ein Pause von zwei Wochen vor und vier bis sechs Wochen nach der Impfung vor. Wie lange ein Biologic ausgesetzt werden müsste, hängt davon ab, wie lange es im Körper bleibt („Halbwertzeit“).
Wer ein Medikament einnimmt, das das Immunsystem herunterregelt, muss damit rechnen, dass er es nicht gleich merkt, dass er sich infiziert hat. Denn eine typische Abwehrreaktion wie Fieber bleibt aus oder ist nicht sehr ausgeprägt. Deshalb sollte der Patient schon bei den den kleinsten körperlichen Infektions-Anzeichen und den schwächsten Grippe-Symptomen zum Arzt gehen oder am Wochenende eine Klinik aufsuchen. Nur ein Arzt kann in jedem Einzelfall beurteilen, ob das immunsuppressive Medikament abgesetzt werden muss. „Aber“, so Dr. Shakery, für die „saisonale Grippe wie für den „neuen Typus H1N1" stehen effektive Medikamente zur Verfügung. Eine übergroße Sorge in Bezug auf die ‚Schweinegruppe‘ ist nicht angebracht.“
Anzeichen für eine Schweinegrippe
Die Symptome der Schweinegrippe sind sehr ähnlich denen einer "normalen" Grippe, vor allem:
- Fieber
- Husten
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Müdigkeit
- Appetitlosigkeit
Einige Menschen, die mit dem Erreger der Schweinegrippe A/H1N1 infiziert waren, berichteten auch über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
Wer fürchtet, an der Schweinegrippe erkrankt zu sein, sollte unbedingt zum Arzt gehen - und dort dringend zunächst anrufen, um nicht im Wartezimmer andere Menschen anzustecken. Selbst auf dem Weg zum Arzt und dort in der Praxis sollte ein enger Kontakt zu anderen Menschen vermieden werden.
Grundsätzlich sollten beim Husten oder Niesen Mund beziehungsweise Nase bedeckt sein, empfohlen wird, in den Ärmel zu husten oder zu niesen. Es sollten Einmaltaschentücher verwendet werden.
Weitere Tipps gibt es auf der Internetseite "Wir gegen Viren" vom Robert-Koch-Institut und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. cl
Quelle: Robert-Koch-Institut
Impfung gegen Schweinegrippe
Wer?
Die Impfung gegen Schweinegrippe kann man für ein Konjunkturprogramm für die Pharmaindustrie halten. Wer jedoch innerliche Medikamente gegen seine Schuppenflechte oder die Psoriasis arthritis nimmt, sollte sich die Antwort nicht ganz so einfach machen.
Alle innerlich eingenommenen Medikamente gegen Psoriasis unterdrücken das Immunsystem oder Teile davon - ausgenommen Fumaderm. Dann ist man durchaus anfälliger für Infektionen - eben auch mit dem Schweinegrippe-Virus. Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) empfehlen die Impfung allen Patienten mit einer schweren entzündlich-rheumatischen Erkrankung (also auch einer Psoriasis arthritis) und denen, die eine immunsuppressive Therapie anwenden. Allerdings fehlen Verträglichkeitsstudien für Patienten mit Rheuma. Deshalb muss jeder Betroffene Nutzen und Risiko für sich ausmachen und ausführlich mit seinem Arzt sprechen.
Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und des Robert-Koch-Instituts sind nicht eindeutig, was Rheumatiker betrifft. Genannt sind nur Menschen mit "erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens". "Patienten mit schweren Krankheitsverläufen oder mit immunsuppressiver Therapie gehören aber generell zur Hochrisikogruppe", sagt der Sprecher der DGRh-Kommission, Professor Klaus Krüger.
Die Impfstoffe gegen H1N1 sind alle sogenannte Tot-Impfstoffe. Deshalb ist ihr Einsatz möglich.
Die Rheuma-Experten wissen aber auch: "Die Impfung kann genau so wie die Infektion an sich einen Schub auslösen", schreiben sie. Ungewiss ist für sie auch, ob die starken Medikamente den Impfschutz beeinträchtigen. Der Rheumatologe Professor Markus Gaubitz, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie aus Münster meint aber: „Die Impfung lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Impfantwort bei immunsupprimierten Patienten schwächer ausfallen kann.“ Eine Studie mit 112 Patienten mit Rheumatoider Arthritis und 18 Kontrollen zeigte im Jahr 2008, dass der Impfschutz unter TNF-α-Inhibitor-Therapie fast genauso stark wie bei anderen Patienten war.
Wer sich zusätzlich gegen die "normale" saisonale Grippe impfen lassen will, sollte das laut DGRh zusätzlich und nicht zum gleichen Termin wie die H1N1-Impfung durchführen lassen.
Die US-Patientenorganisation National Psoriasis Foundation empfahl allen Psoriatikern mit innerlichen Medikamenten die Impfung.
Wann?
Das Psoriasis-Netz hörte sich bei den Herstellern der Biologics um und dokumentiert hier die bislang vorliegenden Antworten. Demnach gibt es keine konkreten Empfehlungen für den günstigsten Zeitpunkt zur Impfung, wohl aber Tipps:
Humira (Wirkstoff Adamlimumab): "Es erscheint sinnvoll, die Adalimumab-Injektion und die Grippeimpfung nicht am gleichen Tag und an die gleiche Stelle des Körpers zu injizieren, da Lokalreaktionen auftreten könnten."
Enbrel (Wirkstoff Etanercept): "Aufgrund der relativ kurzen Halbwertszeit von Enbrel von durchschnittlich drei Tagen, könnte eine Impfung zeitlich genau zwischen zwei Enbrel-Applikationen günstig sein. Zahlen gibt es hierzu allerdings nicht, da spezielle Untersuchungen zur Impfantwort sowie zum Impfrisiko für diese Patientengruppe bislang nicht vorliegen." Außerdem gibt es für den Ernstfall eine Empfehlung: "Hat eine Infektion mit Grippeviren bereits stattgefunden, sollte die immunsuppressive Therapie mit TNF-alpha-Blockern abgesetzt werden."
Stelara (Wirkstoff Ustekinumab): Eine Impfung ist entweder in der Mitte zwischen zwei Injektionen - also nach sechs Wochen - sinnvoll oder spätestens zwei Wochen vor der nächsten Injektion." (Auskunft beim Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology) cl
Fazit
Vorbeugendes (hygienisches) Verhalten gegen jede Art von Grippe-Virus sollte bei allen selbstverständlich werden. Wessen Immunsystem aufgrund von Medikamenten oder mehreren Krankheiten deutlich geschwächt ist, sollte mit seinem Arzt besprechen, ob und unter welchen Bedingungen er sich gegen welche Art von Grippe impfen lassen kann. Fumaderm gehört übrigens nicht zu den immunsupressiven Medikamenten, denn es regelt das Immunsystem nicht herunter.
Aufgrund der Meldungen über infektionsbedingte Todesfälle bei verschiedenen Biologics sind Psoriatiker natürlich besonders verunsichert. Inzwischen ist klar, dass das Infektionsrisiko bei den TNF-Alpha-Blockern Enbrel, Humira und Remicade erhöht ist. Das bedeutet, dass sich diese Patienten besonders schützen sollten. Dazu gehört auf jeden Fall, einer „saisonalen Grippe“ vorzubeugen.
Wie kam es dazu, dass die so genannte Schweinegrippe als so gefährlich dargestellt wurde und viele Menschen panisch reagieren?
Sicherlich gibt es mehrere Urheber für diese Hysterie. Zum einen die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hat mit ihrer Warnung vor einer Pandemie nur darauf verwiesen, dass der Erreger sich weltweit ausbreitet. Doch die Öffentlichkeit hat daraus geschlossen, dass der Virus auch sehr gefährlich ist.
Zum Zweiten haben viele Medien völlig übertrieben, wie gefährlich der neuen Virus wirklich ist. Sie haben ihren Lesern, Hörern, Zuschauern oder Nutzern suggeriert, ein Virus, der sich weltweit verbreitet und von dem Menschen sterben, ist gefährlich wie eine Seuche. Dabei haben sie verschwiegen, dass es bei „saisonalen“ Grippeviren viel mehr Todesfälle gibt.
Schließlich sind da noch die Hersteller der Impfstoffe. Die Massenimpfung wird zwischen 600 Millionen und 2 Milliarden Euro kosten (8). Der Karikaturist Klaus Stuttmann bezeichnet deshalb die „Schweinegrippe“ als „Konjunkturprogramm für die Pharmaindustrie“.
Quellen:
- „Bundesländer ordern Impfstoff“, Beitrag von Volkart Wildermuth im Deutschlandfunk, 15.07.09, 18.20 Uhr, Sendung „Hintergrund“
- „Warum die Schweinegrippe ein Glücksfall ist“, Elke Bodderas, WELT ONLINE, 27.09.09
- „Warum die Schweinegrippe ein Glücksfall ist“, a.a.o.
- „Alarm im Spanien-Bus“, Nana Heymann im Tagesspiegel, 28.07.09
- „Jeder kann Impfung gegen Schweinegrippe erhalten“, Saskia Weneit im Tagesspiegel, 17.07.09
- „Warum die Schweinegrippe ein Glücksfall ist“, a.a.o.
- „Bundesländer ordern Impfstoff“, a.a.o.
- "Schweinegrippe - Kassen drohen mit Zusatzbeiträgen", Der Tagesspiegel, 29.07.09
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