Mit Datum vom Dezember 2017 erschien jetzt das letzte Heft des Patientenmagazins PSOaktuell. Nach genau 26 Jahren stellt der „Ratgeber bei Schuppenflechte“ sein Erscheinen ein. Wenn im Internet „scheinbar alles Wissenswerte jederzeit kostenlos verfügbar“ sei, so die Herausgeberin Marlis Proksche, besteht „für unser Angebot immer weniger Bedarf“. Das heißt im Klartext, dass die Zahl der Abonnenten nicht mehr ausreichte, um den unabhängigen Journalismus dieser Patientenpublikation zu finanzieren.
PSOaktuell erschien seit Dezember 1991 vierteljährlich. Noch vor einem Jahr wurde im Heft das 25-jährige Jubiläum begangen. Man war stolz darauf, eine unabhängige Patienten-Fachzeitschrift anzubieten; stets seriös recherchiert und wenn nötig kritisch gegenüber Ärzten und Pharmafirmen.
Auch das letzte Heft folgt diesem Anspruch: Artikel zur Krankheitsbewältigung und zum Arzneigebrauch, Meldungen zu Biosimilars, Psoriasis-Leitlinien, zum MTX-Pen und dem neuen Wirkstoffprinzip JAK-Hemmer.
Aber an keiner Stelle wird in diesem Heft darauf hingewiesen, dass es das letzte ist. Das wussten die Abonnenten nur aus einem Beitrag „in eigener Sache“ in der vorherigen Ausgabe. Auch der Mitbegründer, langjährige Redakteur und das eigentliche „Hirn“ der Publikation, Dr. Jürgen-Peter Stössel ging in seinem sehr umfangreichen Vorwort darauf nicht ein. Lediglich im letzten Satz sprach er von „Abschied“ und einer „persönlichen Bilanz“ im Heft.
In zwei Artikeln wird Medizinjournalist und Schriftsteller Stössel zum Abschied dann noch einmal grundsätzlich. Er beschreibt, weshalb seine Art klassischer „journalistischer Patientenberatung an den Rand gedrängt“ wurde. Und er kritisiert, der Deutschen Psoriasis Bund würde sich zu Unrecht als „Selbsthilfe“ bezeichnen.
Beschleunigte Information, Beratung mit Hintergedanken
Das Internet, so Stössel, fördere die „beschleunigte Information“. Statt verantwortungsvoll zu recherchieren würden sich Online-Journalisten nicht länger als nötig mit Aufgaben beschäftigen. Hinzu käme, dass im Netz immer mehr Arzneimittel-Firmen Patienten direkt beraten würden. Das aber, so Stössel, würden sie „grundsätzlich nicht uneigennützig“ machen. Sie tun das, um letztendlich „die Nachfrage nach ihren Produkten“ zu wecken. Zum Beispiel mit aufwendigen Patientenangeboten, PR-Kampagnen, bezahlten Bloggern und lancierten Berichten von begeisterten Patienten. Damit aber würden sie geschickt das Verbot umgehen, für verschreibungspflichtige Medikamente zu werben.
Stössel kritisiert, dass viele Veröffentlichungen von Daten und Fakten über Psoriasis nur deshalb möglich sind, weil sie von Pharmafirmen gesponsert werden. Zahlen würden hochgerechnet und die Situation aller Psoriasis-Kranken dramatisiert werden. Er meint, „dass die gesamte Argumentation letztendlich immer wieder darauf hinausläuft, Biologika trotz hoher Kosten zu verschreiben.“ Für die überwiegende Mehrheit der Psoriatiker, "die (noch?) nicht die Auswahlkriterien für teure Medikamente“ erfüllen, gäbe es dagegen immer noch sehr begrenzte Behandlungsmöglichkeiten.
Kritik an "beliebigem Gequassel" im Internet
Statt professionell betreuter Erfahrungsberichte, wie sie PSOaktuell abgedruckt hat, gäbe es in vielen Internet Foren nur noch „beliebiges Gequassel“. Selbst wenn er damit in vielen Fällen recht hat, sehen wir das für das Psoriasis-Netz natürlich nicht so. Unsere Nutzer können am besten beurteilen, wie wichtig es für sie ist, auf ihre Beiträge direkte Antworten und sachliche Hinweise von andern Betroffenen zu bekommen. Wenn dann auch über andere Dinge, als die eigene Krankheit gesprochen wird, gehört das zum Leben und zum Lebensgefühl mit Schuppenflechte dazu.
Ein Begleiter der Selbsthilfe verschwindet
In einem zweiten Artikel beschäftigt sich der Redakteur mit der Patienten-Selbsthilfe. PSOaktuell, so Stössel, habe sich stets als Begleiter der Selbsthilfe verstanden. So habe der Verlag die Gründung unabhängiger Psoriasis-Gruppen unterstützt. Das Heft lieferte den Aktiven die Informationen, die sie brauchten, um sich über ihre Krankheit seriös auszutauschen und ihr Wissen weiterzugeben. Im Heft standen die Kontaktadressen aller deutschsprachigen Psoriasis-Verbände und unabhängigen Gruppen. Die Werbe-Anzeige für das Psoriasis-Netz wurde jahrelang kostenlos abgedruckt.
"Deutscher Psoriasis-Bund ist keine Selbsthilfe"
Kritisch geht Stössel im Abschlussheft mit dem Deutschen Psoriasis Bund (DPB) um. Er verweist darauf, dass der behauptet, eine „Selbsthilfe-Organisation“ zu sein. Tatsächlich aber sei er 1973 von Prof. Bernward Rohde gegründet worden, finanziell unterstützt von einer „einschlägig interessierten Pharmafirma“. Von Anfang an sei der DPB ein Lobby-Verband gewesen, in dem die Mitglieder wenig Mitsprache-Möglichkeiten hätten. Es habe stets eine enge, auch finanzielle Zusammenarbeit mit Ärzten und Pharmavertretern gegeben. Mit heute 4.660 Mitgliedern vertrete der DPB lediglich 0,2 Prozent der Psoriatiker in Deutschland.
In einem Nebensatz erfährt man, dass Stössel eine zeitlang für die Verbandszeitschrift des DPB gearbeitet hat. Später gründete er gemeinsam mit der ehemaligen DPB-Vorsitzenden Antje Wolters die Zeitschrift PSOaktuell. Das erste Team der Zeitschrift bestand fast ausschließlich aus ehemaligen DPB-Aktiven. Daher lässt sich vielleicht erklären, weshalb in PSOaktuell fast nie Kritikwürdiges über den Deutschen Psoriasis Bund berichtet wurde. Möglicherweise empfanden sich die Macher selbst als zu sehr befangen.
PSOaktuell ade!
Auf der Rückseite des letzten Heftes heißt es „Unabhängige Patienteninformation ade ….“. Das stimmt, wenn man lediglich die gedruckten Medien betrachtet. Wirklich unabhängige Informationen finden Psoriasis-Patienten ab Januar 2018 nur noch im Internet:
- „Thema Schuppenflechte (Psoriasis)“ des Instituts für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG)
-
„Medikamente im Test: Schuppenflechte“ der Stiftung Warentest
Leider nicht immer sehr aktuell, wie beschrieben.
- Psoriasis-Netz - informiert aktuell, unabhängig, kritisch und gemeinnützig im Interesse der Patienten
- Gedruckt gibt es Artikel manchmal zu einzelnen Psoriasis-Medikamenten in der Zeitschrift Gute Pillen - Schlechte Pillen oder beim arznei-telegramm.
- Kritischer Beitrag zu Internetinformationen
Es ist weiterhin möglich, bisherige PSOaktuell-Ausgaben zu bestellen. Der Verlag teilte uns mit, dass der Internet-Shop vorerst bleibt und auch per Post Bestellungen möglich sind.
Die Redaktion des Psoriasis-Netzes dankt den Machern von PSOaktuell, vor allem Marlis Proksche und Peter Stössel! Über ein Vierteljahrhundert haben sie sich für uns Psoriasis-Betroffene engagiert. Wir kennen sehr viele Patienten, die alle Hefte gesammelt und immer wieder einmal nachgeschlagen haben, wenn sie nicht weiter wussten. Auch wissen wir, dass das Heft von Ärztefunktionären und Pharmamanagern stets sehr genau gelesen wurde. PSOaktuell als unabhängige und kritische Stimme wird uns fehlen!
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