Wer mit einem Tattoo ins MRT muss, wird oft gewarnt: Es gäbe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie gefährlich das ist oder welche Nebenwirkungen auftreten können. Jetzt gibt es Zahlen aus einer höherwertigen prospektiven Studie.
Nikolaus Weiskopf begann mit seinen Kollegen im Jahr 2011 aus ganz pragmatischen Gründen mit seiner Analyse: Ins Wellcome Centre for Human Neuroimaging des University College in London kamen immer mehr Probanden, die tätowiert waren. In Studien wurden sie auch in den Magnetresonanztomographen (MRT) geschoben. Die Wissenschaftler fragten sich: Sind unsere Studien mit tätowierten Probanden bedenkenlos machbar? Gibt es Einschränkungen?
“Zum damaligen Zeitpunkt gab es einfach nicht genügend Daten, um die Wahrscheinlichkeit von Tattoo-Nebenwirkungen bei Untersuchungen im MRT zu bestimmen“, so Weiskopf. Inzwischen arbeitet er am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Also war es an Martina Callaghan, einer ehemaligen Kollegin von Weiskopf, die Studie weiterzuführen.
Das Ergebnis, veröffentlicht im "New England Journal of Medicine": Wenn man Tattoo-Träger so im MRT scannt, wie es in der Studie geschah, ist das Risiko von Nebenwirkungen gering.
Nebenwirkungen von Tattoos im MRT – Einzelfälle oder mehr?
"Berichte über Komplikationen stützen sich zumeist auf Einzelfälle“, schreiben die Forscher in einer Mitteilung zur Studie. So könne es vorkommen, dass die Tattoo-Farbe auf das Magnetfeld im Tomographen reagiert: Eisenhaltige Pigmente können von den winzigen Teilchen angezogen werden. Die Probanden spüren dann einen "Zug“ an der tätowierten Haut.
Größer ist für die Experten eine andere Gefahr: die Leitfähigkeit der Farbpigmente. „Das Hochfrequenzfeld in der Magnetresonanztomographie hat üblicherweise eine Frequenz von ein paar hundert Megahertz“, erklärt Nikolaus Weiskopf. „Damit kommt man in die Resonanzlängen von leitenden Strukturen, die ungefähr auch der Länge eines Tattoos entsprechen." In diesem Fall nehme das Tattoo viel von der Energie des Hochfrequenzfeldes auf. Dann Tattoo kann sich erwärmen. "Im schlimmsten Fall kann das zu Verbrennungen führen“, so Weiskopf.
330 Probanden wurden vor und nach dem MRT-Scan untersucht, insgesamt 932 Tätowierungen getestet. Die Wissenschaftler notierten akribisch die Tätowierungen ihrer Probanden. Sie wollten wissen, wie groß die Tattoos sind, wo sie „sitzen", welche Farben verwendet wurden – und wo sie gestochen wurden. Demnach stammen die meisten Tattoos aus Europa, dabei waren aber auch welche aus Amerika, Asien, Afrika und Australien. Die meisten Bilder auf der Haut bestanden aus schwarzer Farbe.
„Die Mehrzahl der Probanden mit Tattoos hat keinerlei Nebenwirkungen bemerkt“, sagt Nikolaus Weiskopf. „Es gab einen einzigen Fall, bei dem der Studienarzt festgestellt hat, dass die Nebenwirkungen mit dem Scannen zusammenhingen." Das Prickeln auf der Haut sei aber innerhalb von 24 Stunden ohne ärztliche. Behandlung verschwunden.
Warum die Studie noch keine generelle Entwarnung ist
Nicht jeder Tätowierte eignete sich für die Studie: Ein einzelnes Tattoo durfte maximal zwanzig Zentimeter groß sein, alle Tätowierungen zusammen durften nicht mehr als fünf Prozent des Körpers bedecken. So wollten die Wissenschaftler die stärksten Resonanzeffekte und potentielle Effekte wie Verbrennungen vermeiden.
Die in der Studie eingesetzten MRT-Scanner hatten eine statische Magnetfeldstärke von drei Tesla. Solche Geräte werden heutzutage auch in vielen Kliniken eingesetzt. Sie besitzen meist eine Hochfrequenz-Ganzkörperspule, mit deren Hilfe die Protonen-Spins für die Bildgebung angeregt werden. Das Hochfrequenzfeld reicht nicht nur über den Kopf, sondern auch den Oberkörperbereich der Probanden – und damit über Stellen, die oft tätowiert sind.
Eine Einschränkung nennt Nikolaus Weiskopf dann auch selbst: Auf andere Konfigurationen und Scanner-Typen sind die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe nur begrenzt übertragbar.
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