Eine Stellungnahme des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller e. V. (vfa)
Das Thema Lobbyismus im Gesundheitswesen, das in schöner Regelmäßigkeit von den Medien aufgegriffen wird, wird in den allermeisten Fällen mit der Arbeit der Verbände und der Pharmazeutischen Unternehmen verknüpft. So auch bei der Tagung Ende September 2011 in Berlin, die von Transparency International und der Evangelischen Akademie veranstaltet wurde. In zahlreichen Vorträgen und Diskussionsbeiträgen wurde dabei der Pharmaindustrie sehr pauschal vorgeworfen, ihren Einfluss in allen Bereichen des Gesundheitswesens auf unlautere Weise geltend zu machen. Dabei wurde aber zum Teil mit veralteten Diagrammen und Zahlen (z.B. aus dem Jahr 2004) argumentiert und wurden längst bekannte, alte Vorwürfe unreflektiert wiederholt. Gerade in den letzten Jahren haben die Pharmaunternehmen und der vfa zahlreiche Anstrengungen in diesem Bereich unternommen. Dabei wurden in vielen Fällen die Forderungen von Transparency International erfüllt. Diese Entwicklungen blieben während der Veranstaltung aber leider völlig unerwähnt und wurden somit auch nicht gewürdigt.
Für Deutschland gibt es zum Beispiel die „Verbändeliste“, in der viele – aber nicht alle Verbände aufgelistet sind, die bei Anhörungen des Bundestages zu Wort kommen können. In der aktuellen Liste erscheinen z.B. der vfa unter der Nummer 1910, Transparency international unter Nummer 1679 und Lobby Control unter Nummer 1531. Dies ist allerdings kein „Lobbyregister“, in dem sich alle eintragen müssen, die als Interessengruppe Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Seit mindestens 2008 fordert der vfa ein verpflichtendes Lobbyregister, in dem sich auch Kanzleien, Think-Tanks und Public Affairs-Agenturen eintragen. Auf EU-Ebene gibt es seit 2008 ein „Freiwilliges Lobbyregister“, in dem sich noch nicht sehr viele Verbände mit konkreten Angaben eingetragen haben. Der vfa war einer der ersten Verbände überhaupt, der aufgelistet hat, mit wie viel Personen und finanziellem Aufwand zu welchen Themen er im EU-Umfeld lobbyiert.
Sogar noch früher, nämlich im Februar 2004, haben die Mitglieder des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller vfa die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) gegründet. Dieser Verein mit Sitz in Berlin überwacht die korrekte Zusammenarbeit von pharmazeutischen Unternehmen mit Ärzten, Apothekern und weiteren Angehörigen der medizinischen Fachkreise sowie den Organisationen der Patientenselbsthilfe. Der FSA sanktioniert gegebenenfalls Regelverstöße. Hierdurch wird den Verhaltenskodizes Nachdruck verliehen. Weitere Unternehmen und Verbände haben sich inzwischen dem FSA angeschlossen und sich seinen Verhaltenskodizes unterworfen.
Anwendungsbeobachtungen (AWB) werden ebenfalls klar durch Kodizes geregelt. Die festgeschriebenen FSA-Leitlinien zu AWBs gehen deutlich über gesetzliche Vorgaben hinaus. Sie tragen dazu bei, die medizinisch-methodische Qualität der Studien zu sichern. Andere Aspekte sind ohnehin bereits eindeutig durch die "Empfehlungen zur Planung, Durchführung und Auswertung von Anwendungsbeobachtungen" des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. des Bundesinstituts für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel "Paul-Ehrlich-Institut" (PEI) geregelt. So sehen die Leitlinien von BfArM / PEI wie auch die von der FSA vor, die Vergütung an der Gebührenordnung für Ärzte zu orientieren, um auszuschließen, dass von AWBs Verordnungsanreize für bestimmte Medikamente ausgehen. Alle Anwendungsbeobachtungen einschließlich der Liste der beteiligten Ärzte müssen zudem der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem BfArM oder alternativ dem PEI gemeldet werden. Der KBV und dem GKV Spitzenverband sind dabei auch die Art und die Höhe der geleisteten Vergütung anzugeben sowie die geschlossenen Verträge zu übermitteln.
Besonders zu erwähnen ist hierbei, dass seit dem 01. Juli 2008 sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene Kodizes zur Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen gültig sind, die klare Regelungen für die partnerschaftliche Kooperation vorgeben und die notwendige Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit schaffen. Die Richtlinien des nationalen „FSA-Kodex Patientenorganisationen“ regeln die Kooperation zwischen Patientenorganisationen und Pharmaunternehmen. Ziel ist es vor allem, die Neutralität und Unabhängigkeit der Patientenorganisationen zu wahren und die lautere und sachliche Zusammenarbeit im Interesse der Patienten zu gewährleisten. Dieser „FSA-Kodex Patientenorganisationen“ greift bereits vorhandenen Verhaltensrichtlinien auf bzw. ergänzt sie, wie z.B. die Leitsätze der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe zur Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen.
Der „FSA-Kodex Patientenorganisationen“ greift eine Vielzahl von ethischen Standards auf, denen sich die vfa-Mitgliedsunternehmen bereits in der Vergangenheit bei der Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen freiwillig unterworfen haben. Dazu gehört unter anderem, dass Unternehmen ihre finanzielle Unterstützung für Patientenverbände veröffentlichen müssen, dass sie keinen unlauteren Einfluss auf die Arbeit der Selbsthilfeorganisationen nehmen dürfen und dass sie keine Exklusivität in der Zusammenarbeit verlangen dürfen. Damit sind klare Maßstäbe gesetzt. Es ist sichergestellt, dass in der Zusammenarbeit von Patientenorganisationen und Industrie Verhaltensregeln eingehalten werden, die eine unlautere Beeinflussung ausschließen. Damit gehört der deutsche Patienten-Kodex europaweit zu den strengsten. Für die Pharma-Unternehmen, die für die Patientenarbeit die Summen ihrer Zuwendungen veröffentlichen, ist Transparenz keine Einbahnstraße. Auch von den anderen Playern im Gesundheitswesen wäre solch "gelebte Transparenz" wünschenswert.
Selbst „die tageszeitung“ gibt in ihrem Artikel „Mehr Transparenz gefordert“ vom 01.09.2011 zu, dass ohne Großspenden der Pharmafirmen einige Selbsthilfevereine wohl dichtmachen müssten. Die Herkunft des Geldes aber würde von den Vereinen oft nicht kenntlich gemacht werden. Wörtlich fasst der Autor zusammen: "Dass sich in punkto Sponsoring-Transparenz zumindest bei den großen Pharmafirmen etwas bewegt hat, ist sicherlich zu begrüßen, und womöglich werden sich im Wettbewerb ums beste Image bald weitere Firmen an der relativen Offenheit von GlaxoSmithKline orientieren. [...| Der Kodex des Vereins 'Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie' (FSA) verlangt indes noch mehr: Die FSA-Mitgliedsfirmen müssen auch 'darauf hinwirken', dass Patientenorganisationen die finanzielle Unterstützung 'von Beginn an gegenüber der Öffentlichkeit kenntlich' machen.
Angesichts dieser Vorgabe drängt sich die Frage auf: Wie mitteilsam sind eigentlich die Gesponserten selbst? Bisher gibt es weder eine einschlägige Datenbank in Eigenregie der Selbsthilfe noch eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung. Bei einer ersten Stichprobe auf den Websites diverser Patientenvereine sind jedenfalls kaum Angaben zu Sponsoren und Geldbeträgen zu finden. Klar ist allerdings auch: Die Offenlegung von Geldflüssen allein macht inhaltlich nur bedingt schlauer. Wie richtig gute Transparenz ausgestaltet sein könnte, hatte die Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer bereits im Jahr 2008 skizziert: Notwendig sei ein öffentliches Register, in dem sämtliche Kooperationsverträge zwischen Pharmafirmen und Patientenorganisationen zentral dokumentiert sind. Am besten für jedermann und -frau anklickbar im Internet.“
Ob so ein "Kooperations-Register" tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist, wird gegenwärtig heiß diskutiert. Der vfa hat das Ende solcher, erfahrungsgemäß langen Diskussionen nicht abwarten wollen, und mit seiner Selbstverpflichtung für Klarheit gesorgt. Würden sich jetzt alle Beteiligten, also Unternehmen wie Patientenorganisationen, daran halten, hätten wir ein hohes Niveau erreicht, ohne den Gesetzgeber bemühen zu müssen.
Barbara Haake, Patientenzusammenarbeit
vfa
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