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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Hartz-IV-Urteil auch für Psoriatiker interessant

    Das Bundesverfassungsgericht befand am 9. Februar 2010 über die Berechnung des Arbeitslosengeldes II. Unter anderem forderte es, dass Härtefälle berücksichtigt werden müssten – darunter ausdrücklich, wenn ein Betroffener nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Hautpflege bei Neurodermitis selbst bezahlen muss.

    Nach dem Urteil hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Liste der Fälle erstellt, in denen Hartz-IV-Betroffene künftig bei den Jobcentern Sonderleistungen geltend machen können. Darin aufgeführt sind "nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, zum Beispiel Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis".

    Nun ist eine Neurodermitis keine Psoriasis, und für gewöhnlich halten sich Gerichte gern ganz genau an Formulierungen fest. Deshalb ist die Nachbemerkung der BA zur Liste ein wichtiger Punkt: "In Umfang und Ausmaß vergleichbare Fälle können ebenfalls unter die Härtefallklausel fallen.“

    Dr. Michael Reusch, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Dermatologen, hat das Dilemma bei Hautkranken erkannt und fordert, "chronische Hautkrankheiten und insbesondere chronisch entzündliche Hauterkrankungen als Härtefall anzuerkennen und den Betroffenen einen Zuschlag zum Regelsatz zu gewähren".

    „Patienten mit geringem Einkommen haben oft resigniert", so Reusch. "Sie bekommen ihre Hautprobleme nicht in den Griff, weil das Geld für Salben fehlt.“ Dabei sei es volkswirtschaftlich betrachtet billiger, frühzeitig unterstützend einzugreifen als die deutlich teureren Folgen zu bezahlen.

    Professor Matthias Augustin, Leiter der Fachgruppe Gesundheitsökonomie und Lebensqualitätsforschung und des Centrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie am Hamburger Universitätsklinikum, rechnet vor: „Die durchschnittlichen jährlichen Kosten bei einer mittelschweren bis schweren Psoriasis liegen bei 794,30 Euro". Das sind 19 Prozent der Bezüge im derzeitigen Regelleistungssatz von 359 Euro im Monat. Die Kosten entstünden u.a. durch Fahrten zum Arzt oder die nicht erstattungsfähigen Harnstoff-Produkte, so Augustin. „Entsprechendes gilt im Grunde bei allen chronischen Entzündungen der Haut, also vor allem für die drei Gruppen Schuppenflechte, Neurodermitis und chronische Wunden“, sagte Augustin.

    Das Arbeitsministerium betont, dass der veröffentlichte Katalog nicht abschließend sei und Leistungen nur gewährt würden, wenn eine erhebliche Unterversorgung drohen würde. „Bedarfsspitzen sind durch Wirtschaften mit der Regelleistung auszugleichen.“, so das Arbeitsministerium. Dazu wird beispielsweise die Praxisgebühr gezählt.

    Für den Psoriatiker in Hartz IV heißt das: Er muss sich durch die übliche Bürokratie bis zu Grundsicherungsstellen oder Sozialgerichten durchschlagen.

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    einfach nur krank

    „Wer glaubt, einen berechtigten Anspruch zu haben, wird diesen auch von Gerichten prüfen lassen“, sagte die Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstags Monika Paula...Das steht in dem Artikel BVDD fordert...!Ich bin frustriert und habe keine Kraft mehr nach mehr als dreißig Jahren Pso und Psa und die ewigen zu Kreutze kriechen_Maßnahmen die man unternehemen muss um wenigstens einen Hauch Hilfe zu bekommen. Jeder der eine solche oder ähnliche Aussage schreibt hat keine Pso.

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    Ich habe seit 2005 eine chronische Psoriasis und versuche seit mehr als 10 Jahren (ca. 2010/2011) immer wieder einen Mehr- bzw. Sonderbedarf für die Behandlung zu beantragen - nichts zu machen. Das Jobcenter Gotha stellt sich auch weiter quer und sorgt faktisch dafür, dass die Psoriasis schlimmer wird,  anstatt mich bei der Behandlung zu unterstützen. Auch zu meinem letzten Antrag wurde mir wieder eine Aufforderung zur Mitwirkung geschickt. Man fordert mich in dieser wieder auf, die Anlage MEB (Anlage zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung) auszufüllen, obwohl für die Gewährung eines unabweisbaren, besonderen Bedarfs (§ 21 Abs. 6 SGB II) die Anlage BB (Anlage zur Gewährung eines unabweisbaren besonderen Bedarfs) gehört. Die Sachbearbeiter auf dem Jobcenter machen einfach absichtlich immer wieder alles falsch und die Leistungsberechtigten sind die Leidtragenden. Da die Psoriasis nicht per se einer kostenaufwendigen Ernährung bedarf, die geeigneten Haut- und Körperpflegeprodukte hingegen deutlich teurer als normale sind und man für die effektive Behandlung auch noch zusätzliche Ausgaben hat, kann schon seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1, 3 und 4/09 ein solcher besonderer Bedarf gewährt werden. Trotzdem werden meine Anträge, Widersprüche und Prüfungsanträge immer wieder vom Jobcenter abgelehnt. Man ignoriert einfach grundsätzlich die Urteile des BVerfG und lässt die Leistungsberechtigten mit den Kosten auf sich allein gestellt zurück. Es ist einfach eine bodenlose Frechheit. Seit 2014 gibt es sogar ein Attest vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit, aber auch das hilft mir kein Bisschen weiter. Leider bekomme ich hier auch keinen Anwalt, um vor einem Sozialgericht gegen die Entscheidungen des Jobcenters vorzugehen. Auch das habe ich schon mehrfach versucht. Denn es ist so, dass das Jobcenter Gotha grundsätzlich erst einmal alles ablehnt und man ohne anwaltlichen Beistand generell benachteiligt ist. Egal ob es um Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung, Heizstrom, Bekleidungsgeld, Erstausstattung der Wohnung oder ganz allgemein die Kosten der Unterkunft und die Regelleistungen geht - das Jobcenter Gotha entscheidet nach eigenem Ermessen und das bedeutet, dass man generell davon ausgeht, dass die Leistungsbezieher Leistungen aus Spaß oder aus Langeweile beantragen, diese aber gar nicht tatsächlich benötigen.

    bearbeitet von M. Hei
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