Im Juli fand in München die FOBI 2022 statt. Vieles, was wir schon in „Neues und Bewährtes zur Psoriasis im Jahr 2022“ erwähnt haben, wurde aufgegriffen und vertieft. Am meisten interessierten uns die Ausführungen zu neuen Präparaten und veränderten Behandlungsprinzipien.
Die FOBI ist eine Fortbildungswoche für Hautärzte. Sie findet alle zwei Jahre in München statt; im Corona-Jahr 2020 rein digital, diesmal hybrid. Die Vorträge wurden im Münchener Kongresszentrum (ICM) gehalten und viele auch digital übertragen. Mehr als 2500 Ärzte waren angemeldet, also mehr als die Hälfte aller deutschen Hautärztinnen und -ärzte. Behandelt wurden aktuelle Erkenntnisse zu allen Hautkrankheiten. Dazu zählten auch corona- oder impf-verursachte Hautsymptome und die Gefahr neuer Seuchen. Wir haben uns auf die Vorträge zum Thema Psoriasis konzentriert.
Ja, der Artikel ist lang! Aber du kannst in der Übersicht die Themen anklicken, die dich interessieren.
Calcipotriol + Betamethason als Creme
Wie berichtet, gibt es diese Wirkstoffkombination inzwischen auch als Creme (Wynzora). Bisher wurde sie nur als Salbe, Gel oder Sprühschaum angeboten. Unter Hautärzten gilt diese „Fixkombination“ als beste Wahl („Goldstandard“) für die äußerliche Behandlung der Schuppenflechte. Obwohl sie ein stark wirksames Kortison enthält, wird sie als langfristig sicher bewertet.
Nicht jede Trägersubstanz ist für alle Hautareale geeignet, wie z.B. Salbe auf dem Kopf. Und nicht jede setzt den Wirkstoff gleich gut frei, weil dazu Wasser benötigt wird (Professor Wohlrab 2016). Das ist z.B. in Öl nicht enthalten. Außerdem bevorzugen Patienten schnell einziehende, nicht klebende und vor allem „gut“ riechende Präparate.
In einer Studie wurde die Cal/Bet-Creme mit dem -Gel verglichen. Nach acht Wochen waren die Psoriasis-Stellen durch die Creme bei 43,2% der Betroffenen komplett oder fast komplett abgeheilt (PGA 0/1), durchs Gel nur bei 31,9%. Eine Vergleichsstudie mit dem konkurrierenden Sprühschaum (Enstilar) gibt es nicht. Trotzdem hält Dr. Sascha Gerdes den gegenüber der Creme für überlegen. Bei seiner eigenen Untersuchung aus dem Jahr 2017 hätten beim Sprühschaum nach vier Wochen 54 % einen entsprechenden Abheilungserfolg (PGA) erreicht.
Das bessere Ergebnis war vermutlich zu erwarten, weil es sich bei Enstilar um eine „sprühbare Salbe“ handelt. Salbe lässt einen Wirkstoff schneller und besser in die Haut eindringen. Aber der Sprühschaum lässt sich nicht an allen Hautstellen einsetzen (Kopfhaut, empfindliche Bereiche).
Wenn die Plaques abgeheilt sind, soll die Cal/Bet-Fixkombination als Erhaltungstherapie ein- bis zweimal in der Woche aufgetragen werden. Dr. Gerdes empfiehlt, alle 8-12 Wochen zu überprüfen, ob auf ein Monopräparat gewechselt werden könne, das nur noch Calcipotriol enthält.
Biologika: IL-17f hemmen
Schuppenflechte ist eine Auto-Immunerkrankung: Das Immunsystem wehrt eine vermeintliche Bedrohung z.B. durch Viren, Pilze oder Bakterien ab. Es reagiert mit psoriatischen Entzündungen, obwohl es keinen Anlass für diese Abwehrmaßnahme gibt. Gegen diese Fehlfunktion werden innerlich wirkende Medikamente eingesetzt. Die sollen diejenigen Signale blockieren, die eine Psoriasis anstoßen. Anfangs wusste man nicht, wo genau die Schuppenflechte entsteht. So wurde TNF-𝛼 gehemmt, ein Botenstoff (Zytokin), der dem Immunsystem ein breites Spektrum von krankmachenden Bedrohungen signalisiert. Wenn er aber gehemmt ist, kann das Immunsystem nicht oder nur eingeschränkt aktiv werden. Erkrankungen, die TNF-𝛼 eigentlich melden sollte, konnten deshalb als typische unerwünschte Arzneimittelwirkungen auftreten, vor allem Infektionen.
Inzwischen weiß man genauer, welche "Scheinbedrohung" dem Immunsystem gemeldet wird und wie die Signalwege verlaufen. Wirkstoffe wie Small Molecules (Apremilast, JAK-Hemmer) hemmen oder manipulieren die Enzyme, die die Signale transportieren. Die zweite Generation der Biologika verhindert, dass Interleukine als Botenstoffe Signale aussenden. Das sind IL-23 und IL-17. Vor allem IL-17 ist ein starkes Psoriasis-Zytokin, das aus den Untergruppen a-f besteht. Je schwerer eine Psoriasis ausgeprägt ist, desto mehr IL-17f sind aktiv, wie bereits berichtet. In der Haut findet man dann 30-mal mehr IL-17f als IL-17a.
Aber fast alle Biologika, die Interleukine blockieren, wirken nur auf IL-17a, nicht aber auf IL-17f – auch die IL-23-Hemmer. Es gibt zwei Ausnahmen: Brodalumab (Kyntheum) blockiert den Rezeptor von IL-17, so dass überhaupt kein Zytokin der IL-17-Familie andocken kann. Und seit Herbst 2021 ist Bimekizumab (Bimzelx) zugelassen, das gleichzeitig IL-17 a und IL-17f hemmt.
Bimekizumab (Bimzelx)
Es ist äußerst wirkungsvoll, nicht nur IL-17a zu hemmen, sondern zugleich auch das Schwester-Zytokin IL-17f. Professor Kristian Reich verwies auf die langfristig stabilen Daten einer Vergleichsstudie. Mit Bimekizumab waren 66 bis 73,5 % der Betroffenen vollständig erscheinungsfrei (PASI 100). Bei Secukinumab (Cosentyx) waren es lediglich 48,3 %. Schon nach der ersten Spritze heilten die Plaques deutlich ab.
Gute und vor allem schnelle Ergebnisse gäbe es nicht nur auf der Haut, so Dr. Ralph von Kiedrowski. Auch eine Psoriasis an Händen und Füßen (palmaris et plantaris) sei damit erfolgreich zu behandeln. Bimekizumab wirke außerdem auf die Nägel und (weil miteinander verbunden) auf die Gelenke. Für die Psoriasis Arthritis ist das Präparat aber (noch) nicht zugelassen. Immerhin verbesserte sich in einer Studie bei 53 bis 69 % die Psoriasis Arthritis um die Hälfte (ACR 50) – stabil über drei Jahre. Typisch für alle IL-17-Antikörper sind milde Pilzinfektionen in der Mundhöhle. Die seien aber gut behandelbar, so von Kiedrowski.
Bimekizumab sollte bei Patienten eingesetzt werden, denen andere Biologika nicht geholfen haben. Aber z.B. auch dann, wenn die Hautläsionen besonders schnell abheilen sollen (Vorstellungsgespräch, Date, Strandurlaub, Hochzeit o.ä.). Hinter vorgehaltener Hand hörte man, dass alle diese Vorteile noch einmal getoppt werden würden, wenn demnächst das Biologikum Sonelokimab zugelassen wird.
Generalisierte Pustulöse Psoriasis (GPP)
Die GPP ist eine schwere, durchaus lebensbedrohliche Erkrankung. Sie kann bislang nur mäßig erfolgreich behandelt werden, denn es gibt noch kein zugelassenes Medikament dafür. Wie berichtet, können Betroffene jetzt aber hoffen: Spesolimab (Spevigo) hemmt den IL-36-Rezeptor. Das könne „möglicherweise“, so Professor Jörg Prinz, bei einem Teil der Patienten die GPP längerfristig stillstellen. Ebenfalls zur GPP-Behandlung ist das Biologikum Imsidolimab entwickelt worden.
Professor Ulrich Mrowietz erklärte, wodurch eine GPP ausgelöst wird: IL-36 scheine ein hoch aktiver und aggressiver Botenstoff (Zytokin) zu sein. Damit es nicht zu aktiv wird und unkontrolliert Entzündungs-Signale aussendet, gibt es einen Gegenspieler. Das ist der IL-36 Rezeptor-Antagonist. Der neutralisiert das IL-36 solange, bis „echter Bedarf“ besteht. Eine GPP bildet sich dann, wenn das IL-36Ra nicht mehr funktioniert, weil es genetisch verändert ist. Weshalb die für die GPP typischen Pusteln gebildet werden, wisse man bisher noch nicht, so Mrowietz.
Eine Studie mit Spesolimab und Placebo wurde mit 53 Betroffenen durchgeführt. Das ist für eine derart seltene Krankheit eine akzeptable Probandenzahl. Bereits nach 7 Tagen waren 54 % der Betroffenen pustelfrei. 43 % bekamen innerhalb einer Woche eine reine bzw. nahezu reine Haut. Die ersten deutlichen Verbesserungen traten bei manchen schon nach einem Tag ein. Das hielt dann 12 Wochen lang an.
Die meisten bekamen nur eine Spritze, manche zwei. Es gab keine besorgniserregenden Nebenwirkungen, so Professor Prinz. Aber wegen der geringen Anzahl von Studienteilnehmern kann man noch keine seriösen Aussagen treffen. Messbar war, dass die Entzündungsmarker (CRP, neutrophile Granulozyten) zurückgingen. Schmerzen und Fatigue (chronische Erschöpfung) verschwanden, so dass insgesamt die Lebensqualität der Patienten anstieg.
Spesolimab (Spevigo) ist im Dezember 2022 von der Europäischen Kommission "bedingt" zugelassen worden. Die EFFISAXIL-1-Studie zeigte, dass über die Hälfte der mit Spesolimab behandelten Patienten eine Woche nach Gabe einer Einzeldosis frei von Pusteln war.
Tablette statt Spritze: Kinase-Hemmer gegen Schuppenflechte
Es gibt Menschen, die es ablehnen, ein Medikament injiziert zu bekommen, geschweige denn, sich selbst zu spritzen. Dr. von Kiedrowski wies darauf hin, dass eine echte Spritzen-Phobie dagegen selten sei haben. Zu erkennen wäre sie, wenn ein Patient Angst vor der Blutentnahme habe. Trotzdem würden viele ein Medikament bevorzugen, das als Tablette o.ä. geschluckt werden kann, so Dr. Sandra Philipp. Es solle möglichst gut auf Haut und Nägel wirken, aber die Lymphozyten nicht wesentlich beeinflussen. Genau das leiste der neue Wirkstoff Deucravacitinib. Dr. Philipp geht davon aus, dass das Medikament Ende 2022 von der EMA zugelassen wird.
Die "Klassiker" (Fumarate, Methotrexat) hätten ihre therapeutischen Grenzen, insbesondere wenn Patienten nicht allein an Psoriasis erkrankt sind. In der Gruppe der Small Molecules ist bisher lediglich Apremilast (Otezla) für die Haut zugelassen. Da wirke es aber nicht so gut, so Dr. Philipp.
Deucravacitinib gehört zur Gruppe der Small Molecules. Die sind so klein, dass sie direkt in eine Zelle gelangen können, um deren Funktion zu manipulieren. Deucravacitinib hemmt das Enzym Tyrosin-Kinase (TYK2). Das ist beteiligt an der Übertragung des Entzündungssignals von IL-23 auf IL-17a. Der TYK-2-Hemmer verhindert letztendlich, dass das Signal ans Immunsystem weitergeleitet wird. Ähnlich wirken Tofacitinib (Xeljanz) und Upadeticinib (Rinvoq), die beide nur für die Psoriasis Arthritis zugelassen sind.
In zwei Phase-3-Studien wurde Deucravacitinib bei 1.686 mittelschwer und schwer Betroffenen eingesetzt und mit Apremilast bzw. Placebo verglichen. Die Ergebnisse sind für ein orales (durch den Mund verabreichtes) Medikament gut: komplett oder fast abgeheilt (sPGA 0/1) waren die Plaques in Woche 24 bei 58,7% in der ersten, bzw. 49,8% in der zweiten Studie. Bei Apremilast waren es 31,0% bzw. 29,5%. Ebenfalls gut sind die Abheilwerte für Psoriasis an Händen und Füßen (49,1 %), auf dem Kopf (60-70%) und den Fingernägeln (52%). Apremilast lag stets deutlich darunter. Über ein und zwei Jahre betrachtet blieben die Werte stabil.
Häufigste Nebenwirkung von Deucravacitinib waren Infektionen der oberen Atemwege, vor allem der Nasen- und Rachenschleimhaut (Nasopharyngitis). Unter Apremilast traten sie seltener auf. Die Infektionen waren aber nicht so schwerwiegend, dass die Therapie abgebrochen werden musste. Andere Patienten klagten über Kopfschmerzen und Durchfall, unter Apremilast aber deutlich häufiger. Cholesterin- und Lymphozyten-Werte blieben unverändert.
Der TYK-2-Hemmer Deucravacitinib sei, so Philipp, gegenüber den bisherigen JAK-Inhibitoren erheblich sicherer. Siehe dazu: „Tofacitinib (Xeljanz) – nicht mehr für alle Betroffenen“
Therapie-Empfehlungen und Ausnahmen
Leitlinien fassen zusammen, wie nach aktuellem Wissen und gesammelter Erfahrung Patienten am besten und sicher behandelt werden. Sie sind lediglich eine Empfehlung; Ärzte müssen sich nicht daranhalten.
In der aktuellen Psoriasis-Leitlinie gibt es einige Klarstellungen: So gilt eine Therapie dann als erfolgreich, wenn nur noch weniger als drei Prozent der Haut von Psoriasis betroffen sind (absoluter PASI <3). Das hatten wir schon berichtet.
Es werden „Upgrade-Kriterien“ formuliert, in welchen Fällen sofort ein Biologikum eingesetzt werden dürfen („first-line-label“). Dann muss nicht erst ausprobiert werden, ob und wie gut konventionelle Therapien (Bestrahlung, Fumarate, Methotrexat) wirken würden. Das gilt, wenn von vornherein nicht zu erwarten ist, dass andere innerliche Präparate helfen könnten. Zum Beispiel
- bei einem PASI ≥ 20,
- wenn sich der Hautzustand schnell dramatisch verschlechtert,
-
bei schwerer Psoriasis auf der Kopfhaut, im Genitalbereich oder an den Fingernägeln
(Ablösung, Verformung oder Zerstörung des Nagels an mindestens zwei Fingern), -
erheblichen Einschränkungen im täglichen Leben (DLQI ≥15),
z.B. auch durch sichtbare Stellen im Gesicht oder auf der Hand, chronischem Jucken (Pruritus) mit Kratzen und Schlaflosigkeit.
Für die Psoriasis Arthritis gibt es eine internationale Leitlinie aus 2021, in der auch Empfehlungen für spezielle Formen wie Enthesitis, Dactylits oder Uveitis ausgesprochen werden. Die deutsche PsA-Leitlinie ist in Arbeit. In den Vorträgen wurde klar, dass eine Gelenk-Therapie sich heutzutage am Ziel ACR 50 orientieren sollte. Das heißt, die Symptome sollten sich um mindestens 50 Prozent verbessern.
“Hit hard and early” – neues therapeutisches Prinzip?
Diskutiert wurde bei mehreren Vorträgen, ob man vom bisherigen Therapieprinzip abweichen sollte. Zurzeit werden Betroffene Schritt für Schritt mit immer besser wirkenden Medikamenten behandelt, bis eines anschlägt. Dieses „Versuch-und-Irrtum“-Vorgehen kann sich über Jahre hinziehen. Bei anderen Krankheiten, wie der Rheumatoiden Arthritis, hat sich gezeigt, dass eine frühzeitige und intensive Behandlung die Symptome (ACR) verbessern kann. Für die Psoriasis könnte das durch die GUIDE-Studie bestätigt worden sein.
Es fiel auf, dass der IL-23-Hemmer Guselkumab (Tremfya) deutlich besser ansprach bei denjenigen, die erst seit maximal zwei Jahren an Psoriasis erkrankt waren. Wie berichtet, blieb es in dieser Gruppe langfristig bei PASI 90. Selbst als der Wirkstoff abgesetzt wurde, blieben sie bis zu eineinhalb Jahre fast erscheinungsfrei. Vermutlich, so schon 2019 Professor Andreas Körber, habe sich bei ihnen das Psoriasis-Gedächtnis noch nicht völlig entwickelt. Bei Psoriatikern mit einer kurzen Krankheitsgeschichte würden sich noch wenige Gedächtniszellen (TRM) finden. TRM speichern, in welchen Fällen das Immunsystem wie reagieren soll. So gibt es Gedächtniszellen (z.B. DC8+ ), die haben gelernt, auf angeblich krankheitserregende Anti-Gene mit einer entzündlichen Schuppenflechte zu antworten.
Deshalb wird diskutiert, ob Betroffene nicht besser nach dem therapeutischen Prinzip „hit hard and early“ behandelt werden sollten. D.h. eine aufkeimende Psoriasis so früh wie möglich mit einem stark wirkendem Biologikum abzuheilen. Man erhofft sich, dass dadurch keine weitere Psoriasis-Gedächtniszellen gebildet werden. Nach einer kurzen, intensiven Therapie sollten im Idealfall Betroffenen den Rest ihres Lebens keine oder nur noch eine leichte Schuppenflechte haben.
Wenn das funktionieren würde, könne man vor allem bei jungen Betroffenen vermeiden, dass sie über Jahre (erst einmal) unzureichend behandelt werden. Sie würden verschont bleiben von lebensgefährlichen oder -einschränkenden Begleiterkrankungen und würden möglicherweise sogar länger leben. Ihre Lebensbedingungen, berufliche und private Möglichkeiten könnten sich früh normalisieren. Psycho-soziale Belastungen (Stigmatisierung, Ausgrenzung, Resignation, Depression) würden nicht oder nur abgemildert auftreten.
Kongressleiter Professor Lars French stellte dazu die grundsätzliche Frage: „Wann genau ist ‚frühzeitig‘?“ Nur 20 % der Menschen mit Schuppenflechte sind mittelschwer oder schwer betroffen. Wie erkennt man, ob ein Patient zukünftig zu diesen Schwerbetroffenen gehören könnte? Nach wie vor gibt es keine Biomarker im Blut, mit denen sicher eine Psoriasis voraussagbar wäre.
Frühzeitig mit wirkungsstarken Mitteln sollte man dann eingreifen, so Professor Petra Staubach, wenn eine ausgeprägte Psoriasis schnell voranschreitet. Auch bei Kindern solle man rechtzeitig mit einer innerlichen Therapie anfangen. Ebenfalls "hard and early" sollte man bei Patienten reagieren, die schon typische bedrohliche Begleiterkrankungen haben, wie Herz-/Kreislaufprobleme. So ist z.B. das Herzinfarktrisiko eines 20-Jährigen mit schwerer Psoriasis 4-mal höher als in der Normalbevölkerung. Frühzeitig behandelt könne das verhindert werden.
Professor French verwies darauf, dass es typische Vorzeichen für Begleit-Erkrankungen wie Atherosklerose, Herz-/Kreislauf-Erkrankungen und Psoriasis Arthritis gäbe. Besonders zu achten sei dabei auf Patienten mit „Lifestyle-Risiken“ wie Übergewicht, Rauchen oder Alkoholismus.
Aufgeschnappt
Professor Julia Welzel verwies auf die Cochrane-Rangfolge vom Mai 2022, welche die wirksamsten Medikamente (PASI 90) mit hoher Sicherheit bei Psoriasis sind. An erster Stelle steht der TNF-𝛼-Hemmer Infliximab (Remicade u.a.), gefolgt von den IL-Antikörpern Bimzelx, Taltz, Skyrizi, Cosentyx, Kyntheum und Tremfya.
Professor Stefan Beissert mahnte, verstärkt wieder auf Tuberkulose zu achten. Das Risiko steige in Deutschland, vor allem wegen Südostasien-/Afrika-Reisen, ungeimpfter Flüchtlinge, mehr HIV- und Syphilis-Fälle. TBC schließt einige Psoriasis-Medikamente aus. Da Laborauswertungen (IGRA) fehlerhaft sein können, solle zusätzlich der Brustkorb geröntgt werden.
Professor Petra Staubach und Dr. Ralph von Kiedrowski kritisierten, dass immer noch den meisten Psoriasis-Patienten als innerliche Therapie Kortison-Tabletten (Kortikoide) verschrieben bekommen – vor allem von Allgemeinmedizinern. Unsere Meinung: Solche Verschreibung widersprechen dem aktuellen medizinischen Standard und müssten deshalb als Behandlungsfehler bewertet werden!
Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops wies auf einen für uns neuen Punkt hin, woran man eine Psoriasis Arthritis (PsA) von einer Rheumatischen Arthritis (RA) unterscheiden könne: „Rheuma“ (RA) habe man sofort in allen Gelenken. Dagegen nehmen die Gelenkentzündungen der PsA langsam über die Zeit zu und würden zwischendurch auch mal aussetzen.
Professor Julia Welzel bedauerte, dass es grundsätzlich nicht zulässig ist, Psoriasis-Medikamente flexibel zu dosieren, um sie individuell anzupassen. Aber es gäbe Ausnahmen:
- wenn das Präparat unzureichend anspricht (Adalimumab – Humira u.a, Cimzia),
- wenn es schlecht vertragen wird (Etanercept – Enbrel u.a.) oder
- wenn Patientin oder Patient schwergewichtig ist (Cosentyx, Bimzelx).
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