Eltern mit (fast) erwachsenen behinderten oder chronisch kranken Kindern konnten sich darüber informieren, wie man damit umgeht, wenn das Kind von zu Hause ausziehen will. Unter dem Motto "Loslassen und Festhalten" wurden im Juni 2006 an der Leipziger Universitäts-Kinderklinik Probleme und Erfahrungen ausgetauscht.
Es ging dabei darum, wie Jugendliche ins Erwachsenenleben und die Selbständigkeit geführt werden, wenn sie behindert oder chronisch krank sind. Professor Andreas Merkenschlager leitet die Abteilung für Neuropädiatrie und klinische Neurophysiologie leitet. Er versteht, dass scheinbar "überbesorgte" Eltern Bedenken haben, ihre Kinder "ins eigene Leben" gehen zu lassen. "Wer eine Kindheit lang eine an verzichtreiche Diät einhalten musste, wen regelmäßige Physiotherapiebehandlungen und Arztbesuche langweilten oder wer nach der Uhr Medikamente einzunehmen hatte, der sehnt sich danach, alle diese Fesseln zu durchbrechen. Die jungen Leute wollen, wie alle ihre Altersgefährten, mal die Nacht durchfeiern, Motorrad fahren, Ummengen Süßes essen oder endlich nach Alkohol greifen".
Mütter und Väter und befürchten, dass die Kinder ihre Therapie gefährlich vernachlässigen, wenn ihre fürsorgliche Kontrolle wegfällt. Deshalb, so Merkenschlager, sollten sie möglichst früh damit beginnen ihre Kinder zu trainieren, sich selbstverantwortlich um die Krankheit zu kümmern. Einerseits wollen Jugendlichen absolut selbständig leben. Ihre Krankheit wird sie aber andererseits immer wieder dazu bringen, dass sie Schutz und Rat benötigen. Da bietet sich an, sie in einem Modell des "Betreuten Wohnens" unterzubringen und sie mit Selbsthilfegruppen beziehungsweise Beratungsstellen vertraut zu machen.
Wenn behinderte Jugendliche eine Ausbildung beginnen, sind sie meist relativ gut darauf vorbereitet. Im Beruf sind sie als anerkannte Behinderte besser geschützt, als andere Arbeitnehmer. "Was aber, wenn sich der Gesundheitszustand durch eigenes Verschulden deutlich verschlechtert und die Ausbildung oder das Arbeitsverhältnis dadurch gefährdet sind?" fragt Merkenschlager.
Auch die Eltern selbst müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Es war über viele Jahre ihre Lebensaufgabe, das kranke Kind zu betreuen. Oft haben Eltern ihre beruflichen Pläne dem untergeordnet oder Hobbys oder Freundschaften aufgegeben. Es ist notwendig, das zu erkennen und so früh möglich, das Leben mit anderen Dingen zu auszufüllen ?trotz der Krankheit des Kindes. Je selbständiger das Kind schon im Elternhaus ist, desto unabhängiger können Eltern ihr eigenes Leben nach dessen Auszug gestalten.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung; Universität Leipzig, Dr. Bärbel Adams, (16.06.2006)
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