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  • Rolf Blaga
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    Rolf Blaga

    Und täglich grüßt das Murmeltier...

    "Von Kortison bis Licht: Therapien gegen die Schuppenflechte" – unter dieser Überschrift schickte die Nachrichtenagentur dpa in ihrem Themendienst Gesundheit am 13. Februar 2019 einen Artikel an die Redaktionen landauf landab. Medien wie Spiegel online, die Main Post oder die Rhein-Neckar-Zeitung übernahmen ihn mehr oder weniger unbearbeitet. Und so wird jetzt weithin verbreitet: Psoriasis wird aktuell mit Murmeltiersalbe und Teer behandelt. Einige Aussagen sind falsch, manche sind fragwürdig, der Text ist oberflächlich recherchiert. Vor allem aber: Er macht mutlos. Deshalb hier ein Faktencheck.

    Die Behandlung bringt Besserung, heilbar ist eine Psoriasis nicht.

    Ursula Hilpert-Mühlig, Präsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker

    Jein. Schuppenflechte (Psoriasis) ist heutzutage die am besten erforschte und am besten zu behandelnde chronische Hautkrankheit. Das merkt man dem dpa-Text nicht an. Ganz im Gegenteil: Im Fazit heißt es resignierend, man könne Psoriasis lediglich bessern, nicht aber heilen. Die Betroffenen erfahren nicht, dass sich äußerliche wie vor allem innerliche Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert haben. Viele Psoriatiker können inzwischen ein normales Leben führen – obwohl die Krankheit an sich nicht geheilt ist.

    (Schuppenflechte ist) oft äußerst belastend für Betroffene. Unter anderem, weil sie häufig mit weiteren Erkrankungen wie Diabetes oder Depressionen einhergeht.

    Jein. Es stimmt zwar, dass Psoriasis „mit weiteren Erkrankungen einhergeht“. Das ist aber nicht nur „belastend“. Es kann sogar lebensgefährlich werden. Eine der typischen Begleiterkrankung der Psoriasis ist das Metabolische Syndrom, das zu erheblichen Herz-/Kreislaufproblemen führen kann. Deshalb ist es wichtig, nicht nur eine schwere Psoriasis, sondern auch diese Begleiterkrankungen konsequent zu behandeln. Das hätte im Artikel stehen müssen.

    Die Veranlagung dazu ist genetisch bedingt.

    Stimmt nur teilweise. Man weiß heute, dass 20 bis 30 Prozent aller Fälle eben nicht genetisch verursacht sind. Diese Menschen bekommen Psoriasis, vor allem weil sie Nahrungsmittel nicht vertragen: z.B. glutenhaltige. Aber auch Alkohol, Kaffee, Spinat und Äpfel gelten als Psoriasis-Auslöser. Wer also niemanden mit Psoriasis in der Familie hat, kann sich leider trotzdem nicht in Sicherheit wiegen.

    Bei der selteneren Typ-2-Psoriasis zeigt sich die Hautkrankheit erst im Alter zwischen etwa 50 und 60 Jahren.

    Falsch. Die Alters-Psoriasis (Typ 2) ist nicht selten. Man geht davon aus, dass ein Drittel der Betroffenen erst nach dem 50. Lebensjahr erkranken. Aber diese Unterscheidung hat keine Auswirkungen auf die Therapie. Für die Frage, wie und womit behandelt werden soll, ist etwas anderes wichtig: Nämlich, ob es sich um eine leichte, eine schwere oder eine moderate (mittelschwere) Psoriasis handelt.

    Womit noch ein "Zu kurz erklärt" hinzukommt: Zur Aufklärung von Betroffenen gehört, ihnen zu sagen, dass die Mehrheit nur eine leichte Schuppenflechte hat. Je nach Interessenlage wird diese Zahl auf 80 bis 70 Prozent geschätzt. Ältere Zahlen behaupten, es seien 66,6 Prozent: andere gehen nur von 51,2 Prozent leicht Betroffener aus.

    Erste Anzeichen einer Psoriasis sind immer ein Fall für den Hausarzt.

    Falsch. Die notwendige Diagnose kann nur ein Facharzt durchführen, also der Hautarzt (Dermatologe). Denn es gibt viele, sehr ähnlich aussehende Hautkrankheiten. Spiegel online hat das immerhin korrigiert und spricht nur noch davon, dass man zum „Arzt“ gehen müsse. 

    Leichte Fälle von Schuppenflechte werden häufig mit Cremes behandelt. Gute Erfolge lassen sich mit Kortison-Anwendungen erzielen.

    Ursula Sellerberg, Bundesapothekerkammer, Berlin

    Schade, dass hier allein auf „Kortison-Anwendungen“ verwiesen wird. Gut wäre es gewesen, an dieser Stelle auf die allgemein verbreitete Kortison-Angst einzugehen. Nicht genannt werden Vitamin-D3-Analoga (Daivonex), sehr wirkungsvolle Kombinationen beider (Daivobet) und das klassische Dithranol.

    Falsch. Stattdessen werden „Steinkohlenteer oder Extrakte davon“ genannt. Gerade vor diesen Stoffen aber wird in den Therapieempfehlungen der Fachgesellschaft ausdrücklich abgeraten. Nur in Kombination mit UV-Bestrahlung sollte Teer „ausnahmsweise und in Einzelfällen“ verwendet werden.

    Wirksam bei Schuppenflechte an Gelenken sind etwa Murmeltiersalben.

    Seltsam. Wenn mit "Schuppenflechte an den Gelenken" die Psoriasis arthritis gemeint sein sollte, wäre die Nennung nur dieses Mittels schon sehr ungewöhnlich. Der Wirkstoff wird in seriösen Therapieempfehlungen, wie z.B. die der Deutschen Rheuma Liga, überhaupt nicht erwähnt. Es muss bezweifelt werden, dass es dafür seriöse Belege gibt. Murmeltierfett ist aber auch nicht dafür bekannt, dass es Psoriasis-Stellen an der Haut abheilen lässt. Ganz davon abgesehen, dass Murmeltiere zu den gefährdeten Tierarten gehören, die nur noch sehr selten vorkommen.

    Eine Therapie, die bei schwereren Fällen von Psoriasis innerhalb weniger Wochen Linderung bringen kann, ist der Einsatz von sogenannten Biologicals.

    Zu kurz erklärt. Biologika sind bisher die erfolgreichsten Medikamente bei schwerer Psoriasis. Sie sind in den vergangen Jahren so weiterentwickelt worden, dass sie immer besser und gezielter wirken.

    (Biologicals) kommen erst dann zum Zuge, wenn andere Behandlungsversuche nichts gebracht haben.

    Professor Claudia Pföhler, Universitätsklinikum des Saarlands in Homburg

    Stimmt nicht. Fast alle Biologika dürfen direkt als Ersttherapie verschrieben werden, um in wirklich schweren Fälle Schlimmeres zu verhüten.

    Und: Es gibt noch andere innerliche Medikamente. Es fehlen der Klassiker Methotrexat (MTX) und der patientenfreundliche Wirkstoff Apremilast (Otezla).

    Die Therapie (Fumaderm) hat aber in seltenen Fällen Nebenwirkungen wie Gesichtsrötungen, Hitzewallungen oder Magen-Darm-Probleme.

    Ursula Sellerberg, Bundesapothekerkammer, Berlin

    Stimmt nicht. Ein Blick in den Beipackzettel genügt. Diese Nebenwirkungen sind nicht "selten", sondern „sehr häufig“.

    Auch eine Klimatherapie am Toten Meer (...) lindert die Beschwerden, allerdings nur für die Dauer des Aufenthalts dort.

    Stimmt nicht. Nicht nur eine deutsch-israelische Studie geht davon aus, dass der Abheil-Effekt durchschnittlich zwischen 23 und 34 Wochen liegt.

    Gar nichts nützt der im Artikel genannte Tipp, die Psoriasis mit „Badesalz aus dem Toten Meer“ zu behandeln. Das löst nur die Schuppen, wirkt aber nicht auf die Entzündung.

    Linderung bei Psoriasis bringt oft auch eine Lichttherapie.

    Ursula Hilpert-Mühlig, Präsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker

    Zu wenig erklärt. Bestrahlung mit UV-Licht ist ein Klassiker, obwohl immer weniger Dermatologen das anbieten. Besser wirkt die ebenfalls nicht genannte Kombination von Bestrahlung mit Salzwasser (Balneo-Fototherapie) bzw. mit Psoralen (PUVA).

    Wie schon erwähnt, ist das Fazit am Ende des Artikel nicht sehr ermutigend: „Ein Problem bleibt immer […] heilbar ist eine Psoriasis nicht“. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen: Schuppenflechte ist heutzutage so gut zu behandeln, dass sie kein echtes Problem mehr darstellen und das Leben nicht einschränken muss.

    P.S. Wir hatten dpa sofort auf die sachlichen Probleme ihres Artikels hingewiesen. Wir wollen, dass diese Presseagentur für uns und die Öffentlichkeit weiterhin als zuverlässige Quelle gelten kann. Nach zwei Wochen wurde eine korrigierte Fassung veröffentlicht. Die enthält aber immer noch Fehler und falsche Aussagen. Wir fragen uns außerdem, weshalb die Presseagentur eine korrigierte Aussage plötzlich dem Deutschen Psoriasis Bund zuschreibt. Schließlich war es das Psoriasis-Netz, das umfassend die sachlichen Fehler aufgeführt hat.


    Themen: Biologics

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