Mehr als jeder dritte Verdacht auf eine Berufskrankheit hat mit der Haut zu tun. Millionen Bundesbürger haben im Job einen hellen Hautkrebs oder ein Handekzem bekommen. Doch das heißt nicht zwangsläufig, dass der Beruf aufgegeben werden muss.
Psoriasis als Berufskrankheit
Zwischen 1995 und 2010 gab es in Deutschland 130 Fälle, in denen Psoriasis als Berufskrankheit anerkannt wurde. Sechs Betroffene davon wurden wegen ihrer Berufsunfähigkeit als ,,rentenberechtigt“ eingestuft.
Obwohl Schuppenflechte genetisch bedingt ist, kann sie als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn
- sie erstmals durch berufliche Einwirkungen am Arbeitsplatz ausbricht
- sie sich beruflich bedingt verschlimmert oder deutlich verändert
- die Arbeit nicht die einzige, aber eine wesentliche Teil-Ursache ist.
Ein wesentlicher Hinweis auf die berufliche Ursache ist, dass sie sich in der ,,arbeitsfreien Zeit“ (z.B. Urlaub) deutlich bessert. Offiziell wird dem eine sechswöchige, durchgehende Arbeitspause zugrunde gelegt. Diesen Zeitraum kann aber heutzutage kein Arbeitnehmer nachweisen, es sei denn durch Krankschreibung. Deshalb sollte man sich von diesem unrealistischen Zeitraum nicht abschrecken lassen. Wer das im Beruf an sich beobachtet, muss es unbedingt der behandelnden Hautärztin berichten. Voraussetzung fur eine Anerkennung ist, dass der Krankheitsverlauf und mögliche berufliche Ursachen von der Dermatologin dokumentiert werden.
Grundlage ist die ,,Berufskrankheiten-Verordnung“, eine Liste der offiziell anerkannten Berufskrankheiten. Die jeweils aktuelle Version findet sich auf der lnternetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Psoriasis wäre nach Ziffer 5101 zu überprüfen. Typisch für eine berufsbedingte Form ist die „ekzematisierte Psoriasis“. Das ist eine Schuppenflechte, die durch Ekzeme überlagert ist.
Berufsbedingt entsteht eine Psoriasis durch Reizung an ,,Kontaktstellen“, meist an den Händen (Köbner-Effekt). Zusätzlich können Menschen mit Schuppenflechte auch eine beruflich erworbenen Kontakt-Allergie bekommen. Es dauert bei Psoriatikern nur manchmal etwas länqer, bis die ausbricht. Ein Zusammenhang zwischen der Psoriasis und der Berufstätigkeit kann dann vermutet werden, wenn die Psoriasis an den Stellen auftritt, auf die im Beruf besonders eingewirkt wird. Das muss vom Hautarzt dokumentiert werden!
Durch äußer Reize wie Druck oder Kratzen können Plaques ausgelöst werden:
- in den Hand-Innenflächen, z.B. durch Griffe von Werkzeugen o.ä.
- wenn die Hände intensiv gereinigt werden müssen
- wenn die Haut (insbesondere der Hände) besonders beansprucht wird
- wenn Gelenke oder Wirbelsäule besonders belastet werden
- in Berufen mit Hautbelastungen und Risikofaktoren:
-
Chemikalien, Feuchtigkeit oder Reibungen können Psoriasis-Herde provozieren
- längeres Tragen nicht atmungsaktiver Schutzhandschuhe
- Hautkontakt zu Reizstoffen und /oder Allergenen
- Friseurberuf: Nassberuf mit ausgeprägtem Kontakt zu lrritantien und Allergenen (Haarfärbemittel, Inhaltsstoffe von Dauerwellenpräparaten, Konservierungsstoffe und Duftstoffe)
- Chemische lndustrie: Reizungen der Haut durch den Umgang mit Lösunqsrnitteln, Säuren oder Laugen rnöqlich
- Masseure, Mechaniker, Monteure und Maschinenbediener: sehr oft mechanische Hautbelastungen
- Fliesenleger: mechanische Belastungen im Bereich der Knie
- Baugewerbe, Landwirtschaft oder fertigende Industrie: Mechanische Reizungen (z.B. Druck), Hitze oder Kälte,
- Gefahrenquellen im Baugewerbe (Maurer): Hautirritation und Allergie- Gefahr durch z.B. Zement.
Die Beurteilung des Arbeitsplatzes (Gefährdungsanalyse) ist durch den Präventionsdienst des Unfallversicherunqsträqers (Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse) möqlich.
Seit 1. Januar 2021 gilt: Die Unfallversicherung darf nicht mehr fordern, vor der Anerkennung einer „berufsbedingten Hauterkrankung“ den bisherigen Beruf völlig aufzugeben (Unterlassungszwang“). Das trifft zu, wenn es möglich ist, durch Vorsorgemaßnahmen im Betrieb und Schulungen den Hautzustand zu verbessern. Dann dürfen Betroffene in dem Beruf weiterarbeiten. Die deutlich bessere Versorgung durch die Unfallversicherung ist dann trotzdem gewährleistet.
Wenig bekannt ist, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ihren „Außenbeschäftigten“ regelmäßig anzubieten, sich auf berufsbedingten Hautkrebs untersuchen und dazu beraten zu lassen.
Erfahrungen von Menschen mit Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis: Schau Dich in unserem Forum um.
Chronisches Handekzem als Berufskrankheit
In den letzten Jahren sind die Verdachtsfälle eines berufsbedingten Handekzeme ein wenig zurückgegangen. Jedoch wurden mehr Fälle von hellem Hautkrebs bei Leuten, die im Freien arbeiten, gemeldet.
Wie das chronische Handekzem belastet
Professor Christoph Skudlik berichtet aus seiner Erfahrung an der Universität Osnabrück:
„Ich möchte meine roten, rissigen Hände am liebsten immer verstecken", sagt Claudia K., Altenpflegerin in der stationären Altenpflege. "Alle Kollegen und viele Patienten gucken darauf. Neulich haben mich sogar Angehörige einer Patientin angesprochen, ob ‚das’ ansteckend wäre. Außerdem schmerzen jedes Händewaschen, Händedesinfektion und Zugreifen“.
Chronische Handekzeme kommen besonders in sogenannten Feuchtberufen vor. Sie belasten die Betroffenen erheblich. Die Lebensqualität leidet. Und: Wie sehr eine Hautkrankheit einen belasten kann, wird im Vergleich zu anderen schweren Erkrankungen unterschätzt. Das zeigen auch Studien. Speziell bei Handekzemen, die vom Beruf kommen, ist die Dunkelziffer hoch.
Bislang meinen selbst Fachleute, dass die Prognose eines chronischen Handekzems schlecht ist. Viele denken auch, dass die Erkrankung oft unaufhaltsam ist. Die Folge: Viele Betroffene geben ihren Beruf auf. Dabei geht das anders. Es gab eine bundesweite Studie in mehreren Hautarztpraxen und in Kliniken. Daran nahmen mehr als 1000 Menschen mit einem schweren beruflichen Handekzem teil. Sie bekamen alles, was heute für sie getan werden kann: die Behandlung beim Hautarzt, Beratung von Gesundheitspädagogen, ambulante Seminare zum Hautschutz und stationäre Reha-Maßnahmen – also eine Hautkur.
Fünf Jahre lang fragten die Forscher immer wieder nach, wie es den Betroffenen inzwischen geht. Das Ergebnis:
- Mehr als drei Viertel konnten weiterhin arbeiten.
- Zwei Drittel arbeiteten sogar weiterhin im ursprünglichen Beruf.
- Nur neun Prozent hatten den ursprünglichen Beruf wegen der Hauterkrankung aufgegeben.
- Die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen der Hauterkrankung sanken. Vor der Studie waren es durchschnittlich 34,5 Tage pro Jahr, danach nur noch 7,3 Tage.
Und weil das überzeugende Zahlen waren, gibt es die intensivierte Betreuung bei chronischen beruflichen Handekzemen inzwischen für alle Betroffenen in der Bundesrepublik. Wer ein chronisches Handekzem hat und in einem Beruf arbeitet, der die Haut belastet, sollte zu einem Hautarzt gehen. Solche Berufe sind zum Beispiel in der Krankenpflege, in der Gastronomie, im Küchengewerbe, im Friseur- oder Bauhandwerk, in der Metallbearbeitung usw.
Das Verfahren beim Hautarzt
Dr. Ralph von Kiedrowski berichtet aus seiner Erfahrung als Hautarzt in Selters:
- Der Hautarzt schaltet die gesetzliche Unfallversicherung ein, denn die übernimmt spezielle Behandlungs- und Präventionsprogramme. Es muss jedoch nicht unbedingt der Hautarzt sein: Auch Werks- und Betriebsärzte können das sogenannte Hautarztverfahren einleiten. Sie müssen dann die zusätzlichen Bezeichnungen Arbeitsmedizin oder Betriebsmedizin haben.
- Der Arzt stellt fest, ob die Hauterkrankung durch die berufliche Tätigkeit entstanden ist, wiederaufleben oder sich verschlimmern kann. Danach erstellt er einen Hautarztbericht. Den muss der Arbeitgeber übrigens nicht zwingend bekommen. Der Hautarzt darf zur Diagnosestellung auch einen Allergietest vornehmen. Er macht dann Vorschläge zur Therapie und zu speziellen Präventionsangeboten. Die können ambulant oder stationär passieren.
- Meist beantragt der Hautarzt auch einen Behandlungsauftrag. Der Unfallversicherungsträger muss darüber unverzüglich entscheiden. Wird der Behandlungsauftrag erteilt, kann die Therapie durchgeführt werden – bezahlt vom Unfallversicherungsträger und nach dessen Vorgabe. Alle zwei Monate wird ein Verlaufsbericht erstellt.
Ein Vorteil dieses ganzen Verfahrens: Die Berufsgenossenschaft übernimmt auch die Kosten für die Behandlungspflege oder Basistherapie – im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung. Und: Es gibt spezielle gesundheitspädagogische Hautschutz-Schulungsprogramme von den Unfallversicherungsträgern, zum Beispiel für das Friseurgewerbe oder Pflegeberufe.
Tipps zum Weiterlesen
Hautärzte haben ihr Wissen und ihre Tipps auf dem Infoportal "haut&job" zusammengetragen. Dort gibt es Links auch zu Informationen je nach Gewerbe.
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