Jeder zweite Arzt mit eigener Praxis findet, dass informierte Patienten problematisch sind. Dabei ist mancher Arzt für den informierten Patienten ein Problem.
Informierte Patienten lasen sich früher jede Zeile in gedruckten Gesundheitsratgebern durch – ob nun in Büchern, Illustrierten oder Apothekenzeitschriften. Die, die sich trauten, sprachen beim Arzt danach die böse Formel aus: "Ich hab' da was gelesen". Im Großen und Ganzen aber störte der informierte Patient nicht groß – der Arzt hatte noch Zeit, dem Patienten zu erklären, dass doch bitte er im Besitz der reinen Wahrheit ist. Einen weißen Kittel hatte er auch.
Und dann kam das Internet.
Am Anfang war auch dort das Wort. Nach den Hochschulen nutzten alsbald Medien das Netz, es wurde verkauft und versteigert, was nicht niet- und nagelfest war – und irgendwann drängten die diversen Wehwehchen und hartnäckige, weil chronische Krankheiten ins Internet. Und auweia! Da konnte ja plötzlich jeder über das Thema Gesundheit und Medizin sein Wissen verkünden. So viel Demokratie kannte das Gesundheitswesen bis dahin gar nicht – die Rollen waren doch verteilt. Es war klar, wo die Wissenden waren und wo die Unwissenden.
Der informierte Patient brachte also bald das ausgedruckt mit, was er in diesem Internet gefunden hatte. Und: Patienten setzten sich hin und stellten selbst Informationen ins Netz (wie wir hier beim Psoriasis-Netz).
Natürlich war und ist unter den Gesundheitsinformationen im Netz viel Blödsinn und Halbwissen, natürlich nutzen auch die Vertreter der absurdesten Theorien das Internet für ihre – ja, oft sehr gefährlichen – Heilsbotschaften.
Aber, verdammt noch mal: Jeder kann sein Wissen zum Thema Gesundheit und Medizin verkünden – also auch Ärzte, also auch ihre Organisationen, also auch Universitätskliniken. Es reicht nicht, wenn Ärzte nur sagen "Ist doch eh alles Mist".
Wo sind denn die ausführlichen Informationen über Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis auf den Internetseiten der Universitätskliniken? (Es gibt wenige und dann wirklich rühmliche Ausnahmen.) Warum werden angehende Dermatologen in der Facharztausbildung nicht bei der Gelegenheit gleich darin geschult, ihr Wissen im Netz dem Laien verständlich vermitteln zu können? Ein mögliches Vorbild wäre washabich.de.
Im Kleinen wäre schon viel gewonnen, wenn Hautärzte einem Patienten, dem sie die Diagnose Psoriasis das erste Mal eröffnen, einfach ein Merkblatt ausdrucken. Und nein, das ist nicht von irgendwem, dem die Ärzte ohnehin nicht vertrauen – es haben ihre eigenen Kollegen schon mal druckfertig ausgearbeitet.
Ärzte könnten ihren Patienten auch Listen mitgeben, auf denen die Internetadressen stehen, die sie in Ordnung finden. Auch da muss kein Arzt zwei Tage lang nach der Sprechstunde das Netz durchforsten – er könnte sich auf Kollegen aus seiner Fachgruppe verlassen. Gut, das Auslegen dieser Listen im Wartezimmer könnte natürlich ein Problem sein: Ein Flyer über die Vorzüge einer Botox-Behandlung könnte dann zu kurz kommen.
Ärzten, die über dieses Internet die Nase rümpfen, sei also gesagt: Macht es selbst! Und macht es besser. Wir helfen auch gern.
Und eins noch: Weil ich im Netz nach Gesundheitsthemen suche, denke ich noch lange nicht, dass ich Arzt bin. Es ist ein Zeichen dafür, dass ich ein engagierter Patient bin.
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