Die Psoriasis Selbsthilfe Arbeitsgemeinschaft (PSOAG) ist zum 31. Dezember 2021 aufgelöst worden. Als Dachverband unabhängiger Psoriasis-Selbsthilfegruppen existierte sie mehr als 23 Jahre. Die PSOAG vertrat in ihrer aktivsten Zeit zwölf Selbsthilfegruppen, darunter auch das Psoriasis-Netz. Zum Schluss waren nur noch fünf Gruppen dabei. Vier davon werden ebenfalls ihre Vereine auflösen. Das Psoriasis-Netz bleibt weiter aktiv.
Die PSOAG wollte hauptsächlich die Aktiven in den örtlichen Mitgliedsgruppen unterstützen. Sie wurden regelmäßig mit allen Informationen und Materialien versorgt, die sie für die Beratung und die Organisation brauchten. Einmal jährlich traf man sich zum Erfahrungsaustausch. Oft waren die Treffen auch Anlass für öffentliche Patientenveranstaltungen.
Betroffene konnten sich bei der PSOAG direkt beraten oder Informationsmaterial zusenden lassen. Hin und wieder gab die PSOAG auch öffentliche Stellungnahmen ab, zum Beispiel zur Unabhängigen Patientenberatung oder zur Anwerbung von Patienten für Firmenumfragen. Eingestellt dagegen wurde der Versuch, mit dem Internetportal www.Psoriasis-Kids.de die entsprechende Zielgruppe zu erreichen.
Fehlender Nachwuchs – das Problem bei so vielen
Der Dachverband PSOAG wurde im März 1998 von Gruppen gegründet, die vorher Regionalgruppen des Deutschen Psoriasis Bundes (DPB) waren. Mitgliedsgruppen der PSOAG waren unabhängige Vereine aus Augsburg, Berlin, Hagen, Hochrhein/Markgräflerland, Jena, Karlsruhe, München, Regensburg, Saarland, Schleswig-Holstein, Südwest und das Psoriasis-Netz. Im Laufe der Jahre stellten sieben davon ihr Engagement ein. Es fehlte an Nachwuchs.
Als Patientenvertreter haben sich Aktive der PSOAG regelmäßig auf Dermatologie-Veranstaltungen informiert und Kontakte geknüpft. Die meisten Ansprechpartner interessierten sich dafür, was im Psoriasis-Netz geschrieben wurde. Vereinzelt wurde die PSOAG (neben dem DPB) dazu eingeladen, sich an Projekten zu beteiligen, zum Beispiel zur Entstigmatisierung von Hauterkrankten (ECHT).
Dieses Video ist ein Ergebnis des Projekts zur Entstigmatisierung von Hauterkrankten.
Die Sprecher der PSOAG vertraten früh Positionen, die vielen in der Selbsthilfe-Szene nicht passten: „Die Zukunft der Selbsthilfe liegt im Internet“, „Online-Selbsthilfe muss so gefördert werden wie die klassischen Gruppen“ und „Nur wer kein Geld von der Pharmaindustrie nimmt, kann wirklich unabhängig und kritisch entscheiden“. Konsequent lehnte die PSOAG es ab, sich von Pharmafirmen finanzieren zu lassen oder sich an deren Patienten-Kampagnen zu beteiligen. Das wird auch das Psoriasis-Netz weiterhin so halten.
Ein paar persönliche Worte
Wie viele andere Selbsthilfe-Initiativen auch, wurde die PSOAG von einigen wenigen „Machern“ getragen. Das waren die beiden Vorsitzenden, Claudia Liebram (Psoriasis-Netz) und ich, Rolf Blaga (Psoriasis Forum Berlin). Unser Engagement basierte darauf, dass Aktive „vor Ort“ unermüdlich die Fahne der Psoriasis-Selbsthilfe hochgehalten haben.
Die PSOAG wurde 1998 gegründet, weil es einen jahrelangen Machtkampf im Deutschen Psoriasis Bund (DPB) gab. Davor waren schon die Macher der DPB-Vereinszeitschrift „PSO Magazin“ ausgetreten und hatten 1991 eine eigene Patientenzeitschrift herausgegeben: „PSO aktuell“. 2003 verließen noch einmal knapp 20 Regionalgruppen den DPB und gründeten den Verein Pso & Haut. Grund war vor allem, dass der damalige Geschäftsführer die Macht im DPB an sich gerissen hatte. Andersdenkende und Kritiker wurden bevormundet, abgekanzelt, für inkompetent erklärt und sogar juristisch bekämpft. Das passte nicht zur basisdemokratischen Ausrichtung der Selbsthilfe jener Zeit.
Erfahrungen von Menschen mit Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis: Schau Dich in unserem Forum um.
Das Mobbing ging jahrelang so weiter, selbst als wir „Abtrünnigen“ längst in der Psoriasis-Szene etabliert waren. Erst ab 2017 besserte sich allmählich unser Verhältnis zum Deutschen Psoriasis Bund. Das ist hauptsächlich dem heutigen Geschäftsführer des DPB, Marius Grosser, zu verdanken. Seitdem wir gemeinsam eine Umfrage starteten, gehen wir offen und respektvoll miteinander um. Wir werden im Namen des Psoriasis-Netz diese positiven Kontakte weiterhin pflegen.
Sachliche Distanz statt Teil einer Marktstrategie
Seit Einführung der Biologika haben Pharmafirmen weltweit alles unternommen, um Psoriasis-Verbände dazu zu bringen, als Lobbyisten für diese neuen Wirkstoffe aufzutreten. Es floss sehr viel Geld in diese Patientenorganisationen. Mit aufwendigen Kampagnen wurde außerdem versucht, Patienten direkt anzusprechen. Wir haben uns dieser Marktstrategie schnell entzogen und sie kritisiert. Trotzdem wurden wir von Pharmafirmen regelmäßig angesprochen, unsere Meinung zu einzelnen Projekten zu äußern. Fast alle waren stets bereit, unsere sachlichen Fragen zu beantworten. Das ist wesentlich dem Psoriasis-Netz und den dort Aktiven zu verdanken.
Weil unser Selbsthilfe-Onlineportal lange gegen die Internetauftritte der Pharma-Konkurrenz bestehen konnte, wurde auch die PSOAG schließlich als Psoriasis-Selbsthilfe-Verband respektiert. Dazu hat möglicherweise auch beigetragen, dass wir im Psoriasis Forum Berlin sehr aktiv waren. Das fiel auf in einer Stadt, in der es viel Psoriasis-Forschung gibt. So haben uns Berliner Hautärztinnen und Hautärzte fast 28 Jahre lang bei unseren monatlichen Vorträgen unterstützt, Firmen großzügig Pflegeprodukte für unsere Informationsstände zur Verfügung gestellt.
Übernommen haben wir uns mit den Psoriasis-Kids. Dieses an sich wichtige Projekt war mein „Baby“, in das ich viel Zeit investiert hatte. Es war eine gutgemachte Internetseite – das finden wir noch immer. Aber es gab kaum Reaktionen von Eltern, Großeltern oder Jugendlichen. Ich hatte gehofft, daraus aktive Mitstreiter zu finden. Schweren Herzens haben wir die Seite abgeschaltet und die bis dahin entstandenen Beiträge hier im Psoriasis-Netz untergebracht.
Betroffene tauschen sich heute anders aus
Es gibt mehrere Gründe, weshalb sich letztlich auch die PSOAG als „Selbsthilfe für Menschen mit Schuppenflechte“ nicht halten konnte. Vor uns haben sich schon 2013 der Dachverband Psoriasis & Haut und 2019 die Selbsthilfegemeinschaft Haut aufgelöst.
Die Psoriasis-Selbsthilfegruppen sind fast überall in Deutschland überaltert. Gesamtgesellschaftlich engagieren sich immer weniger Menschen in Vereinen, Parteien oder Gewerkschaften. Stattdessen informieren und tauschen sich Betroffene heutzutage in Sozialen Netzwerken, bei Videokonferenzen oder auf Messenger-Diensten aus. Speziell zum Thema „Schuppenflechte“ informieren außerdem die Pharmafirmen die Betroffenen direkt, ohne Umweg über die Ärzteschaft oder die Patientenorganisationen.
Der Deutsche Psoriasis Bund arbeitet mit professionellen Mitarbeiterinnen und Fachgremien. Die Mitglieder, vor allem in den Regionalgruppen, sind zwar (soweit ich weiß) ebenfalls oft nicht mehr die Jüngsten. Trotzdem ist der DPB erfolgreich, weil die Aktivitäten zentral von einer Geschäftsstelle ausgehen. Genau so einen Apparat wollten wir „Graswurzel-Aktivisten“ nicht. Das haben wir nun davon !
Ich schaue wehmütig auf die vergangenen 23 Jahre zurück. Gleichzeitig bin ich stolz auf das, was wir in der Vergangenheit mit unserem kleinen Finanzbudget, aber großem Engagement geleistet haben. Aber wir waren nur deshalb erfolgreich, weil uns viele Menschen dabei unterstützt haben: Hautärztinnen und Hautärzte, Kliniken, Dermatologenverbände, Firmen, Selbsthilfe-Einrichtungen und als Allerwichtigste die Betroffenen, die ehrenamtlich viel Zeit und Arbeit aufgewendet haben. Sie alle haben dazu beigetragen, ein Netzwerk zu knüpfen, in dem wir sachlich kompetente Selbsthilfe für Menschen mit Schuppenflechte anbieten konnten. Dieses Wissen und die Kontakte fließen jetzt um so stärker ins Psoriasis-Netz.
Rolf Blaga, ehemaliges Vorstandsmitglied der PSOAG
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