Am 29. Oktober 2010 - dem Welt-Psoriasis-Tag - konnte jeder seine Fragen stellen, die er zu innerlichen Medikamenten schon immer mal loswerden wollte. Professor Thomas Dirschka saß am anderen Ende der Tastatur, um den Wissensdurst zu stillen.
Mal eine ganz blöde Frage: Was sind diese Systemtherapien?
Keine blöde Frage! Das sind Medikamente, die im Gegensatz zu Cremes und Salben eingenommen oder gespritzt werden.
Seit 4 Wochen habe ich nun MTX genommen. Meine Leukozyten sind von 3,6 auf 2 runter. Ich finde das sehr besorniserregend. Wie kann ich die wieder hochfahren? MTX setze ich erst einmal ab.
Sie sollten MTX absetzen. Eine Alternative wäre z.B. Fumarsäurederivate, wenn Sie keine Arthritis haben.
In zwei Wochen geht es für mich in eine Reha. Nun habe ich aber von vielen Seiten gehört, dass eine Reha zwar kurzfristig die Pso in den Griff bekommt, dann aber schon nach kurzer Zeit soll es wieder los gehen. Meine Mutter war auch schon einige Male weg und hat gleiche Erfahrungen gemacht. Lohnt sich dann überhaupt eine Kur? Mein Arzt will mich unbedingt zu so einer Reha schicken, da der Körper zu extrem befallen ist. Ich habe nur Angst davor, dass ich nach der Reha auch Probleme im Gesicht bekomme, die ich jetzt noch nicht habe.
Eine Reha bringt zunächst mal Entspannung und Ruhe - das ist bei Pso wichtig. Aber natürlich keine Langzeitkontrolle. Hier gibt es heute sehr wirksame Medikamente.
Ich leide seit 40 Jahren an einer Psoriasis, die nicht sehr stark ausgeprägt ist. Wie bekomme ich die Stellen hinter dem Ohr und auf dem Kopf weg? Ich bin 63 Jahre, weiblich. Cremes sind unangenehm wegen langen Haaren. Gibt es auch eine andere Möglichkeit?
Es gibt für die Kopfhaut sehr gute Schäume, die nicht fetten oder Spezialshampoos, die verschreibungspflichtig sind. Beide Anwendungen sind sehr wirksam und nicht fettig.
Ich leide seit ca. 12 Jahren an Pso, erst an wenigen Stellen, jetzt habe ich es an den Ellbogen, am Po, Oberschenkeln, auf den Füßen, an den Fuß und Fingernägeln und in letzter Zeit sehr stark auf dem Kopf, aber jetzt mit Haarausfall. Da ich eine Frau bin, ist der Haarausfall und die Pso an den Nägeln für mich besonders schlimm, da ich im Dienstleistungsbereich arbeite und ich da wirklich drunter leide. Keines der Medikamente, die mir verschrieben wurden, hat mir wirklich geholfen, ich weiß jetzt nicht mehr weiter. Ich hätte ja gerne an Ihrer Studie mit der Grünlichttherapie teilgenommen, ist das noch möglich?
Die Studie ist leider beendet. Es laufen aber aktuell neue Studien mit sehr wirksamen Medikamenten. Bei einer so schlimmen Schuppenflechte wirken leider äußere Therapien nicht so gut. Hier sollte man so genannte Systemtherapien einsetzen. Sie können sich gerne bei uns nach laufenden Studien erkundigen.
Wenn Sie die Therapie gut vertragen, ist sie auch langzeitig unter ärztlicher Kontrolle sicher. Die dauernde Entzündung bei Schuppenflechte sollte kontrolliert werden (z.B. durch eine Systemtherapie), da sie andere Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt) begünstigt. Also: Bleiben Sie dabei, so lange es gut wirkt.
Das Remicade wirkt auf einen bestimmten Bereich des Immunsystems dämpfend. In klinischen Studien ist aber kein Zusammenhang mit Gebärmutterveränderungen gesehen worden. Die Frage ist jedoch sehr speziell und erfordert mehr Informationen über die Art der Gebärmutterveränderung.
Nein. Es sollte aber hier noch einmal genau der feingewebliche Befund des Gewebes angesehen werden; ggf. spielen bestimmte Viren schon einmal eine Rolle; dann sollte man neu überlegen.
Fumaderm ist ein sehr sicheres Medikament. Am Anfang der Therapie treten schon mal Nebenwirkungen am Magen / Darm auf. Auch können bei einzelnen Patienten weiße Blutkörperchen absinken (ist aber selten sehr ausgeprägt). Damit ist das für eine Langzeitkontrolle sehr gut geeignet. Ich selbst habe Patienten seit 15 Jahren unter Fumaderm.
Nein, das ist ein besonderer Vorteil dieses Präparates. Die Frage ist aber wichtig, da solche Wirkverluste durchaus bei anderen Medikamenten vorkommen; z.B. Cyclosporin.
Ja! Aber wieso sollte eine Behandlungspause eingelegt werden? Ein Patient der unter Bluthochdruck leidet macht ja auch keine Behandlungspause mit seinen Bluthochdruckmedikamenten! Die Schuppenflechte sollte wirklich langzeitkontrolliert werden, da die Entzündung auch für andere Organe schlecht ist. Also… Keine Pause.
Die Blutwerte ändern sich nur sehr selten, auch in der Langzeittherapie ist das Präparat sicher. Es gibt keinen Grund, zu unterbrechen, es sei denn, bei Ihnen sind im konkreten Fall tatsächlich Blutveränderungen aufgetreten. Aus Vorsicht muss man jedoch nicht unterbrechen.
Welche Lotion ist das? Wenn sie gut wirkt und auch länger gegeben werden kann, sollte der Hautarzt das auch verschreiben. Sind es die Kosten oder hat der Arzt andere Gründe genannt, wieso er das nicht verschreibt?
Clobegalen wirkt gut, es darf aber nicht dauerhaft eingesetzt werden; man braucht hier Behandlungspausen. Ansonsten ist das Präparat auch nicht so teuer, sodass Kostengründe hier nicht so wichtig sind. Vielleicht sprechen Sie noch einmal mit Ihrem Hautarzt.
Klar, das sind ja keine ganz neuen Präparate mehr; was möchten Sie denn darüber wissen?
Das hängt davon ab, wie Ibuprofen wirkt. Wenn es gut funktioniert, kann das ja zunächst weiterlaufen. MTX wirkt gut bei Schuppenflechtenarthritis; es wirkt aber nicht bei z.B. Gelenkverschleiß. Ist es denn klar, dass die Kniebeschwerden nur von der Psoriasis kommen. Wenn das so ist und Ibuprofen nicht ausreicht, könnte man MTX versuchen.
Beide Produkte haben in klinischen Studien eine ähnliche Wirksamkeit gezeigt. Stelara wird nur alle 3 Monate gespritzt, was manche als Vorteil empfinden. IL 12/23 gehört auch die Entzündungswelt von TNF alpha, sodass auch der Wirkmodus nicht so unterschiedlich ist. Also: Beides ähnlich gut geeignet.
Wenn es Verschleiß ist, wäre MTX nicht so gut. Manchmal helfen bei Gelenkverschleiß auch kleine Tricks, wie z.B. eine Schuhaußenranderhöhung; vielleicht sprechen Sie mal mit Ihrem Orthopäden darüber; dann können die Knie bei etwas anderer Belastung länger halten.
Wieder eine wichtige Frage... Biologics sind neue Medikamente, die ganz gezielt in Fehlsteuerungen des Immunsystems angreifen, und zwar dort, wo die Erkrankung entsteht. Die Erfahrungen mit diesen Medikamenten sind sehr gut; allerdings dürfen sie erst verordnet werden, wenn herkömmliche Schuppenflechtenmedikamente versagt haben, nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind.
Ich weiß, dass viele Patienten sehr unter Schuppenflechte leiden, aber nie mehr als Cremes und Salben bekommen haben. Das muss sich ändern, da es heute sehr gute Möglichkeiten gibt, diese schlimme Krankheit zurückzudrängen. Das ist für die Lebensqualität betroffener Patienten oft wie ein neues Leben.
Es gibt heute eine ganze Palette von Therapien gegen Schuppenflechte, die sehr individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden können. Die Therapien sind sehr gut erforscht und haben auch für die Langzeitkontrolle gute Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt. Leider werden diese neuen Therapie zu wenig eingesetzt, was oft mit den Kosten begründet wird.
Ehrlich gesagt - ich verstehe das auch nicht. Cremes und Salben sind bei leichter und begrenzter Schuppenflechte berechtigt. Ansonsten gehört eine mittelschwere bis schwere Schuppenflechte anders behandelt. Vielleicht machen sich manche Ärzte nicht genügend Gedanken, was Schuppenflechte für die Betroffenen wirklich bedeutet und wie schön das Gefühl ist, die Krankheit mal los zu sein. Ich darf hier vielleicht ergänzen, dass meine Schwester auch unter Schuppenflechte litt und ich daher weiß, wie schwer das Leben mit dieser Krankheit gerade für junge Menschen sein kann und wie frustrierend das dauernde eincremen ist, v.a wenn es nicht wirkt.
Zu Schwangerschaften unter der Therapie mit Biologics gibt es bislang zu wenig Informationen, sodass für die Zeit der Anwendung eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden sollte. Man weiß einfach zu wenig und geht auf Nummer sicher.
Ja, gerne. Ein Weg sind sicherlich Selbsthilfeorganisationen; hier gibt es verschiedene, die man im Internet findet. Dabei geht es nicht nur um aktuelle Tipps, Vermittlung geeigneter Behandlungszentren und neuer Therapien sondern natürlich auch um das Gefühl, mit der Krankheit nicht allein zu sein. Das erscheint mir besonders wichtig.
Ich kenne den konkreten Fall zwar nicht, habe hier aber eine klare Meinung: Wenn ein Patient gut auf eine Therapie anspricht, sollte er dabei bleiben und man sollte ihn nicht in klinischen Studien behandeln. Klinische Studien sind eher was für Patienten, die bisher unbehandelt sind oder bei denen die bisherige Therapie nicht wirkt.Studien sind wichtig. Medikamente werden aber heute nur zugelassen, wenn sie mindestens so wirksam sind wie bisher zugelassene Medikamente. Sie müssen also eine Verbesserung darstellen.
Ich glaube, das ist ein besonderes Problem unseres Gesundheitssystems. Diese Antwort hilft Ihnen konkret sicher nicht; aber das System ist einfach auf Masse und nicht auf Klasse angelegt. Gerade bei chronischen Hautkrankheiten ist die Betreuung und Fürsorge besonders wichtig - kostet aber Zeit, die im System nicht vorgesehen ist. Für Medikamente stehen zu wenig Mittel zur Verfügung, was ein weiteres Problem ist.
Es gibt dazu eine einfache Regel: Wenn entweder 10% der Körperoberfläche betroffen sind oder ein Schweregrad-Index, den der Hautarzt misst (PASI-Index) größer 10 ist oder die Lebensqualität des Patienten deutlich eingeschränkt ist (kann man auch mit Fragebogen messen). Auch eine sehr lokalisierte Psoriasis, z.B. im Anal- oder Genitalbereich kann Anlass geben, eine innerliche Therapie einzusetzen.
Nein, das ist anders. Wenn die Schuppenflechte mittelschwer oder schwer ist, fängt man gleich mit einer innerlichen Therapie an. Die Medikamente muss man nicht für später aufsparen. Biologics sind sinnvoll, dürfen aber erst eingesetzt werden, wenn herkömmliche Therapien nicht wirken, nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind.
Es gibt Auswertungen über diesen Zeitraum; dabei zeigte sich in klinischen Studien kein Wirkverlust. Im Einzelfall kann es jedoch immer mal zu Wirkverlusten kommen; ich würde aber dabei bleiben, solange die Psoriasis damit befriedigend kontrolliert wird.
Bitte bedenken Sie, dass eine chronische Entzündung, wie bei Psoriasis mit Arthritis andere gesundheitliche Risiken durch die Entzündung kommen. Z.B. ist das Herzinfarktrisiko bei schwerer Psoriasis bis 4-fach erhöht; mit der Therapie sinkt auch dieses Risiko. Außerdem haben Sie in Ihrer Situation eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität. Es gibt gerade für Sie sehr gute Medikamente, die Ihre Situation deutlich bessern könnten. Eine Thearpieempfehlung kann ich leider nicht geben, da ich Ihren Fall nicht genau kenne; sprechen Sie doch mal mit Ihrem Hautarzt darüber.
Nicht alles Alte ist auch schlecht: Cyclosporin finde ich auch nicht so gut; macht Nebenwirkungen und wirkt mit der Zeit immer schlechter. MTX kann man auch länger geben und es funktioniert in mittlerer Dosierung oft ohne Probleme längere Zeit. PUVA darf wegen des Hautkrebsrisikos nicht unbegrenzt eingesetzt werden. Ein weiteres Medikament, das lange und oft sicher funktioniert sind Fumarsäureester; hierzu gibt es über 10 Jahre sehr ermutigende Langzeit-Erfahrungen.
Der Befall am Gesäß ist oft sehr belästigend. Es ist mittlerweile aber Teil nationaler und internationaler Psoriasisleitlinien, dass man innerlich in solchen Fällen therapieren sollte. Solche Therapien bekommen sie aber auch bei jedem guten Dermatologen in Deutschland / Schweiz / Österreich. Sprechen Sie doch mal offen mit Ihrem Arzt.
Es gibt keine spezielle Therapie. Wenn es sehr schlimm ist und Kortisone / Vitamin-D3-Präparate nicht wirken, sollte man eine innerliche Therapie erwägen. Auch wenn die Fläche des Befalls klein ist, ist der Leidensdruck bei dieser Lokalisation natürlich maximal. Sprechen Sie doch mal mit Ihrem Dermatologen über Möglichkeiten der innerlichen Therapie.
Wenn Ihre Ärztin dafür kein Verständnis hat, ist sie für Sie die falsche Ärztin! Dann würde ich mal wechseln und offen die Probleme anprechen!
Durch eine Röntgenaufnahme, eine Skelettszintigraphie (die zeigt an, wo genau die Entzündung sitzt) und ggf. durch eine Blutuntersuchung des HLA B27, das oft bei Befall der Wirbelsäule positiv ist.
Genau das meine ich. Da ist ein dauerndes entzündliches Grundrauschen in Ihrem Körper. Und das kostet in jeder Beziehung Kraft.
Was meinen Sie genau? Die Psoriasis kommt nach dem Absetzen wieder. Unter Therapie bleibt die Psoriasis sehr lange stabil (hier gibt es bereits Langzeitdaten). Oder meinen Sie einen so genannten Rebound, also dass die Psoriasis nach Absetzen schlimmer wiederkommt? Das kann, muss aber nicht sein.
Gerne! Ich hoffe, ich habe etwas weitergeholfen!
Herzlichen Dank für den engagierten Chat; hat mir viel Spaß gemacht. Die Probleme sind immer die gleichen: Es gibt schon gute Therapien, aber wie gelange ich am besten zu diesen Therapien. Ich denke, die Gesundheitspolitiker müssen noch einmal nachdenken und sollten sich vielleicht mal in diese Chats einklinken, um das Ohr näher am Volk zu haben. Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende.
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