Eine Studie zeigt, dass Stress direkt Schübe von Schuppenflechte auslösen kann. Ein Medikament könnte helfen, diese stressbedingten Schübe zu verhindern.
Stress ist mehr als nur ein unangenehmes Gefühl – er kann auch die Gesundheit beeinflussen. Ein Forscherteam hat jetzt wissenschaftlich nachgewiesen, dass Stress Schübe von Schuppenflechte auslösen kann. Die Studie zeigt, wie Stress auf das Immunsystem wirkt und dadurch die Hautkrankheit verschlimmert. Das ist ein wichtiger Schritt, um besser zu verstehen, wie Psoriasis künftig behandelt werden kann.
Zusammenhang zwischen Stress und Psoriasis
In der Studie, die in diesen Tagen auf dem Europäischen Kongress für Dermatologie und Venerologie (EADV) 2024 vorgestellt wird, zeigen die Forscher, dass Stress nicht nur Psoriasis verschlimmern kann, sondern tatsächlich neue Schübe auslösen kann.
Die Forscher nutzten dafür eine spezielle Technik. Sie setzten menschliche Hautproben, die auf Mäuse transplantiert wurden, unter Stress. Bei diesen Mäusen wurde Schuppenflechte durch Immunzellen hervorgerufen, und mit einer speziellen Creme konnten die Forscher die Symptome vorübergehend lindern. Dann setzten sie die Mäuse für 24 Stunden akustischem Stress – also Lärm – aus. Das Ergebnis: Innerhalb von 14 Tagen kam die Schuppenflechte bei allen Mäusen zurück.
Warum löst Stress Psoriasis aus?
Stress beeinflusst das Nervensystem und führt zu sogenannten "neurogenen Entzündungen". Das bedeutet, dass durch Stress bestimmte Nervenstoffe freigesetzt werden, die das Immunsystem aktivieren und Entzündungen auslösen. Besonders ein Stoff, der als Substanz P bekannt ist, spielt dabei eine Schlüsselrolle. Diese Substanz bindet an einen Rezeptor namens Neurokinin-1 (NK1-R), der dann eine Kette von Reaktionen auslöst, die zu Hautentzündungen führen.
Die Forscher fanden heraus, dass dieser Prozess in gestressten Mäusen deutlich stärker war. Es gab eine vermehrte Produktion von entzündlichen Stoffen wie IL-22, IL-17A und TNFα, die dafür bekannt sind, Schuppenflechte zu verschlimmern.
Auch andere Marker, die mit der Krankheit in Verbindung stehen, wurden verstärkt, zum Beispiel eine erhöhte Verdickung der Hautschicht und die Aktivierung von Immunzellen in der Haut.
Ansatz für das Medikament Aprepitant
Um herauszufinden, ob man diesen Prozess stoppen kann, testeten die Forscher ein Medikament namens Aprepitant. Dieses Medikament wird normalerweise gegen Übelkeit eingesetzt, doch es blockiert auch den Neurokinin-1-Rezeptor, der bei der Entzündung eine große Rolle spielt. Tatsächlich konnte das Medikament bei 80 Prozent der gestressten Mäuse verhindern, dass die Psoriasis zurückkehrte.
Aprepitant blockiert einen Teil der von Stress ausgelösten Entzündungen. Es wirkt allerdings nicht gegen alle Mechanismen, die bei Stress eine Rolle spielen – so sind zum Beispiel andere Stresshormone wie das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) weiterhin aktiv. Deshalb könnte es in Zukunft sinnvoll sein, verschiedene Therapien zu kombinieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Was das für die Zukunft bedeutet
Die Ergebnisse dieser Studie sind ein Schritt nach vorn, um zu verstehen, wie Stress die Schuppenflechte beeinflusst. Das bedeutet, dass Stressbewältigung möglicherweise eine wichtige Rolle in der Psoriasis-Therapie spielen könnte. Professor Amos Gilhar, der die Studie geleitet hat, erklärt: „Diese Forschung zeigt, wie stark der Zusammenhang zwischen Nervensystem und Immunsystem bei Psoriasis ist. Wir müssen Stress als Auslöser für Schübe ernst nehmen und möglicherweise neue Wege in der Behandlung einschlagen.“
Die Forscher hoffen, dass sie in Zukunft noch mehr über den genauen Mechanismus lernen und neue Medikamente entwickeln können, die speziell gegen stressbedingte Schübe helfen.
Aprepitant ist ein vielversprechender Ansatz, aber es braucht weitere Untersuchungen, um herauszufinden, wie sicher das Medikament bei längerer Anwendung ist und ob es vielleicht auch für Menschen mit Psoriasis zugelassen werden könnte.
Stressbewältigung als Therapieansatz?
Die neue Forschung unterstreicht, dass es für Menschen mit Schuppenflechte wichtig ist, auf ihren Stresspegel zu achten. Entspannungstechniken, Yoga, Achtsamkeitstraining oder andere Methoden zur Stressreduktion könnten also nicht nur für das Wohlbefinden, sondern auch für die Haut von Vorteil sein.
Fazit
Diese Studie izeigt, dass Stress nicht nur ein Nebeneffekt der Krankheit ist, sondern aktiv zur Verschlimmerung beiträgt. Mit der Entdeckung, dass ein Medikament wie Aprepitant helfen kann, gibt es neue Hoffnung für Menschen, die unter stressbedingten Psoriasis-Schüben leiden. In Zukunft könnte Stressbewältigung eine wichtige Rolle in der Behandlung spielen, um Psoriasis besser in den Griff zu bekommen.
Fachbegriffe erklärt
Neurogene Entzündung: Das bedeutet, dass das Nervensystem durch Stress Botenstoffe ausschüttet, die Entzündungen im Körper verursachen. Bei Psoriasis führt dies zu einer Überreaktion des Immunsystems und verschlimmert die Krankheit.
Substanz P: Ein spezieller Botenstoff, der bei Stress freigesetzt wird und eine Entzündung auslösen kann. Substanz P bindet an den NK1-Rezeptor und aktiviert das Immunsystem, was zu einer Verschlimmerung der Psoriasis führen kann.
Aprepitant: Ein Medikament, das normalerweise gegen Übelkeit eingesetzt wird. Es blockiert einen wichtigen Rezeptor (NK1-R), der bei stressbedingten Entzündungen eine Rolle spielt. In der Studie konnte Aprepitant helfen, Psoriasis-Schübe zu verhindern.
EADV: Die European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) ist eine Organisation von Fachleuten auf dem Gebiet der Haut – also von Forschern und anderen Experten. Sie hat mehr als 11.000 Mitglieder. Der jährliche EADV-Kongress ist ein zentraler Treffpunkt der Experten, um Wissen auszutauschen und neue Forschungsergebnisse zu präsentieren. Der Kongress 2024 findet vom 25. bis 28. September in Amsterdam und online statt.
Quelle: Keren, A., Zeltzer, A. A., Bertolini, M., Paus, R., & Gilhar, A. (2024). Psoriatic lesions in human skin xenotransplants in vivo are triggered by perceived stress and can be suppressed by the neurokinin-1 receptor antagonist aprepitant. Präsentriert beim EADV-Kongress 2024.
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