Betroffene, die einen JAK-Hemmer einnehmen, sollten mit der Ärztin über diese Therapie sprechen. Aber nur dann, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören! Bei Psoriasis Arthritis betrifft das aktuell die Präparate Xeljanz und Rinvoq. Für Olumiant gilt, das bestimmte Patientengruppen nur noch mit der niedrigen Dosis behandelt werden sollen. Olumiant wird aktuell bei Neurodermitis eingesetzt, ist aber auch für die Schuppenflechte vorgesehen.
Für die gesamte Wirkstoffgruppe der Janus-Kinase-Hemmer hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) typische schwerwiegende Nebenwirkungen festgestellt. Deshalb empfiehlt sie, diese Arzneimittel bei bestimmten Patienten nur noch dann einzusetzen, wenn nichts anderes mehr hilft. Bisher galt das nur für Tofacitnib (Xeljanz), nun aber für alle Präparate dieser Klasse. Diese Warnhinweise sind inzwischen von zwei EMA-Ausschüssen bestätigt worden. "Rechtsverbindlich" werden sie aber erst dann, wenn in einigen Wochen die EU-Kommission darüber entschieden hat. Sie sollten aber schon jetzt vorsichtshalber berücksichtigt werden.
Risikogruppe
Empfohlen wird, dass Patienten möglichst nicht mehr mit einem JAK-Hemmer behandelt werden sollten, wenn sie
- über 65 Jahre alt sind oder
- rauchen oder früher lange geraucht haben oder
- gefährdet sind, an schweren Herz-/Kreislaufproblemen oder bösartigem Krebs zu erkranken.
Bei diesem Personenkreis erhöhen JAK-Hemmer das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Blutgerinnsel, Krebs und schwere Infektionen. Deshalb sollten sie gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt nach anderen Behandlungsmöglichkeiten suchen.
Wer gefährdet ist, Blutgerinnsel in der Lunge oder in tiefen Venen (venöse Thrombo-Embolie) zu entwickeln, sollte „vorsichtig“ mit JAK-Hemmern behandelt werden.
Wenn es für diese Risiko-Patienten keine anderen Behandlungsmöglichkeiten gibt, sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt und die JAK-Hemmer in verringerter Dosierung eingesetzt werden. Patienten mit Psoriasis arthritis erhalten schon jetzt nur die kleinere Dosierung.
Für Olumiant-Patienten, die ein höheren Risiko für Blutgerinnsel, Herz-/Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs haben gilt: Auch sie sollen nur noch mit der niedrigeren Dosierungen behandelt werden. So die Empfehlung vom Januar 2023.
In einem Podcast der Apotheken Umschau wird dagegen die EMA-Empfehlung als zu weitgehend kritisiert. Eine nachträgliche Auswertung der Xeljanz-Patienten habe ergeben, dass die Risikogruppe viel kleiner sei. Besonders gefährdet seien nur diejenigen, die bereits vor Beginn der Therapie einen Schlaganfall oder Herzinfarkt, ein erhöhtes Thrombose-Risiko oder eine Arteriosklerose (Arterienverkalkung) hatten. Die Apotheken Umschau berücksichtigt bei ihrer Kritik zwei wesentliche Tatsachen nicht: Die EMA-Warnungen wurden bestätigt, obwohl die nachträgliche Auswertung bekannt war. Außerdem war sie vom Xeljanz-Hersteller Pfizer in Auftrag gegeben, und ein Drittel der beteiligten Wissenschaftler waren Mitarbeiter des Pharmakonzerns. Es handelt sich also nicht um eine unabhängige Studie. Aber auch andere Mediziner sind der Ansicht, da würde eine "Hochrisiko-Gruppe von Rheumatikern" zum Maßstab für dem Durchschnittspatienten gemacht.
Um welche Medikamente geht es?
Die Warnhinweise gelten für JAK-Hemmer, die bei entzündlich-chronischen Erkrankungen eingesetzt werden. Das sind bei der Psoriasis Arthritis, also der Gelenkbeteiligung, Tofacitinib (Xeljanz) und Upadacitinib (Rinvoq) und bei der Neurodermitis Baricitinib (Olumiant) und Upadacitinib (Rinvoq).
Zur Zeit ist noch kein JAK-Hemmer für die Behandlung der Schuppenflechte auf der Haut zugelassen. In klinischen Studien wird gerade geprüft, ob Tofacitinib (Xeljanz), Ruxolitinib (Jakavi) und Baricitinib (Olumiant) zukünftig auch bei der Psoriasis, also auf der Haut, eingesetzt werden könnten. Dafür erhält vermutlich schon Ende 2022 das Präparat Deucravacitinib (Sotyktu) eine Zulassung. Das ist ein so genannter "Tyrosin-Kinase-2-Hemmer" (TYK-2), der ebenfalls zur Gruppe der JAK-Hemmer gehört. Trotzdem, so Prof. Khusru Asadullah, würden die Warnhinweise für dieses Präparat nicht gelten, denn "TYK-2 ist anders". Anders der Leiter der Charité-Dermatologie, Prof. Kamran Ghoreshi. Für ihn ist Deucravacitinib ebenfalls ein JAK-Hemmer. Nur durch einen historischen Zufall heiße er nicht "JAK 4". In seiner Klinik würden die EMA-Warnungen für alle JAKs ernstgenommen. Die EMA selbst hat sich dazu nicht geäußert. In den USA dagegen sind sie zugelassen; die Therapie-Einschränkungen für JAK-Hemmer wurden dort nicht übernommen.
Bei Tofacitin (Xeljanz) hatte die EMA von Anfang an Sicherheitsbedenken. Zweimal lehnte die Behörde es in 2013 ab, das Mittel zuzulassen. Erst 2017 gab es nach einem dritten Antrag von Pfizer die Zulassung für die EU. Schon 2019 warnte der EMA-Ausschuss für Arzneimittelsicherheit PRAC davor, bestimmten Personen die höhere Dosis zu verabreichen. Ab 2021 galt diese Warnung auch für die niedrige Dosis („Rote-Hand-Brief“). Der EMA-Ausschuss weitete dann im Oktober 2022 seine Sicherheitsbedenken auf alle für chronisch-entzündliche Erkrankungen zugelassenen JAK-Inhibitoren aus.
Auf Ärztekongressen wird die JAK-Hemmung als zukunftsträchtiges Wirkprinzip gesehen. Sie könnten bei Patienten erfolgreich sein, bei denen andere Therapien versagt haben. Weil sie als Tablette eingenommen werden, akzeptierten Patienten sie besser.
Anfangs hoffte man noch, dass Meldungen über schwere Herzkomplikationen und Krebsrisiken sich auf Tofacitinib (Xeljanz) beschränken würden. Diese Hoffnung zerstreute Professor Klaus Krüger dann auf dem Rheumakongress 2022 in Berlin. Er sprach davon, dass alle JAK-Hemmer vor allem das Thrombose-Risiko erhöhen würden. Dr. Sandra Philipp hatte zuvor auf dem Dermatologenkongress 2022 über ihre klinische Studie mit Deucravacitinib (Sotyktu) berichtet. "Nach den bisher vorliegenden Daten" sei dieser TYK-2-Hemmer „erheblich sicherer“ als bisherige JAK-Hemmer.
Empfehlungen schon jetzt berücksichtigen
Xeljanz ist schon jetzt für bestimmte Personengruppen (so gut wie) ausgeschlossen. Für alle anderen JAK-Hemmer entscheidet endgültig die EU-Kommission darüber. Experten erwarten das spätestens für Anfang 2023. Die EU-Kommission orientiert sich dabei an der Stellungnahme des EMA-Ausschusses für Human-Arzneimittel (CHMP). Die liegt inzwischen vor und bestätigt die Therapie-Empfehlungen des EMA-Unterausschusses PRAC. Der hat seine Empfehlungen im Januar 2023 auf Olumiant ausgeweitet. Vorsorglich sollten bei den aufgeführten Risikogruppen diese Empfehlungen schon jetzt berücksichtigt werden.
Hintergrundinformationen:
Tofacitinib (Xeljanz) - nicht mehr für alle Betroffenen
Janus-Kinase-Hemmer - JAKi (Übersicht 2022)
Kinase-Hemmer gegen Schuppenflechte (2022)
JAK-Hemmer (in der Rheumatologie, 2022)
EMA verunsichert mit Entscheidung zu JAK-Inhibitoren (Nov. 2022)
*****
Ein Tipp: In unserem Forum könnt Ihr Erfahrungen mit diesen und anderen Medikamenten austauschen.
Empfohlene Kommentare
Dein Kommentar
Du kannst jetzt schreiben und dich später registrieren. Wenn du schon einen Account bei uns hast, logg dich ein, um deinen Beitrag mit deinem Account zu verfassen.
Hinweis: Dein Beitrag wird von einem Moderator freigeschaltet, bevor er erscheint.