Ein Viertel aller Tabletten werden von den Patienten zu Hause geteilt, bevor sie sie einnehmen.. Das ist nicht immer unproblematisch: Knapp zehn Prozent Tabletten haben keine Bruchkerbe, so dass eine genaue Teilung schwierig ist. Bei vier Prozent ist das Zerteilen sogar gefährlich für den Patienten. Dabei stehen für mehr als die Hälfte der geteilten Tabletten ohne Bruchkerbe geeignete Alternativen zur Verfügung, die oft sogar günstiger sind.
Dies sind die Ergebnisse einer Untersuchung, die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg im "European Journal of Clinical Pharmacology" veröffentlicht haben. Die Heidelberger Wissenschaftler haben 905 ambulante Patienten, die mindestens drei Medikamente einnahmen, zu ihrer Einnahme von Arzneimitteln und dem Thema Tablettenteilung befragt. Die Patienten nahmen insgesamt 3.200 verschiedene Arzneimittel ein. Am häufigsten geteilt wurden Medikamenten zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zur Bluttverdünnung und Senkung des Cholesteringehalts im Blut.
Tabletten mit Überzug sollten meist nicht geteilt werden
"Das Tablettenteilen kann aus mehreren Gründen heikel sein", erklärt Professor Walter E. Haefeli von der Uni-Klinik Heidelberg. Bei vielen Tabletten wird der Wirkstoff vor dem sauren Magensaft mit einem magensaftresistenten Überzug geschützt. Werden diese Tabletten geteilt, wird der Wirkstoff bereits im Magen freigesetzt, dabei zerstört und das Medikament wird unwirksam. Bei Tabletten mit einem sogenannten Retard-Überzug, der ihre Freisetzung verlängert, kann die Wirkung des Medikamentes verkürzt werden. Das Risiko für Nebenwirkungen steigt dann.
Auch Tabletten mit speziellen Überzügen, die den Wirkstoff vor einer Inaktivierung durch Luftsauerstoff, Licht oder Feuchtigkeit schützen oder einen unangenehmen Geschmack überdecken, können nicht ohne weiteres geteilt werden. Besonders zu beachten ist, dass selbst vermeintlich leicht teilbare Tabletten mit einer Kerbe nicht immer geteilt werden können, da es sich in manchen Fällen nur um eine irreführende "Schmuckkerbe" handelt.
Keine ausreichende Information zur Teilbarkeit für Ärzte und Patienten
Fachinformationen für Ärzte und Beipackzettel für Patienten gehen auf die Teilungsmöglichkeit von Tabletten nur unzureichend ein. Es ist für Patienten und Ärzte häufig nicht zu sehen, ob die Tabletten zum Teilen geeignet sind. "Dies ist problematisch, da die Teilung von Tabletten in vielen Fällen erforderlich ist", erklärt Professor Haefeli, denn nur dadurch könne die Dosis individuell angepasst werden. Vor allem für ältere Menschen und Kinder stehen Arzneimittel nicht immer in der gewünschten Dosis zur Verfügung.
Aber auch aus ökonomischen Gründen werden Tabletten geteilt: Wegen der gesetzlich geforderten Zuzahlungen pro Packung kann es für den Patienten günstiger sein, weniger Packungen mit dem höher dosierten Medikament zu kaufen und die Tabletten zu teilen, als eine größere Anzahl Packungen mit dem niedriger dosierten Medikament.
Älteren Menschen fehlt oft die Fingerfertigkeit zum Tablettenteilen
"Gerade für ältere Menschen mit oft eingeschränkter Fingerfertigkeit oder Sehschwäche ist es schwierig, Tabletten fachgerecht zu teilen", berichtet Professor Haefeli. So berichtete jeder sechste Patient über Probleme beim Teilen von Tabletten. Nur 20 Prozent dieser Patienten, dies hat die Umfrage ebenfalls ergeben, benutzen einen Tablettenteiler. Die meisten benutzen ein Küchenmesser, das keine exakte Teilung erlaubt.
Der Heidelberger Klinische Pharmakologe Professor Haefeli empfiehlt deshalb den Ärzten, die Teilung von Tabletten nur zu verschreiben, wenn sie sicher sind, dass dies zulässig ist und von den Patienten auch fachgemäß bewältigt werden kann. Außerdem sollten die Zulassungsbehörden sicherstellen, dass Fachinformationen und Beipackzettel künftig dazu ausreichend Information enthalten.
Quelle: Uni Heidelberg, 23.10.2006
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