Für Haut-Patienten ist es nichts Außergewöhnliches, ein Rezept zu bekommen, nach dem in der Apotheke ein Präparat für sie hergestellt wird. Wirkt das genauso gut wie ein Markenprodukt und ist es genauso sicher?
Salben, Cremes, Gels oder Tinkturen, die in der Apotheke nach ärztlicher Anweisung hergestellt werden, heißen „Rezepturen“. Arzneimittel, die von Pharmafirmen hergestellt werden, sind „Fertigpräparate“. Fast die Hälfte der 16 bis 25 Millionen Rezepturen, die in Deutschland jährlich hergestellt werden, so Professor Wolfgang Gehring vom Städtischen Klinikum in Karlsruhe, werden von Dermatologen verschrieben. Traditionell hat jeder Arzt seine eigene Sammlung, oft noch aus Studienzeiten. Darin hat er vermerkt, welche Kombination von Inhaltsstoffe in welchen Dosierungen bei bestimmten Diagnosen verschrieben werden können. Das sind die so genannten „Individualrezepturen“.
Spätestens seit 2012 die Apotheken-Betriebsordnung verändert wurde, müssen Verschreibungen genau kontrolliert werden. Der Apotheker ist verpflichtet, eine „Plausibilitäts-Prüfung“ durchzuführen, d.h. jede Individual-Rezeptur nach bedenklichen bzw. nicht zugelassenen Stoffen, Dosierungen und tatsächlicher Wirksamkeit zu prüfen. Apotheker beklagen, dass Hautärzte regelmäßig unsinnige und widersprüchliche Rezepturen ausstellen, teilweise mit nicht erlaubten Kosmetika und verbotenen Dosierungen wie 20% Urea. Andere Dermatologen verschreiben falsche Wirkstoffe, wie z.B. das Kortison Betamethason. Das wirkt äußerlich überhaupt nicht und ist zehnmal so teuer wie Betamethason-Valerat. Wenn die Apotheker das beanstanden, wird ihnen erklärt, das stehe so im Computer und könne nicht geändert werden. Der Patient kann nur hoffen, dass der Apotheker seine Rezeptur aufmerksam prüft.
Argumente für die angerührte Salbe
Um jedes Risiko auszuschließen, sollten Ärzte vorrangig „Magistral-Rezepturen“ verschreiben. Das sind veröffentlichte Standard-Mischungen, deren Funktion und Wirkung bekannt sind und die aktuellen Qualitäts- und Wissensstandards entsprechen. Weit verbreitet ist das „Neue Rezeptur-Formularium“ (NRF), hinter dem ein Team von neutralen Pharmazeuten steht. Für Ärzte gibt das Taschenbuch „Standardisierte Rezepturen“. Das Zentrallabor Deutscher Apotheker ruft dazu auf, sich an „Rezeptur-Ringversuchen“ zu beteiligen. Damit soll die Qualität einzelner Rezepturen von möglichst vielen Apothekern überprüft werden. Magistral-Rezepturen finden sich auch in Arzneibüchern und den Leitlinien der Gesellschaft für Dermopharmazie.
Für fast alle Wirkstoffe, die äußerlich bei Psoriasis eingesetzt werden, gibt es solche Magistral-Rezepturen – vom leicht abwaschbaren Dithranol über Teer-Shampoo und PUVA-Creme bis hin zu Kortison und Salicylsäure. Auch gegen Juckreiz gibt es Magistral-Rezepturen, z.B. mit Capsaicin, Polidocanol oder Chloralhydrat.
Mit einer Rezeptur kann die Therapie individuell genauer eingestellt werden: Je nach Krankheitszustand und Verträglichkeit werden Wirkstoff, Dosierung, Kombinationen und Grundlage angepasst. Es kann z.B. sinnvoll sein, sich mit einer (gegenüber dem Fertigpräparat) niedrigeren Dosierung „einzuschleichen“. Manche vertragen ein Gel besser als eine Creme. Eine Rezeptur ist vor allem dann die einzige Lösung, wenn Fertigpräparate fehlen oder vom Markt genommen werden, wie das Teer-Shampoo Tarmed.
Fast alle dieser Anfertigungen sind deutlich billiger als vergleichbare Fertigpräparate, selbst bei kleinen Mengen, so Professor Gehring. So kosten 100 g eines Fertigpräparats mit dem Kortison Beta-Methason-Valerat (0,1%) 30,48 Euro. Die Rezeptur dagegen, je nach Apotheke, zwischen 16,57 € und 19,84 €. Das entlaste das Ärztebudget. Hautpatienten, die sich ihre Pflegemittel in der Apotheke anrühren lassen, würden immer viel Geld sparen, so Prof. Gehring.
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