Ab und an quillt jede Hausapotheke mal über. Dann werden alte, abgelaufene oder nicht mehr gebrauchte Medikamente entsorgt. Viele wissen aber nicht, welcher Weg dafür nun der richtige ist.
Im Wasser finden Forscher weltweit immer mehr Reste von Arzneimitteln. In fast allen Gewässern Deutschlands kommen Wissenschaftler auf mehr als 150 verschiedene Wirkstoffe – und das auch im Trink- oder im Grundwasser. Sie kommen von Schmerzmitteln, Antibiotika, Blutdrucksenkern oder Psychopharmaka und meist aus dem privaten Abwasser.
Es sind nicht mal immer in die Toilette gespülte Arzneimittel, sondern das, was vom menschlichen Körper nicht völlig abgebaut und dann über den Urin ausgeschieden wird. Mit dem Abwasser fließen die Arzneimittelwirkstoffe in die Kläranlagen, wo die Menge chemischer Stoffe nicht völlig entfernt werden kann. Aus den Kläranlagen gelangen die Rückstände in Flüsse und Seen – und damit zurück in die Umwelt und den Wasserkreislauf.
Umfrage ergibt Unwissenheit
Das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) hat eine Umfrage zum Umgang mit Arzneimitteln gestartet. „Knapp der Hälfte der 2000 befragten Deutschen ist überhaupt nicht bekannt, dass allein schon durch die Einnahme von Medikamenten Spurenstoffe in den Wasserkreislauf gelangen“, sagt ISOE-Forscher Konrad Götz. "Erstaunt haben uns bei der Befragung aber vor allem die großen Wissenslücken bei der richtigen Entsorgung von flüssigen Medikamentenresten.“
47 Prozent der Deutschen entsorgen flüssige Medikamentenreste demnach falsch – nämlich über die Spüle oder die Toilette. „Damit hat sich die Wissenslücke bestätigt, die wir bei einer ähnlichen Befragung 2007 festgestellt haben“, sagt Konrad Götz.
In den Medien werde der richtige Umgang mit Spurenstoffen zwar häufig thematisiert, beim Verbraucher komme das aber seit Jahren nicht richtig an. „Nur 15 Prozent der Verbraucher entsorgen ihre Medikamente, wie es die Bundesregierung empfiehlt – nämlich über den Restmüll“, sagt Konrad Götz.
Restmüll – der umweltfreundlichste Weg
Der Restmüll wird heute nicht mehr auf Deponien gelagert, sondern verbrannt. Dadurch ist die vollständige Zerstörung der Wirkstoffe gewährleistet. „Die Entsorgung über den Hausmüll
ist deshalb derzeit zwar der umweltfreundlichste Weg. Weil viele Verbraucher das nicht wissen, ist es aber genaugenommen nur der zweitbeste“, folgert Götz. „Am verbraucherfreundlichsten wäre es, zur alten Praxis zurückzukehren.“ Bis 2009 konnten Medikamente in den Apotheken zurückgegeben werden, wo sie professionell entsorgt wurden.
Denn wenn die Wirkstoffe in den Wasserkreislauf gelangen, können sie Tier- und Pflanzenwelt gefährlich werden: Hormonreste der „Pille“ haben nachweislich zur Verweiblichung männlicher Fische beigetragen. Auch sind Nierenschäden bei Fischen durch das schmerzstillende Mittel Diclofenac beobachtet worden sowie Verhaltensänderungen durch Psychopharmaka. „Um mögliche Gefahren für die Umwelt zu verhindern, muss endlich eine wirksame Informationskampagne zur Entsorgung durchgeführt werden“, ist sich ISOE-Forscher Götz sicher. Wichtig sei aber auch, dass sich Ärzte über die Problematik von Medikamentenresten im Wasser und über umweltfreundliche Medikamentenalternativen informieren. Vonseiten der Patienten sei die Bereitschaft da: Fast 90 Prozent der Befragten wünschen sich von ihrem Arzt – bei gleicher Wirksamkeit – umweltfreundliche Alternativangebote.
idw/cl
Tipps zum Weiterlesen
So werden Medikamente richtig entsorgt
(Deutschlandfunk Sprechstunde, 13.08.2013)
In die Mülltonne? In die Toilette und spülen? Wo gehören abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente denn nun hin?
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