Unter den Salben sind solche mit Kortison bei den meisten Psoriatikern am wirksamsten – aber auch am meisten gefürchtet. Schuppenflechte-Stellen gehen mit Kortisonsalben schnell weg. Die Salben sind, richtig angewandt, ein gutes Mittel und vor allem wichtig, um erst einmal die Entzündung der Haut abzuschwächen. Doch die Angst vor Nebenwirkungen ist groß, und sehr oft sagen Betroffene Nein zum Kortikoid – aus eben jener diffuser Angst.
Die Angst stammt nicht von ungefähr: Als Kortisonsalben in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts aufkamen, waren sie "Wunderwaffen", noch mit wenig Erfahrung eingesetzt, die Nebenwirkungen vernachlässigt, weil der Erfolg ja so gut war. Mittlerweile sind Kortisonsalben der sogenannten vierten Generation auf dem Markt. "Diese Kortisonsalben bringen heute kaum noch Nebenwirkungen", versichert Professor Roland Niedner. "Nur im Gesicht muss man sehr, sehr vorsichtig damit sein."
Die "Ärzte Zeitung" widmete dem Thema im Jahr 2003 einen Artikel. Danach wurden in den 60-er und 70-er Jahren immer stärkere Kortisonsalben entwickelt. Die damalige falsche Anwendung hätte die Kortisonsalben-Therapie bei Patienten und auch bei vielen Ärzten "in Misskredit gebracht". Seit Mitte der 80-er Jahre stünden aber Kortisonsalben der inzwischen vierten Generation zur Verfügung. Die würden nicht mehr zur gefürchteten "Verdünnung" der Haut (fachmännisch: Atrophie) führen.
Ärzte müssten vor der Verordnung wissen:
- Wie stark ist das Kortikoid?
- Wie stark ist die Konzentration?
- Welche Trägersubstanz kommt zum Einsatz? (Heißt: Worin ist das Kortison untergemischt?)
- Wie groß sind die Hautstellen, wo die Salbe hinkommt?
- Wie lange soll die Kortisonsalbe angewendet werden?
Kortisonsalben – wie lange?
Roland Niedner war Deutschlands "Kortisonpapst". Er forschte daran, kann die Stärke der verschiedenen Kortison-Präparate und -Wirkstoffe vermutlich im Schlaf sagen und ist dennoch realistisch: "Kortisonsalben sollten nicht zu lange angewendet werden, sonst ist die Psoriasis schwerer weiterzubehandeln."
Der Arzt und Wissenschaftler, der am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam arbeitete, hat jahrelang von seinen Kollegen keine Nebenwirkungen berichtet bekommen. Dennoch kennt er sie und weiß sie einzuschätzen:
Die Verdünnung der Haut geht nach der Anwendung wieder weg. Das gleiche gilt für eine Akne oder eine periorale Dermatitis, die der Akne ähnelt. Eine übermäßige Behaarung der Stellen, wo Kortison geschmiert wurde, verschwindet ebenfalls nach einiger Zeit. Andere Nebenwirkungen wie Pseudo-Narben oder eine Hyperpigmentierung sind ebenfalls später nicht mehr zu sehen. Die schwerste Nebenwirkung von zuviel Kortison ist eine Ausweitung der kleinen Blutgefäße unter der Haut, die meist auch deutlich zu sehen ist. Die sind nur mit Laserverfahren zu entfernen. "Glück" für alle Menschen mit einer Psoriasis auf dem Kopf: Dort wurden noch nie Nebenwirkungen von Kortisonsalben oder -lösungen beobachtet. Gaaaaaanz vorsichtig sollte man aber mit der Anwendung von Kortisonsalben an den Ohren sein: Die zählen noch zum Gesicht, wo mit Kortison sehr, sehr, sehr sparsam umgegangen werden sollte.
Grundregeln für Kortison
Grundregeln von Roland Niedner sind:
- Beginne mit dem stärksten Präparat. (Zur Stärke siehe Übersicht)
- Lass dir von jedem Wirkstoff (siehe Übersicht) ein bis zwei Präparate verschreiben, um testen zu können, was am besten wirkt.
- Berücksichtige dein Alter. Je älter man ist, um so dünner ist die Haut schon an sich. Dann sind die Blutgefäße auch brüchiger.
- Begrenze die Therapiedauer.
- Schleich dich aus der Behandlung aus. Setze Kortisonsalben nach längerer Anwendung, also vier Wochen und länger, nie, nie und niemals nie auf einmal ab. Das heißt: Nimm die Salben dann zunächst nur noch jeden zweiten Tag, später jeden dritten, dann jeden vierten und so weiter und so fort.
Für Roland Niedner liegt die durchschnittliche Grenze der Behandlung mit einer Kortisonsalbe bei vier Wochen.
Sein Tipp für das Präparat Daivobet, eine Mischung aus Kortison und Vitamin D3 (Calcipotriol): Man nehme 14 Tage Daivobet, dann längere Zeit Daivonex, und dann noch einmal eine Woche Daivobet.
In der Genitalgegend ist Kortisonsalbe immer Abwägungssache. Eine Patientin berichtete von guten Erfolgen mit Linoladiol. Mit einer Tube davon sei sie über ein Vierteljahr gekommen, und sie habe es angewendet, obwohl sie ansonsten felsenfest Kortison ablehnt. An dieser empfindlichen Stelle aber wollte sie "Klarheit".
Salbe oder Creme?
Kennst du die Frage vom Arzt: "Wollen Sie 'ne Salbe oder 'ne Creme"? Dahinter verbirgt sich nicht nur eine Frage nach einer Annehmlichkeit. Denn: Kortison wirkt, in gleicher Konzentration in Salben eingearbeitet, besser als in Creme. In (alkoholischer) Lösung eingearbeitet, ist die Wirkung noch schwächer.
Wer auf seine Stellen zunächst die Kortisonsalbe aufträgt und sie dann mit Folie abdeckt, erhöht die Wirkung um das fünf- bis zehnfache. Insbesondere an Händen und Füßen ist die Wirkung enorm, weil dort Kortisonsalben schlechter eindringen als an anderen Körperteilen. Aber: Das ist schon eine "Holzhammer-Methode", mit der man vorsichtig umgehen sollte. Sie sollte höchstens einige Tage (vorzugsweise Nächte) angewendet werden und dann auch mit dem "Ausschleichen" der Kortisonsalbe beendet werden. Ein Tipp für die Hände: Es gibt in der Apotheke Folien-Handschuhe, die die Behandlung "bequemer" machen.
Kortisonsalben der "vierten Generation"
- Wirkstoff: Hydrocortison-Aceponat; Handelsname: Retef
- Wirkstoff: Hydrocortison-Buteprat; Handelsname: Pandel
- Wirkstoff: Hydrocortison-Butyrat; Handelsname: Alfason
- Wirkstoff: Methylprednisolon-Aceponat; Handelsname: Advantan
- Wirkstoff: Prednicarbat; Handelsname: Dermatop
Kortison kann Allergien auslösen
Kontaktekzem, Quaddeln, Juckreiz und zunehmende Rötung oder anaphylaktischer Schock – das Spektrum der Allergie-Symptome ist breit. Verschiedene Kortison-Arten reagieren dabei auch noch untereinander. Wer mehr darüber wissen möchte, lese den kompletten Bericht der Medical Tribune Online.
Wie gut dringt Kortison-Salbe wo ein?
(fachmännisch: Penetrationsverhältnisse und Atrophieverhältnisse für Dermokortikoide, nach Feldmann/Maibach)
Wo? Wie stark?
- Kopfhaut: 3,5
- Stirn: 6,0
- Kieferwinkel: 13
- Rücken: 1,7
- Achselhöhle: 3,6
- Unterarm dorsal (außen): 1,1
- Unterarm ventral (innen): 1
- Handfläche: 0,8
- Skotum (Geschlechtsteilgegend): 43,0
- Knöchel: 0,4
- Fußsohle: 0,1
Tipps zum Weiterlesen
- Forum mit Erfahrungen: Kortison bei Schuppenflechte und Psoriasis arthritis
- Kortison – Merkblatt der Deutschen Rheuma-Liga e.V. [PDF-Download]
- Kortison – Informationen für Betroffene und Interessierte; Herausgeber: Dermapharm AG [PDF-Download]
Kortison: Segen oder Fluch?
(Deutschlandfunk, 21.8.2018)
Viele reagieren ablehnend, wenn sie vom Arzt ein Kortison-Medikament verschrieben bekommen. In der Sendung „Sprechstunde“ hat sich der Deutschlandfunk jetzt mit dem Wirkstoff beschäftigt – vor allem geht es wohl um die Einnahme, also Tabletten oder Spritzen. Für die Schuppenflechte (der Haut) sind ja eher Kortison-Salben angesagt.
Quellen:
- Forschung und Praxis (177/1994)
- Vortrag von Professor Niedner in Berlin (Januar 2003) u.v.a.
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