Wirkstoff: Golimumab (Handelsname: Simponi)
Dieses Medikament ist rezeptpflichtig.
Allgemeine Informationen
Golimumab gehört zur Gruppe der so genannten Biologika. Diese Stoffe heißen so, weil sie von lebenden Zellen hergestellt werden – mit „Bio“ wie man es vom Lebensmittelmarkt kennt hat das nichts zu tun. Golimumab ist ein gentechnisch hergestellter humaner Antikörper gegen Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α).
Bei welcher Erkrankung wird Simponi angewandt?
Simponi kann alleine oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) bei akuter und fortschreitender Psoriasis arthritis angewandt werden, wenn antirheumatische Basistherapien einschließlich Methotrexat nicht ausreichend gewirkt haben.
Darüber hinaus wird Golimumab auch bei anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis und M. Bechterew eingesetzt.
Wirkmechanismus
Der Tumor-Nekrose-Faktor (TNF-alpha) ist ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Abwehrsystems gegen Bakterien. Er schafft die Vorausetzungen für andere Zellen und Eiweißstoffe, im Kampf gegen Bakterien optimal zu funktionieren. TNF-α wird vor allem von Makrophagen ausgeschüttet und hat vielfältige Wirkungen in vielen Organsystem. Eine lokal erhöhte Konzentration von TNF führt zu den klassischen Entzündungssymptomen: Hitze, Schwellung, Röte und Schmerz. Erhöhte Konzentrationen im Blut können zu Fieber und Appetitminderung mit Gewichtsverlust führen.
Bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Psoriasis ist TNF-α außer Kontrolle geraten. Man findet den Faktor in hohen Konzentrationen, obwohl Bakterien bei dieser Entzündung gar nicht mit im Spiel sind. Die eigentlich gegen Bakterien gerichtete Entzündungsreaktion mit all ihren Folgen wie Schmerz, Rötung und Gewebezerstörung läuft sozusagen ins Leere. Indem man TNF- α aus dem Spiel nimmt, kann man die Entzündungsreaktion ausbremsen. Golimumab ist ein Antikörper gegen löslichen und membrangebundenen TNF-α. Durch die Bindung an den Antikörper entstehen stabile Komplexe. Dadurch passt TNF-α nicht mehr ins „Schloss“ (Rezeptor) und kann seine biologische Wirkung in den Zielorganen nicht entfalten.
Wie wird Simponi angewandt?
Es wird empfohlen, dass die Behandlung mit Simponi von speziellen Fachärzten eingeleitet und überwacht wird, die über viel Erfahrung mit diesem Medikament verfügen.
Simponi wird ähnlich wie Insulin unter die Haut (subkutan) gespritzt. Mit einem Pen oder einer Fertigspritze können Sie diese Injektion nach einer entsprechenden Schulung durch den Arzt auch selbst ausführen. Die Fertigspritzen oder der Pen dürfen nicht geschüttelt werden und sie sollten eine halbe Stunde vor der Anwendung aus dem Kühlschrank genommen werden.
Bei Psoriasis arthritis wird einmal im Monat - immer am gleichen Tag - 50 mg Golimumab subkutan injiziert. Wurde die Dosis einmal vergessen, kann sie nachgeholt werden, sobald man sich erinnert. Passiert das innerhalb von zwei Wochen nach der vergessenen Dosis, bleibt man bei seinem alten Schema. Sind mehr als zwei Wochen vergangen, wird mit einem neuen Monatsschema begonnen, d.h. man setzt die nächste Spritze dann erst wieder nach einem Monat. Nie sollte die doppelte Dosis injiziert werden, um einen vergessene Dosis auszugleichen.
Wann darf Simponi nicht eingenommen werden?
- bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einen der Hilfsstoffe
- bei Fructoseintoleranz (seltene erblich bedingte Stoffwechselstörung)
- bei aktiver Tuberkulose
- bei schweren Infektionen wie Blutinfektion (Sepsis) oder Abszessen
- bei Infektionen mit Keimen, die normalerweise harmlos sind (Solche „opportunistischen“ Infektionen sind ein Anzeichen für ein geschwächtes Immunsystems)
- Bei mittelschwerer bis schwerer Herzinsuffizienz
Worauf muss man besonders achten?
Golimumab wird im Körper nur sehr langsam abgebaut. Dadurch wirkt es noch bis zu fünf Monate nach der letzten Injektion weiter. Dies muss auch bei den Nebenwirkungen berücksichtigt werden.
Infektionen können unter Simponi gehäuft auftreten bzw. schwerer verlaufen. Ihr Arzt wird daher versuchen, Infektionen vor der Behandlung weitgehend auszuschließen und Sie während der Behandlung engmaschig überwachen. Tritt eine schwere Infektion während der Behandlung auf, muss die Behandlung mit Golimumab möglicherweise abgebrochen werden, bis die Infektion unter Kontrolle ist.
Besonders gefürchtet ist unter der Behandlung mit TNF-α-Blockern wie Simponi das Wiederaufflackern einer nicht richtig ausgeheilten Tuberkulose (TBC). TNF-α ist in besonderer Weise daran beteiligt, Tuberkelbakterien dauerhaft in Schach zu halten. Fällt dies Wirkung weg, kann die Tuberkulose erneut ausbrechen und dann zu schweren Krankheitsverläufen führen.
Ihr Arzt wird Sie daher ausführlich befragen, ob Sie jemals an einer Tuberkulose erkrankt waren oder Kontakt mit Tbc-Kranken hatten. Zusätzlich wird unter Umständen mittels Röntgenaufnahme und/oder Hauttest (Tuberkulin-Test) nach einer inaktiven (latenten) Tuberkulose gefahndet.
Wird eine aktive Tuberkulose festgestellt, darf mit der Therapie mit Simponi nicht begonnen werden. Bei einer inaktiven Tuberkulose wird zuerst eine Anti-Tuberkulosetherapie eingeleitet.
Auch wenn sich vor der Therapie keine Hinweise für eine Tuberkulose ergeben haben, ist eine spätere Infektion oder ein Wiederaufflackern nicht völlig ausgeschlossen. Sie sollten daher während des Behandlungszeitraums besonders auf mögliche Anzeichen einer Tuberkulose wie anhaltender Husten, Gewichtsverlust, niedriges Fieber und Nachtschweiß achten und ggf. sofort Ihren Arzt informieren.
Auch eine chronische Hepatitis B sollte möglichst ausgeschlossen werden. Einige Menschen sind Träger des Hepatitis-B-Virus, ohne davon zu wissen. Die Therapie mit Golimumab könnte das Virus aktivieren.
Auch opportunistische Infektionen mit ansonsten harmlosen Erregern einschließlich Pilzerkrankungen können auftreten. Symptome wie Unwohlsein, Fieber, Gewichtsverlust, Schwitzen, Husten und Atemnot müssen daher unter der Behandlung immer ernst genommen werden.
Beim heutigen Wissenstand kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass TNF-Gegenspieler wie Golimumab das Risiko für Lymphome und andere bösartige Erkrankungen erhöhen. Dies gilt vor allem für Patienten mit einer intensiven abwehrschwächenden (immunsuppressiven) Therapie in der Vorgeschichte oder für starke Raucher mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen.
Manche Impfstoffe enthalten lebende Erreger. Auf Impfungen mit solchen Lebend-Impfstoffen sollte während der Therapie mit Simponi verzichtet werden. Dazu gehören z.B. Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Gelbfieber und Typhus. Impfungen mit Tot-Impfstoffe stellen kein Problem dar.
Besondere Vorsicht ist auch bei Patienten mit leichter Herzschwäche (Herzinsuffizienz) geboten, da sich diese unter Umständen verschlechtern kann. Bei Neuauftreten einer Herzschwäche oder Verschlechterung der Symptomatik muss die Therapie abgesetzt werden.
In Einzelfällen ist es unter Simponi zu einer Störung des blutbildenden Systems mit Verminderung von weißen und roten Blutkörperchen und Blutplättchen gekommen. Deuten Symptome wie anhaltendes Fieber, Blutergüsse, Blutungen und Blässe auf solch eine Störung, sollten Sie unverzüglich Ihren Arzt aufsuchen.
Selten kann es zu schwerwiegenden Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. In solchen Fällen muss das Medikament sofort abgesetzt und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Da die Nadelkappe aus Latex besteht, kann es auch bei Latexempfindlichkeit zu Reaktionen kommen.
Wird während der Behandlung (und fünf Monate danach) eine Operation erforderlich, muss besonders gründlich auf Anzeichen einer Infektion geachtet werden.
Simponi in Schwangerschaft und Stillzeit
Da nicht genug Erfahrungen in Schwangerschaft und Stillzeit vorliegen, sollte Simponi hier nicht eingesetzt werden. Während der Behandlung ist eine sichere Empfängnisverhütung zu empfehlen.
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Sehr häufig (bei einem von 10 Behandelten oder mehr)
- Infektionen des oberen Atemtraktes (Schnupfen, Halsentzündungen)
Häufig (bei mehr als einem von 100 Behandelten aber weniger als bei einem von 10)
- Bakterielle Infektionen (z.B. Entzündung des Unterhautzellgewebes)
- Virusinfektionen (einschließlich Grippe und Herpesinfektionen)
- Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
- Pilzinfektionen von Haut und Schleimhäuten
- Anämie
- Allergische Reaktionen (Asthmaanfälle, Nesselsucht)
- Depressionen, Schlaflosigkeit
- Schwindel, Parästhesien („Ameisenlaufen“, Kribbeln), Kopfschmerzen
- Hoher Blutdruck (Hypertonie)
- Verstopfung (Obstipation), säurebedingte Magenschmerzen, Bauchschmerzen
- Erhöhte Leberwerte
- Haarausfall (Alopezie), Dermatitis, Juckreiz, Hautausschlag
- Fieber, Abgeschlagenheit
- Verzögerte Wundheilung
- Beschwerden im Brustbereich
- Reaktionen an der Injektionsstelle (Rötung, Juckreiz, Schmerz)
Gelegentlich (bei mehr als einem von 1000 Behandelten aber weniger als bei einem von 100)
- Tuberkulose
- Blutinfektion (Sepsis), septischer Schock
- Infektionen der unteren Atemwege (z.B. Lungenentzündung)
- Infektionen mit normalerweise harmlosen Erregern (opportunistische Infektionen)
- Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis), Abszess
- Bakterielle Arthritis oder Schleimbeutelentzündung (Bursitis)
- Bösartige Neubildungen (z.B. Hautkrebs, Krebserkrankungen)
- Schilddrüsenerkrankungen (Über- oder Unterfunktion, Kropf)
- Blutbildveränderungen ( Leukopenie, Thrombozytopenie)
- Erhöhte Blutzucker oder Bluttfettwerte
- Erkrankungen der zentralen und peripheren Nerven (Demyelinisierung)
- Gleichgewichtsstörungen, Geschmacksstörungen
- Sehstörungen (z.B. verzerrtes Sehen, verminderte Sehschärfe)
- Bindehautentzündung (Konjunktivitis) oder allergische Reaktionen am Auge
- Neuauftreten oder Verschlechterung einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Herzrhythmusstörungen, koronare Herzkrankheit
- Thrombose der Venen oder Arterien
- Raynaud-Syndrom, Erröten
- Asthma und ähnliche Symptome
- Entzündliche Magen- und Darmerkrankungen, gastroösophageale Refluxkrankheit
- Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis)
- Gallensteine (Cholelithiasis), Lebererkrankungen
- Verschlechterung der Psoriasis
- Nesselsucht (Urtikaria), Vaskulitis der Haut
- Harnblasenerkrankungen
- Brusterkrankungen, Menstruationsstörungen
- Knochenbrüche
Selten: (mehr als einer von 10.000 Behandelten aber weniger als einer von 1000)
- Reaktivierung einer Hepatitis B
- Lymphom
- Knochenmarksstörung mit schweren Blutbildveränderungen (Panzytopenie)
- Schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaktischer Schock)
- Gefäßentzündungen (Vaskulitis)
- Erkrankungen des Lungengewebes
- Lupus-ähnliches Syndrom
- Nierenerkrankungen
Häufigkeit nicht bekannt: (beruhend auf Einzelmeldungen unter anderen TNF-Blockern)
- Leukämie
- Aplastische Anämie
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Wirkstoffen
Die Kombination mit einem weiteren TNF-α-Gegenspieler bringt keinen klinischen Vorteil und erhöht die Infektionsgefahr, sodass davon abgeraten wird. Das gleiche gilt für die Kombination mit Anakinra und Abatacept.
Was sollte man sonst noch über Simponi wissen?
Bei Psoriasis arthritis kann Simponi klinische Zeichen der Gelenkentzündung bessern und das Fortschreiten der Gelenkentzündungen vermindern. Auch eine deutliche Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit und gesundheitsbezogenen Lebensqualität ist gezeigt worden. Ein klinisches Ansprechen wurde in Studien nach vier Wochen beobachtet.
Wie sollte Simponi gelagert werden?
Simponi sollte im Kühlschrank (2 bis 8 °C) gelagert werden. Eine halbe Stunde vor der Anwendung sollte man die Fertigspritzen oder den Pen aus dem Kühlschrank nehmen, damit das Medikament Raumtemperatur annehmen kann.
Preis
- Eine Spritze oder ein Pen mit 50 mg Simponi kostet 1987,90 Euro.
- Eine Spritze oder ein Pen mit 100 mg Simponi kostet 2316,09 Euro.
Das sind Listenpreise mit Stand Mai 2019. Sie können durch Verträge anders sein und dienen nur als ganz ungefährer Anhaltspunkt.
Maria Weiß, Ärztin
Verwendete Literatur
- Fachinformation Simponi
- Frank Bachmann et al; Stellenwert der Biologika im Praxisalltag; AP Dermatologie/Allergologie 2009; 4: 28-31
Kurz gemeldet
- Februar 2020: Eine Dermatomyositis kann sich während der Behandlung mit Simponi verschlechtern. Auf diese Nebenwirkung soll künftig im "Beipackzettel" hingewiesen werden. Das empfahl der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur. [Quelle]
- April 2018: In einer Studie wurde in Griechenland untersucht, wie viele Patienten mit einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis nach zwei bzw. drei Jahren noch Simponi nahmen. Das Ergebnis: Drei Viertel der Patienten mit Patienten mit Morbus Bechterew waren auch drei Jahre nach Therapiebeginn noch dem Medikament treu. Bei Rheumatoider Arthritis waren es 60 Prozent, bei Psoriasis arthritis 53 Prozent. Die Rate derer, die die Behandlung wegen Nebenwirkungen abgebrochen haben, war laut den Forschern niedrig. (Quelle: Clinical and Experimental Rheumatology, 18.04.2018)
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