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    Rolf Blaga

    Ist Enbrel noch zweckmäßig bei Psoriasis?

    Der Wirkstoff Etanercept (u.a. in Enbrel enthalten) wirkt unter den Biologika am schlechtesten auf die Plaque-Psoriasis. Deshalb gaben die Verfasser der Psoriasis-Leitlinien schon 2011 dafür keine „starke“ Therapie-Empfehlung ab. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat inzwischen Etanercept bei der Bewertung neuer Präparate ausdrücklich ausgeschlossen: Der Wirkstoff sei keine „zweckmäßige Vergleichstherapie“. Was bedeutet das für die Patienten?

    Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) muss entscheiden, ob ein neues Medikament gegenüber „zweckmäßigen Vergleichstherapien“ zusätzlich etwas nutzt. Nur dann gilt ein höherer Preis als berechtigt. Das wurde bei den 2015 zugelassenen Psoriasis-Medikamente Otezla und Cosentyx geprüft.

    Weniger Experten empfehlen Enbrel bei Psoriasis

    Die zwei neuen Präparate wurden mit allen innerlichen Wirkstoffen verglichen – aber nicht mit Enbrel. Dessen Wirkstoff Etanercept sei den anderen für die Psoriasis zugelassenen Biologika „unterlegen“, so der G-BA [1]. Etanercept brauche länger, bis es seine volle Wirkung entfaltet und erreiche bei weniger Patienten eine 75-prozentige Besserung (PASI 75) als andere Biologika. In einer Anhörung bezeichnete Professor Matthias Augustin den Wirkstoff als „das schwächste von den [...] zugelassenen Präparaten bei Plaque-Psoriasis“ [2].

    In den Leitlinien zur Behandlung der Psoriasis hatten sich zwar 62 Prozent der Verfasser dafür ausgesprochen, Etanercept als Therapie zu empfehlen. Für einen „starken Konsens“, um Etanercept gleichwertig mit den anderen Biologika einzustufen, hätten es aber mindestens 75 Prozent sein müssen. Bemängelt wurde, dass Etanercept zu lange Zeit benötige, bis es voll wirke.

      Wirkungseintritt

    in Wochen

    PASI 75 erreichen PASI 75 gesehen nach Wochen
    Adalimumab (Humira) 4 bis 8 71 bis 80 % 16
    Ciclosporin 4 50 bis 70 % 8-16

    (dosisabhängig)

    Etanercept (Enbrel) 6 bis 12 34 bis 49 %

    (bzw. 30 bis 59 %)

    24

    (je nach Dosis)

    Fumarsäureester (Fumaderm) 6 50 bis 70 % 16 Wochen
    Infliximab (Remicade, Inflectra, Remsima) 1 bis 2 ≥80 %  
    Methotrexat 4 bis 8 25 bis 50 %  
    Ustekinumab (Stelara) 6 bis 12 67 bis 74 % 12

    (je nach Dosis)

    Quelle: Psoriasis-Leitlinie (Otezla und Cosentyx waren bei der Veröffentlichung noch nicht zugelassen)

    Das wirkte sich bis vor kurzem in der Praxis kaum aus. Etanercept wurde als Enbrel in Deutschland im Jahr 2000 für die Rheumatoide Arthritis zugelassen und 2002 für die Psoriasis arthritis. Bei mittelschwerer und schwerer Psoriasis vulgaris durfte es ab 2004 für Erwachsene, ab 2008 für Kinder ab 6 Jahren verschrieben werden. Seitdem sind viele tausend Psoriasis-Patienten damit behandelt worden. Das Medikament ist ein „Blockbuster“. Die Firma setzte damit im Jahr durchschnittlich 310 Millionen Euro um. Nach Humira stand es bis 2013 auf dem zweiten Platz aller in Deutschland verkauften Medikamente. Erst im Jahr 2014 sank der Umsatz auf 270,5 Millionen Euro. Enbrel rutschte auf den 5. Rang ab – Humira behielt seine Spitzenposition [4].

    Etanercept gehört zu den TNF-α-Blockern. Der Wirkstoff fängt im Blut den Botenstoff Tumor-Nekrose-Faktor Alpha ab. Der ist maßgeblich daran beteiligt, dass sich Haut und Gelenke entzünden. Im Gegensatz zu den anderen Biologika bildet der Körper bei Etanercept keine Antikörper, die seine Wirkung abschwächen. Trotzdem empfiehlt es z.B. Professor Jörg Prinz nicht für eine Dauertherapie, weil es über die Jahre schlechter anspreche [5].

    Erfolgreich wird Etanercept zusammen mit Methotrexat (MTX) eingesetzt. Patienten, die schlecht oder gar nicht auf MTX ansprechen, können mit dieser Kombination eine Psoriasis effektiv behandeln.

    Kommentar

    Es steht außer Frage: Etanercept (Enbrel) hilft Patienten mit Plaque-Psoriasis. Es war das erste Biologikum, mit dem auch Kinder behandelt werden durften. Aber es hilft nicht bei jedem. Im Gegenteil: Die Zahl der Patienten, die auf das Präparat ansprechen ist bei anderen Biologika höher. Im Vergleich dauert es bei Etanercept länger, bis es sich voll entfaltet. Die Wirkung lässt im Laufe der Jahre nach.

    Trotzdem ist es bisher immer noch das meist verschriebene Biologikum bei Psoriasis, nach Humira. Obgleich die Schwächen spätestens seit 2011 bekannt sind, wird es oft verschrieben. Sicherlich gibt es dafür viele Gründe, z.B. bei Kindern.

    Das Biologikum war eines der ersten, das auf den Markt kam. Inzwischen wurde die Wirkstoffgruppe weiterentwickelt. Neue Biologika wirken bei mehr Patienten schneller und effektiver – bis hin mit einem PASI 90 und 100 [3]. Ist die Zeit für Etanercept abgelaufen? Es gibt eine kleine kanadische Untersuchung, wie gut andere Biologika wirken, wenn das erste nicht angeschlagen hat. Bei Patienten, bei denen Etanercept nicht gewirkt hatte, war der Umstieg auf den Interleukin-Blocker Stelara am effektivsten – Cosentyx gab es da noch nicht.

    Generell könnte die erste Biologika-Generation der TNF-α-Blocker durch die zweite der IL-Blocker allmählich verdrängt werden. Zum 1. Januar 2016 müsste eigentlich eine neue Psoriasis-Leitlinie herauskommen, weil die bisherige zum Jahresende 2015 ausläuft. Man darf gespannt sein, welche neuen Erkenntnisse zu den Biologika einfließen werden.

    Wer aktuell zufrieden ist mit Enbrel, sollte nicht auf ein anderes Medikament umsteigen. Zu diskutieren wäre, ob eine Kombination von MTX und Enbrel nicht zugunsten einer Mono-Therapie mit einem besser wirkenden Biologikum abgesetzt werden sollte. Das würde den Körper weniger belasten und ist finanziell vermutlich günstiger.

    Generell bleibt zu fragen, ob Biologika tatsächlich lebenslang genommen werden müssen. Es sind stark wirkende Medikamente, die doch erheblich in das Immunsystem eingreifen. Rheumatologen diskutieren heftig darüber: Ab wann sollte man die Dosis verringern? Könnte man die Zeiträume strecken? Ist es möglich, das Medikament für einige Zeit völlig abzusetzen? Bei den Dermatologen ist es bisher vor allem Professor Kristian Reich, der diese Überlegungen öffentlich äußert [6].

    [1] Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Nutzenbewertung von Apremilast vom 6. August 2015 und von Secukinumab vom 27. November 2015.

    [2] Mündliche Anhörung des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Wirkstoff Apremilast am 23. Juni 2015

    [3] Secukinumab erreicht bei 70 Prozent nach 16 Wochen einen PASI von 90 bzw. 100.

    [4] Arzneimittelreporte 2010 – 2015, Presseportal der Barmer GEK

    [5] Psoriasis-Therapien werden individueller, Kongressbericht Dresden 2011

    Psoriasis-Medikamente sicherer als gedacht, Kongressbericht Dresden 2013

    [6] Schuppenflechte-Rheuma – Neues 2015, Psoriasis-Netz


    Themen: Biologics

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