Das Medikament Fumaderm wird gegen schwere Fälle von Schuppenflechte eingesetzt. Mediziner haben ein weiteres Einsatzgebiet erforscht. Sie bestätigten erste Beobachtungen: Fumarsäure hilft auch gegen die Multiple Sklerose (MS).
257 MS-Patienten hatten an einer Studie unter Leitung von Professor Ralf Gold (Ruhr-Uni Bochum, kurz: RUB) und seinem Basler Kollegen Professor Ludwig Kappos teilgenommen. Bei mehr als 70 Prozent der Betroffenen traten weniger neue Entzündungsherde im Gehirn und etwa ein Drittel weniger Schübe auf. Nun müssen die Studien weitergehen: Demnächst starten dazu zwei weltweite klinische Studien mit über 2.000 Patienten.
Den entscheidenden Tipp zur "Nebenwirkung" gaben Hautärzte.
Die Schuppenflechte ist wie die Multiple Sklerose eine Autoimmunkrankheit, bei der sich die Immunabwehr gegen körpereigene Zellen richtet. Bei MS wird so die "Isolierschicht" der Nervenzellen zerstört. Die Fumarsäure beeinflusst das Immunsystem bei Schuppenflechte positiv - eine Tatsache, auf die der Direktor der Bochumer Universitätshautklinik, Professor Peter Altmeyer, schon vor einigen Jahren seinen Kollegen Professor Horst Przuntek von der der Neurologischen Klinik der RUB hinwies. In Bochum startete Dr. Sebastian Schimrigk danach eine erste kleine Studie mit zehn in der RUB-Klinik behandelten MS-Patienten.
Unabhängig davon begann zeitgleich Professor Dr. Ralf Gold, damals noch beschäftigt am MS-Institut in Göttingen, mit Untersuchungen zur Fumarsäure-Wirkung am Tiermodell. Sowohl die kleine Anwendungsbeobachtung bei Patienten in Bochum als auch die tierexperimentellen Untersuchungen deuteten darauf hin, dass Fumarsäure eine hochaktive Substanz zur Behandlung der schubförmigen MS sein könnte.
Die Ergebnisse von Dr. Ralf Linker aus der RUB-Neurologie sprachen dafür, dass Fumarsäure über einen zellulären Transkriptionsfaktor Nrf2 Nervenzellen schützt – ein neuer Wirkmechanismus. "Damit wäre diese Substanz eine der ersten, die bei der Therapie der Multiplen Sklerose so genannte Neuroprotektion vermittelt", so Professor Gold. "Auch würde sie sich optimal für eine Kombinationsbehandlung zum Beispiel mit Interferonen eignen, weil sie die Wirkungen gegenseitig ergänzen."
Die Bochumer Neurologen hoffen, dass die nun beginnenden Therapiestudien sowie die experimentellen Daten die Therapie der MS weiter verbessern werden.
Nachtrag: Das Medikament wurde unter dem "Kurznamen" BG-12 in Studien zur Zulassung zur Behandlung der Psoriasis als auch der Multiplen Sklerose erforscht. Der Zulassungsantrag für den Psoriasis-Part wurde von der Firma zurückgezogen. Dabei stand der Name des Medikamentes schon fest: Panaclar sollte es heißen. Es kam nie auf den Markt. Als Tecfidera wird es für die Behandlung der MS verkauft.
Quellen:
- "Efficacy and safety of oral fumarate in patients with relapsing-remitting multiple sclerosis: a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled phase IIb study". In: Lancet 372/2008
- idw
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