Das Medikament Fumaderm ist in Deutschland eines der am meisten verschriebenen innerlichen Medikamente bei Psoriasis. Offiziell ist es für die Behandlung ab 18 Jahren zugelassen. Künftig sollen auch Kinder und Jugendliche damit therapiert werden können. Dafür läuft seit einigen Jahren in mehreren deutschen Kliniken die KiFuDerm-Studie, deren Ergebnisse noch ausstehen. Jetzt wurden Daten von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, die in der Vergangenheit „off-label“ mit Fumarsäureestern behandelt wurden.
Bislang gibt es für die innerliche Therapie von Psoriatikern unter 18 Jahren keine Standard-Therapie, sondern lediglich eine Empfehlung: Zuerst sollen Methotrexat und Ciclosporin zum Einsatz kommen. Als Alternative werden Fumarsäureester (FSE) und Retinoide genannt – letztere jedoch erst im Jugendalter. Das Biologic Enbrel darf ab sechs Jahren angewendet werden, wenn eines der zuvor genannten Medikamente ausprobiert wurde oder aus einem triftigen Grund nicht verwendet werden darf.
Einsatz ohne Zulassung oft mangels Alternativen
In den vergangenen Jahren wurde diese Altersgruppe außerhalb der Zulassung („off-label“) trotzdem mit Fumaderm behandelt. Daten dieser Patienten wurden von Forschern um Professor Kristian Reich ausgewertet. Sie wollten wissen, wie wirksam und sicher das FSE -Gemisch in der Langzeittherapie in dieser Altersgruppe ist. Dazu lagen ihnen Angaben von 127 Patienten zwischen 6 und 17 Jahren vor. Sie alle hatten eine mittelschwere bis schwere Psoriasis und waren in mehreren Zentren oder Arztpraxen bis zu drei Jahre lang mit FSE behandelt worden. Dabei hatten sie maximal vier Tabletten pro Tag eingenommen.
66 Prozent dieser Kinder und Jugendlichen hatten FSE ein Jahr lang genommen, die anderen hatten zwischenzeitlich abgebrochen. Nach zwei Jahren blieben noch 39 Prozent übrig, nach drei Jahren 24 Prozent. Fast 60 Prozent dieser jungen Teilnehmer verwendeten zusätzlich zu Fumaderm Hautpflegeprodukte oder äußerliche Medikamente (wirkstoffhaltige Cremes, Salben o.ä.).
Ergebnisse
Die Ärzte sollten beurteilen, wie sich Schwellung, Schuppung und Rötung der Psoriasis bei den jungen Patienten durch FSE verändert haben. Dieser so genannte PGA verbesserte sich nach drei Monaten bei 36,4 Prozent und nach sechs Monaten bei 50,0 Prozent von ursprünglich 2,7 auf unter 1. Im Durchschnitt war der Wert nach 36 Monaten (drei Jahre) bei den Verbliebenen um die Hälfte auf 1,3 gesunken.
Die Ausbreitung und der Schweregrad der Psoriasis (PASI) verbesserten sich durch FSE um 75 Prozent (PASI 75) nach drei Monaten bei 18,9 Prozent und nach sechs Monaten bei 30,4 Prozent. Eine Verbesserung um 90 Prozent (PASI 90) trat bei 7,6 Prozent nach drei Monaten, bei 10,9 Prozent nach sechs Monaten auf.
Das Ausmaß des Hautbefalls (BSA) verbesserte sich durch FSE von anfangs 18,2 nach nach drei Monate auf 9,1 und nach sechs Monaten auf 7,6. Nach 36 Monaten betrug der Durchschnittswert bei den Verbliebenen 6,6.
Sicherheit und Nebenwirkungen
Fumaderm ist für erwachsene Patienten oft ein harter Brocken wegen der Nebenwirkungen, vor allem zu Beginn der Therapie. Das war bei den Youngstern nicht anders: Bei 29,1 Prozent wurden "unerwünschte Ereignisse" während der FSE–Therapie registriert. Am häufigsten waren das Magen-Darm-Beschwerden und Hitzewallungen ("Flushs"). 11,8 Prozent der jungen Patienten brachen die FSE-Therapie deshalb ab.
Wie auch bei Erwachsenen veränderten sich bei den Kindern und Jugendlichen während der Langzeit-Therapie die Werte von Leukozyten, Lymphozyten und Gamma-Glutamyl-Transpeptidase (GGT). Das konnte von den Autoren jedoch nicht seriös bewertet werden, weil im Studienverlauf für immer weniger Patienten die Laborwerte dokumentiert wurden. Ob junge Patienten wegen riskanter Blutwerte aus der Therapie genommen wurden, sei nicht festhalten worden.
Nebenwirkungen in Zahlen
Ergebnisse einer ersten Studie zu Fumaderm im Kinder- und Jugendalter. Bei den 127 Teilnehmern zeigten sich folgende Nebenwirkungen:
Beschwerden | Zahl der Teilnehmer mit diesen Beschwerden | in Prozent ausgedrückt |
---|---|---|
Gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm) | 33 | 25,43 |
Infektionen und Infestationen | 4 | 2,97 |
Erkrankungen an Muskeln, Skelett oder Bindegewebe | 2 | 1,58 |
Erkrankungen an Nieren oder Harnweg | 2 | 1,58 |
Erkrankungen an Haut und Unterhaut | 1 | 0,79 |
Erkrankungen an Gefäßen (Flush) | 10 | 7,87 |
Fazit
Fumarsäureester hätten bei den beteiligten Kindern und Jugendlichen „eine deutliche Verbesserung im Schweregrad der psoriatischen Hautläsionen" bewirkt; besonders deutlich nach den ersten sechs Monaten. Danach verbesserte sich der Hautzustand bei den meisten nur noch langsam.
Die empfohlene Dosisierung für Erwachsene wäre auch für diese Altersgruppe wirksam und verträglich.
Allerdings sind die Autoren der Studie bewusst vorsichtig, diese Ergebnisse für allgemeingültig zu erklären: "In dieser Studie hat ein geringer Teil der Patienten die Fumarsäureester länger als 12 Monaten erhalten", schreiben sie. Weshalb innerhalb von drei Jahren 76 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht mehr damit behandelt wurden, konnte den Daten nicht entnommen werden. Ihre möglichen Erklärungen: Die Psoriasis könne in diesem Alter auch ohne Therapie längere Zeit wegbleiben. Außerdem wollten Eltern oft, dass innerliche Therapien bei ihren Kindern so kurz wie möglich angewendet werden.
Ausdrücklich verwiesen wird auf die laufende klinische Studie. Im Gegensatz zur nachträglichen (retrospektiven) Datenerhebung in der vorliegenden Veröffentlichung werden bei der KiFuDerm-Studie die Daten von Anfang an (prospektiv) erhoben und mit Placebos verglichen.
Die Studie "Retrospektive Datenerhebung der Psoriasis-Behandlung mit Fumarsäureestern bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland" (KIDS FUTURE-Studie) erschien im Januar 2016 im Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG).
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