Das Wichtigste in Kürze
- Der Psoriasis-Wirkstoff Apremilast (Otezla) wirkt gegen Alkoholismus. Wer damit behandelt wird, konsumiert täglich weniger Alkohol und hat seltener schwere Trink-Episoden (Rauschtrinken). Apremilast verringert generell das Verlangen nach Alkohol („Anti-Craving“).
- Das konnten US-Wissenschaftler an aufwendigen Maus-Experimenten nachweisen. Die Wirkung bestätigte sich bei einer doppelblind-placebokontrollierten Studie mit Alkoholikern. Allerdings reicht diese Studie nicht aus, um wissenschaftlich völlig sicher zu sein. Denn nur 41 Probanden haben sie abgeschlossen, und sie dauerte lediglich 11 Tage (+ 2 Wochen Nachbeobachtung).
- Apremilast kann Stoffe freisetzen, die die ursprüngliche Aufgabe einer Zelle verändern: von der Entzündungs- zur Anti-Entzündungszelle. Entzündungssignale setzen im Gehirn u.a. das Verlangen nach Alkohol oder Nikotin frei; Anti-Entzündungs-Zytokine verringern es.
Im Januar 2023 legten US-Wissenschaftler ihre „vorklinischen und klinischen Beweise für die Unterdrückung des Alkoholkonsums durch Apremilast“ vor. Man wisse inzwischen, dass Immun- und Entzündungsmechanismen in allen Stadien des Alkohol-Missbrauchs eine entscheidende Rolle spielen: bei der hohen Motivation, Alkohol zu trinken, beim „Koma-Saufen“ und generell bei Alkoholabhängigkeit. Entzündungs-Zytokine werden in der Zelle produziert. Die „Phosphodiesterase Typ 4“ (PDE4) bildet in der Zelle entsprechende cyklische Adenosinmonophosphate (cAMP). Das kleine Molekül (small molecule) Apremilast setzt genau dort an: es hemmt PD4 innerhalb der Zelle und bringt sie dazu, mehr anti-entzündliche Zytokine zu produzieren.
An Mäusen
Die wesentlichen Tests wurden an Mäusen durchgeführt. Die wurden so gezüchtet, dass sie genetisch zum Rausch-Trinken neigten. Es zeigte sich, dass Apremilast das komatöse Trinken und den Blutalkohol-Spiegel innerhalb von vier Wochen verringerte. Weitere Experimente ergaben, dass die Mäuse nicht mehr so oft und nicht mehr so viel Alkohol tranken, wenn sie Apremilast erhielten. Schließlich wurde ihnen der Wirkstoff einmalig in diejenige Gehirn-Region gespritzt, in der sich das Belohnungs- und Lustzentrum befindet (nucleus accumbens). Auch dadurch ging der komatöse Alkoholkonsum und der Blutalkohol-Spiegel zurück. Das deute darauf hin, so die Autorinnen und Autoren, dass die PDE4-Hemmung im Gehirn allein ausreicht, um den Alkoholkonsum zu reduzieren.
An Menschen
Die Wirkung von Apremilast wurde dann an nicht behandlungsbedürftigen Probanden mit mittelschwerer Alkoholabhängigkeit ("Alkoholmissbrauch-Erkrankung") getestet. Anfangs waren das 51 Probanden, die seit über zehn Jahren stark getrunken hatten. In der Apremilast- sowie in der Placebo-Gruppen waren gleich viel Männer und Frauen mit annähernd gleichen Ausgangswerten für Entzündungen (CRP). Nur 41 Teilnehmende machten die Studie bis zum Ende des 11. Tages mit.
Im Vergleich zum Placebo verringerte Apremilast
- deutlich die Anzahl der Getränke pro Tag (2,74 weniger gegenüber 0,48 in der Placebo-Gruppe)
- die Wahrscheinlichkeit eines schweren Trinktages (8x weniger gegenüber der Placebo-Gruppe).
Apremilast-Patienten, die höhere Ausgangswerte hatten als der Durchschnitt, verringerten ihr Verlangen nach Alkohol schneller als Placebo-Probanden. In der 2-wöchigen Nachbeobachtungsphase unterschieden sich die Gruppen nicht beim Wiederaufnehmen des Trinkverhaltens (Reboundtrinken).
Es traten keine schweren oder schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf. Bekannte Nebenwirkungen von Apremilast (Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen und Schläfrigkeit) führten nicht dazu, dass Probanden den Test abbrachen. Weshalb trotzdem zehn Teilnehmer abgesprungen sind, erwähnt die Studie nicht.
Zusammenfassend gehen die Autorinnen und Autoren davon aus, dass Apremilast eine weitere Therapieoption gegen chronischen Alkoholmissbrauch werden kann. Damit könne man bei Betroffenen sowohl die täglich konsumierte Alkoholmenge als auch die Häufigkeit schwerer Trinkepisoden verringern (Anti-Craving-Effekt).
Einschränkungen
Apremilast wird nicht gegeben, wenn Patienten an Depressionen erkrankt sind. Das aber wird bei Alkoholikern vermutlich häufiger vorkommen. Ungeklärt ist, ob der Wirkstoff in sehr seltenen Fällen zu Suizidgedanken oder suizidalem Verhalten führt. Eine entsprechende Warnung gibt es seit 2016. Es ist nie wissenschaftlich geklärt worden, ob diese Gedanken nicht eher mit der Schuppenflechte selbst zusammenhängen. Denn auch andere Pso-Medikamente weisen solche Fälle auf. Mehr unter "Wie Schuppenflechte und Selbstmorde zusammenhängen".
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