Medikamente, die das Zytokin IL-23 blockieren, gibt es bislang nur in Spritzenform. Forscher haben die Wirkstoff-Art in Tablettenform gebracht. Ein Team, unter anderem aus Kiel, hat nun gezeigt: Auch in Tablettenform ist das Medikament wirksam.
IL-23 spielt eine Schlüsselrolle im Entzündungsprozess der Schuppenflechte. Durch die gezielte Blockade dieses Zytokins kann die überaktive Immunreaktion, die für die Entzündung der Haut verantwortlich ist, effektiv eingedämmt werden. Die bisherigen Therapien basierten auf komplexen Molekülen, die nicht als Tablette oder Kapsel aufgenommen werden konnten, weil sie im Verdauungstrakt zerkleinert würden. Der neue Wirkstoff hingegen ist klein genug, um den Weg durch den Verdauungstrakt unbeschadet zu überstehen und so die Entzündungszellen effektiv zu erreichen. Die neue Therapie ermöglicht es den Patienten also, ihre Medikation einfach zu schlucken – für viele eine erhebliche Erleichterung im Alltag. Und: Sie muss nicht wie die Biologika gekühlt werden.
Professor Sascha Gerdes vom Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) in Kiel war an der Studie beteiligt. Er berichtete von Ergebnissen einer Studie: Die Symptome der Schuppenflechte, wie Hautrötungen, Verdickungen, Schuppung und Juckreiz, gingen innerhalb weniger Wochen deutlich zurück oder verschwanden sogar komplett.
In der Studie nahmen die Teilnehmer ein- oder zweimal am Tag eine Tablette ein. Nach 16 Wochen wurde ein Fazit gezogen:
Dosierung von JNJ-77242113 | Verbesserung der Psoriasis nach 16 Wochen um... |
---|---|
25 mg einmal täglich | 37% |
25 mg zweimal täglich | 51% |
50 mg einmal täglich | 58% |
100 mg einmal täglich | 65% |
100 mg zweimal täglich | 79% |
Placebo | 9% |
Weil die Corona-Pandemie in die Studienzeit fiel, zählte auch Covid-19 zu den Nebenwirkungen. Die Zahl derer, die daran erkrankten, war in beiden Gruppen ähnlich – also bei denen, die eine Tablette mit Wirkstoff erhalten hatten oder ohne. Die zweithäufigste Nebenwirkung war eine Nasopharyngitis – eine Nasenrachenentzündung. Die bekamen fünf Prozent der Placebo- und sieben Prozent der anderen Teilnehmer.
Diese Medikamenten-Entwicklung ist nicht nur für Menschen mit Schuppenflechte ein Grund zur Hoffnung. Da IL-23 auch bei anderen chronischen Entzündungserkrankungen eine Rolle spielt, könnte die neue Therapieform potenziell auch bei der Behandlung von Krankheiten wie chronischen Darmentzündungen und rheumatischen Erkrankungen zum Einsatz kommen.
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Nach den Ergebnissen der Phase-2-Studie steht nun eine umfangreichere und länger angelegte Phase-3-Studie bevor. In dieser letzten klinischen Studienphase vor einer möglichen Zulassung des Medikaments soll die Wirksamkeit und Verträglichkeit an mehr als 1500 Patienten weltweit über mehrere Jahre hinweg getestet werden.
Am Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein wurden bereits erste Patienten in diese neue Studienphase aufgenommen. Auch die Uni-Hautkliniken in Münster und Tübingen suchen bereits Patienten ab einem Alter ab 12 Jahren für das Studienprogramm.
Zugelassene Wirkstoffe, die auch IL-23 blockieren, sind zum Beispiel:
- Ustekinumab: Dieses Medikament blockiert die Wirkung von IL-12 und IL-23 und wird unter dem Handelsnamen Stelara vermarktet.
- Guselkumab: Verkauft als Tremfya, zielt dieses Medikament spezifisch auf IL-23 ab.
- Tildrakizumab: Auch dieses Medikament, bekannt unter dem Namen Ilumya, blockiert IL-23.
- Risankizumab: Handelsname Skyrizi, ist ebenfalls ein IL-23-Inhibitor.
Der neue Wirkstoff in Tablettenform hat noch keinen sinnvollen Namen, sondern trägt noch das Kürzel JNJ-77242113 oder JNJ-2113 oder PN-235. Hersteller ist die Firma Janssen. Bis der Wirkstoff auf den Markt kommt, werden noch einige Jahre vergehen:Für gewöhnlich dauern Phase-III-Studien mehrere Jahre.
Studien haben seit einigen Jahren immer mehr oder weniger fantasievolle Bezeichnungen. Die für JNJ-77242113 heißen Frontier. In Frontier-1 wurde untersucht, wie das Medikament bis zu Woche 16 wirkt. In Frontier-2 ging es dann um die Wirkung von Woche 16 bis 52.
Upate November 2024: Der. Wirkstoff heißt Icotrokinra. Mehr über Studienergebnisse (und um wieviel Geld es dabei auch geht) ergibt sich aus dieser Veröffentlichung.
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