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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Von Spritzen zur Tablette: Neues Psoriasis-Medikament in der Entwicklung

    Medikamente, die das Zytokin IL-23 blockieren, gibt es bislang nur in Spritzenform. Forscher haben die Wirkstoff-Art in Tablettenform gebracht. Ein Team, unter anderem aus Kiel, hat nun gezeigt: Auch in Tablettenform ist das Medikament wirksam.

    IL-23 spielt eine Schlüsselrolle im Entzündungsprozess der Schuppenflechte. Durch die gezielte Blockade dieses Zytokins kann die überaktive Immunreaktion, die für die Entzündung der Haut verantwortlich ist, effektiv eingedämmt werden. Die bisherigen Therapien basierten auf komplexen Molekülen, die nicht als Tablette oder Kapsel aufgenommen werden konnten, weil sie im Verdauungstrakt zerkleinert würden. Der neue Wirkstoff hingegen ist klein genug, um den Weg durch den Verdauungstrakt unbeschadet zu überstehen und so die Entzündungszellen effektiv zu erreichen. Die neue Therapie ermöglicht es den Patienten also, ihre Medikation einfach zu schlucken – für viele eine erhebliche Erleichterung im Alltag. Und: Sie muss nicht wie die Biologika gekühlt werden.

    Professor Sascha Gerdes vom Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) in Kiel war an der Studie beteiligt. Er berichtete von Ergebnissen einer Studie: Die Symptome der Schuppenflechte, wie Hautrötungen, Verdickungen, Schuppung und Juckreiz, gingen innerhalb weniger Wochen deutlich zurück oder verschwanden sogar komplett.

    In der Studie nahmen die Teilnehmer ein- oder zweimal am Tag eine Tablette ein. Nach 16 Wochen wurde ein Fazit gezogen:

    Dosierung von JNJ-77242113 Verbesserung der Psoriasis nach 16 Wochen um...
    25 mg einmal täglich 37%
    25 mg zweimal täglich 51%
    50 mg einmal täglich 58%
    100 mg einmal täglich 65%
    100 mg zweimal täglich 79%
    Placebo 9%

    Weil die Corona-Pandemie in die Studienzeit fiel, zählte auch Covid-19 zu den Nebenwirkungen. Die Zahl derer, die daran erkrankten, war in beiden Gruppen ähnlich – also bei denen, die eine Tablette mit Wirkstoff erhalten hatten oder ohne. Die zweithäufigste Nebenwirkung war eine Nasopharyngitis – eine Nasenrachenentzündung. Die bekamen fünf Prozent der Placebo- und sieben Prozent der anderen Teilnehmer.

    Diese Medikamenten-Entwicklung ist nicht nur für Menschen mit Schuppenflechte ein Grund zur Hoffnung. Da IL-23 auch bei anderen chronischen Entzündungserkrankungen eine Rolle spielt, könnte die neue Therapieform potenziell auch bei der Behandlung von Krankheiten wie chronischen Darmentzündungen und rheumatischen Erkrankungen zum Einsatz kommen.

    Erfahrungen von Menschen mit Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis: Schau Dich in unserem Forum um.

    Nach den Ergebnissen der Phase-2-Studie steht nun eine umfangreichere und länger angelegte Phase-3-Studie bevor. In dieser letzten klinischen Studienphase vor einer möglichen Zulassung des Medikaments soll die Wirksamkeit und Verträglichkeit an mehr als 1500 Patienten weltweit über mehrere Jahre hinweg getestet werden.

    Am Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein wurden bereits erste Patienten in diese neue Studienphase aufgenommen. Auch die Uni-Hautkliniken in Münster und Tübingen suchen bereits Patienten ab einem Alter ab 12 Jahren für das Studienprogramm.

    Zugelassene Wirkstoffe, die auch IL-23 blockieren, sind zum Beispiel:

    • Ustekinumab: Dieses Medikament blockiert die Wirkung von IL-12 und IL-23 und wird unter dem Handelsnamen Stelara vermarktet.
    • Guselkumab: Verkauft als Tremfya, zielt dieses Medikament spezifisch auf IL-23 ab.
    • Tildrakizumab: Auch dieses Medikament, bekannt unter dem Namen Ilumya, blockiert IL-23.
    • Risankizumab: Handelsname Skyrizi, ist ebenfalls ein IL-23-Inhibitor.

    Der neue Wirkstoff in Tablettenform hat noch keinen sinnvollen Namen, sondern trägt noch das Kürzel JNJ-77242113 oder JNJ-2113 oder PN-235. Hersteller ist die Firma Janssen. Bis der Wirkstoff auf den Markt kommt, werden noch einige Jahre vergehen:Für gewöhnlich dauern Phase-III-Studien mehrere Jahre.

    Studien haben seit einigen Jahren immer mehr oder weniger fantasievolle Bezeichnungen. Die für JNJ-77242113 heißen Frontier. In Frontier-1 wurde untersucht, wie das Medikament bis zu Woche 16 wirkt. In Frontier-2 ging es dann um die Wirkung von Woche 16 bis 52.


    Upate November 2024: Der. Wirkstoff heißt Icotrokinra. Mehr über Studienergebnisse (und um wieviel Geld es dabei auch geht) ergibt sich aus dieser Veröffentlichung.


    Über die Autorin

    Claudia Liebram ist Journalistin in Berlin. Ihre Psoriasis begann, als sie drei Jahre alt war. Sie absolvierte den Masterstudiengang "Consumer Health Care" an der Berliner Charité.

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    Towfiqu Barbhuiya / Unsplash

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    Empfohlene Kommentare

    Hallo Claudia,

    danke für die Info.

    Medikamente in Tablettenform, die das Zytokin IL 23 blockieren und hoffentlich auch genau so wirkungsvoll und nebenwirkungsarm sind wie die Injektionen, wären eine wirkliche Bereicherung. Damit würde das strikte Einhalten der Kühlkette und das Verabreichen der Spritzen selbst entfallen was im Alltag schon sehr hilfreich wäre, erst recht natürlich bei Urlaubsreisen und Langstreckenflügen.

    Wenn jetzt erst die Phase III Studie mit  "JNJ-77242113" beginnt, heißt es aber wohl "sich in Geduld üben".

    Ich bin gespannt.

    LG Hosta

    • + 1
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    Ich bin froh das ich mir mein Biologika spritzen kann, lehne Tabletten immer ab. Bei einer chronischen Entzündung der Magenschleimhaut, lehne die Protonenhämmer wegen der NW ebenfalls ab. Für Menschen mit Spritzenphobie oder beruflich viel unterwegs sind, sicher eine Alternative.

    Lg. Lupinchen

    bearbeitet von Lupinchen
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    Wenn es dann auch noch gegen Psoriasis Arthritis erfolgreich wirkt, wäre das echt großartig. Und alles vereinfachen, weil man sich dann nicht mehr spritzen muss, was doch oft auch Überwindung braucht, sich selbst zu pieksen

    bearbeitet von Daggi61
    Falsch geschrieben
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    Ich werde mich mal etwas intensiver damit beschäftigen. Hab gerade das Angebot bekommen, an der Phase III teilzunehmen. Bin noch etwas unschlüssig. Bisher hab ich nur erfolglos gecremt. 

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    vor 19 Minuten schrieb basti150677:

    Hab gerade das Angebot bekommen, an der Phase III teilzunehmen. Bin noch etwas unschlüssig.

    Wow 🤗
    Darf ich fragen, warum Du zögerst? Hast Du konkrete Infos dazu, wieviel mg man Dir da täglich verabreichen würde - und mit welchen Nebenwirkungen dabei zu rechnen ist?
    Wenn ich das oben richtig interpretiere, hängt der Erfolg der Therapie entscheidend von der täglichen Dosis mit ab. Anderseits könnte es sein, dass bei einer hohen Dosis wiederum auch mit mehr NW zu rechnen ist. Da wäre es dann gut im Vorfeld bereits zu wissen, mit welchen konkret. Dann kannst Du das für Dich abwägen. Ich glaube, die Studie wieder verlassen könnte man bei Unverträglichkeiten oder evtl. zu schlimmen NW jederzeit, oder nicht?

    LG 🙋🏻‍♀️ Christiane 

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    Hier noch eine evtl. mögliche Technik aus der Forschung einer neuen medikamentösen Applikation, statt Spritzen.

    Nanokeramik-Sterne geben Psoriasis-Patienten neue Hoffnung? 

    https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/medizin/nanokeramik-sterne-geben-psoriasis-patienten-neue-hoffnung/

    Zitat

    eine vielversprechende Lösung für die Behandlung von Hautkrankheiten. Sie ermöglichen es, therapeutische Moleküle tief in die Haut zu schleusen, ohne invasive Eingriffe.

    AU=Dominik Hochwarth, Ingenieur.de, 2.10.2024

    Zitat

    Die Anwendung der Nanokeramik-Sterne erfolgt in Form eines Gels, das direkt auf die Haut aufgetragen wird. „Es fühlt sich an wie ein Schrubben auf der Haut“, beschreibt Stuer. Nach wenigen Sekunden wird das überschüssige Gel entfernt, während die Sterne ihre Wirkung entfalten. Diese Methode ist nicht nur effektiv, sondern auch angenehm für die Betroffenen.

    Die dreidimensionalen Sterne aus Aluminiumoxid, entwickelt im Projekt „StarCURE“, öffnen die Hautbarriere für einen kurzen Moment. „Die winzigen Mikroverletzungen, die die Sterne verursachen, schließen sich schnell wieder“, erklärt Michael Stuer, einer der leitenden Forscher. Doch in dieser Zeit können Wirkstoffe, wie die siRNA-Moleküle, tiefer in die Haut eindringen und dort gezielt wirken.

    SiRNA, auch „small interfering RNA“ genannt, ist ein modernes therapeutisches Werkzeug. Diese Moleküle greifen in die Proteinproduktion des Körpers ein, indem sie bestimmte Gene gezielt blockieren. Bereits jetzt gibt es Medikamente auf Basis von siRNA, die bei genetischen Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen eingesetzt werden. Doch um solche Wirkstoffe bei Hautkrankheiten anzuwenden, müssen sie die Hautbarriere überwinden – eine Hürde, die mit den Nanokeramik-Sternen effektiv umgangen werden kann.

    Der aktuelle Plan sieht vor, das keramische Material durch Biopolymere oder Bioglas zu ersetzen. „Das würde es ermöglichen, die Sterne nach der Anwendung einfach abzuwaschen“, so Stuer.

    Ich würde diese neue Technik aus mehrerlei Gründen bei mir nicht anwenden wollen:

    - die Materialien Aluminiumoxid, Biopolymer, Bioglas sind mir suspekt (kann eine Entzündung, analog Asbest ua, und Kanzerogenität ausgeschlossen werden?)

    - "Schrubben" auf der Haut oder Mikroverletzungen könnten bei mir zu einem Super-Pso-Schub führen (es können so auch leichter Umwelt-Allergene in die Haut eintreten, die bei mir wiederum einen Schub auslösen) 

    - tiefes Eindringen von Material und/oder Medikament (1990, Warnung meiner Ärzte und für mich heute müsste da erst eine Unbedenklichkeit nachgewiesen werden)

    - Geneblockaden müssten auch erst genauer auf Unbedenklichkeit untersucht werden

    Die Idee ist gut, aber für mich ist es noch keine gangbare Methode.

    bearbeitet von Burg
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