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    Neues und Bewährtes zur Psoriasis 2024

    Im Juli waren wir bei der FOBI 2024 in München – einem Fortbildungskongress für Hautärzte. Vieles, was wir in „Neues und Bewährtes zur Psoriasis im Jahre 2023“ berichtet haben, wurde aufgegriffen und vertieft. Einige Neuigkeiten für uns Menschen mit Schuppenflechte gab es aber doch.

    Als zukunftsweisende Neuentwicklung gelten die Janus-Kinase-Hemmer. In nächster Zeit werden mehrere äußerlich und innerlich anzuwendende JAK-Präparate verfügbar sein. Es wird außerdem Tabletten mit Biologika-Wirkstoffen geben.

    Ein Schwerpunkt waren die Psoriasis-Gedächtniszellen, die durch frühzeitige Behandlung zurückgedrängt werden können. Ein anderer Schwerpunkt waren die Ausnahmefälle, in denen Biologika verschrieben werden dürfen, obwohl die Zulassung das nicht vorsieht.

    Vereinzelt wurde bezweifelt, ob „altehrwürdige“ Wirkstoffe wie MTX und Fumarsäure oder Bestrahlung noch geltender Stand der Wissenschaft seien.

    Psoriasis war weniger Thema bei den wissenschaftlichen Vorträgen, dafür umso häufiger bei den Veranstaltungen der Pharmafirmen. Vor allem auf diesen "Industriesymposien" werden Studien vorgestellt und von Experten interpretiert. 

    Ja, der Artikel ist lang! Aber Ihr könnt in der Übersicht die Themen anklicken, die Euch interessieren.

    Für schnelle Leser

    • Der TYK-2 Hemmer Deucravacitinib (Sotyktu) verliert auch nach vier Jahren nicht an Wirkung; die Nebenwirkungen gehen um die Hälfte zurück, schwere Nebenwirkungen bleiben gleich hoch.
    • Wessen Psoriasis erst zwei Jahre andauert, sollte gleich mit einem IL-23-Hemmer behandelt werden. Damit können Gedächtniszellen zurückgedrängt und langfristig eine schwere Psoriasis vermieden werden. Möglicherweise auch eine Psoriasis Arthritis.
    • Damit Betroffene sofort mit einem Biologikum behandelt werden dürfen, sollten sie bei der Untersuchung alle (auch schambehaftete) Stellen zeigen und alle (auch peinlichen) Probleme erwähnen. Gehören die zu den „Upgrade-Kriterien“, reicht eines davon aus.
    • Konventionelle Therapien (v.a. MTX, Fumarate, Bestrahlung) geraten in Verruf, weil sie im Vergleich zu neuen Wirkstoffen deutlich schlechter wirken und Begleiterkrankungen nicht beeinflussen.
    • Methotrexat (MTX) hält Gelenkzerstörungen bei der Psoriasis Arthritis (PsA) nicht besser auf als ein Placebo. Alle vorgelegten Studien dazu entsprechen nicht dem aktuellen wissenschaftliche Standard. 
    • Es ist noch unklar, wann die Tacrolimus-Emulsion Sumilo auf den Markt kommt.

    Die Einzelheiten

    Vierjahres-Ergebnisse für TYK2-Hemmer

    Von den TYK-2-Hemmern ist bisher nur Deucravacitinib (Sotyktu) für die Behandlung der Schuppenflechte zugelassen. Darüber haben wir ausführlich berichtet ("Tablette statt Spritze"). Die Professoren Astrid Schmieder (Würzburg) und Andreas Pinter (Frankfurt) legten aktuelle Daten von Patienten vor. Die wurden vier Jahre lang mit dem Wirkstoff behandelt. Das ist natürlich aussagekräftiger als die Ergebnisse der Zulassungsstudien. Die haben nur 16 Wochen gedauert.

    Es zeigte sich, dass die Wirkung von Deucravacitinib auch nach über vier Jahren nicht nachlässt. Im Vergleich zum Beginn der Therapie ist die Schuppenflechte dauerhaft zurückgegangen: Bei über 70 Prozent der Patienten um 75 Prozent (PASI 75). Knapp 50 Prozent erreichten sogar einen PASI 90.

    Die Zahl schwerer Nebenwirkungen ist nur leicht zurückgegangen. Sie betrug fünf Fälle pro 100 Patientenjahre. Alle anderen Nebenwirkungen gingen nach vier Jahren durchgängig um die Hälfte zurück. Das sind vor allem Nasen-/Rachenentzündungen, Atemwegsinfektionen, Kopfschmerzen, Durchfall und Gelenkschmerzen. Die Laborwerte blieben weiterhin unauffällig.

    Deucravacitinib darf grundsätzlich nur dann verschrieben werden, wenn vorher andere Medikamente nicht gewirkt haben ("second line label“). Professor Pinter wies darauf hin, dass es aber möglich sei, es sofort zu verschreiben: wenn im konkreten Fall die Psoriasis derart schwer ist, dass konventionelle Wirkstoffe nicht helfen würden.

    Und die Nebenwirkungen?

    • Es traten im Laufe der 4 Jahre keine neuen Nebenwirkungen auf. Das Sicherheitsprofil blieb gleich.
    • Die Rate der Nebenwirkungen sank von 229,2 pro 100 Patientenjahre im 1. Jahr auf 131,7 im 4. Jahr.
    • Schwere Nebenwirkungen und Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen nahmen ebenfalls ab.
    • Die Häufigkeit von Gürtelrose, Krebs, schweren Herz-Kreislauf-Ereignissen, Venenthrombosen und Todesfällen ging zurück oder blieb stabil.

    Psoriasis nicht chronisch werden lassen

    Erst seit einigen Jahren weiß man, dass es Gedächtniszellen gibt, die ins Spiel kommen, wenn eine Schuppenflechte reaktiviert wird. Sie bilden sich als „immunologisches Gedächtnis“ an den Hautstellen, an denen Psoriasis-Läsionen entstehen. Wenn dann die Entzündung durch die Behandlung zurückgeht, bleiben diese Zellen weiterhin dort im Gewebe. Deshalb bildet sich die Schuppenflechte immer wieder an den gleichen Stellen.

    Das ergab die GUIDE-Studie, die deshalb in der Fachwelt für erhebliche Furore gesorgt habe, so Professor Pinter. Es wurde untersucht, wie der Interleukin-23-Hemmer Guselkumab (Tremfya) bei Patienten mit unterschiedlich langer Krankheitsdauer wirkt. Es zeigte sich, dass diejenigen am besten und schnellsten auf den Wirkstoff reagierten, die nicht länger als zwei Jahre an Psoriasis erkrankt waren. Nach 68 Wochen hatten 93 Prozent der Kurzzeit-Erkrankten einen absoluten PASI< 3, sind also nur noch minimal beeinträchtig. Der PASI misst den Schweregrad (Hautrötung, Plaque-Dicke, betroffene Körperoberfläche) auf einer Scala von 0-72.  Aus dieser Gruppe waren sogar 81,1 Prozent komplett erscheinungsfrei. Dieses Ergebnis hielt noch 18 Monate nach Absetzen des Biologikums an. Von den Langzeit-Erkrankten erreichten dagegen nur 38,1 Prozent eine völlige Abheilung (absoluter PASI =0). Patienten, die derart gut auf den Wirkstoff reagieren, werden „Super-Responder“ genannt. Wird ihnen das Medikament nach einer Pause wieder gegeben, wirkt es so gut wie vorher.

    Die GUIDE-Studie hat gezeigt, dass die Zahl der Gedächtniszellen in der Haut kontinuierlich zurückgeht, wenn das IL- 23 blockiert wird. Nach wenigen Wochen gleicht das Hautgewebe an den Psoriasis-Stellen dem einer normalen Haut. Es gebe aber nur ein kurzes Zeitfenster, in dem man eingreifen könne, damit eine Psoriasis nicht chronisch wird, so Professorin Petra Staubach (Mainz). Seit man das weiß, wird empfohlen, bei kurzzeitig Erkrankten nicht lange mit anderen Therapien herumzuprobieren, sondern gleich mit einem IL-23-Hemmer zu behandeln. Professor Khusru Asadullah (Potsdam) spricht vom Therapie-Prinzip „smart and early“ – rät also, klug und frühzeitig zu behandeln.

    Damit werde eine Schuppenflechte zwar nicht völlig verhindert, aber man habe sie unter Langzeitkontrolle, so Dr. Ralph von Kiedrowski (Selters). Vermutlich könne man durch frühzeitige Behandlung auch einer Psoriasis Arthritis entgegenwirken: Denn das IL-23 ist wesentlich an der Entstehung der PsA beteiligt. Professor Pinter vermutet, dass die frühzeitige Behandlung mit allen IL-Blockern wirkt, weil das Interleukin 23 die Gruppe der IL-17 aktiviert.

    Professor Ulrich Mrowietz (Kiel) wies darauf hin, dass Kurzzeit-Erkrankte nicht nur frühzeitig behandelt werden sollten. Sie müssten von Anfang an in ein Netzwerk aus Arztpraxis, Familie und anderen eingebunden werden, das sie unterstützt, um die Belastungen möglichst gering zu halten.

    Biologika wenn’s besonders schlimm ist

    Die Psoriasis-Leitlinie nennt Fälle, in denen sofort mit einem Biologikum behandelt werden darf. Konventionelle Therapien (Bestrahlung, Fumarate, Methotrexat) müssen dann nicht vorher ausprobiert werden. (Therapie-Empfehlungen und Ausnahmen). Es reicht aus, dass eines dieser „Upgrade-Kriterien“ vorliegt. Dr. Nina Magnolo (Münster) plädierte dafür, in diesen Fällen auch Kinder gleich mit einem für sie zugelassenen Biologikum zu behandeln. Nicht aufgenommen sei eine schwere Fußnagel-Beteiligung, so Professor Johannes Wohlrab (Halle). Professor Pinter geht davon aus, dass diese Upgrade-Kriterien nicht nur für Biologika gelten. Wenn eine Psoriasis derart schwer ist, dass konventionelle Wirkstoffe erfahrungsgemäß nicht helfen, dürfte auch Deucravacitinib (Sotyktu) sofort verschrieben werden.

    Es wurde allgemein beklagt, dass Psoriasis-Patienten eher zurückhaltend seien. Bei der Untersuchung würden oft nicht alle Stellen gezeigt werden. Niemand sollte sich scheuen, die Hautärztin darauf hinzuweisen, wenn eines dieser Upgrade-Kriterien vorliegt. Vor allem wenn es um schambesetzte Bereiche geht, wie z.B. die Genitalien oder den Po. Aber auch eher peinliche Probleme, die man im Alltag mit seiner Umwelt oder in der Partnerschaft hat (Stigmatisierung, Diskriminierung, gestörtes Liebesleben u.m.). Die Dermatologen sollen eigentlich bei der Untersuchung danach fragen!

    Eigentlich darf ein Biologikum nur für die Fälle verschrieben werden, für die es zugelassen ist. Die Upgrade-Kriterien gehören nicht dazu. Sie stehen zwar in der Leitlinie, gelten aber lediglich als Empfehlungen. Allerdings spiegeln die Leitlinien den aktuellen „allgemein anerkannten fachlichen Standard“ wider. Solche Upgrade-Kriterien für die Behandlung mit Biologika gibt es nur in Deutschland. Sie werden grundsätzlich von den Krankenkassen anerkannt.

    Konventionelle Therapien wirken schlecht

    Professor Sascha Gerdes (Kiel) bezeichnete die klassischen („konventionellen“) Psoriasis-Therapien als „nicht mehr state of the art“.

    • Sie würden bei zu wenig Patienten zu langsam wirken. So werde z.B. der PASI 75 bei Methotrexat (MTX) bei nur 45 Prozent nach 52 Wochen erreicht. Mit einem Biologikum sei es zehnmal so wahrscheinlich, einen PASI 75 zu erreichen wie mit einem Fumarat. Standard sei aber heutzutage PASI 90, den man mit neuen Medikamenten bei über 70 Prozent der Patienten erreicht.
    • Sie würden nicht das Risiko für Begleiterkrankungen senken, z.B. Herz-/Kreislauferkrankungen, chronische, Darmentzündung aber auch Gelenke, sondern nur auf die Haut wirken.
    • Britische Registerdaten zeigen, dass zum Beispiel 50 Prozent der MTX-Patienten die Therapie wechseln.

    Er plädierte dafür, diese Therapien aus den Leitlinien zu streichen. Man vergeude wichtige Zeit, weil man mit "schlechten Medikamenten herumdoktere". Selbst finanziell würde sich die Behandlung mit den preiswerteren Präparaten nicht lohnen, wenn man alles mit einberechne.

    Nach wie vor seien Fumarsäure und MTX die bei uns am meisten verschriebenen Wirkstoffe, so Professor Pinter. Er finde es in Ordnung, eines von beiden zu verschreiben, bevor man auf die neuen wechsele.

    Tabletten oder Pen?

    Die besten Ergebnisse erzielen zur Zeit Psoriasis-Wirkstoffe, die gespritzt werden. Trotzdem bevorzugen viele Tabletten o.ä. (Tablette statt Spritze). Apremilast (Otezla) und Deucravacitinib (Sotyktu) wirken gut, aber etwas schwächer als die Biologika. In Zukunft werden auch Interleukin-Hemmer, die bisher injiziert wurden (IL-17i + IL23i), als Tabletten zur Verfügung stehen.

    Professorin Schmieder gab zu Bedenken, dass man eher vergesse, täglich eine Tablette einzunehmen als in größeren Abständen einen Wirkstoff zu spritzen. Anders bei Patienten, die sowieso schon täglich Pillen einnehmen müssen. Ratsam ist, eine sichere Möglichkeit zu finden, wie man täglich an die Einnahme erinnert wird. So kann man die Tabletten so auffällig deponieren, dass man sie nicht übersehen kann. Oder man hat auf dem Smartphone eine Erinnerungs-App.  

    Tacrolimus bei Kopf-Psoriasis

    Im Februar 2024 wurde die Tacrolimus-Emulsion Sumilor zur Behandlung der Schuppenflechte auf der Kopfhaut zugelassen. Wir haben ausführlich über das neue Medikament berichtet (siehe Sumilor, eine tacrolimushaltige Emulsion - die kortisonfreie Alternative). Es gibt technische Probleme mit der Verpackung, so dass der Hersteller noch nicht absehen kann, wann das Produkt ausgeliefert und verschrieben werden kann. Wir werden melden, wenn es soweit ist.

    Der Wirkstoff Tacrolimus gehört zur Gruppe der Calcineurin-Inhibitoren. Dazu zählen auch Pimecrolimus und Ciclosporin. Alle hemmen das Enzym Calcineurin. Das benutzt Zytokine, um Entzündungssignale ans Immunsystem weiterzugeben. Dieser Signalweg wird unterbrochen. Calcineurin-Hemmer werden seit langem bei der Neurodermitis eingesetzt. Sie gelten als nebenwirkungsarme Alternative zu kortisonhaltigen Salben, Cremes oder Emulsionen.

    Aufgeschnappt

    • Es gibt Fälle, bei denen die gute Behandlung der Psoriasis dazu führt, dass danach eine verborgene Neurodermitis aktiv, d.h. "demaskiert" wird. In 10% der Fälle läuft es umgekehrt (Prof. Diamant Thaci, Lübeck).
    • Es gibt keine prospektiv-randomisierte Studie, die nachweist, das Methotrexat die Gelenkzerstörung bei der Psoriasis arthritis besser aufhält als ein Placebo (Dr. Philipp Sewerin aus Herne).
    • 95 Prozent der Psoriasis-Patienten kommen nicht darauf, dass ihre anderen Krankheiten etwas mit Psoriasis zu tun haben könnten und umgekehrt (Professor Johannes Wohlrab aus Halle).
    • Tägliches Baden verschlechtert eine Neurodermitis nicht, wenn man sich hinterher die Haut eincremt (Professor Thomas Werfel aus Hannover).

    Frei verkäufliche Produkte, die uns aufgefallen sind

    • Alnovat zur äußerlichen Behandlung einer leichten Psoriasis mit Ölextrakten aus Haselnüssen, Kokosnüssen, Mandeln, Brennnessel und Bittermandel. Dessen Wirkung wurde verglichen mit Calcipotriol (Firma: AlnaPharm)
    • Kertyol P.S.O. für die Kopfhaut als Shampoo (mit Ichtyol 0,3%, Salicylsäure 2%) oder als Konzentrat (Ichthyol 0,5 %, Polidocanol 1%). (Firma: DUCRAY)
    • Mediderm Shampoo für die Anwendung bei Psoriasis mit weißem Ichthyol. (Firma: Spreewälder Arzneimittel)
    • natuur+ - breite Palette von therapiebegleitenden Produkten mit Blätterextrakt des Neembaums (Pflegecreme und -salbe, Kopfhautöl und -tonic, Nagelbalsam, Body Lotion, Shampoo.) (Firma: Azadivine)
    • Norsan-Omega-3-Fettsäuren mit hohem EPA- und DHA-Anteilen in Kapseln und Fläschchen mit natürlichem Fischöl und für Vegetarier mit Algenöl. (Firma: Norsan)
    • PsoriBene-Gel zur Schuppenentfernung bei Psoriasis mit Fettsäuren, Glyzerin, Jojoba- und Olivenöl. (wurde verglichen mit Loyon, Transkript 94) (Firma: InfectoPharm)
    • Sebexol entzündungsvorbeugendes Haarwasser bei Juckreiz und Spannungsgefühl der Kopfhaut aus Meersalz, Natrium und Milchsäure. (Firma: DEVESA Dr. Reingraber)

    Über den Autoren

    Rolf Blaga hat sich mehr als 28 Jahre lang in der Patienten-Selbsthilfe für Menschen mit Schuppenflechte engagiert. Als Autor fürs Psoriasis-Netz besucht er regelmäßig medizinische Veranstaltungen. Er ist Vorsitzender der AG Medizin und Gesundheit bei Transparency Deutschland.

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    Zitat

    Das ergab die GUIDE-Studie, die deshalb in der Fachwelt für erhebliche Furore gesorgt habe, so Professor Pinter. Es wurde untersucht, wie der Interleukin-23-Hemmer Guselkumab (Tremfya) bei Patienten mit unterschiedlich langer Krankheitsdauer wirkt. Es zeigte sich, dass diejenigen am besten und schnellsten auf den Wirkstoff reagierten, die nicht länger als zwei Jahre an Psoriasis erkrankt waren. Nach 68 Wochen hatten 93 Prozent der Kurzzeit-Erkrankten einen absoluten PASI< 3. D.h. sie hatten nur noch auf weniger als drei Prozent ihrer Hautfläche Psoriasis. 81,1 Prozent aus dieser Gruppe waren sogar komplett erscheinungsfrei. Dieses Ergebnis hielt noch 18 Monate nach Absetzen des Biologikums an. Von den Langzeit-Erkrankten erreichten dagegen nur 38,1 Prozent eine völlig Abheilung (absoluter PASI =0). Patienten, die derart gut auf den Wirkstoff reagieren, werden „Super-Responder“ genannt. Wird ihnen das Medikament nach einer Pause wieder gegeben, wirkt es so gut wie vorher.

    Möglicherweise sind diese Ergebnisse nicht zwingend produktabhängig oder auch mit anderen Produkten oder Therapie-Methoden erzielbar. 

    Zitat

    Erst seit einigen Jahren weiß man, dass es Gedächtniszellen gibt, die ins Spiel kommen, wenn eine Schuppenflechte reaktiviert wird. Sie bilden sich als „immunologisches Gedächtnis“ an den Hautstellen, an denen Psoriasis-Läsionen entstehen. Wenn dann die Entzündung durch die Behandlung zurückgeht, bleiben diese Zellen weiterhin dort im Gewebe. Deshalb bildet sich die Schuppenflechte immer wieder an den gleichen Stellen.

    Zitat

    Die GUIDE-Studie hat gezeigt, dass die Zahl der Gedächtniszellen in der Haut kontinuierlich zurückgeht, wenn das IL- 23 blockiert wird. Nach wenigen Wochen gleicht das Hautgewebe an den Psoriasis-Stellen dem einer normalen Haut. Es gebe aber nur ein kurzes Zeitfenster, in dem man eingreifen könne, damit eine Psoriasis nicht chronisch wird, so Professorin Petra Staubach (Mainz). Seit man das weiß, wird empfohlen, bei kurzzeitig Erkrankten nicht lange mit anderen Therapien herumzuprobieren, sondern gleich mit einem IL-23-Hemmer zu behandeln. Professor Khusru Asadullah (Potsdam) spricht vom Therapie-Prinzip „smart and early“ – rät also, klug und frühzeitig zu behandeln.

    Damit werde eine Schuppenflechte zwar nicht völlig verhindert, aber man habe sie unter Langzeitkontrolle, so Dr. Ralph von Kiedrowski (Selters).

    1989 hatten wir bei einem Seminar in Düsseldorf teilgenommen. Der Psychologe hatte "die Idee", wenn die Haut "gelernt" habe Entzündungen wie Pso, Neurodermitis oa zu erzeugen, dann könne sie es auch wieder (z.B. durch Selbstsuggestion) "verlernen". Bei 2 Langzeiterkrankten hatte diese Methode gesichert keinen Erfolg.

    Bis 1990 hatte ich von jeweils 2 Pso-Erkrankten gehört, dass sie mit der Pso-Behandlung ihrer Hautärzte nicht zufrieden waren und zeitnah dann zu 2 unterschiedlichen Heilpraktikern gingen. Nach 1-2J Therapie dort, waren sie erscheinungsfrei und blieben es noch bei Einem 3J und dem Anderen 5J. Das waren die einzigen Fälle von langanhaltender Erscheinungsfreiheit, von denen ich je erfahren hatte. Einzelheiten weiß ich keine dazu und habe auch nie wieder etwas von den Beiden gehört.

    Hier im Forum schreibt Jemand, dass seine "frischen" Pso-Stellen schneller mit UV günstig zu beeinflussen seien und so auch eine Erscheinungsfreiheit erzielt werden könne.

    Meine "frischen" Pso-Entzündungen kann ich in den ersten Tagen mit z.B. 1-3x Cortison oder Penaten-Creme auch günstig beeinflussen; sie heilen dann auch schneller als die "alten" Stellen ab.

    Ich konnte mal bei einem (üblicherweise 12-wöchigen) Pso-Schub durch Dithranol/UVB den Schub stoppen und war 3 Wochen später erscheinungsfrei. (4-6 Wochen Cortison hatte meine Schübe nie gestoppt - liefen sie im Hintergrund weiter?)

    Pso-Patienten, die z.B. an 3 aufeinander liegenden Jahren am Toten Meer therapierten, erzählten auch von längerer Erscheinungsfreiheit. -Das entspräche auch meiner Erfahrung, je weniger Pso-Stellen ich habe, umso weniger kommen neue dazu.

    Aber Pso-Schübe ausgelöst durch Kontaktallergien, andere Allergien oder mechanischer Beanspruchung der Haut sind bei mir immer heftig, egal in welch gutem Zustand die Haut (erscheinungsfrei) vorher war.

    Deshalb ist es ein sehr interessanter gedanklicher Ansatz, sich den Einfluss von IL-23-Inhibitoren (Tremfya) auf Gedächtniszellen vorzustellen!

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    Am 3.8.2024 um 02:25 schrieb Burg:

    Möglicherweise sind diese Ergebnisse nicht zwingend produktabhängig oder auch mit anderen Produkten oder Therapie-Methoden erzielbar.

    Zumindest für die Biologika, die Interleukin 23 oder IL 17 blockieren, vermutet das auch Prof. Pinter, wie man im Artikel nachlesen kann.

    Ob andere Psoriasis-Therapien einmal entstandene Gedächtniszellen ebenfalls zurückdrängen oder löschen können, ist ein interessanter Aspekt. Ich würde es aber eher bezweifeln, als dass ich es für möglich halte.

    Ich habe noch einmal in den Unterlagen nachgeschaut: Die Annahme, dass es Gedächtniszellen gibt, ist bisher noch eine Hypothese. Das heißt, sie ist abschließend wissenschaftlich noch nicht bewiesen! Das war mir so noch nicht klar! Die Ergebnisse aber sind real: Eine frühzeitige Behandlung mit einem IL-23-Hemmer führt dazu, dass jemand (vermutlich lebenslang) deutlich besser auf die Therapie anspricht 

    Die Annahme zu den Gedächtniszellen lautet: Das Immunsystem ist bekanntlich dazu dazu, sich gegen krankmachende Stoffe von außen zu wehren. Ist das einmal erfolgreich gelungen, so werden in Lymphozyten gespeichert, mit welchen Mitteln das Immunsystem beim nächsten Mal auf genau dieses krankheitserregenden Anti-Gene reagieren soll, z.B. durch Entzündung. So entstehen für jeden Erreger spezielle Gedächtniszellen. Wie das bei der Psoriasis funktioniert, findet man unter "Entzündungsgedächtnis verhindern".  Für die Psoriasis sind als mögliche Gedächtniszellen pathogene Th17-Zellen ausgemacht worden. Die gehen nach Blockade von IL 23 vor allem (fast ausschließlich?) bei "frisch" Erkrankten messbar zurück. 

    Alle konventionellen Therapien (von MTX über Fumarate bis hin zur Bestrahlung) wirken eher breit auf die Entzündung. Es ist zwar möglich, länger damit erscheinungsfrei zu bleiben. Aber sie wirken nicht gezielt auf die Signalgeber der Psoriasis, das Interleukin 23 und anschließend die IL-17-Familie. Obwohl diese Therapien seit Jahrzehnten angewendet werden, ist bisher nicht aufgefallen, dass sie bei kurzer Krankheitsdauer besser anschlagen.

    Es ist natürlich nicht die Haut, die Psoriasis gelernt hat, sondern das Immunsystem. Mit welchen Argumenten soll dieses Organ etwas "verlernen"? Ob und wie genau es durch psychische Methoden möglich ist, Gedächtniszellen zu beeinflussen, müssen Experten klären. Da sollte man nicht mit vereinfachenden Modellen jonglieren! Bekannt ist, dass die Abwehrkräfte geschwächt werden, wenn jemand in einer psychisch labilen Situation ist. Ich habe in meiner Jugend vergeblich viel Geld dafür ausgegeben, weil ich Thorwald Dethlefsen und Rüdiger Dahlke geglaubt habe. In "Krankheit als Weg" stand, man könne Krankheitsinformationen im Gehirn durch Hypnose umprogrammieren. 

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    vor 4 Stunden schrieb Rolf Blaga:

    Ob andere Psoriasis-Therapien einmal entstandene Gedächtniszellen ebenfalls zurückdrängen oder löschen können, ist ein interessanter Aspekt. Ich würde es aber eher bezweifeln als dass ich es für möglich halte.

     

    Dankeschön 🙏.


    Was ich in Deinem Artikel oben noch vermissen würde, ist eine detaillierte Aussage zu den Langzeit-Erkrankten unter einer IL-23-Therapie, die summa summarum erfolgreich behandelt werden konnten. Zwar schreibst Du, dass nur 38,1 Prozent eine völlige Abheilung erreichten (absoluter PASI =0), wie sieht es aber mit einem - ja durchaus erwähnenswertem bis hin zu einem sehr guten - Ergebnis unter dieser Therapie für die Langzeit-Erkranken aus (entspricht vermutlich einem PASI = 5-15 ??).

    Beispielsweise werde ich nun seit > 12 Monaten mit Skyrizi therapiert - und gehe einfach mal davon aus, dass die o.a. Erkenntnisse ebenso auch für den Wirkstoff Riskanizumab gelten. (Zuvor erhielt ich bereits > 24 Monate lang Tremfya). Hinzufügen muss ich noch, dass ich das Medikament im Off-Label Use bekomme, da es gegen die PPP bislang nicht offiziell zugelassen ist (ebensowenig wie zuvor Tremfya).

    Den durch den jüngeren IL-23 Inhibutor (Skyrizi) erzielten Behandlungserfolg würde ich summa summarum mit einer Verbesserung von ca. 90-95% bewerten, wobei das in den 12 Wochen des Spritzen-Intervalls im Bereich der Füße immer leicht hin- und her schwankt. An sich aber ja ein sehr gutes und auch sehr beachtliches Ergebnis, denke ich, oder?
    (Unter Tremfya erzielte ich im 8-Wochen-Intervall zuvor eine dauerhafte Verbesserung der PPP von immerhin auch 85-90%, ebenfalls leicht schwankend, was den Erfolg hier im Bereich der Füße angeht.)

    Hingegen sind meine Hände (und auch Ellenbogen) unter beiden IL-23 Inhibutoren quasi von Anfang an top - maximal sind sie zwischendurch mal leicht rauh, was eine gute Pflegecreme aber in den Griff bekommt.

    Wenn ich nun solche Ergebnisse im Off-Label Use erzielen konnte, könnte ich mir vorstellen, gilt das für die an PSO-Langzeit-Erkrankten womöglich erst recht? Findet sich dazu evtl. auch etwas in Deinen Unterlagen?

    LG 🙋🏻‍♀️🌻 Christiane 

     

    bearbeitet von C.T.H.
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    @Rolf Blaga:

    Falscher Fehler 😨:

    selbstverständlich meine ich in meinem Text oben einen IL-23 Inhibitor (und nicht etwa Inhibutor)! Tage später fällt es mir nun auch schon auf 🙈… sorry… verflixte Fremdworte 🤦‍♀️

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    Am 3.8.2024 um 18:12 schrieb C.T.H.:

    Was ich in Deinem Artikel oben noch vermissen würde, ist eine detaillierte Aussage zu den Langzeit-Erkrankten unter einer IL-23-Therapie, die summa summarum erfolgreich behandelt werden konnten. Zwar schreibst Du, dass nur 38,1 Prozent eine völlige Abheilung erreichten (absoluter PASI =0), wie sieht es aber mit einem - ja durchaus erwähnenswertem bis hin zu einem sehr guten - Ergebnis unter dieser Therapie für die Langzeit-Erkranken aus (entspricht vermutlich einem PASI = 5-15 ??).

    Hallo Christiane!

    Die GUIDE-Studie war die erste, in der untersucht wurde, ob und wie ein Wirkstoff bei Patienten unterschiedlicher Krankheitsdauer wirkt. Das ist für Guselkumab (Tremfya) nun geklärt. Andere Hersteller werdend das für ihre Präparate vermutlich ebenfalls untersuchen.

    Regelmäßig werden alle veröffentlichten Studien danach ausgewertet, wie gut Psoriasis-Medikamente wirken. Die neueste Übersicht ist aus 2023: So bewerten Experten die aktuellen Medikamente gegen Psoriasis. Angegeben wird stets ein PASI-Wert. Der besagt, um wie viel Prozent die Schuppenflechte sich gegenüber der Ausgangslage  verbessert hat: PASI 90 bedeutet eine 90%-ige Abheilung. Dieser Wert wird in den aktuellen Leitlinien als Therapieziel angegeben. Am Ende soll nur noch weniger als drei Prozent der Haut betroffen sein (absoluter PASI < 3).

    Die IL-23-Inhibitoren, die Dich interessieren, sind nicht an der Spitze: PASI 90 erreichten nach sechs Monaten mit Risankizumab (Skyrizi) 26 % der Betroffenen, mit Guselkumab (Tremfya) 22% und mit Tildrakizumab (Ilumetri) sogar nur 17%.

    Bei Langzeitstudien, die 2024 veröffentlicht wurden, finden sich andere Werte: Nach fünf Jahren erreichten bei Risankizumab (Skyrizi) 85 % einen PASI 90 und 52% einen PASI 100 (= völlig Erscheinungsfreiheit). Nach zwei Jahren erreichten bei Guselkumab (Tremfya) 61 % einen PASI 90 und 38% einen PASI 100. Für Tildrakizumab (Ilumetri) gibt es noch keine Langzeitdaten. Wie diese Unterschiede zu erklären sind, ist ein anderes Thema.

    Rolf

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    Lieber Rolf,

    danke für die gute Aufklärung u.a. zum PASI, der bei der PPP gar nicht gemessen wird, weil das befallene Gebiet im Vgl. zur gesamten Körperoberfläche insgesamt zu klein ist. Das erklärte mir damals der Professor so, der mich betreut hat, als ich in 2020 mit Tremfya loslegen konnte.
    (Insofern hatte ich daher auch nicht auf dem Schirm, dass es neben dem PASI auch noch den absoluten PASI als zweiten Wert gibt - habe das dann miteinander verwurschelt - und mit der Annahme 5-15 einen Wert erfunden, den es so überhaupt nicht gibt 🙈.)

    Danke auch für die detaillierte Angabe zu den Langzeitstudien, veröffentlicht in 2024.  Da bin ich mit meinen (persönlichen) bisherigen Werten an %-ual erreichter Verbesserung ja ganz gut dabei ☺️, was mich riesig freut!

    Was ich außerdem noch mit herauslese, ist, dass es bis zum 5. Jahr offenbar dann noch ein weiteres (und sogar hohes) Steigerungspotenzial gibt, was ich bislang überhaupt nicht wusste! Wobei Skyrizi dabei insgesamt bessere Werte erzielt als Tremfya, was sich so ja auch mit meiner eigenen Erfahrung deckt. Was mich ebenfalls sehr freut, da der Wechsel von Tremfya zu Skyrizi somit die absolut richtige Entscheidung war.

    Für Deine Mühe, diese Daten nun noch nachzureichen, sende ich ganz liebe Grüße und sage ganz 💞- lichst DANKESCHÖN!  🙋🏻‍♀️ Christiane 

    bearbeitet von C.T.H.
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