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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Entfernung der Mandeln kann Psoriasis bessern – vielleicht

    Wer immer wieder eine Infektion mit Streptokokken ausbrütet und Schuppenflechte hat, hört zuweilen den Rat, sich die Gaumenmandeln entfernen zu lassen. Was ist da dran?

    Erste Studie

    Im Sommer 2006 stellten Münchner Mediziner um Professor Jörg Prinz das Ergebnis ihrer Forschung und Erfahrung dar: Sie hatten solche Psoriasis-Patienten untersucht, die ihre Schuppenflechte durch eine Streptokokken-Angina bekommen hatten. Dabei stellten sie fest, dass sich in den Mandeln („Tonsillen“) dieser Psoriatiker die gleichen Lymphozyten („T-Zellen“) befinden wie in den psoriatischen Haut. Durch molekular-biologische Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass diese T-Zellen von den Mandeln „gezielt in die Haut einwandern“. Wenn die Mandeln entfernt werden, wird „der Nachschub von krankheitsvermittelnden T-Zellen unterbunden“. Die Psoriasis kann dadurch positiv beeinflusst werden.

    Die Forscher wiesen damals deutlich darauf hin: Die Besserung war nur nachgewiesen für Fälle, in den die Schuppenflechte durch eine Angina verursacht wurde.

    Zweite Studie: Besserung der Psoriasis bei 70 Prozent

    Im Herbst 2014 veröffentlichten US-Forscher eine Studie. Sie wollten wissen, ob sich eine Besserung der Schuppenflechte nach der Entfernung der Mandeln wissenschaftlich beweisen lässt. Sie schauten sich die Datenlage dazu an.

    April W. Armstrong von der Universität von Colorado in Denver (USA) und ihre Kollegen durchforsteten medizinische Studien und Veröffentlichungen der letzten 53 Jahre. Sie wollten feststellen, ob die Mandel-Operation (Fachbegriff: Tonsillektomie) eine Psoriasis bessert. Durchsucht wurden die Datenbanken Medline, Cinahl, Cochrane, Embase, Web of Science und OVID-Datenbanken.

    Schlussendlich kamen 20 Artikel in die engere Auswahl. Darin wurden die Fälle von insgesamt 545 Psoriasis-Patienten erwähnt, denen die Mandeln entfernt worden waren oder entfernt werden sollten. 410 davon unterzogen sich wirklich der Operation. Danach besserte sich die Schuppenflechte bei 290 von ihnen – also bei 70 Prozent der Operierten. Einige berichteten von einer längerfristigen Besserung, bei anderen kam die Psoriasis später wieder.

    15 der 20 gefundenen Artikel hatten für die Forscher einen Nachteil: Es waren Einzelfallberichte oder Studien, in denen eine Kontrollgruppe fehlte.

    Das Fazit der Forscher: Die Entfernung der Mandeln kann eine Option für Patienten mit einer hartnäckigen Schuppenflechte und wiederkehrenden Mandelentzündungen sein. Sie fordern aber Studien, in denen Patienten nach einer Mandel-Operation langfristig beobachtet werden – also Monate und Jahre später erneut befragt werden, wie es ihnen und ihrer Haut geht. Dann erst könne der Nutzen einer Entfernung der Mandeln eindeutig belegt werden.

    Dritte Studie: Lebensqualität steigt nach Mandel-Operation

    Schwedische Forscher konzentrierten sich in einer Studie auf den Aspekt der Lebensqualität. Sie untersuchten 29 Patienten mit einer Plaque-Psoriasis, die in der Vergangenheit immer wieder eine Verschlechterung ihrer Schuppenflechte nach einer Streptokokken-Infektion erlebt hatten. 15 Patienten wurden die Mandeln entfernt, 14 nicht. Zwei Jahre danach wurden sie nach ihrer Lebensqualität, nach Stress (konkreter: mit Psoriasis verbundenem Stress) und nach der Schwere ihrer Schuppenflechte befragt. Diejenigen, bei denen die Mandeln entfernt worden waren, zeigten eine Verbesserung ihrer Lebensqualität um 50 Prozent. Der mit der Psoriasis verbundene Stress war um 60 Prozent zurückgegangen. Und: 87 Prozent der operierten Patienten meinten, dass sich die Entfernung der Mandeln für sie gelohnt hat. Das nüchterne Fazit der Forscher: "Eine Tonsillektomie kann die Lebensqualität bei ausgewählten Patienten mit Plaque-Psoriasis verbessern."


    👉 In unserem Forum berichten Betroffene von ihren Erfahrungen mit einer Mandel-Operation.


    Mandeln entfernen: Gibt es Nebenwirkungen?

    Kann es langfristig zu Nebenwirkungen führen, wenn man sich die Mandeln entfernen lässt? In Dänemark wurden die Daten aller Kinder ausgewertet, denen zwischen 1979 und 1999 die Mandeln entfernt wurden. Es zeigte sich, dass sie langfristig wesentlich anfälliger für Atemwegs- und Infektionskrankheiten sowie für Allergien waren. Es kann, muss aber nicht sein, dass das auch auf diejenigen zutrifft, die sich wegen ihrer Psoriasis die Mandeln haben entfernen lassen.

    In Dänemark wurden die Registerdaten von über 60.000 Kindern ausgewertet, denen bis zum 9. Lebensjahr die Mandeln des Rachens (Adenotomie) oder des Gaumens (Tonsillektomie) oder beide entfernt wurden. Das berichtete die Online-Plattform MedScape im Juni 2018. Diese Kinder erkrankten später 2- bis 3-mal so oft an den oberen Atemwegen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Infektionskrankheiten und Allergien kamen bei ihnen ebenfalls öfters vor, wenn auch nicht so häufig wie Atemwegs-Erkrankungen.

    Untersucht wurde außerdem, ob bestimmte Krankheiten vermieden werden konnten, wenn die Mandeln herausgenommen wurden. Schlafstörungen und Halsentzündungen kamen in dieser Gruppe seltener vor. Nebenhöhlen- und Mittelohr-Entzündungen dagegen häufiger. Nach Psoriasis wurde in dieser Auswertung nicht gefragt.

    MedScape zitiert Prof. Reinhard Berner. Der weist darauf hin, dass die Gaumenmandeln ein Organ des Immunsystems sind. Sie verhindern, dass Bakterien und Viren über die Atemluft oder die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Wenn sie entfernt werden, fällt dieser Filter des Immunsystems weg. Natürlich, so Berner, gebe es Erkrankungen der Mandeln, die trotzdem operiert werden müssen. Dabei seien Nutzen und Risiko stets abzuwägen.

    Die bisherigen Mandel-OP-Studien zur Psoriasis haben alle ihre Schwächen. Meist sind zu wenig Patienten untersucht worden. Aber tendenziell sagen sie aus, dass sich bei 70 Prozent der Operierten die Schuppenflechte verbessert habe. Eine aufwendige Untersuchung aus Island zeigte darüberhinaus, dass sich bei niemanden durch die Entfernung der Mandeln die Psoriasis verschlechtert hat.

    Professor Jörg Prinz weist auf eine Besonderheit hin: Nur bei Patienten, die eine genetische Konstellation HLA-Cw6-positiv haben, konnte eine Streptokokken-Angina als Auslöser für eine Psoriasis nachgewiesen werden. Diesen Patienten würde er empfehlen, sich die Mandeln entfernen zu lassen. Ob man zu dieser Gruppe gehört, kann man durch eine Gen-Diagnostik – einer sogenannten quantitativen Echtzeit-PCR – im Labor feststellen lassen.

    Quellen

    Quellen zum Thema Nebenwirkungen der Mandeln-Entfernung


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    Hallo, ich habe mir ausschließlich nur wegen der Schuppenflechte die Mandeln entfernen lassen. Hatte vorher weder Mandelentzündungen etc.

    Bei mir verbesserte sich die Haut deutlich. Ich würde diesen Schritt immer wieder tun und kann es nur jedem Betroffenen empfehlen. Die Pso ist zwar nicht vollständig verschwunden doch mit diesen vereinzelten Stellen kann ich leben.

    Liebe grüße... Ich.

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    Hallo.

    Ich lebe seit ca. 5-6 Jahren mit der Psorias. Ich sage mal so es gab viele Up's und Down's oftmals wurde es besser und dann auch wieder schlimmer durch einen weiteren Schub, ich hatte nie daran gedacht das es vielleicht mit den Mandeln zutun haben könnte. Vor einem Jahr war ich dann für 10 Tage in einer Hautklinik um die Psorias zu bendigen, leider ohne Erfolg da es nur noch schlimmer meiner Meinung nach wurde, mehrere Partien waren dann betroffen die vor dem stationären Aufenthalt nicht betroffen waren, nach einem kompletten Check-Up durch meinen Arzt in der Klinik meinte er dann man solle vielleicht mal zu einem HNO Arzt der mal die Mandeln anschauen solle, da stellte sich raus das es wohl doch nicht die Mandeln sind die, die Psorias ausgelöst haben. Darauf folgten über monatelange Anginas die nach 3-4 Wochen erst richtig verheilt sind. Mir ist es nie aufgefallen das ich davor auch zum Öfteren Anginas hatte da ich immer gedacht hab es sind nur starke Halsschmerzen mit einem Grippaleninfekt, gab ein langes hin und her. Letztes Jahr hab ich dann den Rekord meiner Laufbahn geknackt 10 Anginas in einem Jahr!! Dann wurde ich zu einem Spezialisten geschickt und er meinte meine Mandeln müssen unbedingt raus da sie nur voll mit Bakterien sind und die Psorias könne davon kommen. Hoffnungen hab ich mir nicht mehr gemacht das die Psorias verschwindet weil der erste Arzt schon meinte es könne sein aber es wieder negativ war. Lange Rede kurzer Sinn ich hab mir am 13.03.2015 die Mandeln entfernen lassen, 2 Tage nach der OP waren schon EINDEUTIGE Besserungen zusehn. Nichts hat mehr geschuppt wie sonst, es war nur noch immer roséartig. Jetzt mittlerweile sind es schon knapp 3 Wochen her, und es wird jeden Tag besser, es sind fast nur noch weiße Flecken da wo mal rote Flecken waren. Ich persönlich kann euch allen nur empfehlen durchzuhalten und euch mehrere Meinungen einzuholen, natürlich muss es bei manchen nicht an den Mandeln liegen.

    Ich wünsche euch allen sehr viel Kraft.Ihr schafft das!

    Liebe Grüße

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    mandelentzündungen haben meine ganze kindheit begleitet! zwischen 5 und 16 jahren habe ich ständig unter mandelentzündungen gelitten! es wurde mit allem möglichen arzneimitteln, hausmittelchen, watte mit heißem fett um den hals gelegt und so weiter und so fort an mir herum experimentiert! dann war ich zweimal bei einem hno arzt zum mandeln kappem! oh oh, was man den kindern früher alles angetan hat! die äthernarkose war das schlimmste an das ich mich bei diesem arzt erinnern kann. ich hatte im ätherrausch immer das gefühl von eimem hochhaus zu fallen und war nach der operation für stunden benebelt! so ging das jahr für jahr weiter, bis zu meinem 16 lebensjahr. wir kamen gerade von einem besuch aus der DDR zurück und meine mandeln waren wieder mal entzündet und aufgebläht wie bälle!

    mandelabszess, entstation, game over! ab ins krankenhaus. das blut war schon dermaßen vergiftet, das ich zwei penicillinspritzen in die arschbacken bekam, noch eine stunde länger gewartet, hätte es mir das lebenslicht ausgeblasen! zwei tage später ging die schnibbelei los! da die mandeln nicht mehr auf "natürlichem weg" mit einer schlinge geholt werden konnten, mußten sie stück für stück rausgeschnitten werden. eine sauprozedur! damals wurde wohl etwas größzügig mit dem skalpell gearbeitet, denn heute muß ich immer höllisch beim trinken aufpassen das ich nichts in die luftröhre bekommen.

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    Ich hatte nach einer Mandelentzündung im März einen heftigen Schub an Schuppenflechte, vorher immer nur ganz wenige, kleine Flecke am Bein, rauh an den Ellenbogen, ging alles relativ schnell wieder weg. Das ganze auch erst seit ein paar Jahren. Diesmal extrem viele rote, schuppende Stellen, auch großflächig verbunden, hauptsächlich an den Beinen, am Po, am Bauch und ein wenig an den Armen.

    Laut Hautärztin verursacht durch die Mandelentzündung, also hin zum HNO, der einen, wie er sagte "dramatischen" ASL- Titer von 900 (Nachweis Infektion mit Streptokokken) durch Bluttest feststellte, er überließ mir die Entscheidung einer OP, wies aber auf mögliche Folgen (greift über auf Herzklappen, Gelenke, Verschlimmerung Psoriasis) hin. Ein zweiter HNO- Arzt hat sofort die Entfernung der Mandeln empfohlen und eine Einweisung mitgegeben. Die Op war am 04.05.2016, ich leide immer noch unter den Schmerzen, aber die Pso hat sich schon am zweiten Tag extrem verbessert!Die ehemals hochroten schuppigen Flecken sind größtenteils weg, teilweise noch rosa, trockene Stellen da, aber es wird jeden Tag besser. Der Verlauf muss natürlich nicht auf jeden zutreffen, aber in meinem Fall war der Schub sicherlich auf die Entzündungsherde im Körper zurück zu führen und die Entfernung hat zum Erfolg geführt.

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