Oft werden Schuppenflechte-Stellen nicht oder nicht richtig behandelt, weil es Betroffenen peinlich ist, darüber zu sprechen. Wer ist schon so mutig, seinem Arzt die Psoriasis zum Beispiel im Genitalbereich zu zeigen? Aber gerade an diesen Bereichen kann man viel falsch machen, wenn man selbst daran „herumdoktert“.
Eine Studie aus den Niederlanden verdeutlicht die Nöte von Menschen, die eine Schuppenflechte an den Genitalien haben. Dort füllten 277 Patienten einen Fragebogen aus. Das Ergebnis:
- 45,8 Prozent der Betroffenen haben die Psoriasis in diesem Körperbereich noch nie beim Arzt angesprochen.
- 25 Prozent der Betroffenen glauben, dass der Arzt dem speziellen Problem genügend Aufmerksamkeit schenkt.
- 67,8 Prozent der Betroffenen haben im Genitalbereich noch nie eine Psoriasis-Therapie angewendet.
- 43,5 Prozent der Antwortenden gaben an, dass sie im Genitalbereich schwere Psoriasis-Symptome haben.
(Quelle)
Schon im Jahr 2003 hatte Professor Gustav Mahrle von der Universität Köln beim 8. Deutschen Psoriasis Tag in Hamburg gesagt, dass eine Schuppenflechte an den Schleimhäuten "relativ häufig" wäre. Bei etwa 30 Prozent der an Schuppenflechte Erkrankten seien die Schleimhäute der Genitalien betroffen, bei 32 Prozent die Lippen, bei 17 Prozent der After und bei zwei Prozent die Mundschleimhaut, sagte er bei der Veranstaltung. Es seien hauptsächlich begleitende Faktoren, die zum Beispiel Darm- oder Leberveränderungen hervorriefen. Die bei Psoriasis-Kranken nicht seltenen Fettstühle würden wahrscheinlich durch charakteristische Veränderungen im Blut oder Serum hervorgerufen, die wiederum durch eine Häufung bestimmter Transplantationsantigene gekennzeichnet seien.
Erfahrungen von Menschen mit Schuppenflechte im Genitalbereich: Schau Dich in unserem Forum um.
Psoriasis im Analbereich
Eine Psoriasis am After merkst Du zuerst daran, dass des dort furchtbar juckt. Bitte verschweige das dem Arzt nicht aus Scham! Sie muss unbedingt behandelt werden. Eine Psoriasis kann sich in der Anal-Falte entwickeln oder in der Anal-Öffnung. Der Arzt muss sich zuerst absichern, ob es sich nicht um ein Anal-Ekzem handelt. Wenn die Haut zwischen den Gesäßbacken gerissen ist, deutet das auf Schuppenflechte hin.
Die Psoriasis kann durch falsches Toilettenpapier stärker gereizt werden. Benutze möglichst weiches und trockenes Papier. Feuchtes Papier mit Konservierungs- und Duftstoffen kann Reizungen hervorrufen. Du musst besonders auf Sauberkeit achten, weil sonst Schadstoffe in die blutig gekratzten Stellen eindringen können. Dadurch wird die Entzündung noch schlimmer. Außer mit Toilettenpapier gibt es andere Möglichkeiten, sich im Analbereich hygienisch zu säubern. Zum Beispiel mit (lauwarmem) Wasser. Ein Bidet wäre die ideale Lösung, hat aber kaum einer.
Für den Analbereich sind alle am Anfang erläuterten Therapien möglich. Aber der Arzt muss kontrollieren, ob Du zusätzlich Pilze oder Bakterien hast und diese dann mitbehandeln.
Zwischen den Gesäßbacken ist es meist feuchter als in anderen Regionen, z.B. durchs Schwitzen. Mit gerbstoffhaltigen Präparaten kann man diese Region nicht nur trocken legen, sondern auch gleichzeitig den Juckreiz lindern und Bakterien und Pilze eindämmen. Rezeptfrei in der Apotheke gibt es z.B. Tannosynt oder (das etwas teuere) Tannolact. Aebr Achtung: Gerbstoff darf nicht in die Augen kommen. Alternativ kann man zum Austrocknen eine Wund und Heilsalbe mit Zink-Zusatz nehmen.
Psoriasis am Penis
Besonders schmerzhaft kann die Psoriasis auf der Außenhaut des Penis oder auf der Eichel sein. Auch am Hodensack kann sie auftreten. Durch weite (Unter-) Hosen kannst Du verhindern, dass diese Stellen unnötig gereizt oder noch verschlimmert werden.
Schwierigkeiten kann es bei der Sexualität geben. Es gibt sehr viele Männer, die über ihr Psoriasis am Penis nicht reden und darüber völlig verzweifelt sind. Sie ziehen sich dann zurück und meiden Sexualkontakte. Aber Partnerin bzw. Partner und Arzt müssen wissen, dass und warum Du Schmerzen beim Sex hast. Nur so könnt Ihr gemeinsam eine Lösung suchen.
Wenn Du Dich nicht traust, darüber zu sprechen, hol Dir unbedingt Hilfe von Außen – entweder bei einer Vertrauensperson oder einer Beratungsstellen, wie z.B. dem sozial-medizinischen Dienst.
Gerade am Penis darfst Du Dich nicht selbst mit Mitteln behandeln, die Dir der Arzt für andere Hautregionen verschrieben hat, weil die Haut extrem dünn ist.
Behandlung
Grundsätzlich solltest Du an empfindlichen Stellen äußerlich wirkende Präparate mit schwacher Konzentration einsetzen. Im Analbereich und am Penis liegt viel Haut auf Haut. Schuppen werden dort oft quasi automatisch abgeschubbert, die Haut ist dann dünner. Also treffen Wirkstoffe aus Cremes, Salben usw. auf eine empfindlichere Haut. Deshalb darfst Du auf keinen Fall selbst mit einem äußerlich wirkenden Präparat an diese Stellen gehen, das Du für andere Körperregionen verschrieben bekommen hast. Die meisten sind dafür ungeeignet.
Naturheilkundliche Mittel
Naturheilkundliche Mittel wirken meist mild und langsam. Sie sind deshalb für sensible Bereiche gut geeignet. Aber sie wirken meist nicht im aktuellen Schub. Es gibt sehr viele pflanzliche Stoffe, die bei der Psoriasis äußerlich eingesetzt werden. Da sie individuell sehr unterschiedlich anschlagen, musst Du selbst ausprobieren, was Dir eventuell hilft. Zum Beispiel Cremes, Salben, Gels mit
- Mahonia aquifolium
- Weihrauch, Schieferöl (Teer in diesem Fall eher nicht)
- Aloe Vera
- Cremes mit
- Vitamin B12
- Hamamelis virginica (v.a. für „Feuchtgebiete“)
- Birkenrinde
- Avocado
- Ringelblume (Calendula)
- Kombinationen wie „Blankensteiner Psoriasis-Ölmischung“ oder
- Ayurveda-Präparate.
Für Umschläge, Wickel, Packungen und Bäder eignen sich Moore, Torf, Heilerde, Schlicke (Totes-Meer-Schlamm), Zink, Schwefel, Heil-Salze. Schauen Sie beim Kauf genau hin: Je weiter hinten ein Stoff in der Inhalts-Deklaration steht, desto weniger ist davon im Produkt enthalten.
Tacrolimus und Pimecrolimus
Einige Ärzte berichten bei Psoriasis in sensiblen Bereichen über gute Erfahrungen mit den Neurodermitis-Wirkstoffen Tacrolimus und Pimecrolimus. Das sind echte Alternativen zum Kortison. Und sie sind für Kinder geeignet. Da sie aber nicht für die Psoriasis zugelassen sind, können sie nur „off-label“ verschrieben werden oder Sie müssen sie selbst bezahlen. Es sei denn, Sie sind gleichzeitig an Neurodermitis (Atopische Dermatitis) erkrankt.
Kortisonsalben und -cremes
Eine Psoriasis im Genital- oder Analbereich, die akut entzündet ist und stark juckt, kann äußerlich wirkungsvoll mit reinen Kortisonpräparaten behandelt werden. Es kommen aber nur schwach oder mittelstark wirkende Präparate in Frage.
Bei der Anwendung im Genitalbereich ist zu beachten, dass Kondome rissig werden können. Das verursachen die in den Cremes enthaltenen Paraffine.
Vor allem für die empfindlichen Bereiche sollten Kortison-Präparate nicht dauerhaft aufgetragen werden. Gerade dort riskiert man am ehesten, dass die Haut durch das Kortison noch dünner wird (Atrophie). Meist bildet sich das nach Absetzen wieder zurück.
Kortisonpräparate dürfen nicht von einem Tag auf den anderen abgesetzt werden. Sonst kann die Psoriasis umso stärker wiederkommen („Rebound“). Du solltest die Kortison-Anwendung an sensiblen Stellen möglichst nach zwei Wochen „ausschleichen“, d.h. die Zeitabstände verlängern, in denen Du die Creme aufträgst.
Sicherheitshalber sollte vor allem im Genital- oder Anal-Bereich zusätzlich mit einem Anti-Pilz-Mittel behandelt werden.
Innerliche Medikamente
Eine innerliche Therapie ist dann angebracht, wenn Du stark darunter leidest und Dein Leben dadurch erheblich beeinträchtigt ist.
Was nicht geht
Vitamin-D3–Präparate wie Daivonex sind für sensible Körperregionen nicht zugelassen, u.a. weil sie dort Hautreizungen verursachen können. Auf keinen Fall dürfen sie im Genitalbereich angewendet werden. Auch in Kombination mit einem Kortison wie in Daivobet dürfen empfindliche Regionen nicht mit dieser Wirkstoffgruppe behandelt werden.
Nicht besonders geeignet erscheint der alt-bewährte Psoriasis-Wirkstoff Dithranol. Obgleich er völlig frei von Nebenwirkungen auf Körperorgane und Blutbild ist, wird es in diesem Fall nicht möglich sein, ihn richtig anzuwenden. Dithranol muss nämlich sehr exakt aufgetragen und nach einer Einwirkungszeit wieder völlig entfernt werden. Kommt es auf gesunde Haut oder bleibt es zu lange auf den Psoriasis-Stellen, führt das zu sonnenbrandähnlichen Rötungen – besonders bei dünnen Hautregionen oder dort, wo es schwer auszuwaschen ist.
Unser Fazit: Spring über deinen Schatten und sprich deinen Arzt an, wenn du Psoriasis-Symptome im Genital-Bereich hast. Ein Arzt ist "Kummer gewöhnt" und hat in seinem Leben schon viele Dinge gesehen – im besten Falle kann er dir helfen.
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