Aktuelles zu Corona
An anderer Stelle haben wir ausführlich über die Impfung gegen Covid-19 berichtet. Dabei wurde noch einmal deutlich, dass Menschen mit Psoriasis auf jeden Fall gegen Pneumokokken und Grippe geimpft sein sollten! Beide Infekte greifen unter anderem die Lunge an und können schwer verlaufen. Covid-19 ist ein ausgesprochener Atemwegs-Infekt. Wenn das Immunsystem sich gegen zwei solcher Infekte wehren muss, wird es lebensgefährlich. Die Grippeimpfung könnte dagegen das Risiko verringern, sich mit einem Corona-Virus anzustecken. Das haben zwei großangelegte Untersuchungen in den Niederlanden und in Italien festgestellt.
Experten gehen davon aus, dass Menschen allein wegen ihrer Autoimmunerkrankung anfälliger für jede Art von Infektionen sind. Führende Dermatologen sehen ein höheres Infektions-Risiko vor allem dann, wenn Betroffene zusätzlich starkes Übergewicht (Adipositas), Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes haben und/oder Raucher sind. Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, können ebenfalls die Anfälligkeit erhöhen, sich anzustecken. Das aber ist bei jedem dieser Arzneimittel unterschiedlich.
Alle Impfstoffe gegen Corona sind für Menschen mit geschwächtem Immunsystem geeignet.
Impfen, kein Kinderspiel
Als Erwachsener denkt man, man müsse sich nur noch gegen Grippe oder Krankheiten in fernen Ländern impfen lassen. Alle anderen Impfungen sind schon in der Kindheit gemacht worden – wenn die Eltern nicht eingefleischte Impfgegner waren. Das stimmt so leider nicht. Wer durch Medikamente oder wegen seines Alters immungeschwächt ist, riskiert gefährliche Infektionskrankheiten. Neben den Standardimpfungen zahlen die Krankenkassen inzwischen an Immungeschwächte auch Impfungen, die andere so nicht bekommen. Sogar schon dann, wenn nur abzusehen ist, dass das Immunsystem in nächster Zeit schwächer sein wird, z.B. durch eine geplante Therapie mit einem Biologikum.
Impfen kann schwere Infektionen verhindern
Dr. Christian Schönfeld vom Berliner Tropeninstitut hält regelmäßig Vorträge vor Hautärzten. Im Juli 2019 war er in unserer Berliner Selbsthilfegruppe. Seine Botschaft ist eindeutig: Innerliche Psoriasis-Medikamente wie Biologika schwächen das Immunsystem. Dazu zählt auch hochdosiertes Kortison, z.B. bei Psoriasis Arthritis (oder Neurodermitis). Um schweren Infektionskrankheiten vorzubeugen, sollten sich die Betroffenen unbedingt impfen lassen. Das betrifft diejenigen, die aktuell oder zukünftig mit immunhemmenden Wirkstoffen behandelt werden müssen.
Nur Vorteile für Patienten und Ärzte
Patienten haben einen rechtlichen Anspruch auf diese Leistungen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür. Der Arzt wird fürs Impfen extra bezahlt; der Impfstoff wird nicht in sein Budget eingerechnet. Leider wissen nicht alle Dermatologen, wie wichtig bestimmte Impfungen bei ihren Psoriasis-Patienten sind. Deshalb, so Schönfeld, sollten Betroffene ihre Hautärztin oder ihren Hautarzt gezielt darauf ansprechen. Er rät dringend, sich mit dem Thema "Impfen" zu beschäftigen. Nur selten wird eine Psoriasis durchs Impfen ausgelöst. Verschlimmerungen einer bestehenden Schuppenflechte sind nicht bekannt.
Welche Impfungen fehlen, zeigen Antikörper
Psoriatiker, die schwer oder mittelschwer betroffen sind, sollten möglichst frühzeitig klären, wogegen sie bisher geimpft worden sind (Impfstatus). Ideal wäre, wenn das direkt aus dem Impfpass abgelesen werden könnte. Der ist aber nicht immer lückenlos. Alternativ kann durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden, ob und wogegen jemand geimpft worden ist. Das erkennt man daran, welche Antikörper gegen Infektionskrankheiten im Blut sind. Diese Antikörper bildet das Immunsystem, um Krankheitserreger gezielt zu bekämpfen. Sie können aber nur dann gebildet werden, wenn das Immunsystem die Erreger (Viren oder Bakterien) kennt. Impfen mit dem Krankheitserreger ist eine Möglichkeit, das Immunsystem zu trainieren. Das hält leider nicht bei allen Krankheiten ein Leben lang an. In diesen Fällen muss dem Immun-Gedächtnis durch eine Auffrischungs-Impfung nachgeholfen werden. Eine andere Möglichkeit, Antikörper zu bilden ist es, die Infektionskrankheit selbst zu durchleben. Danach ist man lebenslang immun dagegen – aber nur, wenn die Infektion durch einen Virus hervorgerufen wird, nicht aber bei bakteriell verursachten Krankheiten.
Impfen vor Therapiebeginn
Wer mit einem immunhemmenden Medikament behandelt wird, darf keinen Lebend-Impfstoff bekommen. Der ist zu stark, als dass das geschwächte Immunsystem dagegen Antikörper bilden könnte. Lebend-Impfstoffe werden verabreicht gegen Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und bei Fernreisen gegen Gelbfieber. Sie müssen spätestens vier bis sechs Wochen vor der Medikamenten-Therapie gegeben werden. Alle anderen Impfungen werden mit Tot-Impfstoffen durchgeführt. Die können zwar gleichzeitig mit dem Psoriasis-Medikament gegeben werden. Sie wirken aber am besten, wenn sie ebenfalls vorher verabreicht werden, so Dr. Schönfeld. Die Ständige Impfkommison (STIKO) empfiehlt möglichst in einer Phase zu impfen, in der z.B. die Schuppenflechte weniger aktiv ist (Remission).
Medikament absetzen bei Lebend-Impfstoffen
Wer bisher nicht gegen Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken geimpft wurde bzw. diese Krankheiten nicht durchlebt hat, sollte sich dagegen impfen lassen – unabhängig vom Alter. Für alle Lebend-Impfstoffe gilt: Wenn sie nicht vor Beginn der Therapie gespritzt werden, muss der immunschwächende Wirkstoff abgesetzt werden. Erst wenn er vollständig aus dem Körper abgebaut ist, darf geimpft werden. Wie lange das dauert, sollte mit der behandelnden Ärztin bzw. dem Arzt abgesprochen werden. Grundsätzlich gilt eine Sicherheitsfrist von drei Monaten. Aber Präparate, die man täglich oder wöchentlich einnimmt, werden schneller abgebaut, als solche, die alle 4 bzw. 8 Wochen oder einmal im Quartal gespritzt werden.
Wogegen geimpft werden sollte
Risiko Gürtelrose bei Immunschwäche
Wer schon einmal an Windpocken erkrankt ist, muss sich bei Immunschwäche unbedingt gegen Gürtelrose (Herpes Zoster) impfen lassen. Wenn das Immunsystem gehemmt wird, können die in den Nervenzellen schlummernde Windpocken-Viren wieder aktiv werden. Das geschieht 15 x häufiger, als bei Gesunden, so Dr. Jutta Weinerth (Ernst-Bergmann-Klinikum, Potsdam). Die Schmerzen, die eine Gürtelrose machen kann, sind extrem stark und schwer zu behandeln. Sie sind der häufigste Grund für Selbsttötung (Suizid) von über 70-Jährigen, so Dr. Schönfeld. Diese Impfung wird seit Mai 2019 von den Kassen übernommen. Sie hilft aber nicht gegen den klassischen Herpes, z.B. an der Lippe.
Gelbfieber-Impfung bei Fernreisen
Gegen Gelbfieber lässt man sich impfen, wenn man in tropische und subtropischen Gebiete von Südamerika oder Afrika reist. Da das ein Lebend-Impfstoff ist, muss mit dem Impfen gewartet werden, bis der Psoriasis-Wirkstoff abgebaut ist. Es dauert 10 Tage, bis Antikörper gegen Gelbfieber gebildet werden. Danach kann mit dem Psoriasis-Medikament weiterbehandelt werden.
Hepathitis B-Impfung: Kasse zahlt bei Immunschwäche
Man sollte immer gegen Hepatitis B geimpft sein. Der Virus verursacht schwere, manchmal chronische Leberentzündungen bis hin zum Leberkrebs. Bevor ein immunhemmendes Medikament gegeben wird, sollte getestet werden, ob im Blut Antikörper (Anti-HBs) vorhanden sind. Sonst muss geimpft werden. Ziel ist es, dauerhaft mindestens 100 Einheiten Anti HBs im Blut zu haben. Dieser Wert sollte jährlich kontrolliert werden. Der Schutz durch die Impfung hält nicht lebenslang, weil ein Teil unter der Immunhemmung verloren geht. Die Kassen übernehmen die Kosten bei über 18-Jährigen u.a. wenn eine Immunschwäche vorliegt oder abzusehen ist.
Pneumokokken-Impfung: Besserer Schutz bei Immunschwäche
Pneumokokken sind Bakterien, die zahlreiche Entzündungen hervorrufen können, vor allem an Lunge, Mittelohr und Hirnhaut. Gefährdet sind vor allem Kinder sowie Menschen ab 50 Jahre. Die Kassen zahlen die Impfung u.a. bis zum 23. Lebensmonat, ab dem 60. Lebensjahr und für Immungeschwächte bzw. chronisch Kranke jeden Alters. Sehr viele Menschen sind nicht dagegen geimpft. Am wirksamsten ist es, wenn man erst mit Prevenar 13 und dann mit Pneumovax 23 impft. Diese Kombination bekommen aber in der Regel nur chronisch Kranke unter 16 Jahren und Immungeschwächte. Senioren ohne Immunschwäche werden nur mit Pneumovax 23 geimpft. Das aber bringt das Immunsystem nicht dazu, Gedächtniszellen zu entwickeln. Deshalb muss der Impfschutz bei dieser Gruppe alle 6 Jahre erneuert werden.
Meningokokken-Impfung: Kasse zahlt bei Immunschwäche
Meningokokken sind Bakterien, die Hirnhautentzündung (Meningitis) und Blutvergiftung (Sepsis) mit entsprechenden Folgeschäden auslösen können. Es gibt 13 verschiedene Arten. In Deutschland findet man am häufigsten Meningokokken B. Dagegen gibt es für Kinder Bexsero und für alle ab 10 Jahren Trumenba. Geimpft wird außerdem gegen Meningokokken ACWY. Zurzeit (2019) ist dagegen nur der Impfstoff Nimenrix lieferbar. Beide Impfungen sind grundsätzlich für Immungeschwächte sinnvoll. Sie werden in der Regel nur für Immungeschwächte von den Kassen bezahlt.
Grippe-Impfstoff: Am besten aus Zellkulturen
Dr. Schönfeld empfiehlt allen chronisch Hautkranken, sich gegen Grippe (Influenza) impfen zu lassen. Da die Grippeviren sich ständig verändern, wird jedes Jahr eine neue Kombination von Schutzstoffen entwickelt. In Deutschland ist es die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts, die zur jeweiligen Grippesaison empfiehlt, welche Impfstoffe verwendet werden sollen. Trotz Impfung gibt es aber keinen 100-prozentigen Schutz. So fehlte z.B. in der Saison 2017/2018 im Grippe-Impfstoff der hauptsächlich vorkommende Influenza-B-Virustyp. Die Krankenkassen zahlten darüberhinaus keine Präparate mit Wirkverstärker (Adjuvanten). Die aber verstärken den Schutz vor allem bei Älteren und Immungeschwächten. Besser wirken Impfstoffe, die auf Zellkulturen entwickelt wurden, anstatt auf ausgebrüteten Hühnereiern. Erst seit Ende 2018 ist das Präparat Flucelvax Tetra zugelassen. Bis dahin durften Hühnereiweiß freie Impfstoffe nur bei schwerer Allergie importiert werden.
Wirkstoff-Verstärker in unbedenklichen Mengen
Impfkritiker behaupten, Wirkstoffverstärker wie Aluminium seien gesundheitsgefährdend. Das stimmt so nicht: Der Mensch nimmt täglich über die Nahrung Aluminum auf. Die Menge, die durchs Impfen dazu kommt, ist äußerst gering und kaum nachweisbar. Dem steht gegenüber, dass Impfen vor gefährlichen Infekten schützt. So gesehen ist das extrem geringe Mehr an Aluminium akzeptabel. Ähnliches gilt für Quecksilber: In nur noch ganz wenigen Impf-Seren ist Ethyl-Quecksilber enthalten. Es bleibt außerdem nur nur sehr kurz im Körper – im Gegensatz zu Methyl-Quecksilber, dem eigentlichen Giftstoff. Den nehmen wir täglich über die Nahrung auf.
Immunisierung erfolgreich?
Das Immunsystem soll auf die Impfung reagieren. Wenn es einen Fremdstoff erkennt, wird es versuchen, ihn zu bekämpfen und für die Zukunft Antikörper bilden. Vorübergehend kann die Impfstelle geschwollen sein, sie kann schmerzen oder der Arm lässt sich schwer bewegen. Auch kann man eine Zeit lang Fieber, Kopf- oder Gliederschmerzen bzw. Unwohlsein bekommen. Das sind alles Symptome dafür, dass das Immunsystem Antikörper bildet (Impfantwort). Männer reagieren im Durchschnitt schwächer auf Impfungen wie Frauen. Testosteron bremst die Bildung von Anti-Körpern und Zytokinen.
Bestehen Zweifel, ob die Impfung erfolgreich war, kann man im Blut feststellen, ob die gewollten Antikörper gebildet wurden. Eventuell muss noch einmal geimpft werden, gegebenenfalls mit einem Wirkstoffverstärker.
Bei keiner Impfung gibt es einen 100-prozentigen Schutz. Deshalb sollten Familienangehörige und andere enge Kontaktpersonen mitgeimpft sein.
Säuglinge impfen
Säuglinge werden erstmals nach 6 Wochen gegen Rotaviren geimpft. Alle anderen Schutzimpfungen erfolgen das erste Mal nach 2 Monaten. Babys können aber nicht erfolgreich geimpft werden, wenn die Mutter während der Schwangerschaft ein immunschwächendes Medikament, z.B. ein Biologikum genommen hat. Über die Nabelschnur könnte dadurch auch das Immunsystem des Kindes geschwächt werden. Deshalb ist kein Psoriasis-Medikament bei Schwangerschaft zugelassen. Aber: Beim TNF-Alfa-Blocker Cimzia (Certolizumab) ist bewiesen, dass der Wirkstoff nicht durch die Nabelschnur geht. Diese Babys können bedenkenlos geimpft werden.
Impfgegner verbreiten falsche Behauptungen
Impfkritiker und -verweigerer verhalten sich wie religiöse Fanatiker. Sie schrecken nicht davor zurück, wider besseren Wissens „Beweise“ vorzulegen, die längst widerlegt sind. Die Fakten kann man in seriösen Veröffentlichungen nachlesen.
Zusammenfassung
Impfempfehlungen für alle, die aktuell oder zukünftig mit immunhemmenden Medikamenten behandelt werden:
- Pneumokokken (kombiniert Prevenar13 + Pneumova23)
- Meningokokken B + ACWY (Grundimmunisierung)
- Hepatitis B (Grundimmunisierung + jährliche Antikörper-Kontrolle)
- Gürtelrose (Grundimmunisierung 2 Dosen)
- Grippe (Vierfachimpfung)
- Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und ggf. Gelbfieber mit Leben-Impfstoffe vor Therapiebeginn impfen. Ansonsten: Abwarten, bis der immunhemmende Wirkstoff vollständig im Körper abgebaut ist.
- Familienangehörige und enge Kontaktpersonen mitimpfen.
- Säuglinge können nur dann bedenkenlos geimpft werden, wenn die Mutter ein immunschwächendes Mittel rechtzeitig abgesetzt hat. Ausnahme: Certolizumab (Cimzia) geht nicht ins Blut des Fötus.
Tipps zum Weiterlesen
- Aktuelle Impf-Informationen, Robert-Koch-Institut (RKI)
- Grippe: Für wen eine Impfung sinnvoll ist, Stiftung Warentest
- Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), jährlich neu aktualisiert
- Hinweise zu Impfungen für Patienten mit Immundefizienz (STIKO, November 2005)
- Spezielle Empfehlungen für Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen und für Patienten, die immun-unterdrückende Medikamente bekommen. Dazu gehören Betroffene mit Schuppenflechte und Psoriasis Arthritis, Bundesgesundheitsblatt, März 2019
- Impfpläne für Patienten, die ein Immunsuppressivum bekommen (September 2020)
- Worauf beim Impfen von Rheumapatienten zu achten ist (Deutsches Ärzteblatt, August 2019)
- Schluss mit den Impfmythen (Stiftung Warentest, März 2018)
- Impfmythen im Faktencheck (mimikama, April 2019)
- Die Mär vom Risiko der Impfverstärker, SPIEGEL-Online, November 2009)
- Risiko für Gürtelrose unter Basistherapeutika wie TNF-Hemmern, Ustekinumab und Methotrexat nicht erhöht, (April 2018, Deutsches Gesundheitsportal)
- Wer sollte eine Schutzimpfung gegen Gürtelrose erhalten? (März 2019. Deutsches Gesundheitsportal)
- Stuttgarter Deklaration für besseren Impfschutz, Juli 2019
Danke an Dr. Schönfeld fürs geduldige Korrekturlesen!
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