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Erst Psoriasis, jetzt Neurodermitis, wie kann das sein?


Marie_

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Geschrieben

Hallo Herr Kleine-Tebbe,

Ich habe die letzten 10 Jahre mit Schuppenflechte leben müssen, bis sich die Symptome Ende letzten Jahres/dieses Jahr massiv verschlechtert und verändert haben, worauf ich Tremfya Spritzen bekam, bis infolge eines stationären Hautklinik-Aufenthalts vor ein paar Monaten Ekzem diagnostiziert wurde. Da ich mich wie gesagt lange mit der einen Hautkrankheit befasst und identifiziert habe, fällt es mir schwer, mich jetzt etwas "neuem" zu widmen, von dem ich keine Ahnung habe, deshalb ein paar Fragen:

- Wie kann es sein, dass ich erst die eine, dann die andere Krankheit habe? Mir ist das schleierhaft, vor allem, weil ich sonst keinerlei atopischen Symptome habe (Allergie, Asthma) und die Neurodermitis erst jetzt, mit 29, auftritt.

- Ich hatte unzählige Schübe dieses Jahr bzw. war nie ganz erscheinungsfrei. Es wurde immer wieder Cortison Creme bzw. Tabletten verordnet, die klar, gut und bei mir sehr schnell helfen, aber niemals anhaltend. Jetzt habe ich zudem Elidel/Protopic. Mir widerstrebt es, immer und immer wieder Cortison zu benutzen, eine Dauerlösung ist es meines Wissens nicht, oder?

- Passend dazu, ich lese immer wieder von "Topical steroid withdrawal", was halten Sie davon?

- Ich habe bei meinem stationären Aufenthalt außerdem Lichttherapie bekommen, erst UVB, dann UVA1, insgesam 22 Bestrahlungen, dennoch hat das nicht lange "angehalten", weshalb ich mich auch Frage, was der Nutzen von Lichttherapie ist und ob es bei mir einfach nicht geholfen hat? 

Besten Dank für die Möglichkeit, Fragen zu stellen!

Erfahrungen austauschen über das Leben mit Schuppenflechte und Psoriasis arthritis

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Geschrieben

Die Kombination aus schwerer Psoriasis und jetzt offenbar zusätzlich schwerer Neurodermitis ist eigentlich sehr selten.  Daher sollte die Doppel-Diagnose in Ihrem Fall  nur von Experten gestellt werden, die sich ihrer Sache sehr sicher sind. Eine Faustregel gilt:  Ekzemherde durch die Neurodermitis sind eher mit quälenden Juckreiz belastet  als die typischen Psoriasis-Plaques .

Beide beruhen auf einer grundsätzlich verschiedenen Immunantwort und Entzündung:

Die Th17-Immunreaktion (eigentlich für Bakterien und Pilze gedacht) löst die Psoriasis aus.

Die Th2- Immunreaktion (ursprünglich eigentlich  zur Abwehr von Parasiten, Würmern und Giftstoffe von Organismen gedacht) ist für die Neurodermitis und alle anderen allergischen, IgE-vermittelzen Erkrankungen verantwortlich.

Tatsächlich gibt es nicht wenige Betroffene, die nur die Neurodermitis ohne andere allergische Begleiterkrankungen wie Heuschnupfen oder Asthma entwickeln.  Dahinter stecken einerseits eine ganze Reihe von krankheitsspezifischen Genen bzw Umwelteinflüsse, die sehr früh auf das sich entwickelnde Immunsystem auswirken.

Sowohl für die Psoriasis -  und das wissen Sie sicher längst -  als auch für die Neurodermitis gibt es keine echte Heilung.  Da die Th2-Entzündung hervorragend auf Cortison anspricht, ist die lokale Behandlung ein wichtiger Bestandteil der Therapie: 

Dabei wird zunächst versucht, mit Hilfe von modernen Cortison-Präparaten (z.B. Mometason 1x/Tag dünn auftragen) die Neurodermitis komplett zu beseitigen. Das dauert je nach Zustand 1 bis 2 Wochen. Anschließend wird die Behandlung “ausgeschlichen”, das heißt es werden nach und nach  Behandlungspausen eingebaut, zunächst 1, dann 2  und schließlich 3 Tage Pause. Anschließend wird das Cortison auf die zuvor betroffenen Stellen nur noch zweimal pro Woche ( oder nur einmal pro Woche)  aufgetragen, um erneute Schübe zu verhindern.  Diese vorbeugende, die Ärzte sprechen von “proaktiver” Strategie hat sich sehr bewährt und verhindert die Cortison-bedingten Schäden an der Haut, die bei langfristig täglicher Anwendung zu erwarten wären. Die meisten Betroffenen mit  Neurodermitis fahren gut mit dieser Strategie und so ist auch eine langfristige 1 oder 2x wöchentliche  Anwendung der Kortisoncremes (z.B Mometason) vertretbar.

Eine Alternative, wenn auch weniger wirksam,  stellen die Cortison-freien Calcineurin-Hemmstoffe  Elidel und Protopic dar.  Aufgrund ihres hohen Preises werden sie allerdings nur für Problemstellen empfohlen  und bei ihnen ist auch das proaktive Handlungsprinzip erfolgreich getestet und für die Routine empfohlen worden. 

 Die UV-Behandlung der Neurodermitis kann nicht langfristig erneute Schübe verhindern. Bei sehr schweren Formen gibt es bekanntlich auch ein Biologikum (Dupilumab), dass ganz gezielt die Th2-Entzündung ausbremst. Es ist seit ein paar Jahren zugelassen und kommt wirklich nur für die sehr schweren Fälle in Frage. Es gibt allerdings keinerlei Erfahrungen, wie sich das mit ihrer Psoriasis-Therapie vertragen würde. Mir persönlich ist kein Patient bekannt, bei dem sowohl Psoriasis als auch Neurodermitis so extrem ausgeprägt sind, dass sie eine Doppel-Biologikatherapie erforderlich machen würden.

Ich an Ihrer Stelle würde auf die proaktive Behandlung mit dem Klasse 3-Cortison Mometason setzen. Damit sehen Sie rasche Erfolge besonders gegen den Juckreiz und die Ekzemherde der Neurodermitis. aber bitte nach erfolreicher Besserung langfristig nicht täglich, sondern ein bis zweimal pro Woche (auf gesunder, zuvor befallener Haut)  anwenden. Prekäre Stellen, z.b. im Gesicht würde ich dagegen mit Protopic Salbe in gleicher Weise behandeln. 

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