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Frage an die Wissenschaftler hier im Forum


halber Zwilling

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Geschrieben

Ich habe heute in der Apothekenumschau über die Phagentherapie gelesen. Auf den ersten Blick klingt es ganz interessant, dass man statt mit Antibiotika wohl auch mit diesen biologischen Viren gegen Bakterien angehen kann. Und zwar anscheinend gezielter. Bevor ich mich aber weiter damit beschäftige, meine Fragen an die klugen Köpfe mit wissenschaftlichen Erfahrungen:
1. Es wundert mich, dass dieses Verfahren in Deutschland zwar bekannt, aber nicht zugelassen ist. Kennt jemand den Grund dafür?
2 Hat schon einmal jemand Erfahrungen gemacht mit einer Phagentherapie? Oder weiß dazu mehr?

Danke schon mal für Eure Rückmeldungen.

Schwäbische Grüße vom halben Zwilling

 

Erfahrungen austauschen über das Leben mit Schuppenflechte und Psoriasis arthritis

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Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb halber Zwilling:

biologischen Viren

"Bakteriophagen" oder einfach "Phagen" meinst du wahrscheinlich. Für Leute die sich da nicht so auskennen: Das sind Viren die sich auf bestimmte Bakterien spezialisiert haben und nur diese eine Art 'anfallen'. Das heißt, sie setzen sich auf die Außenwand, und "injizieren" ihren Bauplan. Der wird von der "Maschinerie" des Bakteriums aufgegriffen und nach diesem Bauplan werden neue Viren produziert. Ein Virus kann sich nicht selber vervielfältigen, dazu braucht es 'richtige' Zellen. Auf unser Leben übertragen wäre es das gleiche, wenn jemand eine Idee für ein Auto hat, aber keinerlei Werkzeuge und auch keine Materialien das zu bauen. Er hackt die Computer einer Autofabrik und lässt die für sich seine Autos produzieren, vorerst ohne, dass die es merken. 

Ein Virus wird zwar als 'lebensnah' aber nicht als 'lebend' betrachtet. Trotzdem kann es sich entwickeln und damit verändern.  Z.Z. schätzt man, dass es 1,8 Millionen verschiedene Viren gibt. 

Wobei aber längst nicht alle Bakteriophagen sind - also nur auf eine Bakterienart spezialisiert und ausschließlich diese zur Produktion besetzen. Diese Bakteriophagen kann man nun benutzen, um damit unerwünschte Bakterien - die in unserem Körper Infektionen verursachen, sehr gezielt anzugreifen. Wobei sich das einfacher anhört als es ist. 

Bis jetzt ist die Datenlage im Westen noch rel. dünn. Das kommt auch daher, weil in den USA die Gabe von Phagencocktails (noch) nicht erlaubt ist und russische Forschung lange nicht aus der ehem. UDSSR  raus kam.

Weiter wirkt sich der Vorteil von Phagen auch zu ihrem Nachteil in der Behandlung aus. Da eine Art Phage sehr spezifisch auf eine Art Bakterien wirkt, muss bekannt sein, welche Bakterien man bekämpfen will.  Das heißt vorher muss eine Probe genommen, eine Kultur angelegt und die Art bestimmt werden, dann muss der entsprechende Phage gefunden und vermehrt werden. Phagenbänke gibt es, soweit ich weiß bei uns noch nicht. Ist auch schwierig und teuer. Da ist ein Antibiotika schneller einsetzbar. Dann auch noch keine zugelassenen Phagen-Cocktails -  da wird die Anwendung schwierig.

Mit der zunehmenden Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika werden Phagen wahrscheinlich in Zukunft eine grössere Rolle spielen, geforscht wird da schon. Wobei auch nach der Wirkung freier DNA die man in Bakterien eingeschleust, geschaut wird. Was evt. einfacher ist, weil kein passender Phage gefunden werden muss. Zumal Phagen sich oft im Organismus nicht so sehr lange halten können - das Immunsystem ist ja fähig Viren zu erkennen und zu erledigen.

Phagen sind übrigens nicht uneingeschränkt harmlos. Sie können Endotoxine frei setzen, die im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Situationen verursachen. Was evt. mit  einer Vorbehandlung der Phagen vermieden werden kann. Was aber auch nicht soviel weiter hilft. Denn auch gegen Phagen kann der Organismus bzw. das Bakterium resistent werden. Das Bakterium baut dann z.B. seine Außenhülle um und wird von der Phage nicht mehr als Wirt erkannt.

Phagentherapien sind in Europa noch nicht zugelassen. Das wird nur als absolut letzte Option und nur mit Zustimmung des Patienten angewandt. 

Keine Ahnung was die Apotheken-Umschau zu Phagen geschrieben hat, aber ein Wundermittel ist es nicht und wird es sicher auch nicht werden. Interessant ist es als Rettungsanker gegen Antibiotika-resistente Keime oder auch evt. in der Krebstherapie. 

  • + 2
Geschrieben (bearbeitet)

Die Tage war es, als ich nach Bildbetrachtung von Fotos, den dafür genutzen Fernseher versehentlich statt auf Aus in den Fernsehmodus schaltete. Es lief grad ne Sendung im ZDF zu "Heilen ohne Antibiotika" Darin kam was über diese Therapie vor.

Gucken kann man da ->  https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-heilen-ohne-antibiotika-100.html Um sich die Sendung anzusehen muss man das Video starten.

Die Frage richtete sich an die Wissenschaftler im Forum. Ein solcher bin ich nicht und kann die Qualität der Aussagen in der Sendung nicht beurteilen. Mir fehlt dazu die Sachkenntnis. Ich habs dennoch hier mal reingestellt, da es mir nicht als ganz so abwegig erschien.

bearbeitet von 2209
Buchstaben umsortiert
Geschrieben

Die Sendung habe ich mir auch angeschaut.

Es war sehr interessant und die Zeit wird es zeigen ob es für die breite Masse zur Verfügung gestellt wird. Wie immer bei solchen Sachen haben einige ein Wörtchen mit zureden (Forschung, Krankenkassen, Pharmakonzerne) und zum Schluss gibt es dann eine Kosten- Nutzungsrechnung. Wir werden sehen in welche Richtung es geht, aber es wird Zeit das etwas getan wird.

Geschrieben

Ich hab mir die Sendung mal angeschaut. Die ist ganz ok. Mir zwar ein bisschen langatmig, aber wirklich falsches wird nicht gesagt und im Prinzip, was ich oben geschrieben hatte. Vielleicht ein wenig zu euphorisch, da kaum auf etwaige Nebenwirkungen, Nichtwirkungen oder eben auch Resistenzen eingegangen wird. 

Was gar nicht erwähnt wird, ist der Grund für die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika. Und das ist imo wichtig. Denn zu denken, mit Phagen oder irgendwelchen pflanzlichen Mitteln wären alle Probleme gelöst ist ein wenig blauäugig. Das hat man nämlich schon mal gedacht - mit der Entdeckung des Penicillin und seinen Entwicklungen und ist fortan zu sorglos mit den Medikamenten umgegangen. Besser als alle Mittel ist immer noch die Vermeidung von Infektionen dort wo das geht: richtige Hygiene, an den richtigen Stellen, zur richtigen Zeit.

  • + 1
Geschrieben

Herzlichen Dank für Eure schnellen und interessanten Antworten.
Ich werde mir heute Abend den Fernsehbeitrag ansehen.

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