Anreise und erste Eindrücke
Ich bin von der Kurverwaltung in Smrdaky eingeladen worden: Man will mich darüber informieren, wie hier Menschen mit Psoriasis und Psoriasis Arthritis behandelt werden. Deshalb berichte ich eine Woche lang von dem, was ich hier zu sehen bekomme und erlebe - wohlwollend und kritisch.
Smrdaky liegt am nordwestlichsten Zipfel der Slowakei im Dreiländer-Eck zu Österreich und Tschechien. Die Hauptstadt Bratislava liegt südlich davon. Vom Flughafen dort sind es noch 100 km bis nach Smrdaky. Vor dem Zusammenbruch der kommunistischen Regierungen wurde Bratislava im Westen konsequent als "Pressburg" bezeichnet. So hieß es in der Donau-Monarchie Österreich-Ungarn.
Ich war schon einmal in der Gegend - 1990 auf dem Fahrrad. Da gehörte das Gebiet noch zur Tschechoslowakei. Mir kam es damals so vor, als wenn die Slowakei der trostlose und vernachlässigte Teil des gemeinsamen Staates gewesen ist. Viele Tschechen haben die Slowaken für verrückt erklärt, als die ihren eigenen Staat haben wollten. Wovon wollten die denn leben? Auf den ersten Blick scheint es, dass die Slowaken es wohl geschafft haben, auf eigenen Füßen zu stehen. Die Ortschaften wirken freundlich und lebendig. Wenn die Größe und Anzahl der Autos ein Maßstab für Wohlstand ist, kann das Land mithalten. Aber ich vermute, dass in der Slowakei noch schwer gearbeitet werden muss, bis es allen deutlich besser geht.
Es gibt in Smrdaky zwei 2-Sterne Hotels, ein 3-Sterne Hotel und ein leerstehendes Gebäude, das mal ein Hotel war. Ich bin im etwas einfacheren "Hotel Central" untergebracht. Das Gebäude strahlt äußerlich den verblichenen Charme der 60er-Jahre Architektur des "sozialistischen Funktionalismus" aus: eckig, verkantet, schnörkellos mit abblätterndem Putz und Rissen. Auch Decke und Wandverkleidung in der Empfangshalle stammen ganz eindeutig aus dieser Zeit. Aber inzwischen ist innen viel verändert worden: angenehme Farben und moderne Einrichtung prägen das Bild. Das Hotel ist praktisch, aber bescheiden gestaltet und eingerichtet. Es wird nicht versucht, mondän oder luxuriös zu wirken. Noch sind nicht alle Teile des großen Gebäudes renoviert.
Im Eingangsbereich stehen Sessel und Tische, die aber heute Abend verwaist waren. Stattdessen saßen die Raucher draußen und unterhielten sich in Gruppen. Der Billard-Tisch stand im Dunklen und von zwei kostenpflichtigen Internet-Plätzen war einer besetzt. Im Hotel wirkte alles ein wenig ausgestorben.
Gegenüber ist eine Kneipe. Da kostet das Bier 80 Cent. Nach dem Abendessen haben sich da auf der Veranda noch verschiedene Gruppen getroffen. Um 21 Uhr dagegen war kaum noch etwas los. Nur die Punk-Musik dröhnte laut.
Wo sind die Kurgäste nur abends? Wer seinen Laptop, sein iBook oder ähnliches dabei hat, kann über einen Ether-Net-Anschluss im Zimmer ins Internet. Die Kurgäste, die ich gesehen habe, sehen aber nicht so aus, als würden sie überwiegend im Cyber Space surfen. Es gibt einen kleinen Fernseher auf dem Zimmer. Den werden wohl mehr nutzen. Über die Programme schreibe ich später.
Die Mahlzeiten gibt es im Nachbar-Hotel. Ich musste mich für meinen gesamten Aufenthalt schon auf einen Sitzplatz festlegen. Dort ist jetzt meine Essenkarte deponiert, auf der ich eingetragen habe, was ich bis Sonntag zum Mittag und zum Abend essen will. Relikte der Planwirtschaft? Geht der Koch wirklich morgens von Tisch zu Tisch und kreuzt sich an, welches Gericht wie oft vorbestellt ist? Der Ober ist ausgesprochen freundlich. Er stammt aus Tunesien und musste sich in Slowakisch, Tschechisch, Russisch und Deutsch verständigen. Französisch und Arabisch wird er wohl auch können. Was so ein Sprachgenie hier wohl verdient?
Morgen werde ich mein erstes Gespräch mit der "Kundenberaterin" haben.
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