Von Unvernunft, Selbstvermessung und vielen Möglichkeiten
Seit heute läuft in Köln der Kongress des Netzwerks für evidenzbasierte Medizin. Ich verfolge solche Kongresse am liebsten vor Ort, aber da man ja auch mal arbeiten muss und überhaupt viel zu erledigen ist, verfolge ich diesen Kongress aus der Ferne. Dabei hilft mir vor allem Twitter (#dnebm16). Damit muss man sich auskennen und es setzt voraus, dass auf dem Kongress auch ein paar Leute sind, die Twitter genauso lieb haben Am Rande bemerkt: Beim Kongress der deutschen Hautärzte zum Beispiel war das nie der Fall. Treffen sich dagegen ihre US-Kollegen, ist das ganz anders – auch jetzt am Wochenende zu erleben.
Während des EbM-Kongresses jedenfalls gab es den Patiententag, um den es hier im Forum auch schon ging.
Natürlich bekommt man via Twitter & Co immer nur Bruchstücke und einzelne Aussagen mit – das ist mir bewusst. Aber diese Form hat auch was. Man kann Denkanstöße und Sichtweisen für sich mitnehmen und sie später sogar nachlesen.
Heute waren das diese:
getwittert von Silvia Sänger, deren Berufsleben sich um Patientenbeteiligung und Transparenz im Gesundheitswesen dreht.
Das sollten wir auch hier im Forum immer wieder im Hinterkopf haben: Egal, was wir (oder Ärzte) jemandem raten, welche Tipps wir haben, welche Meinung – wenn sich jemand am Ende gegen eine Therapie mit dem Mittel XY oder überhaupt gegen eine Behandlung entscheidet, ist das seine Entscheidung. Das zu respektieren, ist nicht immer einfach, vor allem, wenn jemand unserer Meinung nach dadurch unnötig leidet.
"Der Patient ist Experte für das, was die chronische Erkrankung mit ihm macht"
getwittert von Iris Hinneburg, Medizinjournalistin und Pharmazeutin. Sie zitiert da Norbert Donner-Banzhoff, Professor an der Uni Marburg. Und dem muss man nichts hinzufügen, oder?
getwittert wieder von Sylvia Sänger, gesagt von Gabriele Meyer, Professorin für Gesundheit und Pflege, ganz salopp ausgedrückt (Uni Halle/Saale)
Das ist auch so ein Thema, über das ich immer wieder grübele... Ich bin ja auch Spielkind und probiere viele technische Dinge aus. In meiner Vorbereitung auf den Berlin-Marathon letztes Jahr war ich sehr, sehr, sehr dankbar für die Möglichkeit der Selbstvermessung per Laufuhr und App. Aber das ist was, was ich für mich mache. Ich teile keine gelaufenen Kilometer, keine verbrauchten Kalorien, kein Gewicht. Und niemals, wirklich niemals soll so etwas meiner Meinung nach Pflicht werden. Niemals sollen Versicherungen Leute wie mich bevorzugen (oder benachteiligen), das meine ich ernst. Das ist eine Frage der Solidarität mit denen, die das nicht wollen oder nicht können oder egal, welchen Grund jemand hat.
"Ärzte treffen oft Vorauswahl unter Behandlungsoptionen, von denen der Patient hinterher zum Teil gar nichts erfährt"
getwittert vom IQWIG – dem Institut, dessen Experten zum Beispiel beurteilen, ob eine Therapie besser als schon vorhandene Therapien wirkt.
Das heißt: Ärzte wählen für den Patienten schon mal eine Behandlung aus, und zum Teil erfährt der Patient gar nicht, was es noch so gäbe. Und das ist eigentlich das, was mich heute von diesen Beiträgen am meisten hat nachdenken lassen.
Wie erlebt Ihr das beim Arzt – sagt er Euch wirklich: "Sie haben jetzt die Möglichkeit oder auch die"? Erklärt er Euch Vor- und Nachteile? Mein Hautarzt ist wirklich nicht maulfaul, aber dass er mir unterschiedliche Möglichkeiten sagt? Nee.
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