Das Faltenlineal
Das Faltenlineal fiel mir vor ein paar Wochen in die Hände und das kam so:
Die letzten Monate waren ziemlich anstrengend, um nicht zu sagen nervenaufreibend. Tausend kleine Bewerbchen rund ums ganze Leben, würd ich mal zusammenfassen. Und wenn dann Frau über 40 inne hält, dabei durch Zufall vorm Spiegel steht und es nicht dunkel ist, kann es passieren, sie fallen mal wieder auf, die Zeichen der Zeit: Falten.
Nun ist es ja nicht so, dass ich mich nicht jeden Tag (gern mehrfach ) vor dem Spiegel platziere, aber den besonderen Blick – weg vom Gewohnten – hatte ich an jenem schicksalhaften Tag Anfang Oktober.
Naturgemäß neigen Falten dazu, im Alter in die Tiefe zu gehen. Da sie aber im Gegensatz zu Rotwein davon nicht profitieren, war ich überaus unerfreut über die Riesenfalten, die sich auch noch vermehrt hatten.
Was macht Frau in diesem Fall? Für alle kann ich nicht sprechen , aber ich suchte baldigst die erste Drogeriekette auf, die mir vor die Augen kam. Und suchte im entsprechenden Regalteil. Verschwand gefühlt für einen Tag von dieser Welt.
Weil, es beschäftigten mich solche wirklich wichtigen Fragen, wie: Wenn ich eine Creme für reife Haut nehme, bin ich dafür zu jung? Oder wenn auf der Packung die Anwendungsbreite in Jahren steht und 40 ist in der Mitte, bin ich dann zu alt? Oder wo krieg ich jetzt ohne aufzufallen einen Körperteil her, der noch nicht mit Testcreme beschmiert ist?
Die Entscheidung war eine wirklich ermüdende Angelegenheit. Ich glaube, ich bin mir selbst auf die Nerven gegangen. Letztendlich wurde die Wahl entschieden durch zwei unheimlich einleuchtende Argumente: die Farbe der Cremedose (rot!) und das Wort „Lift“ auf der Verpackung.
Zu Hause angekommen, nahm ich mir ganz allein und in Ruhe die Packung und ging ins Bad. Die ganzen Heilsversprechen der Zaubercreme las ich noch einmal in freudiger Erwartung und gewann dabei den Eindruck: Ja, ich habe mich richtig entschieden!
Als ich dann die Packung öffnete und die Dose entnehmen wollte, kullerte mir eine Zusatzbeschreibung entgegen. Und da stand es, das Wort Faltenlineal.
Das fand ich doch seltsam. Ein Lineal war nicht in der Verpackung. Wie auch? Aber nach einigem Lesen blieb es mir nicht länger verborgen: das Faltenlineal IST ein Teil der Verpackung. Zumindest ein Streifen, wenn man diese an dem Falz öffnet. (Bloß gut, dass ich diesmal die Verpackung nicht gleich in den Müll geschmissen habe! )
Auf diesem Streifen, der durch Ausklappen dann doch wie ein Lineal geformt ist, sind 10 Faltenbilder des Auges abgebildet. Die hält man neben sein eigenes Auge und sieht, ob es wirklich bis zum schlimmsten Stufe, der 10, nicht mehr weit ist.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich hatte Anfang Oktober die Stufe 7!!! Es folgte ein tägliches Ritual abends und morgens: Eintupfen der Creme aus der roten Dose.
Und nun?
Mit dem Wissen, nur das Beste für mich zu tun , rutschte mir das Faltenlineal heute beim Abgleich immer weiter von der doofen 7 weg in Richtung der guten 4.
Es stimmt also doch, was letztens jemand sagte: Älter werden nur die Anderen!
Und wie man das Lineal abliest, kann man doch mit Mitte Vierzig vollkommen allein entscheiden! Finde ich.
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