Gedanken zur Selbsthilfe
Heute ist der letzte Abend in unserer Berliner Selbsthilfegruppe - für dieses Jahr Wir besuchen die Akademie eines Hautpflege-Herstellers und lassen uns alles über die richtige Hautpflege an sich erklären.
Nun sind wir ja in mehreren Bereichen der Selbsthilfe aktiv. Die meiste Zeit und Kraft stecken wir ins Psoriasis-Netz hier. Wir behaupten nicht, dass das der Weisheit letzter Schluss in Sachen Selbsthilfe ist - aber wir versuchen, dass sich Betroffene selbst und gegenseitig auf diese Weise ein wenig helfen.
Ein Aspekt ist auch, dass wir das Feld nicht widerstandslos der Pharmaindustrie überlassen wollen. Die würde den Betroffenen liebend gern umfassend informieren und betreuen – nur eben nicht ohne Hintergedanken. Damit immer mehr Psoriatiker immer teurere Medikamente nehmen.
Nicht falsch verstehen: Die teuren Medikamente geben vielen Betroffenen etwas zurück, was sie oft jahre- und jahrzehntelang nicht mehr hatten – ein halbwegs normales Leben ohne Schmerzen, rote Stellen, Schuppen bis zum Abwinken, Entzündungen... Für viele schwer Betroffene sind sie ein Segen. Aber nicht jeder ist schwer betroffen, zum Glück.
Uns fällt es zum Beispiel auch schwer abzuwägen, wie sehr der derzeitige Schwerpunkt auf Begleiterkrankungen von der Pharmaforschung getrieben ist. Die teuren Medikamente sollen auch die Begleiterkrankungen verringern oder vermeiden. Im Endeffekt heißt das, dass sie dann lebenslang genommen werden sollen. Das ist ein sicheres Einkommen für die Pharmafirmen auf der einen Seite - aber eben die Hoffnung auf ein halbwegs normales Leben auf Dauer auf der anderen.
Doch zurück zur Selbsthilfe. Oder auch nicht Pharmafirmen laden zu Gesprächsrunden ein, mit Ärzten oder Apothekern. Und bezahlen diese dafür. Das wird die Selbsthilfe nie schaffen - und sie ist auch so nicht angelegt. Für uns in der Berliner Gruppe wird es immer schwerer, Referenten zu finden, die in der Gruppe einen Vortrag halten. Die Organisation der Referenten übernimmt in unserer Berliner Selbsthilfegruppe Rolf, er setzt alle seine Überzeugungs- und Überredungskunst ein – nur: Auch seine Kraft ist endlich.
Ja, wir kündigen diese Gespräche, die von Pharmafirmen initiiert sind, auch hier in unserem Terminkalender an. Eben, weil sie eine Möglichkeit für Betroffene sind, sich zu informieren. (Davon abgesehen, hat uns die Firma hinter den Psoriasis-Gesprächen versichert, dass sie sich freuen würde, wenn Selbsthilfegruppen oder deren Leiter dazukämen und sich und ihre Arbeit vorstellen würden. Wir haben es selbst, für die Berliner Gruppe, nur noch nie geschafft, zeitlich.)
Die Berliner Gruppe ist (wie das Psoriasis-Netz) Mitglied in einem Dachverband, der Psoriasis Selbsthilfe Arbeitsgemeinschaft. Auch dort werden die Aktiven und damit die Gruppen, die sich regelmäßig treffen, immer weniger. Die langjährigen Gruppenleiter oder -Organisatoren werden älter, haben andere Probleme, andere Lebensmittelpunkte - und es kommen weniger Leute in die Gruppen. Ganz davon zu schweigen, dass sich viel zu wenige neue Aktive finden. Das ist bei uns nicht anders als in anderen Vereinen oder Organisationen.
Wenn das alles jetzt so pessimistisch klingt - spätestens, wenn ein Gruppenabend läuft, wenn wir mittendrin sitzen, wissen wir, dass sich die Arbeit lohnt: wenn Betroffene ihre Fragen loswerden, wenn sie sich freuen, Gleichbetroffene zu finden - und wenn einfach auch mal gelächelt wird.
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