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Alltagswahnsinn

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Randy`s Geschenk


ande71

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Zwischen 1986 und 1994 hatte ich viel Kontakt zu US-Soldaten. Bei meiner Tante im Haus gegenüber lebten immer wieder US-Soldaten in der Mietwohnung, die im nahen US-Stützpunkt Baumholder ihren Dienst taten.

Die Standortkommandantur der Amerikaner sucht in jedem Jahr deutsche Familien, die sich bereit erklären, vor allem über die Weihnachtsfeiertage, junge US-Soldaten die ohne Familienanschluss in Deutschland sind, aufzunehmen, um ihnen ein Weihnachten in familiärer Atmosphäre zu ermöglichen. Das hatte vor allem den Hintergrund, das Ende der achtziger Jahre die Selbstmordrate unter den hier stationierten Soldaten erschreckend hoch war.

Und so kam es das erst zu Weihnachten, später zu allen mögliche Feiertagen und auch an gewöhnlichen Wochenenden bis zu 20 GI´s bei meiner Tante am Tisch saßen.

Das hatte viele Vorteile für uns. Es gab tonnenweise billige Zigaretten, Alkohol und noch manches andere, was man in Deutschland nicht bekam.

Viele Freundschaften sind damals entstanden, die zum Teil bis heute bestehen. Mit vielen hab ich auch heute noch Kontakt.

Einer ist schon lange aus dem aktiven Dienst ausgetreten und arbeitet bei einer Ölfirma in Gulfport am Golf von Mexico. Bei ihm und seiner Frau Mary war ich schon dreimal zu Besuch in den Staaten. Einer ist Polizist in Texas, einer Fernfahrer, einer bei einer Spezialeinheit der Navy in Afghanistan, wo er an Missionen teilnehmen muss über die er nicht reden darf, und einer…zja, Randy halt.

Randy war aus Texas, nicht gerade der Größte, aber ein Großmaul, wie es im Buche steht. Aber irgendwie auf seine Art in Ordnung. Nur manchmal musste man ihm auf die Finger hauen.

Da ich an Wochenenden oft mit den Jungs unterwegs war, entweder in Baumholder durch verschieden Clubs oder auf irgendwelchen Dorfdiscos, hatte ich so manches Erlebnis mit ihnen.

Einmal waren wir in einem alten BMW unterwegs zu einer Open-Air-Dorfdisco.

Der BMW war in einem mehr als fragwürdigen technischen Zustand. Der Verschluss der Motorhaube war defekt, sodass auf dem Weg zur Disco bei jeder Unebenheit die Motorhaube aufging und mir, der ich fuhr, die Sicht nahm. Vier-, fünfmal mussten wir anhalten um die Motorhaube wieder zuzudrücken.

Auf der Disco lief erst alles normal. Man zerstreute sich etwas im Volk, ich redete mit alten Schulfreunden, die US-Boys versuchten ihr Glück bei der saarländischen Weiblichkeit.

Irgendwann dann merkte ich, wie in einer bestimmten Ecke der Wiese Tumult aufkam. Mir schwante nichts Gutes. Hier war sicherlich einer meiner Amis drin verwickelt.

Während ich zu der Menschentraube lief, kreuzte ich die Flugbahn von….Randy, der in hohem Bogen in etwa anderthalb Meter Höhe über den Platz flog.

Im Sinne der Kameradenhilfe blies ich zur Attacke und drängte mich zum Ausgangspunkt seiner ballistischen Kurve und stand plötzlich vor einem Berg von Kerl, der im Begriff war Randy hinterher zu sprinten um ihm wahrscheinlich den Fangschuss zu geben.

Als ich merkte, was da vor mir stand habe ich mir das mit Attacke erstmal wieder überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass hier die Diplomatie das besser Mittel ist. Und gesünder.

Der Typ war gut einen Kopf größer als ich, damit zwei Köpfe größer als Randy, und er spielte wie sich herausstellte bei Kaiserslautern in der American Football Bundesliga.

Ich konnte ihn soweit besänftigen das er Randy nicht nachsetzte und ihn am Leben ließ.

Mittlerweile hatte die anderen meiner Amis das Ganze mitbekommen und die esten waren schon dabei Randy in Schach zu halten, der offensichtlich noch nicht genug hatte. Auf dem Weg zu ihnen lief mir noch einer vom Orgateam der Disco vor die Füße.

„Kennst du die?“ fragte er.

„Jaja, die gehören zu mir.“ sagte ich, leicht genervt.

„ Die sollen aufhören Stunk zu machen, sonst rufen wir die MP!“ sagte er.

„ Nicht notwendig. Wir schnappen uns unseren Helden und hauen ab!“ sagte ich.

Bei Randy angekommen, war der immer noch nicht beruhigt und wollte immer noch dem Hünen eins aufs Maul hauen. Der war mittlerweile auch bei uns angekommen und die Sache drohte erneut zu eskalieren. Während ich Goliath in Schach hielt und ihm deutlich machte, dass wir unseren David wegschaffen würden traf mich irgendwas im Kreuz. Es war Singer, der von Randy in dessen Rage gestoßen wurde und auf mich fiel. Auf dem Boden liegend sahen wir uns beide an und sagten simultan: „That`s enough!“ Jetzt reichts!

Zu viert stürzten wir uns auf Randy und vermöbelten ihn nach Strich und Faden.

Irgendwann kam ein „Ist gut, ich hab genug.“ Von ihm und wir ließen von ihm ab.

„Wir hauen ab!“ sagte ich, und wir gingen alle zum Auto.

Auf der Rückfahrt wurde dann der Grund für den Krach mit Goliath ergründet.

Der Hüne muss wohl eine doofe Bemerkung gemacht haben, die Randy nicht passte.

„Selbst wenn der eine blöde Bemerkung gemacht hat, der ist einen ein Fuß größer als du und wahrscheinlich doppelt so schwer. Such dir für deine Rache nächstens einen in deiner Größe, du Esel!“ sagte ich.

Als wir bei meiner Tante am Haus ankamen, war man dort über unser früher Erscheinen verwundert.

Wir erklärten es kurz und tranken noch ein paar Bier.

Als ich am nächsten Morgen hoch kam, saßen die Amis bereits beim Frühstück.

Randy hielt sich den Arm.

„What`s up?“ fragte ich.

Sein Arm tue ihm tierisch weh, und er könne ihn nicht richtig benutzen.

Wir fuhren mit ihm nach Baumholder in das dortige US-Hospital.

Ein junger Arzt im Rang eines Leutnants untersuchte ihn und wollte wissen wie es passiert sei. Jetzt war das so, dass man bei der Army sehr darauf bedacht war ein gutes Verhältnis zur deutschen Bevölkerung zu haben. Das bedeutete, dass Vergehen jeglicher Art seitens Militärangehörigen gegen Deutsche sehr streng gehandhabt wurden. Das beinhaltete auch Verletzungen die man selbst erlitt während man sich am Wochenende mit irgendwem prügelte.

Der Doc hatte natürlich den Braten gerochen und wollte wissen wie das passier ist.

Er sei gefallen, antwortete Randy.

Der Doc sah skeptisch.

Ich sagte dem Doc, dass ich zu der deutschen Gastfamilie gehöre, bei der er seine Wochenenden verbringt und ich bestätigen könne, dass er bei uns die Treppe runter gefallen sei.

Der Doc nickt und meinte, wir sollten dann mal das Moos von der Treppe entfernen, denn Randy hätte noch Grasflecken auf Hose und T-Shirt. Damit war die Sache erledigt.

Irgendwann war auch Randy`s Zeit in Deutschland vorbei, und er packte seine sieben Sachen um zurück in die Staaten zu gehen. Es war zur Zeit des Golfkrieges.

Die US-Streitkräfte nahmen die Sicherheit ihres Personals sehr ernst. Konnte man vorher ungehindert in den amerikanischen Teil Baumholders ein und aus gehen, so gab es jetzt nur noch eine Zufahrt und eine Ausfahrt. An beiden standen Schützenpanzer und Soldaten. An der Zufahrt wurden die Autos kontrolliert.

Randy rief mich an und meinte er hätte da ein paar Dinge, von denen er glaubte, es könnte mich interessieren. Ich solle doch mal kommen.

Als ich an seiner Unterkunft ankam ging er mit mir auf seine Stube, wo schon allerhand Kisten standen.

„Willst du die haben? Ich kann sie nicht mitnehmen.“ Sagte er und zeigte i eine Ecke des Raumes.

Dort stand eine 155-mm-Granate, natürlich ohne Sprengstoff. Ein Anschauungsmodell.

„Öööö, klar.“ sagte ich.

Okay, dann laden wir sie in dein Auto.

Und so trugen wir das Teil quer durchs Gebäude und über die Straße zu meinem Renault 19 und legten sie in den Kofferraum.

Nach einem Bierchen trat ich dann den Rückweg an.

An der Ausfahrt aus dem Areal, stand an einer großen Kreuzung mit Ampelregelung, ein Schützenpanzer und einige bewaffnete Soldaten. Ziemlich spät bemerkte ich, dass die Ampel auf „rot“ gesprungen war und musste ziemlich energisch bremsen.

Hinter mir krachte es zweimal und als ich nach hinten blickte, lag die Granate auf dem Kardankanal. Sie war beim Bremsen nach vorne gerollt, hatte die Rückbank umgelegt und lag jetzt für ein Dutzend GI´s gut sichtbar in meinem Auto.

„Super!“ sagte ich. Es blieb mir nix übrig als „e dumm Gesicht unn e langer Hals zemache“ und darauf zu warten das die Ampel grün wird. Aber die Soldaten interessierte das alles irgendwie wenig.

Als dann die Ampel umsprang fuhr ich weiter nach Hause.

Beim Räumen im Keller habe ich das Teil wieder gefunden, sehr zur Freude meines Sohenmanns.

Der wollte wissen wo ich die her habe und so erzählte ich es ihm.

„Und wo is der Ami jetzt?“ wollte er wissen.

„Zja“, sagte ich, „der Randy hat großen Mist gebaut und sitzt im Gefängnis.“

4 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Gast Neurosis

Geschrieben

Wie hiess'n der Randy mit Nachnamen, Horny? ;):D

Ich hab mir beim Schiessen mal ne abgeballerte 40 mm Kartusche krallen können aber das war eigentlich verboten, wundert mich dass die Amis das so locker gesehen haben.

Ischer eingefahren weil er dir die Granate geschenkt hat?

Gast Savant_iner

Geschrieben

Hab' auch mal ne Bombendrohung gemacht. :wub:

4 Seiten abschreiben ausm Lesebuch. Das war mir eine Leere! :angry:

Gast Neurosis

Geschrieben

Hab' auch mal ne Bombendrohung gemacht. :wub:

4 Seiten abschreiben ausm Lesebuch. Das war mir eine Leere! :angry:

:D :D :D Grass!

ande71

Geschrieben

Wie hiess'n der Randy mit Nachnamen, Horny? ;):D

Ich hab mir beim Schiessen mal ne abgeballerte 40 mm Kartusche krallen können aber das war eigentlich verboten, wundert mich dass die Amis das so locker gesehen haben.

Ischer eingefahren weil er dir die Granate geschenkt hat?

Soweit ich weiß, hat er sich in seiner Heimatstadt in Texas mit einem Polizisten angelegt. Da hat man generell schlechte Karten.

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    • Burg
      Hallo @GrBaer185, hier mal die 2-jährige thailändische beobachtende muliticenter PROMPT-Studie mit 300mg Secukinumab, die die Therapie erstmals von Pso, PsA und AS - ankylosierender Spondylitis - unter Alltagsbedingungen beschreibt. PROMPT=Prospective Registry Of MultiPlex Testing Real World Data zur Anwendung von Secukinumab AU=Nadine Kretschmer, Gelbe Liste, 6.12.2024 https://www.gelbe-liste.de/dermatologie/real-world-data-secukinumab Real-Life Data of Secukinuma
    • Margitta
      malgucken Danke dir für die Wünsche, übrigens mein Wichtel Zeisig sitzt alle Jahre im Hausflur, liebe Grüße Gitti 
    • malgucken
      Dankeschön, Gitti. Ich wünsche dir auch eine schöne Adventszeit. 🧑‍🎄
    • Burg
      Noch lieber als Kräuterbonbons lutsche ich Halspastillen mit Isländisch Moos (isla) - diese müssen bei mir Zucker oder Saccharose enthalten, da ich alle Zucker-Austauschstoffe nicht vertrage. Nach dem Lutschen der Pastillen habe ich ein eher trockenes Gefühl im Mund (das ist nicht jedermanns Wunsch) aber das isländische Moos legt sich wie ein Film über die beim Beginn einer Erkältung gereizten Schleimhäute; das ist für mich sehr angenehm und verhindert in der Regel, dass sich der Infekt aus
    • SPONGEBOB
      Lang ists her.    Ja ich freu mich immer noch bei jeder Spritze die ich bekomme.    Dankbar und symtomfrei immer noch.    küsschen… 
  • 17 Juckreiz bei Schuppenflechte

    1. 1. Wie geht Ihr mit dem Juckreiz im Alltag um?


      • Ich nutze hauptsächlich kühlende Hautpflege und Kälteanwendungen (z.B. Cool-Packs).
      • Ich verlasse mich auf Entspannungstechniken und Stressmanagement (z.B. Meditation, Atemübungen).
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