Zum Inhalt

Alltagswahnsinn

  • Einträge
    53
  • Kommentare
    199
  • Aufrufe
    4.432

Nachtschicht mit Pipi Langstrumpf


ande71

960 Aufrufe

Die letzte Nachtschicht.

Alle zwei Tage wechselt die Hälfte der Mannschaft. Ein über den anderen Tag ist somit auch der Thomas J. auf unserer Schicht. Er ist voll in Ordnung, dürfte so um die 40 sein. Aber er hat auch irgendwie etwas Komisches an sich.

Mit dem bedienen der Maschinen hat er es nicht so, was zum einen sicherlich an einem nicht so gut ausgeprägten technischen Verständnis liegt, und zum anderen daran, dass sein Vorarbeiter ihn deswegen zumeist in die Materialschleuse zum Aus- und Verpacken ordert.

Letzte Nacht war er mit mir im vorderen Bereich der Linie eingeteilt. Dort haben wir zusammen 5 Maschinen zu betreuen. Unter anderem die beiden Stopfenautomaten, in denen auf etwa 5 mm lange Kunststoffstöpsel O-Ringe mit 2 mm Durchmesser aufgezogen werden. Die fertigen Stöpsel benötigen wir für unser Hauptprodukt. Und mit eben diesen Stöpseln sind wir ziemlich klamm.

Etwa eine halbe Stunde nach Schichtbeginn kam mein Kollege Chris nach vorne.

„So“, sagte er und klatschte in die Hände, „der Danni hat gesaht, dass ich mit euch Stoppe fahre soll! Die Stoppeaudomaade solle ma mit zwo Mann fahre.“

„Aha“, sage ich, „ der Danni hat jo mol Ideeje.“

Nun waren wir also zu dritt, wo man zu zweit sich schon oft die Arbeit gegenseitig abnahm.

Es nahte die Zeit Kaffeepause.

„ Seebär, gehen ma in die Paus?“ fragte Chris.

„ Ei nadeerlich!“ antworte ich.

Wir geben dem Thomas ein Zeichen und Dackeln in Richtung Personalschleuse.

Kaum das wir mit unserem Kollegen Andre richtig im Pausenraum sitzen, kommt Vorarbeiter Danni und streckt seinen Kopf durch die Tür.

„Den Sinn davon dass na mit drei Mann vorne sinn is euch ja geläufich!?“ sagte er, mich anblickend.

„Jo, so sinn ma ruckzuck mit der Pausenablösung ferddich unn dann schnell widder zu dritt an da Stoppe.“ antworte ich.

„Noher geh na enzeln.“ sagt er und dreht sich zum gehen.

„Jaja.“ Sage ich und die Tür fällt zu.

„Vollidiot!“ meint André.

„Schwachkopp!“ sage ich.

„Blödmann!“ meint Chris.

„Der kritt das ähnfach net off die reih, dass ma mit dem Dreier do vorne nix guttmache.! Das bringt gar nix!“ sage ich.

„Wahrscheinlich hat er gesiehn, wie beim Thomas drei Station am Stoppautomat rot ware, unn jetzt wird der schon nervös!“ meint André.

Als wir wieder in die Linie kamen hatte der Thomas natürlich alles gut im Griff.

Thomas ist schon etwas komisch, was sich darin äußert, dass er ständig pfeift. Und zwar immer dieselbe Melodie. Über Jahre war es immer dieselbe Dreiton-Melodie.

Ti-taa-taa-taaa.

Immer. Alle paar Minuten dieser Dreiklang.

Seit ein paar Wochen jedoch hat er ein neues Lied.

Pipi Langstrumpf!

Und zwar immer nur bis zu der Stelle „..die macht was ihr gefällt.“

So auch während dieser Schicht. Egal wo und zu welcher Uhrzeit oder bei welcher Tätigkeit man dem Thomas begegnete, es erklang Pipi Langstrumpf.

Irgendwann gegen 5 Uhr morgens hielt ich es dann nicht mehr aus. Ich ging für ein paar Minuten an das andere Ende der Linie.

„Wasn loss?“ fragte mein Kollege Engel, als ich bei seinem Automaten ankam.

„Wenn der Thomas net ball offhehrt Pipi Langstrumpf zu peife, dann duhn ich ne knebele!“ drohte ich.

Engel grinste. „Wat peift der? Pipi Langstrumpf?“

„Schon die ganz Naacht! Von geschter Owend zehn Uhr bis jetzt Pipi Langstrumpf, an ähner Tour! Ich genn do vorne ball bekloppt.“ Klagte ich.

„Der hat Samestau!“ meinte Engel, der mit Thomas schon einmal auf der einen oder anderen Ü-30-Party war und wusste, dass Thomas schon eine sehr sehr lange Zeit Single war.

„Dann soll er sich mol ens suche.“ sagte ich.

„Der müsst mo an so e richdiches Luder gerohde, wo ne anstännich fordert!“ sagte Engel.

„Jo damit der sich mol widder richtich freischießt. Dann hört das mit dem Peife vielleicht mol uff. Oder vielleicht wechselt wenigstens mol die Melodie.“ sage ich und kehre zurück zu meinen Maschinen und dem pfeifenden Thomas.

Noch ne dreiviertel Stunde und das Drama Nachtschicht ist vorbei.

Ich muss kurz in die Materialschleuse.

Hier sehe ich neben vier meiner Kollegen auch unseren Herrn Vorarbeiter, die offensichtlich schon geraume Zeit in gemütlicher Runde klönen.

„Hann ihr nix zu duhn?“ frage ich übertrieben ernst. „Wenn eich langweilich is, dann könne ner rinnkomme, am Stoppeautomat könne mir immer Leit gebrauche. Falls dort schon zu viel Betrieb is, könne ner aach an die Deckeldrucker, denn die bedruckte Deckel sinn das nächschde was uns ausgeht.“ sage ich und blicke dabei den Herrn Danni an, der im Übrigen während dieser Nachtschicht insgesamt vier Stunden durch Abwesenheit glänzte, und den Rest der Schicht vor dem PC saß und Emails las.

Als wieder zurück in die Produktion gehe, beschließe ich, dass der Danni sich beim nächsten Chargenwechsel dumm und blöd rechnet, und ich dafür sorgen werde, dass die Chargenmappe nicht stimmt.

„Der Danni hat gemennt, mir hätte jo doch gutt stoppe gefahr.“ Sagte Chris, als ich wieder reinkam.

„Die hätte mir aach zu zwott gefahr, ohne das ma sich stännich in de Fieß rumlaaft.“ sage ich.

„Gutt das gleich Feierowend is!“ meint Chris.

Um fünf vor sechs gehe ich demonstrativ am Vorarbeiterraum vorbei in Richtung Schleuse. Danni schaut mich blöd an. Ich winke ihm und verschwinde durch die Tür.

3 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Gast Neurosis

Geschrieben

Thats Life Ande, wird wahrscheinlich immer besser, Augen zu und durch! ;)

Gast Redis

Geschrieben

einfach köstlich! *lol*

Dein Kommentar

Du schreibst gerade anonym. Wenn du schon einen Account bei uns hast, logg dich ein, um deinen Beitrag mit deinem Account zu verfassen.
Hinweis: Dein Beitrag wird von einem Moderator freigeschaltet, bevor er erscheint.

Gast
Kommentar schreiben...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Du hattest schon mal angefangen, etwas zu schreiben. Das wurde wiederhergestellt..   Egal, weg damit.

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

  • Jetzt Teil der Psoriasis-Community werden

    Hier findest Du Menschen, die von der Hautkrankheit Psoriasis, der Gelenkerkrankung Psoriasis arthritis oder von beidem betroffen sind.

    Als Community-Mitglied kannst Du:

    fragen und antworten
    Themen folgen
    in der Bildergalerie stöbern
    chatten
    Kontakt mit anderen Nutzern aufnehmen

     

  • Blogstatistik

    • Blogs insgesamt
      414
    • Einträge insgesamt
      2.471
  • Blogs

  • Blogkommentare

    • Burg
      Hallo @GrBaer185, hier mal die 2-jährige thailändische beobachtende muliticenter PROMPT-Studie mit 300mg Secukinumab, die die Therapie erstmals von Pso, PsA und AS - ankylosierender Spondylitis - unter Alltagsbedingungen beschreibt. PROMPT=Prospective Registry Of MultiPlex Testing Real World Data zur Anwendung von Secukinumab AU=Nadine Kretschmer, Gelbe Liste, 6.12.2024 https://www.gelbe-liste.de/dermatologie/real-world-data-secukinumab Real-Life Data of Secukinuma
    • Margitta
      malgucken Danke dir für die Wünsche, übrigens mein Wichtel Zeisig sitzt alle Jahre im Hausflur, liebe Grüße Gitti 
    • malgucken
      Dankeschön, Gitti. Ich wünsche dir auch eine schöne Adventszeit. 🧑‍🎄
    • Burg
      Noch lieber als Kräuterbonbons lutsche ich Halspastillen mit Isländisch Moos (isla) - diese müssen bei mir Zucker oder Saccharose enthalten, da ich alle Zucker-Austauschstoffe nicht vertrage. Nach dem Lutschen der Pastillen habe ich ein eher trockenes Gefühl im Mund (das ist nicht jedermanns Wunsch) aber das isländische Moos legt sich wie ein Film über die beim Beginn einer Erkältung gereizten Schleimhäute; das ist für mich sehr angenehm und verhindert in der Regel, dass sich der Infekt aus
    • SPONGEBOB
      Lang ists her.    Ja ich freu mich immer noch bei jeder Spritze die ich bekomme.    Dankbar und symtomfrei immer noch.    küsschen… 
  • 17 Juckreiz bei Schuppenflechte

    1. 1. Wie geht Ihr mit dem Juckreiz im Alltag um?


      • Ich nutze hauptsächlich kühlende Hautpflege und Kälteanwendungen (z.B. Cool-Packs).
      • Ich verlasse mich auf Entspannungstechniken und Stressmanagement (z.B. Meditation, Atemübungen).
      • Ich lenke mich aktiv ab und vermeide es, an den Juckreiz zu denken (z.B. durch Hobbys oder Bewegung).
      • Ich wende eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und Hausmitteln an (z.B. Cortison plus Meersalzbäder).
      • Ich setze hauptsächlich auf Hausmittel (z.B. Bäder, Umschläge, Pflegecremes).

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtig:

Diese Seite verwendet einige wenige Cookies, die zur Verwendung und zum Betrieb notwendig sind. Auf Werbetracker verzichten wir bewusst.