Murphy`s Gesetz II
Die Aufgabe für heute war klar:
Der Baum musste fallen!
Gestern hatte ich mir noch bei meinem Vater einen Zughub, im Baumarkt ein Stahlseil besorgt.
Günstigerweise war ganz in der Nähe des schräg stehenden Baumes ein anderer Baum, an dem ich den Zughub befestigen konnte. Stahlseil um den anderen Baum und los geht’s.
Aber nicht lange. Auch aufgrund der Hangneigung zog ich den Stamm quasi in den Boden.
Der Stamm von unten stückchenweise abschneiden soll man nicht, da nicht abzusehen ist wohin dann der nachrutschende Stamm rutscht, wenn das abgeschnittene Meterstück durch das Gewicht des Baumes weggedrückt wird.
Ich mache so etwas sehr ungern, denn ich bin beim Brennholz machen immer alleine, und mein Grundsatz lautet: KEINE EXPERIMENTE!
Allein schon der Gedanke, das mir ein Stamm dann auf den Fuß rutscht und die Knochen in feines Mehl verwandelt, macht mir eine Gänsehaut. Und dabei wäre das ja noch ein glimpflicher Unfall im Wald. Es kann auch das Leben kosten, wenn man Mist baut.
In einem Ort im Kreis haben sie einmal einen 30jährigen vermisst, der nach dem Brennholzmachen nicht nach Hause kam. Man hat ihn dann in dem ihm zugewiesenen Waldstück gefunden. Ohne Kopf. Der wurde ihm von einem aufplatzenden Stamm, den er falsch angeschnitten hatte, abgeschlagen und wurde 20 Meter weiter im Gestrüpp gefunden. Bin ich nicht scharf drauf!
Aber es half nichts! So kriege ich den Stamm nicht aus der Krone des anderen Baumes gezogen. Also schnitt ich, mit viel Respekt und mit einem Auge immer die Krone des Baumes im Blick, zwei Meterstücke ab. Seil anhängen, mit dem Zughub anziehen. Es knackt, der Baum bewegt sich, fällt aber immer noch nicht.
Hätte ich einen Fällheber, dann könnte ich den Baum etwas drehen und er würde aus der Krone rutschen. Zja, HÄTTE ich einen Fällheber!
Noch nen Meter abschneiden? Mein Blick fällt auf das 7 Meter lange Stahlseil. Nee, nochn Stück abschneiden ist nicht drin, sonst komme ich mit dem Seil nicht mehr hin.
Ich setze mich auf eins der Meterstücke und denke nach. Je mehr ich abschneide, desto steiler stellt sich der Baum. Irgendwann steht der dann senkrecht neben dem Baum, in dem er hängen geblieben ist. Das wäre noch beschissener, als die Situation jetzt! Das kommt auf keinen Fall in Frage!
Mein Blick fällt auf das Stämmchen, das ich gestern als Hebel benutzt habe. Da mir der Rücken ohnehin schon wehtut, und ich sowieso nix zu verlieren habe, stehe ich auf und setze den Hebel an.
Wie heißt es so schön auf russisch? „Na usnjem!“ – „Hau Ruck!“
Sage und schreibe 10 cm drücke ich den Stamm damit zur Seite. Und, oh Wunder, es knackt im Geäst und da liegt er. Kaum zu fassen!
Ich setze mich wieder auf das Meterstück und sehe mir ziemlich kaputt den angerichteten Schaden an. Ungefähr sechs Meter aus der Richtung liegt der Stamm. Der Zaun ist auch niedergedrückt.
“Schon der Hammer, was ich drauf habe! Drecksding!“ entfährt es mir.
Ich überlege, ob ich das Holz von dem Baum irgendwie markieren soll. Das hat mich soviel Energie und Nerven gekostet, das man es nur an hohen Feiertagen verheizen sollte, denke ich.
Über den Gedankengang muss ich selber grinsen.
„Scheißding!“ sage ich, stehe auf und werfe die Säge an.
Sich selbst entasten wird der Baum sich schließlich nicht.
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