Zum Inhalt
  • Jetzt Teil der Psoriasis-Community werden

    Hier findest Du Menschen, die von der Hautkrankheit Psoriasis, der Gelenkerkrankung Psoriasis arthritis oder von beidem betroffen sind.

    Als Community-Mitglied kannst Du:

    fragen und antworten
    Themen folgen
    in der Bildergalerie stöbern
    chatten
    Kontakt mit anderen Nutzern aufnehmen

     

Unterwegs in Smrdáky

  • Einträge
    7
  • Kommentare
    12
  • Aufrufe
    6.650

Einträge in diesem Blog

Rolf

7. Tag: Hilft's? Fazit

blog-0324767001410689850.jpgBisher hatte ich noch nie davon gehört, dass die Psoriasis mit Sulfiden (Schwefel) erfolgreich behandelt werden kann. Erst hier habe ich erfahren, dass es zum Beispiel in Bad Bentheim schon immer schweflige Bäder gibt.

In Smrdaky behandelt man seit über 120 Jahren Menschen mit Gelenk- und Hautkrankheiten. Es ist schlichtweg Erfahrungswissen, dass Schwefel hilft. Würden die Patienten immer wieder kommen, wenn sie nicht überzeugt wären?

Dr. P. Arenberger (Prag) und Dr. I. Schwarz (Smrdaky) haben 1995 und 1997 wissenschaftlich untersucht, wie der Schwefelwasserstoff aus Smrdaky auf die Psoriasis wirkt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Schwefel bei Zellen von Psoriatikern die Entzündung hemmt und das Wachstum verringert.

Die hiesigen Ärzte haben für 15 Patienten dokumentiert, wie sich ihr PASI durch die Behandlung verbessert hat. Mit dem PASI misst man, wie schwer eine Psoriasis ist. Bei 3 Patienten verbesserte sich der PASI um 60 % bis 79 %. Bei 6 ging er sogar zwischen 80 % und 89 % zurück und bei den restlichen, glücklichen 6 verbesserte er sich um 90 % oder mehr. Die gleichen Ärzte befragten 50 Patienten, wie lange sie nach der Behandlung in Smrdaky erscheinungsfrei waren: Bei den Frauen waren es durchschnittlich 9 Monate, bei den Männern 6,5. Die Angaben schwankten zwischen 3 und 12 Monaten.

Diese Zahlen sind natürlich nicht wirklich repräsentativ. Aber sie machen Mut. Es müsste möglich sein, fast 90 % der Patienten statistisch zu erfassen. Denn sehr viele kommen einmal im Jahr hierher, weil es die tschechischen und die slowakischen Krankenkassen finanzieren. Das wäre eigentlich die Chance, den Erfolg der Behandlung mit Schwefelwasserstoff anhand sehr vieler Patienten nachzuweisen.

Wer sich hier behandeln lassen will, muss keine Medikamente oder Cremes absetzen - bis auf Ciclosporin (Sandimmun). Das verträgt sich nicht mit der schwefelhaltigen Therapie. Asthmatiker sollten vorher anfragen, ob die Behandlung hier für sie geeignet ist. In schweren Fällen würde man davon abraten. Risikogruppen sind außerdem sehr alte Menschen, Epileptiker und Menschen mit Herzschrittmacher.

Zur Hautpflege gibt es eine Basiscreme, die überwiegend fetthaltig ist. Bessere Hautpflegemittel, z.B. mit Urea, sollte man sich mitbringen oder in der Apotheke in Senica kaufen. Mitbringen sollte man sich auf jeden Fall Badelatschen und eventuell eine Badekappe bzw. Duschhaube.

Erst am letzten Tag habe ich das versteckte Natursolarium entdeckt. Bei Sonnenschein können Männer (Muźy) und Frauen (Źeny) dort nackend liegen.

Nicht gesehen habe ich die Zimmer im "Hotel Morava", die sehr gut und ruhig sein sollen, im "Hotel Vietoris", die –im Gegensatz zum „Hotel Centrál“- alle einen Balkon haben, im "Záhorie", das nicht empfehlenswert ist und im Kinder- und Jugendhaus "EVA". Ich weiß auch nicht, wie es im Wellness-Centre und der Sauna aussieht.

F A Z I T

Medizinisch ähnelt die Behandlung der Balneo-Fototherapie, wie wir sie aus deutschen Kliniken kennen. Anstatt Salz wird hier Schwefelwasserstoff genommen. Vielleicht gelingt es mir, Einschätzungen deutscher Dermatologen zu bekommen, worin sich das unterscheidet.

In Smrdaky kennt man sich schnell vom Sehen, weil alles klein und übersichtlich ist. Aber es gibt natürlich sprachliche Probleme: die meisten Patienten sprechen nur wenige Worte Deutsch. Die Ärzte können ausreichend genug Deutsch, um die Therapie sachgerecht festzulegen. Das Personal spricht teilweise gut Deutsch, teilweise nicht so gut. Die Mitarbeiter werden gerade in Englisch geschult. In komplizierten Fällen hilft die mehrsprachige "Kundenberaterin" Elena Pinkavová.

Alles ist hier in wenig schlichter, als man es von anderen Kurorten kennt. Das hat mich persönlich nicht gestört, sondern ich fand es angenehm - auch, weil man hier sehr freundlich ist. Ich weiß nicht, ob ich für eine drei- oder vierwöchige Reha-Maßnahme alleine herfahren würde. Andere haben da weniger Probleme. Mir wurde erzählt, dass es wegen der vielen Sonne auch viel Kurschatten gibt. Das kann ich offiziell nicht bestätigen.

Einen Versuch ist Smrdaky allemal wert!

Rolf

6. Tag: Freizeit

blog-0012097001410689926.jpgSonntags gibt es grundsätzlich keine Anwendungen, es sei denn, man hat welche zusätzlich bestellt. Was kann man also tun, um den Tag auszufüllen?

An einer Tour teilnehmen, die vom Hotel angeboten wird. Das habe ich für Sonnabend und Sonntag versucht. Aber leider haben sich nicht genügend Interessenten gefunden. Dann findet der Ausflug nicht statt. Ärgerlich, wenn man nicht mit dem Auto hier ist.

Wandern? Hatte ich schon! Kann man aber ausweiten, wenn man länger hier ist.

Mit dem Bus nach Senica fahren?

Das wäre eine Möglichkeit. Die Haltestelle ist gleich um die Ecke, der Bus fährt täglich die 7 km dorthin und kostet keine 50 Cents. Senice bietet, was das kleine Smrdaky nicht hat: Geschäfte, Banken, Eisdiele und vermutlich auch Kultur. Aber sonntags hat nur der "Lidl" und wenige Lebensmittelgeschäfte geöffnet. In Wirklichkeit ist die Stadt aus touristischer Sicht uninteressant! Sie strahlt den maroden Charme einer sozialistischen Reißbrett-Stadt aus. Aber es gibt im Stadtbild inzwischen einige Häuser, die mit Farbe freundlicher gestaltet wurden. So ist zu erwarten, dass die meisten Gebäude in einigen Jahren wenigstens nicht mehr zu heruntergekommen aussehen. Das kostet aber Geld, das bei niedrigen Mieten meist nicht da ist.

Bleibt nur noch Fahrrad-Fahren! Es gibt im Hotel auf Nachfrage Unterlagen für Radtouren und ein Mountain-Bike ist für wenig Geld zu mieten. Ich habe für sechs Stunden 4 € bezahlt. Die Landschaft ist wirklich wunderschön. Felder, Wälder, Anhöhen, kleine Orte. Als ich losfuhr, waren die meisten Einheimischen noch in der Kirche oder standen, wegen Überfüllung, in Trauben davor (Wie machen sie das bloß im Winter?) Also waren kaum Autos unterwegs. Das wurden auch bis zum Nachmittag nicht viel mehr. Vermutlich wird sonntags in den Familien noch aufwendiger gegessen, als sonst schon;)

Wenn es nur nicht so bergig (gefühlt) bzw. hüglig (tatsächlich) wäre! Die stärkste Steigung betrug 17 % und jeder Hügel zieht und zieht sich dahin. Ist man oben, geht es noch weiter aufwärts. Wenn ich nicht so ein verbissener "Strecken-Schrubber" wäre, hätte ich mich schon am schönen Stausee von Kunov oder spätestens in Sobotište gemütlich ins Cafè gesetzt. Jetzt habe ich Rückenschmerzen!

Sollte ich einmal für längere Zeit herkommen, würde ich mir überlegen, ein Auto zu mieten. In diesem Dreiländer-Eck ist man schnell an interessanten Plätzen. In einem halben Tag kann man viel sehen. Mit eigenem Wagen wäre man nicht abhängig davon, ob angekündigte Touren wegen zu geringer Teilnehmerzahl ausfallen.

Ich habe noch gar nicht vom Kino erzählt. Es ist hier im "Hotel Central", hat 140 Plätze und sieht gemütlich aus. Einmal in der Woche werden Filme gezeigt. Abwechselnd alle 14 Tage ein slowakischer und ein aktueller internationaler Film. Im Juli 2008 laufen "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels", "MICHAEL CLAYTON" und "Sex And The City" - im Original mit slowakischen Untertiteln für knapp 2 €. Gestern Nachmittag gab es zusätzlich einen Märchenfilm. Trotz bestem Wetter saßen 30 Personen im Saal.

Auch wenn ich mich wiederhole: Mittwochs und sonnabends gibt es Tanz. Es ist eine wahre Freude, den Tänzerinnen und Tänzenr zuzuschauen. Wie bei einem großen Familienfest tanzen alle zwischen 25 und 65 ausgelassen nach der gleichen Musik. Hoffentlich hält sich diese Natürlichkeit hier noch recht lange!

Morgen ist mein letzer "Arbeitstag" in Smrdaky. Da geht es für mich zur (eigentlichen) Sache: Wie ist die Behandlung vor allem mit Schwefelwasser-Stoff medizinisch zu beurteilen? Kann man Menschen mit Psoriais und Psoriasis Arthritis mit gutem Gewissen empfehlen, aus medizinischen Gründen hier her zu kommen?

Rolf

5. Tag: Ohne Moos ist nichts los

Das Spanferkel-Essen mit slowakischer Volksmusik gehört zum Freizeit-Programm. Anders, als ich es erwartet habe, spielte eine 4-köpfige Herrenkapelle: Mit drei Akkordeons, einem Schlagzeug und vier klaren Altherren-Stimmen wurden die Hits der (slowakischen) Volksmusik im Walzer- und im Polka-Takt präsentiert. Dazu gab es Unmengen von Fleisch; das Bier war kostenlos. Wer also gern der "gastronomischen Fleischeslust" frönt, ist hier genau richtig. Das Vergnügen kostete nicht einmal 5 €.

Man kann einen Kur-Aufenthalt in Smrdaky entweder über einen deutschen Reiseveranstalter buchen oder direkt. Neben mehreren kleinen Anbietern werden solche Reisen organisiert von:

Euromed-Berlin http://www.euromed-berlin.de/,

Wellmed-Reisen http://www.wellmed-reisen.de/,

FIT Gesellschaft für gesundes Reisen mbH http://www.fitreisen.de und

Desla Touristik http://www.desla-touristik.de/.

Es war mir von hier aus nicht möglich, die Preise für einen dreiwöchigen Aufenthalt herauszufinden. Das werde ich nachholen.

Wer direkt bucht, sollte sich auf jeden Fall für den "komplexen Kuraufenhalt" entscheiden. Man kann zwar jede Anwendung einzeln bezahlen. Das ist aber erheblich teurer, als ein Paket mit Unterkunft, Vollpension, ärztliche Untersuchungen und einer Vielzahl von therapeutischen Anwendungen:http://www.badsmrdaky.com/index.php?www=pobyt_detail&id=1.

Das teuerste Einzelzimmer kostet pro Nacht 62 €, das billigere 59 €. Doppelzimmer kosten pro Person und Nacht entweder 52 € oder 49 €. "Záhorie" als Economy-Unterkunft ist nicht zu empfehlen. Die Preise werden sich bei der Umstellung auf den Euro in 2009 erhöhen. Offizielle Begründung: Die Europäische Zentralbank wird dann den Umtauschkurs von slowakischen Kronen auf Euro erhöhen.

Wer selbst anreist, z.B. mit der Bahn bis nach Kúty oder dem Flugzeug nach Bratislava, wird dort abgeholt. Das kostet noch einmal "Transfer-Gebühren". Eine gute Karte findet man unter http://www.badsmrdaky.com/index.php?www=sp_detail&id=37&subnavigation_id=37.

In allen Fällen wird eine "Kurtaxe" erhoben. Gerade in Smrdaky fragt man sich ernsthaft, für welche zusätzlichen Leistungen der Gemeinde diese Steuer wohl sein soll?

Gesetzlich Krankenversicherte erhalten einen Zuschuss, wenn sie ihn vor dem Kuraufenthalt in Smrdaky beantragen. Bei dieser „ambulanten Vorsorgeleistung in anerkannten Kurorten“ übernimmt die Krankenkasse die vollen Kosten der ärztlichen Behandlung und ca. 85% der Kurmittel. Zu den übrigen Kosten (Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten, Kurtaxe) werden bis zu 13 € pro Tag bezahlt. Grundsätzlich erhält man das nur alle drei Jahre, es sei denn, es ist schon vorher wieder "medizinisch notwendig". Genau das trifft bei vielen Patienten mit Psoriasis zu!

Privat Krankenversicherte beteiligen sich an den Ausgaben für eine Kur, wenn das so vereinbart wurde und in festgelegter Höhe. Entweder werden die nachgewiesenen medizinischen Kosten ersetzt oder ein pauschales Tagegeldes gezahlt. Zwar muss auch das mit der Versicherung vor Kurantritt abgeklärt werden. Die Versicherung darf aber eine ärztlich empfohlene Kur nicht ablehnen.

Habe ich schon gesagt, wie gut die Luft hier ist? Ich bin heute stundenlang durch Felder voller Sonnenblumen und Getreide gewandert, vorbei an vielen Obstbäumen und Wacholdersträuchern. Klar, irgendwo muss der Slivovica (Pflaumenschnaps) und der Borovička (Wacholderschnaps) schließlich herkommen!

Na zdravie!

Rolf

4. Tag: Man kommt sich näher

Wenn ich jetzt hier herumlaufe, grüßen mich schon Leute. Ich fange an, mich an das Leben im "Klinkbereich" Smrdaky zu gewöhnen.

Smrdaky hat drei Kneipen zu bieten: Gleich gegenüber den Hotels ist "Saddler's Pub". Tagsüber sitzen auf der überdachten Veranda davor alle Arten von Leuten. Abends dagegen gehört das Lokal überwiegend der Jugend - aus dem Ort und aus dem Behandlungshaus für Kinder und Jugendliche, das "Eva". Ein paar Schritte weiter gibt es das "Lahôdka". Das sieht von außen wie ein bescheidenes Dorflokal aus. Hier soll es -so Insider Holger, das beste Bier und den besten selbstgebrannten Schnaps am Ort geben. Der Nichtraucher-Gastraum ist ziemlich klein. Aber es gibt einen gemütlichen Raucherbereich und einen überdachten Hof. Etwas weiter, den Berg hoch, liegt das "Furmanský". In dem großen, gemütlichen Gastraum treffen sich Anwohner und Patienten, Jung und Alt. Hier wird nicht nur getrunken: Zur Spezialität des Hauses gehören verschiedene Brotplatten und Knoblauch-Toast. An manchen Tagen wird gegrillt und dann sitzt man auf der Straße an Tischen und Bänken.

Bier und Schnaps sind für unsere Verhältnisse billig. Aber für slowakische Patienten sind Lokale immer noch zu teuer, so dass viele ihr Bier oder ihren Wein im Hotelzimmer trinken. Wer mehr auf Kaffee und Kuchen steht, geht ins "Hotel Vietoris". Drinnen wir draußen kann man dann die Spezialität "Smrdaky Roulade" genießen - Creme pur, aber nicht sehr süß!

Heute wurde ich erstmals im "Rehabilitations-Zentrum" behandelt: Geschmackvoll renovierte Räume, technisch gut ausgestattet und mit ausgebildeten Physio-Therapeuten. Das entspricht unseren Vorstellungen eines modernen Klinikbetriebes. Die Marketing Managerin, Elena Pinkavová meinte dazu: "Wir konnten bisher noch nicht alle Gebäude und Behandlungseinrichtungen modernisieren. Unsere Stärke aber sind unseren guten Dienstleistungen!" Alle Gebäude sind für Rollstuhl-Fahrer zugänglich.

Man wird wie ein Privatpatient behandelt, zahlt aber (bis jetzt noch) deutlich weniger, als in Deutschland. Die einheimischen Kassenpatienten erhalten weniger Leistungen (wie in Deutschland!) und einfacheres Essen. Das Essen für selbstzahlende Patienten ist gut. Es gibt ausreichend Frisch- und Rohkost-Salat. Die Suppen sind mir aber meist zu dünn.

Holger hat sich angeboten, allen Usern des Psoriasis-Netzes, die konkrete Fragen zu Smrdaky haben, per eMail zu antworten (wenn er dann wieder in Deutschland ist): H.Vogt@t-online.de. Und er hat mir geraten, heute Abend unbedingt zum Spanferkel-Essen zu kommen. Das sei wieder so eine Veranstaltung, bei der sich zeige, wie "familär" es hier zugehe. Man sitze nach dem Essen am Lagerfeuer und sänge Lieder. Schließlich kämen einige Patienten jedes Jahr hierher und würden sich gut kennen.

Na, mit Holger habe ich wohl Schwein gehabt!

Rolf

Es wäre gelogen, wenn ich damit angeben würde, die ganze Nacht durchgetanzt zu haben. Aber, so wurde mir heute von einem ständigen Gast gesagt: Die Tanzabende sind die beste Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Das ganze findet in einem Saal statt, der noch den Charme der 60er Jahre ausstrahlt. Aber die 2-Personen-Kapelle spielt tanzbare und mitsingbare Hits, alle Generationen tanzen im Disco-Stil und haben viel Freude daran.

Stattdessen bin ich durch Smrdaky gelaufen. Viele Einwohner sind im Kurzentrum beschäftigt, oft die ganze Familie. Man sieht es den Häusern an, dass es den Leuten gut geht. Die meisten haben einen Obst- und Gemüse-Garten, etwas Vieh und leider auch einen bellenden Hund. Hat man hier denn so viel Angst vor Einbrechern? Gut, dass die Hotels auf der anderen Seite der Strasse liegen.

Heute hatte ich das volle Programm: Massage, Schlammpackung + Wannenbad. Die Massage war so gut, dass ich mich geärgert habe, nicht noch weitere, behandlungsbedürftige Körperteile angegeben zu haben. Die anderen Behandlungen verlangen viel Ruhe und innere Gelassenheit. Die hatte ich heute leider nicht.

Jetzt wird es Zeit, über das Telefonieren zu schreiben. Normalerweise ist das vom Ausland nach Deutschland ziemlich teuer. Ausser man kennt sich mit www.jajah.com aus. Wenn ich nach Deutschland telefonieren will, gebe ich bei Jajah an, wen ich sprechen will. Sekunden später klingelt mein Handy hier, und ich werde verbunden. Wenn Claudia mich anrufen will, wählt sie eine Berliner Festnetznummer und wird mit meinem Hoteltelefon verbunden. Beides zu extrem niedrigen Preisen. Aber man muss sich anmelden und Geld auf dem Konto haben.

Endlich habe ich einen deutschsprachigen Insider getroffen: Holger aus Mecklenburg-Vorpommern kommt schon seit zwölf Jahren hierher, um seine Psoriasis zu behandeln. Er meint, jedes Jahr wúrde er länger erscheinungsfrei bleiben. Trotzdem ist er einmal im Jahr in Smrdaky. Ich vermute, er würde auch kommen, wenn er keine Psoriasis mehr hätte. Denn im Laufe der Jahre hat er herzliche Kontakte geknüpft zu anderen, regelmässigen Besuchern und Beschäftigten. Weil er Slowakisch spricht, wird er zu Leuten nach Hause eingeladen und hat abends selten Zeit.

Er wird mir heute Abend die Kneipen-Szene von Smrdaky zeigen. Holger meint, man könne hier auch als Deutscher Kontakt bekommen, wenn man nur offen und neugierig auf die Leute zugehe.

Dann also rein ins Vergnügen!

Rolf

2. Tag: Vom Beobachter zum Patienten

blog-0208268001410690116.jpgDie Matratze, auf der ich in meinem großen Zimmer geschlafen habe, war gerade richtig: nicht zu weich und nicht zu hart. Und eine Ruhe in der Nacht! Smrdaky liegt eben auf dem Lande. Rundherum sind üppige Felder mit blühenden Sonnenblumen, Mais, Hafer und Weizen. Alles auf sanften Hügeln. Etwas für Leute, die dem Trubel entfliehen wollen.

Der Morgen war eine Überraschung: Nachdem es gestern Abend sehr ruhig war, liefen jetzt viele Patienten umher, einige Marktstände mit Souverniers und Kleidung waren aufgebaut, ein Kiosk hatte geöffnet (einzige deutschsprachige Zeitung die österreichische BILD-Zeitung, der KURIER) und es gibt einen Mini-Market(slowakisch "Potraviny" ). Das Frühstück war völlig in Ordnung: Wurst, Käse, Grünzeug, englisches Breakfast + Müsli - nicht übertrieben aufwendig. Der Kaffee schmeckte so wie vermutlich schon vor 25 Jahren - scheußlich.

Elena Pinkavová ist die Deutsch sprechende, charmante "Kundenberaterin". Sie würde lieber "Patienten" betreuen, aber der Titel ist vom Management so vorgegeben. Sie hat mich vormittags herumgeführt und einigen Leuten vorgestellt. Es gibt zwei Gebäude, in denen behandelt wird: Eines für die Balneo-Therapie, das bedeutet, es wird mit natürlichen Heilquellen gearbeitet. Das andere für die Bestrahlungen und die orthopädischen Anwendungen (im Erdgeschoss des Hotel Central). Die Patienten baden in schwefelhaltigem Wasser. Das wird nicht abgespült, sondern soll bis zu acht Stunden einwirken. Solange dringt es noch in Haut und Gelenke ein. Hinterher wird mit verschiedensten UV- Spektren bestrahlt. Kinder werden ab 3 Jahren mit Balneotherapie behandelt, d.h. nur mit schwefligem Wasser. Ab 5 Jahre können sie sogar ohne Begleitung hierher kommen, weil es eine Betreuung gibt. Bestrahlt werden sie aber nicht, wie ich es in der ersten Version des Berichts berichtet hatte. Für die Gelenke gibt es verschiedenste Arten von Packungen in schwefelhaltiger Heilerde (Schlamm) oder Bäder mit Schwefel oder Parafin. Massagen, orthopädische (Interferenz-) Stromgeräte und eine Magnetfeld-Matte sollen die Muskeln stärken.

Das Quellwasser in Smrdaky enthält 34 % Mineralstoffe, davon 6,8 % Schwefelwasserstoff. Der deutschsprachige Chefarzt, Dr. Jàn Liday hat in einem wissenschaftlichen Artikel beschrieben, dass Schwefelwasserstoff direkt durch die Haut in den Organismus eindringt, Entzündungen und das Immunsystem beeinflusst, die Durchblutung fördert, den Juckreiz mindert, die Schmerzempfindlichkeit der Gelenke und des Bewegungssystems lindert und anti-mikrobiell wirkt, das heißt das Wachstum von Hautzellen verringert. Genaue Statistiken dagegen werden nicht genannt!

Noch ist nicht alles neu renoviert. Bei der Balneo-Therapie liegt noch der bekannte Ostblock-PVC Fußboden aus, die Sitzbänke würden in jeden DDR-Nostalgie-Film passen und auch den Fliesen sieht man an, dass sie schon viele Jahre auf dem Buckel haben. Aber es ist alles sauber, es gibt genügend freundliches Personal und einige vom Personal sprechen Deutsch. Um alles perfekt zu machen, fehlt aber noch das Geld.

Eigentlich wollte ich Dr. Liday nur interviewen. Da ich aber nun zur "Schnupper-Kur" (Schwefel stinkt!) eingeladen war, sollte ich auf jeden Fall wie ein normaler Patient mit drei Anwendungen pro Tag beschäftigt werden.Da meine Haut zur Zeit nicht behandelt werden muss, werden jetzt eben die Gelenke "geschmiert".

Das Areal mit den drei Hotels und dem Kurpark ist völlig auf die Patienten ausgerichtet. In Deutschland dürfte sich die Anlage als "Fachklinik" bezeichnen. Auf den ersten Blick ist viel medizinisches Personal da. Es gibt einen nächtlichen Bereitschaftsdienst des Arztes. Das haben sicherlich nicht viele deutsche Reha-Kliniken! Die weitaus meisten Patienten sind Slowaken. Die hiesiege Krankenkasse zahlt den Haut-Patienten vier Wochen. Bewegungsapparat-Patienten erhalten nur drei Wochen und müssen die Unterkunft und das Essen selbst bezahlen. Die meisten Einheimischen können sich aber die Hotels nicht leisten. Deshalb gibt es in einem etwas heruntergekommenen Gebäudekomplex können billige und extrem einfach ausgestattete Zimmer mit gemeinschaftlichen Sanitäranlagen. Direkt neben dem "ersten Haus am Platze".

Vor dem Abendessen bin ich eine Stunde an herrlichen Felder vorbei gelaufen. Heute Abend ist Tanzen mit Orchester und allem Drum und Dran angesagt. Ich habe nur feste Wanderschuhe mit. Was heißt "Verzeihung" auf Slowakisch?

Rolf

Anreise und erste Eindrücke

blog-0617922001410689996.jpgIch bin von der Kurverwaltung in Smrdaky eingeladen worden: Man will mich darüber informieren, wie hier Menschen mit Psoriasis und Psoriasis Arthritis behandelt werden. Deshalb berichte ich eine Woche lang von dem, was ich hier zu sehen bekomme und erlebe - wohlwollend und kritisch.

Smrdaky liegt am nordwestlichsten Zipfel der Slowakei im Dreiländer-Eck zu Österreich und Tschechien. Die Hauptstadt Bratislava liegt südlich davon. Vom Flughafen dort sind es noch 100 km bis nach Smrdaky. Vor dem Zusammenbruch der kommunistischen Regierungen wurde Bratislava im Westen konsequent als "Pressburg" bezeichnet. So hieß es in der Donau-Monarchie Österreich-Ungarn.

Ich war schon einmal in der Gegend - 1990 auf dem Fahrrad. Da gehörte das Gebiet noch zur Tschechoslowakei. Mir kam es damals so vor, als wenn die Slowakei der trostlose und vernachlässigte Teil des gemeinsamen Staates gewesen ist. Viele Tschechen haben die Slowaken für verrückt erklärt, als die ihren eigenen Staat haben wollten. Wovon wollten die denn leben? Auf den ersten Blick scheint es, dass die Slowaken es wohl geschafft haben, auf eigenen Füßen zu stehen. Die Ortschaften wirken freundlich und lebendig. Wenn die Größe und Anzahl der Autos ein Maßstab für Wohlstand ist, kann das Land mithalten. Aber ich vermute, dass in der Slowakei noch schwer gearbeitet werden muss, bis es allen deutlich besser geht.

Es gibt in Smrdaky zwei 2-Sterne Hotels, ein 3-Sterne Hotel und ein leerstehendes Gebäude, das mal ein Hotel war. Ich bin im etwas einfacheren "Hotel Central" untergebracht. Das Gebäude strahlt äußerlich den verblichenen Charme der 60er-Jahre Architektur des "sozialistischen Funktionalismus" aus: eckig, verkantet, schnörkellos mit abblätterndem Putz und Rissen. Auch Decke und Wandverkleidung in der Empfangshalle stammen ganz eindeutig aus dieser Zeit. Aber inzwischen ist innen viel verändert worden: angenehme Farben und moderne Einrichtung prägen das Bild. Das Hotel ist praktisch, aber bescheiden gestaltet und eingerichtet. Es wird nicht versucht, mondän oder luxuriös zu wirken. Noch sind nicht alle Teile des großen Gebäudes renoviert.

Im Eingangsbereich stehen Sessel und Tische, die aber heute Abend verwaist waren. Stattdessen saßen die Raucher draußen und unterhielten sich in Gruppen. Der Billard-Tisch stand im Dunklen und von zwei kostenpflichtigen Internet-Plätzen war einer besetzt. Im Hotel wirkte alles ein wenig ausgestorben.

Gegenüber ist eine Kneipe. Da kostet das Bier 80 Cent. Nach dem Abendessen haben sich da auf der Veranda noch verschiedene Gruppen getroffen. Um 21 Uhr dagegen war kaum noch etwas los. Nur die Punk-Musik dröhnte laut.

Wo sind die Kurgäste nur abends? Wer seinen Laptop, sein iBook oder ähnliches dabei hat, kann über einen Ether-Net-Anschluss im Zimmer ins Internet. Die Kurgäste, die ich gesehen habe, sehen aber nicht so aus, als würden sie überwiegend im Cyber Space surfen. Es gibt einen kleinen Fernseher auf dem Zimmer. Den werden wohl mehr nutzen. Über die Programme schreibe ich später.

Die Mahlzeiten gibt es im Nachbar-Hotel. Ich musste mich für meinen gesamten Aufenthalt schon auf einen Sitzplatz festlegen. Dort ist jetzt meine Essenkarte deponiert, auf der ich eingetragen habe, was ich bis Sonntag zum Mittag und zum Abend essen will. Relikte der Planwirtschaft? Geht der Koch wirklich morgens von Tisch zu Tisch und kreuzt sich an, welches Gericht wie oft vorbestellt ist? Der Ober ist ausgesprochen freundlich. Er stammt aus Tunesien und musste sich in Slowakisch, Tschechisch, Russisch und Deutsch verständigen. Französisch und Arabisch wird er wohl auch können. Was so ein Sprachgenie hier wohl verdient?

Morgen werde ich mein erstes Gespräch mit der "Kundenberaterin" haben.

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtig:

Diese Seite verwendet einige wenige Cookies, die zur Verwendung und zum Betrieb notwendig sind. Auf Werbetracker verzichten wir bewusst.