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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Kangal-Fische knabbern an der Schuppenflechte

    Die Therapie in Deutschland ist ausgereizt? Das Tote Meer ist zu anstrengend oder im Moment politisch zu verrückt? Im türkischen Ort Kangal wartet ein Phänomen, von dem Menschen mit Schuppenflechte profitieren können: Fische knabbern an den schlimmen Stellen, und die werden dadurch gebessert. Unglaublich? Klingt so.

    Mehrere Menschen nahmen Fische aus Kangal mit nach Deutschland und setzten auf große Zuchterfolge. Die Hoffnung vieler Patienten lastete auf ihnen, bei dem einen oder anderen aber auch die Hoffnung auf das große Geld aus dem Verkauf der Fische.

    Ob der Versuch lohnt, ein paar Fische ins heimische Aquarium oder in die Regentonne zu setzen, sei dahingestellt. Eine langfristige Wirkung der "Heim-Therapie" wurde nie bewiesen. Magazin-Sendungen im Fernsehen berichteten mehrfach sowohl über die Fische in Kangal an Ort und Stelle als auch in Deutschland berichtet. Das beweist jedoch noch nichts...

    Eine süddeutsche Heilpraktikerin hatte die Gelegenheit als erste beim Schopfe gepackt: Sie bot in ihrer Praxis Bäder mit den Kangal-Fischen an. Mehrere Heilpraktiker taten es ihr nach. Durch die Presse ging auch das Hotel Reblingerhof. Dort wurden "Kur-Aufenthalte" mit den Fischlein angeboten.

    Was ein Wissenschaftler sagt

    Dr. Ulrich Amon, damals Ärztlicher Leiter der Hautklinik des Interdisziplinären Therapiezentrums PsoriSol empfahl die Methode "unter den Kriterien der Evidence based medicine" nicht. "Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Kangal-Fischen liegen nur in Form einer Studie (Stand: Juli 2001) vor", so Dr. Ulrich Amon. Seine weitere Kritik: "Vergleichsstudien mit wissenschaftlich gesicherten Therapieansätzen liegen nicht vor." Für deutsche Patienten spiele das Verfahren mit den Kangal-Fischen bis dahin – nach seinen Erkenntnissen – eine unbedeutende Rolle in der Psoriasistherapie.

    Noch weiter ging Dr. Matthias Augustin, damals an der Uniklinik in Freiburg. In der "Badischen Zeitung" sagt er: "Es gibt so viele Therapiemöglichkeiten, dass man die Fischbehandlung nicht machen muss." Für ihn müsse erst einmal bewiesen werden, dass jegliches Infektionsrisiko ausgeschlossen werden kann. "Er ist sich absolut sicher, dass die Fische beim Knabbern an erkrankten Hautstellen mit Blut in Kontakt kommen", zitiert ihn die Zeitung. "Die Fische müssten daher als Überträger von Krankheiten in Betracht gezogen werden." Besonders bei Viruserkrankungen könne es sehr lange dauern, bis eine Krankheit zum Ausbruch kommt. Da nütze eine mehrwöchige Quarantäne der Fische nichts. Ähnlich der Behandlungsmethode mit Blutegeln müsste man die Fische "theoretisch auch nach einmaliger Nutzung töten".

    Zweifel auch von anderer Seite

    Kritik und Zweifel kommen jedoch nicht nur von Wissenschaftlern und Ärzten. Selbst Leute, die eine Fische-Therapie anbieten wollen, sind skeptisch ob der "Mode". Andreas Wewer, Geschäftsführer des Hostal Cala-Llombards auf Mallorca, meint: "Jeder wird plötzlich zum Hobby-Aquarianer." Die Knabberfische seien sehr robust und hielten sehr viel aus, dennoch bedarf es eines gewissen Fachwissens bzgl. abwechslungsreicher Ernährung, Wasserbedarf und -zusammensetzung u.v.m., "damit die Fische nicht nur vegetieren, sondern leben." Wewer und seine Kollegen suchen nach Erfahrungen, wie viele Fische für eine erfolgreiche Behandlung nötig sind. "Bei den meisten Pso-Kranken werden 30 oder 50 Fische nicht ausreichen", ahnt er. Auch die Verweildauer von nur einer oder zwei Stunden am Tag erscheint ihm zu gering. Der Platz für die Fische darf nicht zu klein sein: "Jedem plötzlichen Hobbyaquarianer sollte bewusst sein, dass man die Aquariengröße nach der Anzahl der Fische bemisst." Zehn Liter Wasser rechnet man für Fische, die rund 10 bis 12 Zentimeter lang sind. Bei 150 Garra Rufa wäre das ein Becken mit 1500 Litern Wasser – ein Aquarium mit den Maßen 80cm x 80cm x 230 cm. "Ein Aquarium, das man nicht so schnell mal für 1,50 € kauft und in eine Ecke stellt", so Wewer.

    Kritik äußert Wewer auch an dem potenziellen Ort der Behandlung - an der Regentonne oder dem Weinfass. "Es ist kein Geheimnis, dass die Psoriasis sehr viel mit Psyche zu tun hat. Wenn sich jemand zu einer Therapie entscheidet, sollte er auch auf das Ambiente achten. Eine Regentonne o.ä. ist keine Kurstätte, in der ich Erholung finden würde. Zudem halten wir es für äußerst belustigend, wenn jemand 80 bis 120 DM für einen einzelnen gerade geschlüpften Fisch möchte und im gleichen Atemzug eine Regentonne aus dem Baumarkt für 40 Euro empfiehlt."

    Die Knabberfische eignen sich nach seiner Meinung ohnehin nur als Kombitherapie. "In unseren Augen sollte die Putzerfischtherapie, da Sie lediglich eine Symptombehandlung ist, nur in Kombination mit anderen Therapieformen durchgeführt werden."

    Dubiose Züchter, Fisch-Diebe und Bruder-Zwist

    Profi-Züchter berichten von Anrufern, die sich im Internet bereits als Garra-rufa-Züchter verkaufen, jedoch Anfänger-Fragen stellen. Da wird schon mal gefragt, woran man Männchen und Weibchen unterscheidet und wie man sie vermehrt.

    Richtig gefährlich wird's zuweilen von anderer Seite für neue Züchter: Ihnen und ihren Familien wird am Telefon gedroht, dass ihr Haus oder ihre Wohnung angezündet würde.

    Inzwischen soll laut Berichten aus der Türkei den Fisch-Diebstählen ein Riegel vorgeschoben werden: Wächter haben des nachts eine Auge darauf, dass die Tier auch bleiben, wo sie sind.

    Marco S. (Name von der Redaktion geändert) war vor drei Jahren in Kangal. Er berichtet wiederum wenig Gutes: "Diese Becken, wo sich die Fische aufhalten und wo wir unsere Genesung erhalten sollten, bestehen aus Marmor, und den Fischen wird niemals eine andere Nahrung zugeführt als die Schuppen an unseren Körpern. Den Fischen bleibt ja nicht anderes übrig, als an uns rumzuknabbern, da auch keine Gefahr von den Menschen ausgeht." Die Sonnenstrahlen seien dort sehr intensiv. Der sogenannte Heilungsort werde von Brüdern geführt, die untereinander mit rabiaten Methoden ihre Scharmützel austragen.

    Wie anstrengend der Aufenthalt dort war, berichtet auch Gerhard Förster in seinem "Kur-"Bericht.

    Erste Anfänge in größerem Maße

    Neben den Züchtern – oder vermutlich beeindruckt von ihnen – springen nach und nach einige kleine Kliniken oder Bäder im deutschsprachigen Raum auf den Zug auf. So berichtete das schweizerische Internet-Portal Bluewin über Bemühungen des Ortes Bad Ragaz. Im dortigen Dorfbad sollten Patienten ab 2003 ihre Schuppen an die Fische loswerden. Vorher musste jedoch noch der "Prachtbau" erneuert werden. Zuvor wurde dort noch eine Patientenstudie durchgeführt. Dafür zeichnete die örtliche Fachschule für NaturheilpraktikerInnen verantwortlich. Wie so oft ist aber das nötige "Kleingeld" noch ein Hemmnis: Das Kantonsparlament musste noch beschließen, ob es das Haus abtreten und Geld zur Sanierung "dazuschießen" will.

    Unter dem Dach der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen war das Therapiezentrum Reeder um Hautkranke bemüht. Begleitet wurde die Therapie nach Aussagen von Chef Michael Reeder von einem Hautarzt. "Wir möchten uns von den Regentonnen-Anbietern abgrenzen und die Therapie auf höchstem medizinischen und hygienischen Niveau anbieten. Hierzu begleitet uns auch das Hygiene Institut Gelsenkirchen." Ansonsten beschäftigte sich das Therapiezentrum hauptsächlich mit Krankengymnastik und Rehabilitation. Es teilte sich die Räume mit einem Institut für medizinisch wissenschaftliche Begutachtungen. "Mit diesem Institut werden wir versuchen, die Therapien unter empirischen Gesichtspunkten zu begleiten", sagte Michael Reeder damals, "um letztlich den Weg zu den Kostenübernahmen bei Krankenkassen zu ebnen."

    Dazu ist es nie gekommen.

    In Breisach im Breisgau schuf Günter Hagen mit seiner HS-Projekt-Consulting AG ebenfalls eine Therapiemöglichkeit: Dort konnte man eine dreiwöchige Kur für 1.300 Euro buchen. Dort saß man zwei Stunden am Tag in einem speziell angefertigten Becken mit Wasser, das um die 30 °C warm war.

    Nach seiner Aussage nutzte während der drei Wochen niemand anderes das Becken, so dass Ansteckungen vermieden werden. Nach den drei Wochen wurden die Fische für sechs bis acht Wochen in Quarantäne gesteckt, damit sie keine Krankheiten in den Kiemen behalten und an den nächsten Patienten übertragen. Jeder Bade-Willige muss eine ärztliche Bescheinigung mitbringen, dass Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit gut vertragen werden.

    Meine Meinung

    Wer sich einen Aufenthalt in Kangal vorstellen und leisten kann, solle es unbedingt probieren – wohl wissend, dass es kein Luxus-Urlaub wird. Als Experten in dieser Sache können da sicherlich die Organisatoren bei Fener-Reisen gelten, die die Kangal-Aufenthalte seit Jahren im Angebot haben, obwohl noch immer sehr wenige Deutsche dorthin pilgern.

    Wem es auf Geld und Zeit nicht ankommt, der kann den Besuch bei einem Heilpraktiker oder in einer der Einrichtungen dieser Art in Erwägung ziehen. Dort kostet nicht nur der Preis aber viel Überwindung. Man muss auch 14 Tage lang oder länger jeden Tag für zwei Stunden in die Wanne. Aber: Die Hausärzte der beiden bei Stern-TV gezeigten Patienten waren die ersten unabhängigen Befürworter der Fische-Heimbehandlung.

    Mir selbst ist nicht klar, ob meine Haut nicht auch so weich und die Stellen "weniger erhaben" wären, wenn ich täglich zwei Stunden lang im Wasser säße. Die Psoriasis-Patientin aus dem Stern-TV-Beitrag hatte noch große, rote, sehr gut sichtbare Stellen. Das ist ein weiterer Punkt, der mich nicht recht überzeugt hat. Doch es gilt auch hier wie bei allen Pso-Medikamenten und -Mitteln: Was dem einen nicht oder kaum hilft, kann beim anderen sehr gut anschlagen. Utopisch ist dagegen der Wunsch, dass die Therapie von Krankenkassen anerkannt wird: Da warten noch viel mehr Therapien schon lange auf die Zulassung.

    Meine weiteren Bedenken: Behauptungen, dass "Heimbehandlungen" tolle Erfolge gebracht haben, sind mit Vorsicht zu genießen: Oftmals stammen sie von den Züchtern selbst oder wurden sie von ihnen "in Auftrag gegeben". Zudem ist unklar, ob die Fische einst jemals legal nach Deutschland gelangten. Züchter, die die Fische einst aus der Türkei importierten, erklären heute, damals sei der Fischfang noch legal gewesen.


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    • Kangalfische: Bildrechte beim Autor
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    Empfohlene Kommentare

    Knabberfische & Co.

    Zu dem obigen Artikel kann man nur sagen, dass es tatsächlich gefährlich ist. Gefährlich ist aber nur der Blödsinn der in diesem Artikel (Dubiose Züchter, Fisch-Diebe und Bruder-Zwist) verbreitet wird. Die Fische leben in Ihrem natürlichen Lebensraum in den Thermalquellen - und flüssen mit Temperaturen zwischen 32 und 36°C. Bei diesen Temperaturen wachsen kaum Pflanzen und auch andere Lebensformen haben es schwer. Die Menschen gehen dort schon seit huinderten von Jahren baden und werden dort auch schon genausolange von Garras angeknabbert. Die Fische sind genetisch darauf programmiert, Schuppen anzuknabbern. In Zusammenhang mit der UV-Einstrahlung und des Sole-Gehaltes des Wassers sind außerordentliche Erfolge bei der Therapie verzeichnet worden. Dass Mediziner ihre Pfründe verteidigen und allem abgeneigt sind was natürlichen Ursprungs ist kennen wir ja schon im Krieg der Schulmedizin gegen Heilpraktiker und Akkupunktur. Das in China Operationen am offenen Herzen (!) ohne chemische Betäubung nur mit leichter Akkupunktur durchgeführt werden ist für die meisten "Doktoren" hierzulande ja auch "Geimeingefährlich". Das dabei aber weniger Leute während der OP versterben oder mit schlimmen Nebenwirkungen zu kämpfen haben, wird glatt verschwiegen. Ich bitte Euch von solch einseitiger Berichterstattung abzusehen und nicht solchen Blödsinn zu verbreiten. Die Preise für Kangal-Knabberfische sind auch nicht richtig. Die Preise für einzelne Fische liegen bei 3,95€!

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    Schuppenflechte am Po und Versen.

    Hallo,

    ich habe genau in der Mitte meines Po´s an der Innenseite Schuppenflechte und an den Versen. Ginge das auch ... wegen meines Po´s, oder muß ich da befürchten: die zwicken mioch zu dolle ...

    Ich habe ernsthaft dieses Problem.

    Gruß - Steffen.

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    @R. Siegmann: Der Artikel ist ja nun schon einige Jahre alt. Wir haben am Anfang ganz schön unter der Aggressivität der Fische-Verkäufer gelitten. Das waren keine Fisch-Fachleute, keine Therapeuten irgendwelcher Art. Und damals wurden eben Preise von bis zu 120 D-Mark pro Fisch aufgerufen und Behandlungen in der heimischen Regentonne propagiert.

    Das alles ist lang vorbei, inzwischen hat da etwas Normalität Einzug gehalten und wir sind auch unaufgeregter im Umgang bzw. in der Unterscheidung von bloßen Verkäufern und Leuten, die sich mit einer Materie ernsthaft befassen.

    Neuere Erkenntnisse finden Sie im aktuellen Artikel: https://www.psoriasis-netz.de/therapien/kangal/fischstudie.html

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